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- Erscheinungsdatum
- 1906-07-10
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190607105
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19060710
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19060710
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-07
- Tag 1906-07-10
-
Monat
1906-07
-
Jahr
1906
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«kn ISbrltche» verechuung-geld von S6(X) Mark, im übrige» aber M Bestreitung de» entstehenden Aufwandes im lauscudeu Jahre 3790 Mark zu bewilligen. ^ — Die Betriebsstörung aus der Linie Bodenbach— Dresden ist seit gestern vormittag wieder beseitigt. — Der BerbandStag der Saalin haberSachsen- ftudet in de» Tagen vom 14. bis 17. August in Meitze» statt. - Die Dresdner Suusmannschast hielt gestern nachmittag » Uhr rn ihrem Sitzungssaal« Ostra-Mee 9 die ordent lich e I n n u n a S - B e r s a m m i u n g ab, zu der sich 44 Mit glieder «ingefunven hatten. Der Vorsitzende des Vorstandes, Vommerzienrat Paul Opitz, begrüßte die Versammlung und erstattet« den Geschäftsbericht über dqs letzte Geschäftsjahr, dessen in unserem Blatte schon an anderer Stelle Erwähnung getan worden ist. Im Eingänge des Berichtes gedachte der Vorsitzende der im Geschäftsjahre verstorbenen 17 Mitglieder der Innung, unter denen drei waren, die dem Vorstand längere Zeit angehort hatten: die Herren M. O. Schubert, Kommerzien rat P. C. K. Philipps und C. I. Wischk«. Aus der Versamm cde die Nnr luna wurde gegeben, bei der Bebauung des Mühl- Abenden seit letztem Winter besprochen und ein weiterer Aus bau dieses Instituts gewünscht. Der Geschäftsbericht wurde ernstrmmig genehmigt, ebenso der Bericht des Prüfungs-Aus schusses und die JahreSrechnung auf die Zeit vom 1. Avril 190b bis 31. März 1906. Weiter wurden die Vorstandsneuwahlen vollzogen. Herr M. A. O. Hoppe hielt eine herzliche Dank- und Abschiedsansprache an Herrn Kommerzienrat Opitz, der, nachdem er 34 Jahre lang dem Vorstande angehort, gebeten hatte, ihn nicht wieder zu wählen. Herr Kommerzienrat Opitz dankte für das ihm entgegengebrachte Vertrauen und vor allem dafür, daß man ihn zum Ehrenmitglied des Innungs- Vorstandes ernannt. Dem gleichfalls eine Wiederwahl ablehnen den Herrn Kommerzienrat Sieg widmete inan ebenfalls Dankesworte. In den Vorstand wurden gewählt die Herren: Kommerzienrat Friedrich Adolph Collenbusch, Ehrenmitglied (A. Collenbusch), Kommerzienrat Konsul Hugo Oswin Flößner, Wilhelm Max Hustig (Jordan u. Timaeus), Sebastian Richard Müller (Müller u. C. W. Thiel), Ernst Arthur Mittasch (H. G- Luder), Johannes Friedrich Alfred Nichler (Julius Weiß) und Stadtrat Carl Wilhelm Uhlmann (Wilhelm Uhlmann). Zu Ersatzmännern wählte man die Herren: Gustav Rudolph Schintzing (Direktor der Firma: Vereinigte Elbcschiffährts- Gesellschaften, Aktiengesellschaft), Friedrich Wilhelm Albert Baumgärtel (Vollsack u. Co.) und Moritz Georg Ehrenberg (Gustav Kaestner u. Koebler). In zwei Ausschüsse wurde je ein Jnnungsmitglied gewählt. Bei der Feststellung des Haus haltplanes auf das Geschäftsjahr 1. April 1907 bis 31. März 1908 wurde vor allem die Möglichkeit, neue Mitglieder zu ge winnen. lebhaft diskutiert und die Anregung ausgesprochen, der Vorstand möchte von der Stadt und dem Staate höhere Beiträge zur Unterhaltung der Handelsschule erbitten. Auch der Haushaltplan wurde einstimmig genehmigt. — Von der Errichtung eines JnvalidenheimeS für Arbeiter der sächsischen Staatsbahnen wußten vor kurzem verschiedene Blätter zu berichten. Wie uns mit- arteilt wird, befindet sich die Angelegenheit erst in den Anfangs- stadicn der Vorcrörtcrungc». Es sind zunächst Anfragen an die Invaliden gerichtet worden, die bis jetzt erst zum kleinsten Teile beantwortet sind. Eine bestimmte Msicht, das Heim ins Leben zu rufen, steht noch in weitem Felde. — Die hiesigen S ch in i c d c g e s e l l e n beabsichtigten nach einer in voriger Woche gesoßten Resolution, wie bereits ge meldet, am Sonntag den sofortige» Streik zu beschlietzen, falls die den Meistern einzeln vorgelegicu Fordenrnge» bis Sonnabend abend nicht sämtlich unteneichnet seien. Es habe» nur 7 Meister unterzeichnet. Die am Sonntag mittag im „BollShans" tagende gut besuchte Versammlung beschloß jedoch trotzdem, nach ziemlich heftiger Debatte, den endgültige» Streikbeschluß »och bis Dieustug abend zu vertagen. Der Vorstand der Schmiede-Zwangs-Jnnnng hatte nämlich in letzter Stunde seinen stritte ablehnende» Stand punkt inbezug ans drei den Oieselle» am wichtigsten erscheinende Punkte (Verkürzung der Arbeitszeit. Erhöhung des Sttindcnlohncs und Hinzuziehung eines Verbaiidsbcamte» bei Streitigkeiten, die auS dem Taris erwachsen) ausgegebc» und am Sonnabend »och eine Sitzung mit dem Geselle»«nsichnß abgebaltc». Da statuten gemäß die Einberufung einer so wichtige» JnnungSvecsainiiiliiiig vor Montag nicht möglich war, andererseits aber auch viele Jnnungsmerster die Forderungen zwar bewilligt, aber »och nicht unterschrieben hatten, so machten die anwesenden Mitglieder des Gelcllenausschusses und der Verbandsleitung ihren Einfluß dahin geltend, daß der Streik wenigstens nicht sofort beschlossen, sondern bis Dienstag abend vertagt wurde. In einer aiigenonimenen Re solution wurde gegen die Vc'rschleppuugspolitik des Innungs- Vorstandes protestiert, aber zugunsten der humanere» Meister, die Entgegenkommen gezeigt haben, eine Vertagung des Streiks be fürwortet. nur soll im Falle einer Einigung der neue Taris rück wirkend sein, also bereits vom Montag an in Kraft treten. — Ueber eine Lohnbewegung im sächsisch - thür ingische» Textilgebiet wird uns aus 0) reiz unter der Spitzinarkc „Streik in Sicht" geschrieben: Die von Glauchau aus ergangene Mel dung. daß in dortige» Textilarbeiter-Versammlungen beschlossen worden sei. eine 20prozentige Lohnerhöhung zu fordern und zwar mit Rücksicht aus die gesteigerten Lebeusmittelvreisc. hat natur gemäß hier im Zentrum der sächsisch-thüringische» Texlilindnstti- nicht geringe Aufregung hcrvorgerufeu. Obwohl im hiesigen Sekretariat des Verbandes sächsisch-thüringischer Webereien von der neuen Forderung »och nicht das mindeste bekannt ist. liegt man doch ernste Befürchtungen, zumal bei Beendigung des Riesen streiks nur der Mangel an Unterstiitzungsgeldcrii zum Wicder- arbeiten zwang und damals mit Bestimmtheit von seiten der Slrelkleiter verkündet wurde, daß es sich nur um einen Waffen stillstand handeln könne, dem im Frühjahr 1906 ein neuer Kampf folgen werde. Scheinbar soll auch letzt wieder die alte Taktik zur Anwendung kommen. Man beginnt m einigen Betrieben (diesmal im Glauchan-Meerancr Bezirk) mit dem Streik, die Folge davon muß dann wieder die allgemeine Aussperrung sein, die den ganzen Berbandsbezirk umfaßt. Sollte cS wieder zum Aeußersten kommen, dann ist die wirtschaftliche Katastrophe wieder da. Daß man diesmal in Glauchau-Meerane mit der Wühlarbeit beginnt, ist bezeichnend. In jenem Bezirk werden mit die besten Löhne ge zahlt. weshalb eine weitere Erhöhung sicher auf Widerstand stützt. Beim letzten Streik von 1905. dem größten, de» die Textilindustrie je erlebt, begann die Wühlarbeit in Gera und bei dem Streik zuvor in Greu. Daß die Verbandskasse der Organisierten seit der vorjährigen Schlappe schon wieder z»m Streik gekrästigt sei» sollte, ist kaum anzunehmen. EZ wird also wieder namenloses Elend freventlich heraufbeschworcn. — Wie in den beiden letzten Jahren, so soll auch in diesem Jahre wieder eine theol. Lehrkonferenz abgehasten werden und zwar in der Zeit vom 1. bis 3. Oktober. Vorträge habe» bis jetzt zugeiagt die Herren Professoren Hanck, Klosterniann und Grützmacher. Von viele» Seiten ist dem Unternehmen bereits lebhaftes Interesse entgegengebracht worden. Etwaige Gaben zur Förderung der Sache nimmt cnlgegen der Schriftführer, Hilfs- geistlicher Schleinitz-Radeberg. — Der König!. Sächs. MilitärverelN„PrinzJobann Georg" für Cvsscbaude und Umgegend hielt vorgestern im„Berg- restaumnt" zu Cossebaude seine diesjährige Hauptversammlung ab, womit gleichzeitig eine Vorfeier des Geburtstages des Prinzen Johann Georg verbunden wurde. Vor Eintritt in die Tagesordnung gedachte der Vorsitzende, Kamerad Zctzsche, des Protektors der sächsischen Militärvereine und schloß seine Aus führungen mit einem begeistert aufgcnommenen Hoch auf König Friedlich August und das gesamte Hans Wetti». Die von Seiner Majestät und dem Prinzen an den Verein gerichteten Dankschreiben gelangten zur Verlesung. Zu Protokoll gedankt wurde Herrn AmtSvanvtmann Dr. Krug v. Nidda (Ehrenmitglied des Vereins) für ein Geschenk. Dem König!. Gesandten Freiherr» v. Reitzeir- stein (Ehrenmitglied obigen Vereins) wurde anläßlich der ihm vom König verliehenen Auszeichnung ein Schreiben übermittelt. Die Veteranen von 1666 wurden besonders geehrt. Anläßlich der am 4. d. M. erfolgten Geburt eines Sohnes deS Kaiserlichen Kron- vrinzenpaares brachten die Kameraden ein Hurra aus das deutsche Kaiserhaus aus. Ehrenmitglied Herr Schuldirektor Zimmerman» erinnerte betreffs der sozialdemokratischen Konsumvereine an die BnndeSbestimmungen. Mit dem Wunsche, daß der treuverdiente Vorsitzende das ihm verliehene Ehrenzeichen noch lange trage» «öge. schloß die Sitzung. — Et» fröhliches Treiben Herrschte am Sonntag nachmittag und abend in den sestlich mit Girlande» und Fähnchen geschurn kien Räume» des Etablissements „Bergkeller": der Bürger - Verein der Wilsdruffer und Seevorstadt und inneren Altstadt veranstaltete daselbst sein diesjähriges Soin incrse st. Von nachmittags Vr4 Uhr an brachte das Dresdner Pliilhariiioiiische Orchester (Leitung: Herr Kapellmeister H. Reh) ein gediegenes Konzert zu Gehör. Zahlreich hatten sich die Kinder eingesiinden und vergnügten sich unter Leitung bewährter Kindergärliierinnen aufs beste bei allerhand Bewegungsspielen. Mit große» Kucheir- bvcken bepackt zogen am Ende deS Festes Vater, Miller und Kind heimwärts. Dre jungen Dame», welche Lose zu der reich aus- gestatteten Gabenlotterie. Postkarten und duftige Blnmenslräuße feilboien, konnten sich über mangelnde Kauflust sicher nicht beklagen. Der Reinertrag des Festes war für gemeinnützige, wohltätige Zwecke bestimmt. Die Gabenlotterie war bereits nachmittags 6 Uhr aus verkauft. Inzwischen alraiigierten sich die Kleine» zum Lampion- zug durch den in bengalischer Beleuchtung erstrahlenden Garten. Ein vergnügter Sommernachtsball bildete den Schluß des in allen Teilen gelungenen Festes. — Am Sonnalbend werden die Mitglieder und Gäste des Dresdner K un st gc/werbe-Vereins sich «u einem S o m m e r c> b e ird s e st im Sächsischen Haus der 3. Deutschen Kunstgewerbe-Ausstellung vereinigen. Sollte das Wetter un günstig fein, so sindet das Fest am nächsten «Montag statt. — Am Donnerstag findet in der Ausstellung ein Konzert des 2. Husaren-Negimenls aus Grimma statt. Die orchestralen Darbietungen werden durch Gesänge desIulius - Otto-Bundes unterbrochen werden. Für den 21. Juli ist wieder ein Ma ss e n k on z e r t geplant und am 25. Juli wird der Ausstellungspalast in prachtvoller Illumination er- glänzen, gleichzeitig soll ein Feuerwerk abgebrannt werde». Die Daucrkarten-Jnhabcr haben zu allen diesen Veranstaltungen freien Eintritt.. , . — Schwurgericht. Wege» Unterschlagung amtlicher Gelder und Fälschung össentlichcr Urkunde» hatte sich der 18.55 i» Prom- nitz bei Riesa geborene und daselbst wvhneude Hillsichreiber Adolf Gustav Händel zu veraulwvrten. In derselbe» Strafsache stand schon am 15. Juni Verbaudluug vor der 3. Strafkammer an. jedoch erklärte sich diestr Gerichtshof für unzuständig und übergab die Akte» dem Schwurgerichte. Der Angeklagte hat in der Gemeinde Prvmnitz eine Anzahl Ehrenämter bekleidet und war ein halbes Jahr lang bis zuin 15. Februar 1906 auch Geineindevocsland. Seit etwa 10 Jahren war er von der Bahumeislcrei Ricia als Streckenarbeiter und Hilfsschreibcr im Dienste der Staatsbahn beschäftigt und hat, wie »ach der Beweisaujnahme als sicher an- geuomnien werden muß, in der Zeit vom September 1898 bis Ende 1905 niindesteiis 737 Mk. Löhne unterschlagen und die Lohn listen unrichtig gesuhlt. Weiter wird ihm zur Last gelegt, daß er im Februar 1903 eine Quittung über 6,25 Mk. Krankengeld un befugt mit dein Namen des Empfangsberechtigten unterschrieben »nd das Geld für sich behalten, endlich ein Notizbuch, worin sich Auszeichnungen über Lohnverhältnisse befanden, auS der Bahn meisterei Riesa weggenommen und verbrannt zu haben. Das Urteil lautet auf >0 Monate Gefängnis, wovon 4 Monate als verbüßt gelten. Als Vertreter der Anklage siinglctte Assessor Viermetz, als Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Knoll. — Landgericht. Amin M Die ganz erheblich vorbestrafte Dach- deckersehefrau Anna Martha Steglich auS Meißen stahl daielbst am 6. Dezember einem Handelsmanne aus Großharthau ein Porte monnaie mit 23 M. Inhalt. Die 6. Strafkammer diktiert der rückfälligen Diebin nach geheimer Beweisaufnahme 1 Jahr 3 Mo nate Znchthans, sowie 5 Jahre Ehwerlnst zu. erachtet auch Polizei- Aussicht für zuläisig. — Ter 36 jährige Arbeiter Karl Otto Welk ist lange Jahre hindurch Kassierer und Vertrauensmann eines hiesigen AbznhlnngsgeschästcS gewesen, ohne sich das Geringste zuschulden kommen zu lassen. Eine vor zwei Indien verübte un bedeutende Unredlichkeit wurde ihm vergeben. Weiß revanchierte sich damit, daß er der Firma von den vereinnahmten Knnden- geldem mindestens 785 Bk. unterschlug und in leichter Gesellschaft verjubelte. 6 Monate Gefängnis wirst das Gericht als angemessene Ahndung aus. — Der 20 jährige Koch Karl Albert Wismach aus Callnbcrg wurde im März d. I. vom Gericht in Finsteiwalde zu einer längere» Strafe verurteilt, entwich jedoch aus dem Trniisvort zum Gesängnis, wandte sich nach Sachsen »nd verübte im Mai 1906 in Dresden und Pirna mindestens 12 Fahrraddicbstähle. Das Gericht diktiert ihm 2 Jahre 6 Monate Gefängnis »nd 3 Jahre Ehrverlust zu. — Der 23 jährige Markthelfec Warmuth Ehregott Christian Säuberlich gen. Tanneberg unterschlug zum Schaden seines Dienstherr», eines hiesigen Konditors, einen Geld betrag von 7.55 M. und betrog seinen Herrn mit Hilfe einer ge fälschten Quittung um 8,50 M. Das Urteil lautet auf 4 Monate Gesängnis. — Der vorbestrafte Schmiedcgcselle Ernst Wilhelm Ziinmermaiin aus Nelßdorf stahl im vergangenen Winter in Nade- benl von einem Wagen einen Kntlchcrpelz und ein Brot. 5 Mo nate Gefängnis sind die Folgen des im Rücksalle begangene» Diebstahls. — Der 28 jährige Kutscher Karl Otto Seiler ans Dresden-Cotta traf am 18. April in der Anktionsballe des Amts gerichts einen guten Bekannten, der eben 20 Flaschen Wein er stände» hatte. Seiler erbot sich, de» Wein fortschaffen zu Helsen, verschwand jedoch unterwegs mit 6 Flaschen, welche ihm alsbald wieder abgenomnicn wurden. Da der Angeklagte am 7. Juni wegen Betrugs vom Schöffengericht zu 3 Tagen Gefängnis ve>, urteilt worden ist, erkennt das Landgericht ans eine Gesamtstrafe von 3 Monaten 1 Tag Gesängnis. Ein Schleppenträger ist Frau Lily Braun, der kühnen „Mcersahrerin". in ihrem freisinnigen Fahrt- genvsscn, Herr» Dr. Theodor Barth erstanden. In einen, „Epilog zur Journalistenreise nach England" in seiner „Nation" liebt dieser Svruchsprecher des deutschen doktrinären Liberalismus bei dem Besuche in England mit Nachdruck hervor, wie der Ge danke, daß sich eine Vertreterin der sozialdemokratische» Presse Deutschlands a» der Journalistensahlt ans proletarischem Klassen- gcsühl nicht hätte beteiligen dürfen, den Engländern einfach grotesk erschienen sei. Der Umstand, daß Frau Braun eine sozialdemo kratische Zeitschrift repräsentierte, habe keinen Vertreter der staat lichen oder kommunalen Autorität in England veranlaßt, ihr irgend eine gesellschaftliche Ehre zu versagen. „In Deutschland" — so klagt Herr Barth sodann i» seinem Resirmb — „haben wir diesen Grad gesellschaftlicher und politischer Kultur noch nicht er reicht." Das ist gewiß richtig. Und Herr Barth hat auch Recht, wen» er des weiteren der Sozialdemokratie ein gut Teil Schuld daran zuschiebt und schreibt, daß sie das ihrige dazu beigetrageu hat. um in Deutschland bessere Sitten nicht auskommen zu lassen. Aber eines vergißt Herr Barth in seinem auch für die bürgerlichen Tadler und Vcnrrteiler der Brannsche» Englandfcchrt berechneten Artikel vollständig: daß nämlich gerade Iran Litt) Braun in der mit ihrem Gemahl gemeinsam herausgegebciicii Wochenschrift rnit am unermüdlichste» dafür tätig ist, alles Traditionelle, alles was dem monarchisch und kirchlich gesinnten Bürgertum ehrwürdig ist, mit Spott und Hohn zu übergießen und die Ucberzeugung Anders gesinnter womöglich als Heuchelei zu geißeln. Dieser Wider spruch in den Worten und T a ten einer „ G er, vs s trr" ist es, der nicht nur die gesiniinngsverwandte sozialdemokratische, sondern auch die bürgerliche Presse in erster Linie dazu veranlaßt hat, die Teilnahme der Frau Braun an der Englandsahrt in io scharfer Weise zu verurteilen. Wenn Frau Braun und ihr Herr Gemahl irr ihrer Zeitschrift selbst »ach englischem Muster handeln und nicht jede Ehrenbezeugung vor einer nationalen oder monar chischen Institution i» der niederträchtigste» Weise verhöhnen würden, so hätte man sich gewiß nicht darüber aufgchalten. daß sie die Einladung nach England annahni. Aber in Deutschland all wöchentlich jeden Kriegerverein lächerlich machen, der ein Ergebcn- heitstclegramm an de» Landessürsten schickt, und in England er klären, das sei ja bloß Formensache. man dürfe sich darüber nicht ausrege» usw. — dieser Zwiespalt in der Natur einer lediglich aus Sensation zugeschniitenen. sogenannten „modernen" Frau war und ist eS allein, der ledcnr Unbefangenen ein Recht gibt, Frau Litt, Braun nach wie vor trotz der Barthschen Schleppenträgerdiensle zu verurteilen oder — was noch besser ist und von so manchem Teilnehmer der Fahrt an Ort und Slckle geübt wurde - »u lächeln. _ TageStteWchte. In de», Feldzüge gegen die Koloiiialaliteilrina hat nunmehr auch der von Herrn Erzsierger mit angegriffene Gr1>. Legaiionsrar Dr Hessserich das Wort genommen, um dem gcnannlen ZentrumSabgcordnelen eine scharfe Lektion zu erteilen. Nachdem er zunächst die gegen ihn perlönlich gerich teten Anwürse gründlich widerlegt hat, sagt er zum Schlüsse seiner an die Mat.-Ztg." gerichtelen und von der „Köln. Zig." an leitender Stelle cwgcdruckten Erklärung folgende Unzwei deutigkeiten: „Ich bitte Sie um Entschuldigung, wenn ich Ihnen und Ihren Lasern mit diesen Ausführungen lästig fall«, die sich nur auf einen — zufällig mich persönlich betreffenden — Näbenpunkl in der Kolonialkampagne beziehen, aber die Me thode, einen in der BudgelkommWon lang und breit besproche nen und längst erledigten Fall wieder aufzulwärmen und «nt- gogen allen Feststellungen und Aufklärungen einen längst ab getanen Klatsch aufs neue zu fvMisizieren, ist zu bezeichnend für das System des Erzbergerischen Feldzuges gegen die Koio- nialvcrwaltung, der in seinem neueste» Stadium vor ollem den Zweck zu verfolgen scheint, durch das Aufmühlen aller mög lichen allen Geschichten die össeniliche Aufmerksamkeit von einem in Deutschland bisher uner hörten und aller Poli tischen Moral ho >h nisp r e ch e n d e n Falle abzu lenken: von dem jetzt ostenkundigcn Falle nämlich, daß ein M 11- glicd der Volksvertretung bei seinen stark persönlich zugcspitzten Angriffen gegen eine staatliche Behörde sich der Mitwirkung von Beamten bedient, die in dieser iölben Behörde angestcllt sind und in deren Mauern als Denunzian ten und Spitzel unter Verletzung ihres Diensteilaes ihr Wesen treiben. Ich weiß sehr wohl, was ich damit aus spreche, aber auch, nachdem ich „glücklicherweise" aus der Kolo nialverwalt ung ausgeschioden bin, halte ich mich nicht für be- rechtigtz durch Stilttchweigc» das von dein Abg. Erzbergcr mit leider )o vielem Erfolg unternommene Werk 'der Diskreditie rung und Desorganisierung unserer Beamtenschaft zu unter stützen." Daraufhin sicht der genannte Zentrumsabgeordnele sich genötigt, in der „Germania" zu seinem Enthnllungsscld- zugc das Wort zu nehmen. Er tritt den Rückzug mit der Behauptung an. er habe mit einer ganzen Reihe ihm zugeschrie bener Artikel nichts zu tun, und erklärt, daß er seine Erörte rungen über koloniale Mißständc ans der Vergangenheit vor erst einstellcn werde, wie er behauptet, um dem Reichskanzler Zeit zur Erneuerung des Beamtenkörpcrs zu lassen, vermutlich aber, weil ihm das Eisen zu heiß wird. Bon Gcheimrat Helffcrich verlangt er Beweise für seine Behauptung. ParlarnentSbelciürgung durch die Sozialdemokratie. Bevor das preußische Abgeordnetenhaus am Freitag in die Beratung des Schulgesetzentwurses eintrat, hatte es sich darüber schlüssig gemacht, ob die Ermächtigung zu einer strafrechtlichen Verfolgung zweier sozialdemokratischer Redakteure wegen Beleidigung des Hauses zu erteilen sei. Die „Kre»z-Ztg." knüpft an diesen Vorgang folgende Bemerkungen: „Die Er wägung, daß die Beleidigungen der sozialdemokratischen Presse sich in letzter Zeit genikhrt und einen immer heftigeren Charakter an nehmen. im Volke auch nicht die Meinung auskommen dürfe, als ob etwas Wahres an diesen Vorwürfen sei, bat das Abgeordneten haus dazu bestimmt, von der bisherigen Praxis abzugehen und de» von der Geschäftsordiiungskoiirmissioil mit großer Mehrheit gefaßte» Antrag, daß in allen jene» Fällen die Ermächtigung für strafrechtlichen Bcrsolgnng erteilt werden möge, anzunehmen. Nur die Freisinnigen und die Polen stimmten dagegen, indem sie darauf hinwiejeri, daß das Abgeordnetenhaus durch diese sozialdemokra tischen Beschimpfungen gar nicht beleidigt werden könne und die Immunität der Abgeordneten gewissermaßen als Korrelat fordere, daß über solche Angriffe zur Tagesordnung überaegangen werde. Diese prinzipiellen Bedenken haben sich auch die Befürworter des Antrages gewiß nicht verhehlt. Angesichts so grober Beschimpfungen durste ihnen mit Recht aber nicht »achgegeberr werden. Ja. man darf erwarten, daß. wenn die sozialdemokratische» Zeitungsschreiber einmal sehen, daß sie die Ehre des Abgeordnetenhauses hinsort nicht ungestraft besudeln können, das auch erzieherisch aus ihren Ton wirken wird. Wenn das bisher befolgte Prinzip, über Be leidigungen des Hauses zur Tagesordnung überzugchen, gewisser maßen als Korrelat für die parlamentarische Immunität angesehen wurde, so muß doch gesagt werden, daß die Mitglieder des Ab geordnetenhauses die parlamentarische Redefreiheit kaum jemals zu Beleidigungen außerhalb deS Hauses stehender Personen ge- niißbrancht haben. Dies zu betonen ist um so notwendiger, als der „Vorwärts" jene oben gekennzeichneten sozialdemokratischen Beschimpfungen als gebotene Erwiderungen auf entsprechende An griffe des Hauses auf die Sozialdemokratie hinstellen möchte. Niemals ist das Abgeordnetenhaus in einen Ton verfallen, der auch nur von fern an die rohen Schimpfereien der sozial demokratischen Presse nnklingt: »nd wenn wirklich einmal ein Redner die Grenzen des parlamentarischen Anstandes überschritten haben sollte, so wird der Umstand, daß sozialdemokratische Angriffe aus die Ehre des Abgeordnetenhauses in Zukunft nicht ungeahndet bleiben werden, hinsort auch ans das Temperament heißblütiger Parlamentarier mäßigend wirken." Zur Lage i» Rußland. Die »ach genauer Feststellung in 26 russischen Garnisonen bis jetzt vvrgesallcnen Svldatenunruben größeren und geringeren Umfanges gaben dein Petersburger Vertreter der „Hamb- Nachr." Veranlassung, sich mit einer sehr hohe» und verantwortlichen Stelle, deren Nennung wunschgemäß unterbleibt, in unniitteldare Verbin dung zu setzen und nur ehrliche, rückhaltlose Aufklärung zu bitten. Dettelve entwarf nachstehende, seiner eigenen Kenntnis und Er fahrung entsprechende Darstellung: „Trotz der rühmlichen, histori schen Vergangenheit dieses vornehmen Regiments, aus dessen Ent schließung dermaleinst die russischen Herrscher die Kaiserkrone emp fingen, gehört das Preobrashenski-Regimcut seit vielen Jahren zu den schlechtesten unter alle» Garde-Regimentern. Es dienen darin gewiß viele Söhne reichster Familien, auch Großfürsten und selbst der jetzige Zar haben dort gedient, die Angehörigen des Regiments haben dcSlmlb durchweg Verkehr und Zutritt zu den höchsten und ersten Kreise». Gleichwohl — so erklärt der General — würde ich keinen Augenblick geschwankt habe», mir das PleobrashcnSki-Regi- rnent namhaft zu machen, hätte man mich ohne Kenntnis des Namens befragt, welchem Garde-Regiment ein solches Vorkommnis wohl anr ehesten znzntrancn wäre. Die Ursachen dafür sind mannigfaltige, obenan steht die Tatsache, daß die Zahl der Offiziers- steüen seit Menschengedenken nicht vollzählig und jetzt durstiger als je dotiert ist. Von 50 elatsmäßigen Osfiziersstcllen sind zur Zeit nur 30 besitzt: in dem »nir bestraften Bataillon gab es iin ganzen augenblicklich nur 7 Offiziere: i Hauptlcntc, 1 «stabskapitän und 2 Unterleutnants. Die wirklich militärisch passionierten jungen Leute suchen mit Vorliebe die Kavallerieregimenter auf. während im PreobrashenSki-Regiment der militärische Geist unter de» Offi zieren viel weniger lebhaft beseelt, fast als traditionelle Erscheinung für den Durchschnitt aiiznsehen ist. Um so mehr ist das Begehren der dort dienenden Offiziere, die in das Regiment eintreteii, weit es so der Familienbrauch verlangt, aus Wohlleben und Zerstreuung gerichtet, ohne auch nur die Absicht zu hegen, mit der Mannschaft einen festen innere» Kontakt hcrzuslcUen. Die Folge dieser traurigen Tatsache ist, daß sich die wenigen vorhandenen Offiziere um das außer dienstliche Leben und Treiben, um die Bedürfnisse und die Denk art des einfachen Soldaten so gut wie gar nicht bekümmern, ivdaß die Feldwebel die eigenllichen Kompagniechcfs sind. Diese Feld webel sind ober wiederum mehr oder minder der Korruption ver fallen, sic nirtzcir ihre Leute aus, uni sich selbst ungehörige Vorteile zu verschaffe», woraus sich dann naturgemäß nicht nur eine Locke rung der Disziplin, sondern die Tatsache ergibt, daß der einfache Mann seinen nächsten Vorgesetzten nicht respektiert, sondern ver achtet. Es kan» nun nicht wunderirchmen, wenn das politische Jnsektionsgist, das heute weite Kreise durchzieht, auch hie und da in die Armee hineingetrageir und nicht widerstandsfähige, charakter schwache Soldaten davon hier und dort angesteckt werden. Noch aber ist die revolutionäre Jnsiltricrung nicht ties cinaednrngrn und wird in der russischen Armee, wenigstens für absehbare Zeiten, keine bleibende Stätte finden. ... Es muß offen zugegeben werden, daß die Truppe» nicht mehr dieselben sind, die sie noch bis vor zwei oder drei Jahre» waren, und niemand besitzt die prophetische Gabe, vorauszusagen, wie sie nach zwei bis drei Jahren sein werden. Aber durchaus verfehlt wäre das Urteil, aus zerstreut vorgckommeiren Unruhen und Meutereien auf den allgemeinen Zustand der Armee Folgerungen zu ziehen. Der schlagende Be weis für die Intaktheit der Armee ist ans dreierlei Tatsachen zu erbringen: rum erste»: mit Ausnahme von Wladiwostok und Dr-sdne* Nachrichten. Kr. 187. «eite s. Dienstag. 10. Juli Ivos
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