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- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-08-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19060804027
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1906080402
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1906080402
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-08
- Tag 1906-08-04
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Monat
1906-08
-
Jahr
1906
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Dresdner Nachrichten Sonnabend, 4. August zvttk »M Nr. 2!2 die Hausbesitzer geg«nn»äri>o weit hinter den Arbeitern zurück: denn diese könnte» ihre Ansprüche aus Lohn fortwährend steigern. DaS bewiesen die Streiks ohne Ende, wäh rend die Hausbesitzer — einjelne Ausnahmen zugegeben — die Mieten nicht steigern könnt«», violsach aber damit zurück , so in D gehen mühten, so ln Dresden um 20 bi» 30 Prozent, ^as sei eine traurige Tatsache, die den .Hausbesitzern aber keineSivegS die ausrichtige Freude daran verkümmern könne, daß die Ar- boitslöhne gestiegen seien. „Wir gönnen das den Arbeitern durchaus, bringt es sx doch in die Lage, eine bessere und auch eine geräumigere Wohnung nehmen zu können, als da. wo das Elend der schlechten Löhne noch vorherrscht." Zu diesen Be schwernissen trete «ine in vielen Fällen über ein billiges Mab hinaus gesteigerte Fülle von Ansprüchen an die Wohnungen, und das übergroße Angebot selbst ist eine Folge der in vielen Städten bemerkbaren überflüssigen Bautätigkeit des professio- nleiten Bauiinternehmertums. Die Notwendigkeit einer be hördlichen Einslubnahmc auf die private Bautätigkeit im Sinne einer ungefähren Regelung verleiden nach dem Bedarf er- scheine daher unabtoelsbar. Tie Produktion und Konsumtion von Wohnungen befinde sich tallächlich in einem vollständig un geregelten geradezu anarchischen Zustande, dessen Beseitigung sich vor allem die deutschen Stadtverwaltungen angelegen sein lauen sollten. Neben dem Gesichtspunkte, daß solche Maß- nahmen der Wohlfahrt der Hausbesitzer diente», jteba lder andere, solchen Verlusten am Nationalwohlstand vorzubeugen, wie sie das massenhafte Lecrstehen von Wohnungen mit sich bringe. Diese Schädigungen erreichte» kolossale Ziffern, und es sei «in offenbarer Mangel unserer sonst in statistischen Dingen weil vorgeschrittenen Zeit, aber auch ein Beweis für das Vorhandensein einer verhängnisvollen Gleichgültigkeit bei den Regierungen und Stadtverwaltungen, daß lic, die z. B dis Totgeborenen mit Sorgfalt zählen ließen, auch nicht mit derselben Sorgfalt die vorgekoinmeneu Subhastationen statistisch sorgfältig und nach allen Seiten hin bearbeiten ließe». Man begnüge sich jetzt damit, die Zahlen der Subhastationen zujam- menzuitellen und im Anschluß hieran die Erstehungspreiic, die vorherigen hypothekarischen Belastungen und die vorgekommcnen AuÄälle an Hypotheken. Dafür tollte man lieber auf die Ursachen der «subhastationen zurückgehen. Ferner sollte von teilen der städtischen Behörden den wirtichastlichen Wellen bewegungen im Gebiete des Erwerbslebens nalligcgangen und der von ihnen zu erwartende Einfluß auf den Wohnungsbcdarf und die Wohnungsbauerei geschätzt und veröffentlicht werden, damit, wie es im Gebiete der Meteorologie Wetterprognosen gebe, eine Vorhersage bewirkt werden könne, welche erkennen läßt, ob ein weiterer verstärkter Zuwachs an Bevölkerung oder ein Abschwinden derselben zu erwarten sei. Dann konnten alle, welche bei der Produktion neuer Wohnungen beteiligt sind sArealbesitzer, Baugeldgeber, Bauunternehmer und Bau- Handwerkers. sich darnach richten. Und wenn dann die Stadt verwaltungen finden würden, daß trotz dieser der Beachtung lverten Hinweise Begehrlichkeit und Gewinnsucht im Bunde mit einer gewissen Raffiniertheit auf der einen und die Ge wissenlosigkeit im Bunde mit der Unvernunft aus der anderen Seite dennoch darauf lossteuern würden, die Wohnungen zur Unzeit zu vermehren, dann würden sie bei einer etwas drastischen Abwehr dieser Tätigkeit zwar dem Bau Unter nehmertum und seinen Helfershelfern unbequem werden, sich aber des ungeteilten Beifalls des verständigen und einsich tigen Teiles der Bevölkerung erfreuen und das gute Bewnßl- , sein davontragen können, daß sie mit einem solchen, wenn auch I etwas scharfen Zugriff das Nationalvermögen, insbesondere das in ihrer Stadt vorhandene, treulich geschützt und vor Verlusten behütet hätten. Weiterhin müßte, uns zwar mit vollem Nachdruck, den gewissenlosen Taxen begegnet werden, durch welche die Werte neuer Bauobjekte übertrieben hoch an gegeben würden, was dann zur Folge habe, daß immer noch Käufer für solche Häuser angelockt werden könnten. Man sollte ferner den B a u neuer Straßen nur nach dem Maße des Bedarfs gestatten, nicht aber, wie es oft geschehe, im Dienste einer ganz wilden Spekulation. Wenn solche Maßregeln mit dem notigen Ernst und Eifer betrieben würden, so wurde das gemeinschädliche Bauen, wenn auch bei weitem nicht ganz be- seitigt, so doch im wesentlichen verhindert werden. Die Tenk- ichrift erörtert dann die übertriebene Prioatbau- tatigkeit und den dadurch heroorgerufenen Ucbersluß an Wohnungen. Es werde weit über das erforderliche Maß hin aus gebaut, weit mehr Wohnungen würden hergestcllt, als man brauche, und es beruhe hierin — neben der ungerechten Belastung mit Steuern in doppeltem Maße und den wnstigen Belastungen für die Gemeinde — die Hauptursache der «schä- den. welche die Hausbesitzer in den Städten zu tragen hätten und worüber fort und fort berechtigte Klagen ertönten. Unter diesen Umständen könne man von vielen Städten behaupten, daß die Hausbesitzer ihr Besitztum nur unter fortwährenden Zu schüssen zu erhalten vermochten, aus Zuschüssen, die entweder ans ihrem Gewerbe oder Geschäftsbetriebe, aus Gehalt oder Renten oder sonstwoher — sehr oft aus Darlehnsaufnahmen — bezogen würden. Es wäre sehr ersprießlich, wenn über den Umfang der Zuschüsse, durch die allein das Verbleiben solcher zuschußbedürftiger Häuser in den Händen ihrer Besitzer er möglicht werde, statistische Ziffern erlangt werden könnten. Daß sich das Äörsenkapital nebst seinen Matadoren wohl weislich hüte, den Wohnungsbau zu gewinnbringendem Zwecken zu betreiben, sei ja bekannt. Zn den Schäden, denen die Hausbesitzer der Stadt durch die übernüssigermeiie getriebene Bautätigkeit des Bauunternehmertums ausgcseht seien, komme noch ein anderer Umstand, das Aus- und Absteigen der Neigung des Kapitals, sich dem Hausbesitz zuzuwenden. Die Meinung für Häuser und Grundstückskäufe >«i weitgehenden Schwankungen unterworfen. Es gebe Zeiten, in welchen das Kapital sich förmlich auf den Haus- und Baustellenkauf stürze und dann wieder andere, wo es gar nichts davon wissen wolle. Dem Ge samtwohl fromme es aber, ivenn die Steigerung der Verkaufs preise sich ruhig und stetig vollziehe und mur insoweit eintrete, als sie aus dem gesunkenen Geldwert, aus dem Teurerwerden der baulichen Herstellung und aus der von Fahr zu Jahr sich steigernden Vermehrung des Unterhaltnngsauswandes resultiere. Eine weitere Ursache des Wohnunasüberflusses seien die V o r- ortsoerbindungen, die vielfach in übertriebenem Maße und weil über drn Bedarf hinaus «niivickelr worden leien und das Leerbleiben vieler Wohnungen in der Stadt selbst, die sonst völlig einwandfrei seien, verschuldeten. Mehr denn je müsse darauf Hingeiviesen werden, wie überflüssig und schädlich die er- weiterte Ausdehnung der Vorortsveroindwngen für de» Wöhiutngsmarkt im Innern s«i. nxnn es da an Wölbungen nicht mamale. Mit einem fast krampfhaften Eifer sei von manchen Stadtverwaltungen dieses Ausmecken bequemer «Ser- brndungen nach außen betrieben worden, mit einem Eiser, der so recht deutlich erkennen lasse, wie gar vielen Stadtverwal- tungen das richtige Augenmaß für das. was der ihrer Hut anvertrauten Gemeinde fromme, abhanden gekommen sei. Die verderbliche Großmannssucht, die so viele unserer Zeit genossen ergriffen habe, die den einzelne» Angestellten so oft veranlasse. Ausgaben über seine Verhältnisse hinaus zu machen, die auch den Gewerbetreibenden und Fabrikanten oft veranlass«, seine Betriebsstätten über Gebühr und Bedarf hinaus zu er- weitern.und ihm damit, wenn die wirtjchasllichc» Verhältnisse zurückgingen, die schn>ersten Wunden schlage, sie habe auch die Gemüter mancher städtischen Kollegien und ganz besonders den Sinn mancher Stadtoberhäupter ergriffen. Sie seien vielfach von einer „Erweilerungsiuchl" besessen, bei der die Bürger, die Steuerzahler der Stadt, die Geschädigten seien und bei den iiber Gebühr erweiterten Straßenbahnen die Hausbesitzer. Deshalb sei auch vor übertriebenen Einver- leibungen »u warnen. Das B a ng « n o s s« n s cha f t s - wesen findet ebenfalls in der Denkschrift eine absprechende Beurteilung. Noch immer würden die Baugenossenschaften von oben her unterstützt ouö Reichs- und preußischen Staats mitteln. obwohl in den meisten Fällen die Privattäligkeit ge nügend für Neuerrichtuna von Wohnungen sorge. Wo dies aber geschehe, sollten die Hausbesitzer entschiedene Abwchrinittel er greifen. An manchen Orten gediehen die Bauaenosseiiscbasten, aber an vielen Orlen widerfahre ihnen auch dasselbe Schicksal, was so oft den privaten Hausbesitzer heimsuche: die ganze Wirt schaft floriere nicht, die Insassen würden teilweise von Unzu friedenheit ergrisfen, die Einnahmen wollten nicht recht mehr znlangen, das Wohnen in den Hänsevn finde man nicht an genehmer als das in den Privatwohnnngen, und würde den Leuten nicht immer in agitatorisch-nachdrücklicher Weise vor- geredet, wie aut sie es hätten, so würde» ihrer noch viel mehr den Geschmack an der Sache verlieren. Man werde wohl an- nehinen dürien, daß sich aus diesen Umständen heraus früher oder später Teilnahinlosiakeit und Abgeneiglheit gegen die Bau genossenschaften entwickeln werde. Ja, wenn sie darauf aus- gingen, den wirklich mittellosen Mieter-Elementen, den Be- dürftigen billige Wohnungen darzubieten, so könnte man ihnen wohl die Palme der Anerkennuna dafür reichen, daß sie in der Tat Wohltätigkeit üben, aber das täten sie nicht, sie nähmen nur Leute mit zweifelloser Zahlungsfähigkeit aus, und sie übten >m Punkte der Geslundung des Mietzinses nickt im gering sten die große Summe von Barmherzigkeit, welche von vielen einzelnen Hausbesitzern im stillen geübt tverdc, ohne daß davon viel Aufheben-) gemacht werde. Den wirklich bedürftigen und mittellosen Mietern zu Helsen, auch in Sachen der Wöhnungs- fürsorge unterstützend zur Seite zu trete», das wäre die eigent liche Aufgabe der Wohnungsretormer, den zahlungsfähigen Mittelslandsleuten aber mit billigem Geld aus ösfenllia>en Kassen Wohnungen zu bauen und damit die privaten Haus besitzer zu schädigen, sei keine schöne und lobenswerte Tätigkeit. Beim Berliner Beamten-Wohnungsverein sei es doch sogar voraekommen, daß in die mir staatlichem Gelde und unter dem Mantel der dringend notwendigen Unterstützung wohnungsleidender Beamtentamilien geschaffenen Hauser Beamte eingezogen seien, die selbst Hausbesitzer waren. In Dresden sei der bekannten Landgerichtsdirektor Beckerschen Baugenossenschaft vom Raie zu Dresden nunmehr in anerkennenswerter Weise der weitere Weg verlegt worden, angesichts des Umstandes, daß hier im Oktober 1904 nicht weniger als 9600 Wohnungen leer standen und im «Oktober 190» 9135 Wohnungen, darunter nicht weniger wie etwa 5000 Kleinwohnungen. Was den Eni wurfzum preußischen Wohnnngsgesetz anlange, so sei er über die Bekanntgabe an die Magistrate der Städte und die vielleicht von dorther ergangenen Besprechungen und Beurteilungen nicht hinaus- gekommen. Man könne diesem langsamen Vorgehen mir durch aus zustimmen. In bezug auf die Rechtsprechung hebt die Denkschrift u. a. hervor, daß das Erfordernis der notariellen Beurkundung eines Grundstückskaufs noch immer eine tief empfundene Beschwerde der Haus- und Grundbesitzer bilde. Zu ihrcrBeseitignng habe der Zentralverband fort und sortSchritte getan. Er hat erneut Petitionen um Abänderung der 88 913 und 873 des Bürgerlichen Gesetzbuches an den Reichstag und den Bundcsrat erlassen. Das vrivatrecktlick)« Zurückhaltnngs- recht an den »»pfändbaren Sachen des Mieters, welches unter den Parteien vereinbart werden, kann, bestehe unangefochten weiter, trotz der Widersprüche, die von seiten einzelner Rechts lehrer und anderer hochstehender Juristen — nicht im gering sten des preußischen Iustizministcrs — dagegen erhoben worden seien. Der Zentralverband habe seinerzeit erklär:, daß er nicht empfehle, von diesem Rechte gegenüber armen und mitleid bedürftigen Mietern Gebrauch zu machen, aber wo Schikane geübt oder gar mehrfach geübt werde, oder wo es sich etwa um einen professionellen Mietpreller handle, werde den Haus besitzern doch zu empfehlen sein, von diesem Rechte Gebrauch zu machen. Während sonst der Hausbesth bei der durch die Gerichte ost sehr weit ausgedehnten Unpfändbarkeit der Effekten des Mieters ganz schutzlos sei, vermag er sich vertragsmäßig das Recht zu verschaffen, die Sachen des Mieters zurückzu'halten, bis die Miete bezahlt ist. Er erlange kein Recht daran, sie zu verkaufen, er habe sie zu bewahren, aber der Mieter bekomme sie nicht eher, als bis er bezahlt habe. Der Hansbesitzerverein in Lehe habe mit anderen Vereinen ein Schutzbündnis gegen Mietpreller geschlossen, diesen Schutztvall erweitert und sich gegen eine ihm ungünstige Entscheidung des Landgerichts Bremen gesichert. Zum Schluß erwähnt die Denkschrift dann noch die veränderte Stellung, welche neuerdings von Vertretern der Wissenschaften zu den Bestrebungen der Hausbesitzer ein genommen wird und führt da vor allem die Pohleschen und Professor Dr. Voigts Auslassungen zur Wohnungsfrage an. Sie klingt in den Appell an die Hausbesitzer aus, nach wie vor Einfluß gewinnen au suchen aus ihre Abgeordneten in „«« Stadtverordnettnkvllegien, den Landtagen und im Reichstage Denn auch das im Hausoesitz angelegte riesig« Vermögen habe daS Recht auf wvhlivvllende Beachtung. auf Gerechtigkeit und Schutz vor Schädigungen. —* Es ist der Antrag gestellt worden, über daS Vermögen der Sächsische» Ba n kg« s e l l I ch a s t Quellmalz L Co. in Dresden und "Leipzig, deren persönlich hastender Gesellschafter Emil Quellmalz kürzlich gestorben lst, das Konkursverfahren zu eröffnen. Di« Firma, die auS dem im Jahre 1874 aegründetcn Bankgeschäfte Quellmalz L Adler und der im Jahre 1894 in Liquidation getretenen Aktiengesellschaft „Sächsische Bankgesellschaft" hervorgeaangen ist, hatte nur geringe Bedeutung. Sie war schon seit Jahren an der hiesigen Börse nicht mehr vertreten, da ihre Effekten geschäfte sich mit der Zeit immer weiter «mengten. Größeres Interesse bekundete dagegen der bisherige Inhaber für alle Erfindungen. Unter anderem stand Ouellinalz seinerzeit mit dein Erfinder des Auer-Glühlichtes behufs Fmanzieruug in Verbindung, ebenso mit dem Erfinder der flüssigen Luft, Pictet, er mußte aber diese Geschäfte schließlich anderen überlassen. In wiefern Depositengläubiger durch diese Insolvenz in Mitleiden- jchajt gezogen werden, ist bis jetzt noch nicht bekannt, doch dürsten auch hier die Verluste nicht sehr bedeutend sein. —* Die heiße Witterung der letzten Tage hatte sich heute bis zur tatsächlichen Tropenglut gesteigert, unter der Mensch wie Tier schwer litten. Auch das Pflanzenreich lechzt nach Regen und steht trocken und säst welk da. Erfreu- licherweise künden die neuesten Wetterberichte den baldigen Eintritt kühlerer Witterung an, und hoffentlich haben die Meteorologen keine Fehldiagnose gestellt. Gegenwärtig scheint es allerdings säst, als wenn der Witterungscharakter dem des Sommers von 1904 ähnlich werden wollte. Damals seufzten wir bekanntlich monatelang unter der siedenden Sonne, und der eigentümliche Wilteruiigsoerlauf wurde durch das bei den Landleuten gebräuchliche Sprichwort gekennzeichnet» daß es „keine Art rum Regen" hatte. —* Vorsicht ei der Abgabe der Steuerdeklaration! Welch unangenehme Folgen das Außerachtlassen der weitgehendsten Vorsicht bei der Ilebermittlung der Steuerdeklaration an das Stcueromt haben kann, lehrt folgender Vorfall: Ein hiesiger Ein wohner hatte an demselben Tage, an dem ihm das Deklaration» forinnlar zugcstellt worden war, dasselbe ausgefüllt Und mittels gewöhnlichen Sladtbricfes an daS zuständige steueramt gesandt. Er erstaunte nicht wenig, als er auf seinen« Steuerzettel um etwa 10 Klassen zu hoch eiiigeschätzt war, was einen Betrag von etwa 100 Mk. Stantseinkviniiiensteuer mehr ausmachte. Auf seine Reklamation erhielt der Einwohner den Bescheid, daß sein Ein svrnch ans formellen Gründen zu verwerfen gewesen ist. weil er nicht deklariert habe. Eine nochmalige den Sachverhalt berichti gende Reklamation wurde nunmehr von der König!. Bezirkssteuer- entnähme folgendermaßen beantwortet: „Die Reklamation des Beschwerdeführers ist vom P der Begründung der an ihn kommeiiS »i . für das lausende Sleuerjahr verlustig gegangen. Nach de» amt lichen Ermittlungen ist eine Deklaration ves Beschwerdeführers beim hiesigen Stadtrate nicht einaegaiigcn. Wenn der Beschwerde führer demgegenüber geltend macht, er habe seinerzeit seine Dekla ration durch die Post eingeschlckt. so kann er damit nickt gehört werden, weil es nicht ans die Absendung, sondern auf den Ein gang bei der zuständigen Behörde ankommt und jeder Beitrags pflichtige, der ich bei Einreichung seiner Deklaration eines Boten oder einer Besörderungsanstalt bedient, die Gefahr deS Trans portes selbst zu tragen bat. Da die Verletzung der Deklärations- Bezirkssteuerinspektor als unzulässig mit vflicht »ach 8 39,2 des Einkommensteuergesetzes den Verlust des Reklamation-rechtes für das lausende Sleuerjahr unbedingt »ach sich zieht, ist die Reklamation mitRecht vom Bezirkssteuerinspektor znrückgewiesen worden. Der gegen den Znrückweisungsbeschluß gerichteten Beschwerde kann infolgedessen und weil auch keine Füglichkeit besieht, etwa aus Äilligkettsrücksichten auf die sach lichen Einwendungen deS Beschwerdeführers einzugehen, nicht slattaegebe» werden, sie ist vielmehr als unbegründet avzuwesien." — Aus alledem geht hervor, daß es, da man an entscheidender Stelle den glnnbwürdiaen Versicherungen des Deklaranten nicht den geringsten Glauben ichentt und da weiter „zur Billigkeit keine Füglichkeit" vorhanden ist, am richtigsten ist, die Deklarationen mittels eingeschriebenen Briefes zu übersenden. Dann läßt sich sicher »ackweisen. wer die Deklaration erhalte» bat. was aus anderem Wege nicht möglich ist. Den fraglichen Einwohner trifft die Abweisung der Deklaration mit ganz besonderer Härte, indem er ohne sein Verschulden geschäftlich schwer zu kämpfen hat. — Im VaristS „Königshof" sinken die täglichen Spezialltäten-Vorstellnngen seit dem 1. d. M. nach einem völlig neuen Programm statt, das durchweg gute Nummern enthält Mlle. Bella jongliert ans einer rollenden Kugel und führt aus dieser schwierige Keulenübungen aus. Grell Reiner verfügt über ein reiches Repertoir Tiroler Lieder, die sie mit umfangreicher Stimnie zum Vortrag bringt. The RorwoodS, zwei kräftig: Turner, führen equmbristiscke Exerzitien aus einem getragenen Barren aus: diese neue Idee stellt an beide Artisten hohe physische Anforderungen. Komiker Paul Göbel beschließt den ersten Teil des unterhaltenden Programms: in seinen Couplets illustriert er die sächsische Biederkeit und rühmt Sachsen» landschaftliche Natnr- schönheiten. Das Sondrettenfach hält Aimy Leitert besetzt; durch ein lustiges Lied versieht sie es, ihr Publikum zu amüsieren, und benützt die Gelegenheit, eine Lanze für ihren Berns zu brechen Von deni Original-Burkhardty-Trio arbeitet jeder vornehmlich mit seinem Gebiß, das von phänomenaler Struktur D. Ein Herr und eine Danie halten mit ihren Zähnen eine 140 Pfund schwere Stange, während ihr Partner an dieser turnt. Don Carlos unterhält niit allerlei Zauberkünsten, bei denen er sich von zwei Herren aus dem Publikum assistieren läßt. Seine Leistungen sind Beweise großer Fliigerfertigkeit und erregen Staunen, namentlich sein neuester Trick, das indische Rätsel, daS! ihm niit großer Sicherheit gelingt. Proben großer Gewandtheit und Kräfte gibt das Auftreten des Nomulus, genannt der sächsische Löwe. Er trägt zwei Damen auf der Bühne anscheinend noch mit Leich tigkeit umher und ist im stände, auf einem Finger eine Dame etwas zu geschäftsmäßig Kühles haben, das der Feierlichkeit der Eheschließung nicht entspricht, wollte er schon durch die Ausstattung seines Trauzimmers auf den Ernst der dort vor zunehmenden Handlung hnideutcn. Gegen diesen Grundgedanken ist nichts einzuwenden, um so mehr aber gegen die Mittel, mit denen er in die Wirklichkeit übertragen worden ist. Wäh rend sich Müller in seinen beiden Zimmern aus einer mitt leren Linie gehalten Hai, verwechselt er in seinem Trauzimmer das Feierliche mit dem Steifen. Schon die clfenbeinsarbige, spiegelglatte Wandvertäselung aus Heller Kiefer und Ahorn und die mit zehn Glühlampen gefüllte Holzkassettendecke nimmt sich merkwürdig gesucht aus. Auch die beiden für die Braut- leute bestimmten Stühle unt ihren steifen, viel zu hohen Lehnen mimen ein ganz unnötiges, zeremoniöses Weien. Roch mehr lut das der hinter dem Trauputt zwei Meter hoch aussteigende Stuhl für den Standesbeamten, der sich wie eine Art Trau gott auf diesem unbequemen Sitz Vorkommen muß. Dazu kommt noch «ine gleichfalls höchst absonderliche Farbengebung.^ Die mit einer Art rehbraunem, dänischem Leder überzogenen Stühle stehen aus einem überzarten, hcllrosaroten, geknüpften Smyrna- leppich, dessen Eleganz allein die den niederen Ständen an- gehörigen Brautpaare verwirren muß, namentlich wenn das Sonnenlicht durch die harfenartig geformte dunkelrote Fensteroer- glasung auf sie blendend hercinscheint.Ehe sie jedoch alle dieie-Herr- lichkeit zu kosten bekommen, sollen sie sich in dem durch eine Schiebe tür von dem Trauzimmer getrennten Vorraume sammeln, wo ihnen ein mit hoher, steiler Lehne versehenes „Bankgestcll" mit ziemlich buntem Polster zur Verfügung sicht. Bon dort können sie dann mit ansehen, wie inan es machen muß, um sich als Mann und Frau stilgerecht abzuküssen. da eine von dem Magdeburger Büdlianer Henschcl in Marmorzement ce- gossene, figürliche Gruppe zwei sich küssender Liebcsleutc oie etwa noch fehlende Erfahrung höchst anschaulich ersetzen soll. Diese Spielerei, die sich für diesen Ort am wenigsten schickt, könnte freilich leicht entfernt werden, der Gcsamtcindrnck des Raumes behielte aber doch den Beigeschmack des Komödien haften', er erreicht also gerade das Gegenteil von dem, was der Entwerfer beabsichtigt hat. So bestätigt schon dieser erst« Raum, der über die Zwecke gewöhnlicher Zimmer hinausgeyt, die Erfahrung» daß die Männer des modernen KunstaewerbeS immer noch leicht entgleisen, wenn sie ungewohnten Aufgaben gegenüberstehen, während sie für die täglich wiederkehrenden Be dürfnisse bereits treffliche Muster vorrätig haben. Aus den Magdeburger Räumen gelangt man mit ein paar Schritten in die Bremer Abteilung, die unter der Ober leitung des Direktors des Bremer Äewerbemuseums Emil Högg von 26 bremischen Künstlern und 46 bremsichen Firmen, deren Namen der Katalog anführt, eigens für unsere Ausstellung zusammengestellt worden ist. H ö ga hat diese Bremer Abteilung als eine mächtige, durch zwei Stockwerke gehende Diele, wie sie einst jedes Bremer Haus besessen hat, ousgcbildet und ihr noch einen kleinen Vorranm beigegeben. Da es ihm dabei, wie er das in einem längeren Artikel in der Ausstellungszeitung eingehend dargelegt hat, vor allem darauf ankam. bodenständige Kunst von kräftiger Niedersachsenart zu zeigen, sah er sich ge nötigt, seinen Entwurf aus historischer Grundlage auszubauen. Aus diese Weise geriet er jedoch mit dem Programm der Aus stellung in Widerspruch und brachte daher ein wenig glückliches Gemisch von alten und neuen Elementen zu stände, dem man die Schwächen des Kompromisses nur zu deutlich ansiehl. Die den ganzen Dielenraum, in dem die Treppe eingebaut ist, überspannende Holzbalkendecke ist gar zu zimmermannsinäßig plump ausgefallen. Ihre aus frühmittelalterlichen Kerbschintt- motiven sich ergebende Ornamentik wirkt, in Verbindung mit dem dunkel gehaltenen Eichenholze viel zu düster und schwer. Allerdings eignen sich sür diese beinahe mystische Nibclungen- Tilmniuna die wuchtigen, für ein reckenhaftes Geschlecht be stimmten Möbel, das riesenhafte Büfett, die stark gotisierenden Stühle Mit unheimlichen hohen Lehnen und der ans drei in Spitzen anslausenden Trichtern zusammcngcfügte Beleuchtungs körper über dem großen, in die Ecke eingeklemmten Eßtsich, Indessen dürften vermittlich auch im heutigen Bremen nicht viel Leute auszutreiben sein, die sich in diesen mittelalterlichen Räumen mit ihren modernen Kostümen wohlsühlcn würden. Die in die Wand eingcsügten Fliesen von Walter Mag nussen, die einen matten schlissen") Ton aufweiscn, Er zeugnisse der Steingutfabrik „Wittebnra" in Targe, dürften dagegen wegen ihrer verhältnismäßigen Billigkeit als eine tech nische Neuigkeit die Aufmerksamkeit der Interessenten verdienen, die auch unter den auf dem Biisett ausgestellten Silberaeräten Hugo Levens mancherlei brauchbare Stücke entdecken werden. Hugo Leven ist auch der Urheber des schönen Brunnens mit der Pelikangruppe aus Marmor und Bronze, der -em kleinen Zierhof des Bremers Carl Egg seinen hauptsächlichsten Reiz teilu verleiht. Zu der Brewer Abteilung gehört ferner das Ankleidel zimmer einer jungen Frau des bekannten Äorpswcder Malers Heinrich Vogeler. Es bildet mit seinem überzartcn Farben- arrangcmenl von Weiß, Rot und Blau und seinen überzier lichen Möbeln das Entzücken aller Backfische: wir glauben aber nicht, daß eine Frau, die bereits den Ernst des Lebens einiger- matzen kennen gelernt hat, sich an dieser Puppenstube länger erfreuen könnte. Mit wahrem Behagen betritt man die im Auftrag der Königsberger Immobilien- und Ballgesellschaft Amalicnau von Heinrich Lassen entworfene Diele, die zugleich als Speisezimmer eines bürgerlichen Landhauses gedacht ist. In ihr scheint alles selbstverständlich, von den vorhandenen Bedürf nissen cingcgebcn und dabei ebenso gediegen wie geschmackvoll. Nirgends drängt sich der Erfinder mit subjektiven Einfällen hervor, ja er sorgt vielmehr dafür, daß seine Mitarbeiter auch zu ihrem Rechte kommen. Die beiden ichönen Landschaften von Carl Albrecht und Louis Dcttmanns „Freundinnen" sind vorzüglich aufgehangen und der schon der Abwechslung wegen höchst willkommene Wandgobelin des Dresdner Otto Ewel, der die Auffindung Moses darstellt, ist gerade an der richtigen Stelle angebracht. Das sich an Liese Diele an schließende Zimmer eines Kunstfreundes, daS der Oberlehrer Fritz Höhndorf in Mühlheim an der Ruhr für den Kunst- gemerbeverein in Königsberg geschaffen Hot. kann man sich trotz seiner etwas steifen Möbel wegen der im Ton sehr seinen Ge>ammtstimmii»g gern gefallen lasten, zumal auch hier wieder Bilder von Dettma n n und Albrecht den Raum heben. Dagegen wendet sich der Gast mit Grausen, wenn er gewahrt, wie Äsired Koch in Darmstadt ein sür das städtische Museum in Königsberg bestimmtes Zimmer mit fürchterlich blau angcstrichencn Lesctischen so angesüllt hat, Latz man sich darin kaum rühren kann, zumal auch die lastenartigen Beleuchtungskörper von MeDng von Paul Stotz in Stritt- gart den Eindruck des Engen und Plumpen noch mehr verstärken. - . ll. Q
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