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- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-08-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19060825013
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1906082501
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1906082501
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-08
- Tag 1906-08-25
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Monat
1906-08
-
Jahr
1906
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— Alljährlich lehrt die Frage de» unachtsamen Weg- Werfens der Obstrep« wieder. Nicht nur in der Nay« der Markthallen, wo jetzt die verschiedenen Obstarten in großen Mchlgen Mammenkommen und einen flotten HandelSartißcl bilden, lädt sich der Uebelstand beobachten. Keineswegs sind «» auch nur Kinder, die in ihrem Unverstand dazu beitragen, daß Mitmenschen durch Ausgleite» Schaden erleiden; vielfach sieht man auch Erwachsene gegen die einfachsten Gebote der Vorsicht und Wchlanständigkeit in gedankenloser Weise sündigen, indem sie derartige Reste auf die Gaiigbahnen Wersen. Ammer ernent mtzlh daher der Ntcchnruf ergeh«,, gegen diese ge. fährlich« Unsitte nach Kräften anzukampsen und in feinen Kreisen für ihre Abstellung Sora« zu tragen. Nutzer in der Familie sollten die Kinder auch ln den Schulen auf di« Ge- Mrlichkeit dieses Gebaren» hingewiesen werden. — Der Mtlttärverein 133er veranstaltete am IS. August für leine Mitglieder und deren Angehörige «in Sammerfest. da» sich zahlreichen Besuche- erfreute. Das Konzert wurde vom Mnsilverrin zu Löbtau auSgeführt. Ein Gaben tempel bot Gelegkicheit. recht hübsche Sachen zu gewinnen, während gute Schützen bei einem Prämienschteßen Preise erringen konnten. Für die Kleinen war Prümtrnvogrllchießen arrangiert, welches lebhafte Beteiligung hatte. Ein unter Borantritt der Musikkapelle durch den mit Buntfeuer erleuchteten Konzertgarten de- „WcstendschlvßcheiiS" veranstalteter Lampionzug betchlotz die Feier für die Kleinen, während die Kameraden mit ihren An gehörigen noch längere Zeit bet Tanz zusammen blieben. — Das Gefamtpersonal des altbekannten Konzert» und Ball^Etablissements „Deutsche Ne ich skr» ne", DreSden- Neustckdt, veranstckltete am Mittwoch, begünstigt vom herr lichsten Wetter, ein Sommerfest, welches sich eines überaus zahlreichen Beiuches zu erfreuen hatte. Etwa 100 Schützen schossen um die Königswürde nach dem großen Bogel. Für die Kindevwelt war durch unterschiedliche Spiele und durch Kinder vogelschieben gesorgt. Die Damen beteiligten sich zahlreich an dem für sie veranstalteten BaMversen. Unter Illumination und bengalischer Beleuchtung des Gartens setzte sich der Kinder- lampionzug in Bewegung. Ein Sommernachtsball beschlich die Feier und hielt die Teilnehmer bis zum Tagesanbruch vereint. . —Die Weingrohhandlung Philipp Sigmund in Dürkheim (Rheinpsalz). eine langjährige Wohltäterin unserer Ferienkolonien, welche auch hierher seit einer Reihe von Jahren bedeutenden Absatz hat, feiert am 1. September d. I. ihr WjährigeS GeschäftSsubiläui». bekan volle wilde Ziegen svevwilderte Ziegen), die vor einigen Jahren von einem Kapitän von dort mitgebracht wurden. Es sind dies wohl die einzigen Vertreter dieter Rasse in der Ge- fangenjchast, und nun nicht wieder zu beschaffen. Sie zeichnen sich durch die schön gewundenen Hörner, prachtvolle Behaarung und stark gedrungene Gestalt aus. Sie lebten in ihrer Hciniat in den zerklüfteten vulkanischen Gebirgsformalionen. — Am 2. und 3. September veranstaltet der alte Dresdner Kaninchen züchter-Verein in den Räumen des Wintcrhauses eine grobe K a n i n ch e n - A u 3 st e l l /u n g. die von den Mitgliedern des selben gut beschickt zu werden verspricht. — Die heute stattfindende große Eröffnungs-Vor stellung im Victoria-Salon beginnt um Uhr Der Beginn der morgen stattisindenden zwei Sonntags-Vor stellungen ist nachmittags s/s4 Uhr und abends s48 Uhr. — Im .Kaiser-Palast", Marmorsaal, findet heute wieder Clite-Bier-Abend mit Unterhaltungskonzert bis nachts 12 Uhr statt. — In der .Deutschen Reich-krone". Köniasbrücker Stratze, findet heute abend von »/,8 Uhr ab patriotisches Militär- konzert von der Kapelle des 12. Feldartillerie-NegimentS (Direktion W. Baum) statt. — Das T a n z l eih r -I nsti t u t A. Hei nsius beginnt Montag, den 10. September, in Helbigs Weißem Saa! den ersten Abendkursus und Sonntag, den 9, Septeniber, nachmittags den ersten Konter-Kursus. Anmeldungen und alles nähere Wettinerstrabe 98. — Leipzig. 24. August. Im Lnppeiibade ertrank estern der 13>ährige Schulknabe Delling, dessen Eltern in Leipzig- indenau wohnen. Der Knabe litt an Krämpfen und scheint beim Baden von einem Krampfanfalle betroffen worden zu sein. . — Das Zwickauer Volksfest am Mittwoch hatte einen güwqltigen Zuzug Schaulustiger von auswärts zur Folge. Nicht weniger als W000 Personen kamen mit der Eisenbahn aus der näheren oder weiteren Umgebung an. Tie Ausstellung war an diesem Tage von rund 60 000 Personen besucht. — Bei dem gestrigen Gewitter wurde auf dem Wege vo» Wilkau nach Niederplanitz ein Gefährt der Brauerei Cains dorf bei Zwickau von einem Blitzstrahl getroffen. Beide Pferde waren sofort tot. der Kutscher wurde betäubt und liegt noch bewußtlos darnieder. — In Niederau ist gestern nachmittag die Scheune des Gutsbesitzers Hamm mit sämtlichen Erntevorräten nieder gebrannt. Das Feuer soll durch Kinder verursacht worden sein, die in der Nähe der Scheune mit Streichhölzern geispielt haben. — Landgericht. Vor der 6. Jerienstrafkammer hat sich der vorbestrafte Agent Wilhelm August Hermann Melcher aus Niedergutschdorf in Schlesien wegen Betrugs zu verantworten. Im Sommer 1904 gelangte ein letzt hier wohnender Restaura teur Sch. durch Tausch in den Besitz eines in Nauslltz bei Kamen- gelegenen Bauerngutes. Der Wert des Gutes wurde damals mit 40 000 Mark angenommen, scheint aber nur zu einem ganz geringen Teil in Bar erlegt worden zu sein. Am Herbst v. I. bereits ging Sch. mit der Absicht um. das Gut wieder zu verkaufen oder zu vertauschen, da er selbst von der Landwirtschaft nicht viel verstand und beim Verkauf einen Ge- winn zu erzielen hoffte. Dem Besitzer war xS ganz angenehm, als ihm eines Tages im Oktober 1905 Melcher als Reflektant -ugcsührt wurde. Melcher trat jedoch sogleich mit einem Tauich- vorschlage hervor, und Sch. ging blindlings und zu seinem Schaden auf den Plan des Kontrahenten ein. Letzterer gab sich bei den Verhandlungen als wohlbestallten Besitzer eines vollvermieteten Zinshauses in Kötzschcnbroda ans, welches einen Reingewinn von mindestens 500 Mark jährlich bringe. Auf' das Haus sollte bereits ein Geflügelhändler ein hohes An gebot gemacht haben, um dort eine Geflügelzucht en xron er richten zu können. Ihm, dem M-, stände an dem Grundstücke ein Guthaben von 10 000 Mk. zu, er besitze in Böhmen nock umfangreiche, wertvolle Waldkomplexe und habe von seiner Schwiegermutter noch mindestens 30 000 Mark zu erwarten- In dieser Weise renommierte Melcher, um dem Sch. als ein gutsituierter, zahlungsfähiger Mann zu erscheinen. Diese an- gegebenen Werte hingen jedoch sämtlich in der Luft. M. hatte zwar da- Kötzschenbrodaer Grundstück erstanden, war aber als Besitzer noch nickt eingetragen und konnte von einem Gut- haben von 10000 Mark überhaupt nicht sprechen. Die Schwieger mutter war nicht mehr in der Lage, etwas zu geben, nachdem sie dem M. lange Zeit vorher eine größere Summe — angeb- lick 27 000 Mark — vorgeschossen hatte. Der böhmische Waid- besitz ist, wenn er überhaupt besteht, jedenfalls wertlos oder überschuldet, denn M. hat sich darum jahrelang nicht ge kümmert. weiß auch jetzt nicht, was daraus geworden ist. Der vertrauensselige Sch. war jedoch glücklich, für sein Gut einen so „kapitalkräftigen" Abnehmer gesunden zu haben. Ohne sich über die Zahlungsfähigkeit des M. zu erkundigen und das Kötzschenbrodaer Grundstück in Augenschein zu nehmen, schlossen Sch. und M. am 24. November 1905 einen Tauschvertraa ab. Der Wert des Nauslitzer Gutes wurde mit 43 OM Mark an- gesetzt. Melcher übernahm 27 MO Mark oushaftende Hypo theken, trat das Kötzschenbrodaer „Guthaben" von 10 OM Mark an Sch. ab, gab 5000 Mark in Wechseln und versprach, bei Uebernabme des Gutes 1000 Mark in Bar zu zahlen. Da- gegen sollte Sch. das Zinshaus in Kötzschcnbroda erhalten. Letzterer freute sich über das ante Geschäft, da er glaubte, dabei mindesten- 3000 Mark verdient -n haben. Der hinkende Bote kam aber hinterher. Melcher erlegte seinerseits die Be- sihveränderungsabgaben und wurde als Besitzer des Nauslitzer Gutes eingetragen. Sofort lieb er auf das Gut ein« Hypothek von 5000 Mark eintragen, verkaufte das notwendigste Inventar und verschwand mit dem Erlös nach Böhmen. Es erscheint fraglich, ob für die neue Hypothek der volle Betrag oder nur einige Hundert Mark zur Begleichung der Kaufkotten berablt ge Li! worden sind. Nun wollt« auch Sch. sein «ingetauschtes Kötzschen- brodaer Zinshaus übernehmen, machte aber die unangenehme Entdeckung, daß M. im Ärundbuche als Vorbesiker gar nicht eingetragen war, also ein Tauschgeschäft gar nicht abschließen konnte. Das Bauerngut war Sch. los. das Zinshaus bekam er nicht. Es gelang ihm -war, den Vertrag rückgängig zu machen, die neue SOOO Mark-Hypothek blieb jedoch bestehen, und das Gut war „ausgeschlachtet". Später hat der Geschädigte das Gut mit Verlust verkauft. Nach mehrstündiger Beweis- aufnahm« wird die Verhandlung auf Montag mittag vertagt, da noch drei Zeugen geladen werden sollen. Der geschädigte Sch. ist in seinen Aussagen selbst sehr unsicher und stellt nicht in Abrede, datz er bei Abschluß des Tauschgeschäftes auf die unwahren Angaben Melchers wenig Wert gelegt hat. — Geggn den 1681 geborenen, unbestraften Lithographen Bruno Eugen Grotzmann aus Dresden wird wegen Urkundenfälschung. Be- trug» und Erpressung verhandelt. Der Angeklagte diente bis zum Herbst 1904 beim hiesigen Trainbataillon unv wurde dann zur Reserve entlassen. Nach dem Abgänge -er Reservisten fehlte in der Montierungskammer ein Dienstsäbel. Bald daraus lief bei dem Kammcrsergeanten eine mit Grobmanns Namen Unter zeichnete Postkarte ein, mit der Mitteilung, datz der vermißte Säbel sich im Besitze eines gewissen Starke befände. Gegen letzteren verhandelte darauf das Militärgericht wegen militärisch ausgezeichneten Diebstahls. An der Verhandlung vom 17. Mai, in welcher Starke freigesprochen wurde, erschienen als Zeugen der heutige Angeklagte Großmann und der Schreiber der Post karte, der Klempner Peschte. Letzterer verweigerte die Aus- sage, kam dann wegen Urkundenfälschung unter Anklage, mußte aber aus subjektiven Gründen sreigeiprochen werden. Nach der Verhandlung erschien Grotzmann in der Wohnung Peschkes, forderte ein Schweigegeld von IM Mark und drohte, im Weigerungsfälle den P. wegen Urkundenfälschung anzuzeigcn. „Unter 6 Monaten geht es da nicht ab!" setzte der Erpresser mit Nachdruck hinzu. Der geängstigte P. besah nicht genügend Bargeld, lieb sich aber doch bestimmen, einen Schuldschein über 80 Mark auszustellen. Gr. erhöhte die Schuldsumme eigen mächtig auf 280 Mark, und trat diese angebliche Forderung an eine hiesige Firma ab, welche alsbald Anstalten machte, die 280 Mark von P. einzuziehen. Großmann verteidigt sich in der Hauptvekhandlung vor der 3. Jerienstrafkammer hauptsäch lich mit der Angabe, daß er dem P. NO Mark geliehen, demnach keinen rechtswidrigen Vcrmögcnsvorteil erstrebt habe. Diese Behauptung wird durch den geschädigten Zeugen wider legt. Nach umfangreicher Beweisaufnahme erkennt das Gericht gegen Großmann aus 6 Monate Gefängnis und 3 Jahre Ehrverlust. Die radikale Verurteilung der deutschen Kolonialpolitik durch vr. Carl Peters hat in Deutschland nicht nur Aussehen erregt, sondern eine Beunruhigung geschaffen, deren Wirkung kaum abzusehcn ist. Ein Asrikakenncr, der 15 Jahre hindurch fast ununterbrochen drüben geweilt hät und erst kürzlich nach Deutschland zurück gekehrt ist, sendet uns zur Entgegnung beachtenswerte Aus führungen, denen wir trotz ihrer Scharfe Tr. Carl Peters gegenüber gern Aufnahme aewähren, um auch hier dem stets befolgten Grundsatz „audiatur et altera pars" zu entsprechen, nachdem an gleicher Stelle Dr. Peters vor einigen Tagen zu seinem Rechte gekommen ist. Der sachkundige Einsender schreibt: „Herr Dr .Carl Peters ist heute unter die „Unternehmer" gegangen, tritt aber für seine Zwecke als kolonialpolitische Autorität ein. Welcher Art dieselben sind, läßt sich nur ver muten, noch aber nicht anssprcchcn. Jedenfalls erkennen wir Südafrikaner diese „Autorität" des Herrn Dr. Peters in süd afrikanischer Politik nicht an. Als Tr. Peters aus seinem Wege nach dem von ihm entdeckten „Goldlande Ophir" Johannesburg berührte, zeigte er sich den versammelten Deutschen und hielt einen Vortrag über Südafrika. Seinen Ausführungen, denen später Ärt-kel über politische Fragen in der „Deutschen Schule" zolgten, waren gewissen Anschauungen angepaßt, die sich bei einem Teile der Johannesburger Bevölkerung verdichten. Bei der Mehrheit, unv namentlich auf dem Lande, folgte allgemeines Kopsschülteln über diesen „Südafrikakenner", der seine Weis- heit aus der Randpresse schöpft und durch Beobachtungen von der flüchtigen Eisenbahn aus ergänzt. Britffch-südafrikanische Verhältnisse kommen für uns heute nicht in Betracht. Wenn ich dieselben streife, so gilt es nur. zu beweisen, daß Herr Dr. Peters nicht in der Lage ist, berechtig ten Anspruch darauf zu erheben, als „Autorität" zu gelten. Dr. Peters hat in Hannover wiederholt, was er in der „Deutschen Schule" schrieb, Südafrika könne wirtschaftlich nie zur Selb ständigkeit gelangen und eine Bildung von „Vereinigten Staaten" — die übrigens keineswegs in unscrm deutschen Interesse liegen würde — müsse von vornherein als aus geschlossen gelten. Ueber die industriellen Möglichkeiten Süd afrikas braucht wohl kaum ein Wort verloren zu werden — sie sind bekannt. Die landwirtschaftlichen Möglichkeiten waren zurzeit der Burenhcrrschast arg vernachlässigt worden. Tie Faulheit der Buren und deren Widerstand gegen die landwirt schaftlichen Wissenschaften machten eine systematische Ausbeute der landwirtschaftlichen Möglichkeiten aussichtslos. Nack>dem eine europäische Nation die Regierung übernommen „hat, wurden dem modernen Betriebe die Wege gewaltsam geöffnet. Man schuf ein „Department kor irri-ratiou. and vater- als Tr. Carl Peters selbst, der in Ostafrika die Großbetrieb« zu einer Zeit unterstützte, als die Kleinsiedlung immerhin schon möglich war. Gewiß habe auch ich von jeher Bedenken gegen Besiedelung durch Buren getragen, so weit nicht nur Südwest- afrika, sondern auch Ostafrika in Betracht kam. Das war ein wenig glücklicher ,,Versuch", dessen Resultate wir glücklicher- weise noch rechtzeitig kennen lernten. Jedenfalls ist der „Koloniale Wirrwarr" des Dr. Peters ein wenig glückliches Thema sür die ..Autorität" des Verfassers »wesen, der zudem im Reiche damit «ine Unruhe geschaffen hat. die gerade jetzt sehr böse Wirkungen zeitigen könnte. Dr. Peters hat mit diesen Veröffentlichungen vielleicht seine» privaten Unternehmungen «inen Dienst geleistet, nicht ober der Sache des Landes, in dem seine Wiege stand und in dessen Diensten er einst war. Wenn unsere kolonialen Unter- nehmungen uns Freude nicht bereiten konnten, so lag das im Charakter der L-chuhgebietswirtschast und der, Unmöglichkeit deutscher Besiedelung, die damit eng verwachsen ist, weit weniger an der Unfähigkeit der leitenden Kreise. An Südwest- und Ostasrika dürste das „Schutzgebiet" Durch ine „Kolonie" abgelöst werden, der Weg ist endlich geebnet." Z»m Fall Podbielski und den daran geknüpften Hetzereien gewisser Zeitungen schreibt unter der Spitzmarke „Zum Kapitel von der Wahrheit" treffend die „Tal. Rdsch.": Wie cs oft zu geschehen pflegt, wenn niedri- gcre Absichten durch ein schönes Schlagwort verdeckt werden sollen, so wird auch jetzt wieder in dem kolonialen Enthüllungs- eldzug allzuviel mit dem Streben nach Erforschung der Wahr heit entschuldigt. Tutzende von Zcitungsspalten werden unter diesem Deckmantel mit Anklagen gefüllt, die sich auf den ersten Blick als tendenziös erfunden oder zurcchtgestutzt erweisen. Ge- schiebt diese Wiedergabe wirklich im Dienste der Wahrheit'? Es ist öffentlich angekündigl worden, daß die Untersuchungs richter sämtliche Anschuldigungen verfolgen. Des Druckes der öffentlichen Meinung bedarf es im Einzelfalle nicht mehr. Warum müffcn also, wenn ein Blatt irgend einen Angriff ver öffentlicht, beinahe alle anderen ihn w e i t e rg ebe n'? Denn das aber schon aus irgend welchen Gründen für nötig gehalten wird, erhebt sich die zweite, dringlichere Frage: warum wird dann die V e r t e i d i g u n g der Beschuldigten entweder ganz unterdrückt oder mit wenigen Worten abgemacht? Es bietet sich das sonderbare Bild, daß gerade der Teil der Presse, der dem gemeinsten Verbrecher gegenüber das Recht der Ver teidigung aus das entschiedenste hochhält und der Staatsamoalt schaft von vornherein feindlich gegenübersteht, hier staats- anwaltlich er als der schärfste Staatsanwalt auftritt. Das gibt zu denken. Ueber den Verlaus der . heit geht aus Berlin folgende Darstellung ein: An der Untersuchung gegen den Major Fischer war eine Aussage zu Protokoll gegeben, welche direkt Herrn v. Podbiclski belastet. Danach hatte, wie gestern von uns bereits berichtet, Herr v. Tippelsiirch Major Fischer die Mitteilung gemacht, daß ein größeres ihm gewährtes Dar lehen von Herrn v, Poobielski persönlich gewährt worden sei und daß er Gelegenheit haben könne, dem Minister hierfür leinen Tank abznstatten, Als der Reichskanzler von dieser Aussage Kenntnis erhielt, glaubte er, Herr v. Podbiclski würde aus eigenem Antriebe hierzu Stellung nehmen, um dem Kanzler die Möglichkeit zu geben, den Minister an aller höchster Stelle gegen derartige Beschuldigungen in Schutz zu nehmen. Herr v. Podbiclski hielt es aber nicht für er forderlich, sich aus eigenem Antriebe zu rechtfertigen, so baß Fürst Bülow nunmehr sich gezwungen sah, den Minister zu einem Bericht über seine Beziehungen zur Firma TippelS- kirch und zu dem Maior Fischer auszusordern. In diesem Berichte hat Herr v. Podbielski den Fürsten Bülow gebeten, dem Kaiser sein Gesuch um Entlassung aus dem Staatsdienst« zu unterbreiten. Und aus diesem Grunde ist die im „Berl. Lok.-Anz." vom Minister gegebene Darstellung tatsächlich un zutreffend, wodurch die offiziöse Erklärung in der „Nordd. Allg. Ztg." ersordcrlich wurde, — Wenn nun aus das dem Küster vorr" " ' ^ — ...» ^ dienst in 1 Bülow eine . . . , erfolgt ist. so waren hierfür folgende Erwägungen maßgebend: Bei den bedingungslos anznerkennenden Verdiensten des Herrn v. Podbiclski als Landwirtschaftsminister wäre die Annahme der Demission nur unter Gewährung einer hohen Aus zeichnung denkbar, die aber im gegenwärtigen Zeitpunkte wenig angebracht erscheinen müßte. Andererseits wurde eine Wlehnung des Entlassungsgesnches eine Stellungnahme zu Gunsten des Herrn v. Podbielski bedeuten, die mit der öffentlichen Meinung im direkten Gegensatz stände. Aus diesen Erwägungen beraus ist die Entscheidung v e r t a g t : zweifel los aber hält man an dem Entlassungsgesuch des Ministers auch in der von ihm gewählten Form fest und wird demselben zu einem etwas späteren Zeitpunkte unter Gewährung eines den persönlichen Verdiensten Podbielskis entsprechenden Gnaden- beweises Folge geben. mehr zu widmen. Man schuf ein entomologisches Institut, das sich mit der Vertilgung von Schädlingen wie Heuschrecken, Pilzen usw. beschäftigte. Air Burenlaäer Hohn und Spott über die „Kprinpchaan-okkioioron". im Lager der europäischen Farmer ungeteiltes Lob und Anerkennung! Was das bakterio logische Anstitut, unter Herrn Dr. Theilcr, der Vichwirtschaft geleistet hat, ist hervorragend. Ueber all diese Erfolge hat das „Agricultural Journal" regelmäßig berichtet, und wenn Herr Dr. Peters cs der Mühe wert befunden hätte, diese Veröffentlichungen zu studieren, so würde er in seinem Urteile über die wirtlchastlichcn Möglich, keilen und politischen Wahrscheinlichkeiten zu einem ganz ent. gcgengesetzten Resultate gekommen sein, als was er uns auf- zwingen möchte unter dem Titel seiner kolonialpolitischen Autorität. Vielleicht seht sich Herr Dr. Peters mit Herrn Dr. Mc. Donald-Pretoria, dem Herausgeber der „Landwirt schaftlichen Zeitung", in Verbindung, um die erzielten Resultate zahlenmäßig kennen zu lernen! Auch die bevorstehenden Wahlen in Natal und später in Transvaal werden Herrn Dr. PetcrS Gelegenheit verschaffen, über Unionssragen und Sepa rationsfragcn Südafrikas sich ein Bild zu machen. Seine Kritik über den chronischen Kriegszustand in Südwestafrika muß ebenso Heiterkeit erwecken als seine Kritiken an den Maß nahmen des Herrn von Lindequist, der gerade dem deutschen Bauer die von Dr. Peters bekrittelte Möglichkeit schuf, sich auch ohne Kapital festzusetzen. Ter „chronische Kriegszustand' würde von keiner Macht, auch nicht von den kapitalistisch imperialistischen Lieblingen des Herrn Dr. Peters, verkürz! worden sein — vergleiche den Somaliscldzug. Jedenfalls gab er Herrn von Lindequist Gelegenheit, der Kleinsiedelung und damit der deutsch-nationalen Einwanderung die Tore zu öffnen. Vorurteile zu beseitigen, die der Glaube an die Allein- Herrschaft des Großbetriebes der wirklich deutschen Besiede- lung entgegensetzte. Ich bin kein unbedingter Bewunderer des neuen Gouver neurs, dessen Eingeborenenvolitik nicht mit den Wünschen der Farmer in Einklang zu bringen ist. Ihn aber deswegen der Lächerlichkeit preiszugeben^ indem man seine „wirtschaftlichen Erlasse" „ein wenig ironffche Resonanz" finden läßt in den „fortgesetzten Siegen", klingt sehr — sonderbar. Jedenfalls beweist dieser beißende Svott der genannten „Autorität" einen erheblichen Grad von Unkenntnis nicht nur von örtlichen Ver- hältnissen, sondern auch von den Verfügungen selbst. Die Wirt- schaftliche» Erlasse haben bei uns Ansiedlern fast ungeteilten Beifall gesunden, und die militärische Tüchtigkeit unserer Offiziere und Soldaten vermag nur der richtig einzuschätzen, der südafrikanisch« Verhältnisse besser kennt, als Dr. Carl Peters. Wenn wir an Herrn von Lindequist etwas auszusetzen haben, so ist daS der Zug nach allzu iveitgehender Selbst bewertung, der nur durch die Schaffung einer Art Parlament beicitlat werden kann. An diesem stark cmSgeprägten Selbst- bewußtsem leidet Herr von Lindequist übrigens weit weniger Tagesgeschichte. Eine wichtige Entscheidung über Boykott und Berrufserklirung ist durch das Urteil des 6. Zivilsenats des Reichsgerichts vom 12- Juli d. I. ergangen. Die „Soziale Praxis" teilt die Gründe dieser Entscheidung mit: sie lauten: „1. Boykott oder Streik im Lohnkampf sind nicht rechtswidrig. Die Unternehmer können Ersatz der Verluste, welche sie infolge der selben erlitten haben, nicht verlangen. 2. Darin, daß einVerein von Arbeitnehmern, der in einen Lohnkamps zur Erringung günstiger Lohn- Md Arbeitsbedingungen eingetreten ist, in Gemäßheit seiner Satzungen denjenigen seiner Mitglieder, die sich am Kampfe nicht beteiligen würden, lediglich den Verlust ihrer Mitgliedschaft in Aussicht stellt, ist eine Drohung im Sinne des 8 153 der Gewerbeordnung nicht zu finden. 3. Es ist keine durch 8 153 der Gewerbeordnung verbotene Drohung . wenn die Partei, welche durch an sich erlaubte Kampfmittel günstiger« Lohn- und Arbeitsbedingungen zu er- langen strebt, den Gegnern die bevorstehende Anwendung dieser Kampfmittel ankündigt und dadurch auf deren Entschließung über die Streitfragen einzuwirken sucht. 4. Es verstößt nicht gegendicgutenSitten. wenn Arbeitnehmer zur Errin gung günstiger Lohn» und Arbeitsbedingungen und zur Beseitigung von Zuständen und Einrichtungen, durch welche sie sich be schwert suhlen, die Mitwirkung weiter Kreise des Publikums durch die Presse oder durch Flugblätter anrufen." Damit ist nicht nur der Boykott als gewerkschaftliches Kampfmittel entgegen der bisherigen Rechtsprechung vollständig sreigegebcn, sondern auch der Begriff „Drohung" in einer Weste gedeutet, wie ibn die Gewerkichastspresse bisher stets aus gelegt hatte. Die Folgen werden sich in den gewerkschaftlichen Kämpfen fortan stark fühlbar machen. Aber nicht allein für die Arbeitgeber, sondern auch für die Arbeiter. Denn nach der neuen Neichsgerichtsentscheidung ist es Len Arbeitgebern un benommen. Verrusserklärungen mißliebiger Arbeiter durch schwarze Listen und Boykottierung gewerkschaftlicher Arbeits nachweise in beliebigem Umfange vorzunehmen. Man wird hiernach einer bedeutenden Verschärfung der Arbeiterkämpfe gewärtig sein müssen. AuS einem sozialdemokratischen Parteisumtzs. Recht erbauliche Dinge werden von Angehörigen der sozial- dcmorkrotischcn Partei in Heidelberg enthüllt. An zwei anonymen Artikeln, betitelt „Heidelberger Genossen unter sich", wurde u. o. dem sozialdemokratischen Stadtverordneten Schubach voraeworsen. er habe seinen als Lehrling in einer Buchdruckerci beschäftigten Sohn veranlaßt, von allen dort vorkommendcn Druckarbcitcn Abzüge mit nach Hause zu bringen: diese Drucksachen habe dann der Herr Stadtverordnete für die Zwecke der sozialdemokratischen Partei benutzt. Als das sozial- demokratische Organ, die „VoMtimme", diese Anschuldigungen mit den üblichen Schimpfereien kräftig zu dementieren per- luchte, bekannte sich als Verfasser — ein „Genosse" »amen- Precht, der nun in einem offenen Briese seine Angaben aur- reckt erhält und über die allgemeine Mißwirtschaft in der Heidelberger sozialdemokratischen Partei folgende kräftigen Worte schreibt: „Ich bin leider genötigt zu erklären: Die Dresoner Nachrichten. Str. 233. Sette 3. SM Sonnabend. 28. August LSS«
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