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- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19060629020
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1906062902
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1906062902
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-06
- Tag 1906-06-29
-
Monat
1906-06
-
Jahr
1906
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DreS-rrer Nachrichten. Freitag. L». J«ni L»V8 »» Str. 178 dmen Prin^slin AL das rma-Jeltsch. Gras und ter-Syverg und Gräfin - ali m 7-GrLsu-d'Äräi.n- Sa"?""' Gräfin Eulenbürg. Gras Pla Sierstorpff Wohnung. , ^ .H* In einchen Blättern wird neuerdings als voraus- sichtlicher Nachfolger deS verstorbenen Landtag neten Handelskammersyndkrus Schulze in der Zweiten Ständekammer Herr Dr. Stresemann ge- naunt. Zu diesen Nachrichten ist zu bemerken, daß nach dem sachlichen LandtagSvahlrecht eine Neuwahl nicht ettva in Bälde Lu erfolgen -at. sondern überhaupt erst für Oktober 1907 in Frage käme. Nun haben allrroings hervorragende national liberale Vertreter de» 1. Dresdner Wahlkreises den Wunsch ausgesprochen, der Syndikus des Verbands Sächsischer In- dustrieller Dr. Stresemann möchte für den erledigten Kammer sitz kandidieren und, namentlich da es sich nicht um -ine neue Urwahl, sondern nur um ein neues Zusammentreten der Wochl- männer der letzten Landtagswahl handelt, würde di« Wahl des vorgeschlagenen Kandidaten sicher erscheinen. Dr. Stresemann hat eS jedoch vorläufig abgelehnt, zu kandidieren, da ihn seine Arbeit für den Verband Sächsischer Industrieller so völlig be- fchäftigt, daß er nicht im stände sei. die Landtagstätigkeit auf tich zu nehme». —* Neue Bestimmungen über die Verleihung des tragbaren Ehrenzeichen» kür Treue in der Arbeit dürsten demnächst in Kraft treten. DaS Königs. Ministerium dr» Innern hat den KreiShauvtmannschaftrn de» Entwurf eines Gesetzes zugeben lassen, in dem die Bestimmung enthalten ist, daß in Zukunst bei der Verleihung de» tragbaren LchrenzeichenS für treue Arbeiter und Dienstboten, sowie bet den tragbaren Auszeichnungen für die Feuerwehr und für landwirtschaftliches Personal nicht mehr die Dienstzeit vom 25. Lebensjahre an gerechnet werden soll, sondern schon vom 18. Jahre an. Eine wettere Vergünstigung liegt ferner noch darin, daß in Zukunft auch die M i l i t >1 rz e i t voll in Anrechnung gebracht werden soll. Die Kreishanptmann- schaften und die Amtshauptmannschaften sind aufaefordert worden, sich über diese neuen Gesetzesbestimmungen gutachtlich zu äußern. —* Die Hitze hat sich seit gestern noch gesteigert. Das Thermometer zeigte heute um 2 Uhr ziemlich 30 Grad Celsius oder 24 Grad Reaumur im Schatten. Dabei war die Lust beute ruhiger als gestern, wodurch die tropische Glut sich emp- sindlicher vemerkbar machte. Ten Landleuten, die noch an vielen Orten mitten in der Heuernte begriffen sind, kommt diese Witterung außerordentlich zu statten, ebenso den Elbbade anstalten, in denen sich jetzt schon von früh an ein lebhaftes Treiben entfallet. Einen ichweren Ansturm haben namentlich die Freibäder auszuhalten, die gegenwärtig viermal größer sein könnten, um all« die Badelustigen auszunehmen. Stundenlang müssen in den Nachmittagsstunden die Knaben und Mädchen vor den Badeanstalten stehen, ehe sie Einlaß erhalten können. —* Das neueste Amtsblatt des Reichspostamts veröffent licht folgendes: Vom 1. Juli ab -hat ein Verkauf von Postwert zeichen zu 2 Psg. an das Publikum im Reichs-Post-gebiele nicht mehr stattzufinden. Infolgedessen haben die Verkehrsämter diese Wertzeichen (Marken und Karten» am 30. Juni nach Dienstschluß von allen amtlichen Stellen, die sich mit dem Verkaufe befassen teinschl. der Pvstagenturen, Posthilfsstellen und Markenverkaufs stellen). zurückzuziehen und bis auf weitere Verfügung bei den Hauptkassen (PostamtSkasjen bei Arintern III) aufzuvewahren. Die Gesamtbestände an Marken und Karten zu 2 Prg. sind von den Verkehrsämtern genau festzustellen und — nach Marken, ein fache» und Doppelkarten getrennt — bis znm 7. Juli den Ober- Postdirektionrn mitzuteilen. Bis znm 15. Juli baden die Ober- Postdirektkonen den Gesamtbestand (cinschl. deS Vorrats bei den Ober-Postkassen) dem Verordnungsbnrrau des Reichspostamtrs anzumelden. Die Marken und Postkarten zu 2 Psg. können auch künftig verwendet werden: so ist z. B. ein mit fünf 2 Pfg - Marken beklebter Brief nicht zu beanstanden. Etwaigen Anträgen des Publikums aus Umtausch von Postwertzeichen zu 2 Psg. gegen andere Postwertzeichen oder, sofern es sich um den Umtausch ein zelner Marken ober Karten bandelt, gegen bar haben die Verkehrs anstalten bis auf weiteres zu entsprechen. Die umgetauschten Postwertzeichen sind von den Zweiglassen usw. in angemessenen Zwischenräumen als bar an die Hauptkassrn abzuliefern und bei diesen bis zum Eingänge weiterer Verfügung als bar z» führen. In den SchalterauShänaen sind die etwa vorhandenen Tarife für OrtS« und Nachbarortssendungen nach den zum 1. Juli elntretcn« den Aenderungen rechtzeitig zu berichtigen. —* Der Präsident des Deutschen Handels- tags richtete am 27. Juni an den Reichskanzler lReichs- Po-stamtj die folgende Eingabe: „Der „Deutsche Reichsanzeiger" vorn 25. d. M- abends enthielt die Bekanntmachung vom 23. d. daß vom 1. Juli ab die zurzeit im Orts- und Nachbar- ortsverkeyr bestehenden Ausnahmetarife für Postkarten. Druck sachen, Geschäftspapiere und Warenproben aufgehoben werden und vom gleichen Tage ab die Gebühr für außergewöhnliche Zeitungsbeilagen für st 25 Gramm jedes einzelnen Beilage- - Exemplars von 14 auf 1/2 Psig. erhöht wird. Mit Bedauern HÄ>en wir hieraus entnommen, daß unsere am 15. d. M. an den Herrn Reichskanzler gerichtete Eingabe wegen Erhaltung der bezeichnet-» Ausnahmet-arise ohne Erfolg geblieben ist und im Zusammenhänge mit der Reichsfinanzresvrm nicht nur der Eisenbahn- und -Lchifsahrts-. sondern auch der Poslverkehr eine Verschlechterung erzahren soll. Wir unmöglich hätten wir es allerdings gehalten, daß diese Verschlechterung bereits am sechsten. Tage nach ihrer Bekanntmachung im „Reichsanzeiger" in -Kraft treten sollte. Es liegt hierin ein Mangel an Rücksicht gegen die am Postverkehr beteiligten Kreise, der das allgemeine Befremden in hohem Maße erregen muß. Für den Eisenbahn verkehr besteht ein Schutz gegen ein derartiges Verfahren im A 7 der Eisenbahnverkehrsordnung, in dem es heißt, daß Tariferhöhungen oder sonstige Erschwerungen der Beförderungs bedingungen nicht vor Ablauf von 6 Wochen nach ihrer Ver öffentlichung in Kraft treten. Wenn für den Postverkehr eine solche Bestimmung fehlt, so hätten wir doch von der Post- vcrwaltuna erwartet, daß sie aus eigenem Antrieb die Bedürf nisse deS Verkehrs berücksichtigen und beispielsweise nicht wird und innerhalb der kur»en Frist die Kenntnis der neuen Portofätze nvck, nicht so allgemein sich verbreiten kann, daß nicht in zahlreichen Fällen ungenügende Frankierungen und die damit verbundenen Weiterungen eintreten. Wir müssen eS als wünschenswert erklären, daß unverzüglich der Tag deS tzn- krafttretensder Neuerungen h»nau sgeschoven wird, sollte dies ober nicht beliebt werden, ko bitten wir wenigstens anzuordnen, daß während einer ausreichenden UeLer- ganassrist für die durch die Neuerungen betroffenen unzu- reichend frankierten Sendungen außer dem Erganzungsporto kem Zuschlagsporto erhoben wird." —* DaS gestern, am vierten Tage deS Feste» beendigte Ksnigsschietze« der privilegierten Scheiben, schützengilde zu Dresden im Schützcnhofe zu Trachau, bot in allen seinen Teilen eine rege, lebendige Teilnahme der Gilde-Mitgjjcder. Etwa 50 Schützen traten in die Schießstände und schossen gegen 700 Karten L 10 Schub ab. Bei dem Damen- schießen wurden von 35 Schützen-Damen 84 Karten geschossen. Zum Schützenkönig schoß sich abermals der vorjährige -Schützen könig. Herr Kommissionsrat Bähr, mit einem Nagelschuß 0,05. Die Ritterwürden erhielten auf die höchsten Punktkarten die Herren König!. Büchsenmacher und Schützenmeister Wünsche auf 169 -Ringe oder Punkte und Kaufmann Noack auf 161 Punkte. Die nächstfolgenden Prämienschützen, die beiderseits bereits die Rilterwürde früher erhielten — dieselbe kann nur je in fünf- jährigen Zwischenräumen wieder erschossen werden — waren die Herren Baumeister Nickol I mit 172 und Dekorationsmaler Rothe mit 161 Punkten. Schützenköniain wurde mit dem besten Nagelschuß 0.15 Frau Baumeister Nickol I: Ritterdamen: Frau Fabrikbesitzer Habner mit 82 und Frau Fabrikbesitzer Gey mit 73 Punkten. Die meisten Nägel schoß Herr Kommissionsral Bähr: auf 34 Karten 34 Nägel. Die Bähr-Prcimie auf die drei höchst geschossenen Karten (510 Punkte! erhielt Herr Bau meister Nickol I: derselbe Herr erschoß sich aus 175 Punkte den König Friedrich August-Pokal, und auf 160 Punkte den Prinz Johann Georg-Pokal. Die König Albert-JubiläumS-Medaille erhielt auf 155 Punkte Herr Dekorationsmaler Rothe. Die Jubiläumsmedaille erhielt auf 149 Punkte Herr Gastwirt Nickol II, und den Wander-Pokal auf 149 Punkte Herr Kauf- mann Marx. Donnerstag, den 28. d. M., finden noch statt Stechschieben, Schießen aus Ehrenscheiben und Konkurre^z- schießen auf Stand- und Feldscheiben. —* Der Sedanscier - A u s s ch u ß hielt seine erste Vorbesprechung am Mittwoch abend in Kncists Restaurant ab. Vertreter der meisten beteiligten Vereine wählten Herrn Dr. Hopf zum Vorsitzenden des Ausschusses und wählten einen Arbeitsausschuß. Es wurde beschlossen, vorläufig den Aus stell u n g s Pa r k als Feststätte in Aussicht zu nehmen. Folgende 29 Vereine haben bis jetzt ihre Teilnahme zuoesichert: Alldeutscher Verband, Allgemeiner deutscher Schulverein sMännerortsgruppe und Frauenortsgruppe!, Allgemeiner Hand werkerverein. Allgemeiner Turnverein^ Bezirksvereine Cotta, Pieschen, Seidnitz, Strehlen. Südvorstadt (lehnte aktive Be teiligung ab, sandte aber 50 Mk. zu den Kosten!, Süd-west- vorstadt, Bürgerverein der Wilsdruffer und Seevorstadt, Deutschbund, Teutschnationaler Handlungsgehilfenverband, Dresdner Presse, Dresdner Post- und Tclegravhen-Unter- beamtenverein, Dresdner Turngau, Evangelischer Bund, Freie Vereinigung Kampfgenossen. Nationalliberaler Deutscher Reichs- verein, Ostmarkenverein, Pensionsaiistalt deutscher Schriftsteller und Journalisten, Reichsverband zur Bekämpfung der Sozial demokratie, Reformverein. Schriftstellerverein „Feder", Ver band deutscher Handlungsgehilfen, Verband deutscher Post- und Telegraphen-Assistenten. Verein deutscher Studenten, Verein für vaterländische Festspiele. Lebhaft wurde in der Versammlung der Wunsch ausgesprochen, daß sich außer diesen etwa 30 000 Mitglieder umfassenden Korporationen der Veranstaltung noch mehr Vereine anschließen mochten. Ter Konservative Verein lehnte seine Beteiligung ab, da er selbst eine Sedanfeier veranstalte, der -Kriegervereinsverband auf Grund eines früheren Beschlusses, und der Flottenverein sagte sie nur unter der Bedingung zu, daß sich sämtliche Vereine an- schließen, die an der Reichsseier beteiligt gewesen. —* Ter Dresdner Gcwerbcverein unternahm gestern nachmittag unter Beteiligung von nahezu 300 Personen einen Ausflug nach Radcbera, um zwei weithin bekannten dortigen Jndustrieslätten, den Vereinigten Eschebachschen Wer ken und der Radeberger Exportbier-Brauerei, einen Besuch ab- zustatten. Das dicht am Bahn-bös auf einem Areal von 60000 Quadratmetern gelegene Radeberger Fabrikctablissement der V e r e i n i g t e n Esche b achsch e n Werke wurde zuerst be sichtigt. Im Jahre 1886 unter der Firma Carl Eschsbach u. Co. begründet, wurde das Radeberger Werk 1890 mit dex Dresdner Firma Eschebach u. Haußner vereinigt und ging iw den Besitz einer Aktiengesellschaft über. Es besteht aus einem Stanz- und Emaillierwerk, einer Kochherdsabrik. einer Eisengießerei, einer Eisschrank- und einer Küchenmöbel-Fabrik und beschäftigt ins gesamt 1100 Arbeiter »nd Arbeiterinnen. Die letzteren werben bewnders in der Emaillier-Abteilung beschäftigt, und zwar sowohl mit den Vorarbeiten des Emaillierens (Reinigen und Beizen der Blechwaren), als auch mit dem Aufträgen der Emaille aus kleinere Gegenstände sTöpse, Tassen. Kannen, Trichter, Siebe. Leuchter usw.) und mit dem Bemalen und De korieren dieser Gegenstände. Viele der feindckorierten Emaille- gegenstände trugen ein so elegantes Aussehen zur Schau, daß sie von gutem -Steingut- und Porzellangeichirr kaum zu unter- icheiden waren. In der Eisengießerei hatte man u. a. Gelegen heit. den Guß einer eisernen Badewanne und die Herstellung der Einlagep-latten für Flügel und Pianinos zu beobachten. Nicht minder interessant war für die Besucher das Gießen einzelner Teile von Gaskochherden, Bade-, Brat- und Backöfen usiv. Auch die unter Anwendung der besten Hilssmaschincn bewirkte An fertigung der verschiedenen Bestandteile von Haushaltungs- Kochherden (sogenannten Svarherdens. von Rie-se »Herden tür Hotels und Anstalten, -von Äusw-aschtilchen. Küchcnmöbeln und vor allem von Eisschränkcn erregte allgemeine Bewunderung. .. ^^ifl*chranyabr,k^t di« -Mte de»a°«ti»«»ts: versendet jährlich IS-Mgoo Ltslschrinkt aller Größen und Gattungen. Lin von der tzin»a dargedotener Hckbetrnnk wurde angesichts der tropischen »sonnenglut. »ir »er sich i» den Gie ßerei- und Emaillierwerkstätten noch die künstlich erzeugt« Hitze gesellte, von den Besuchern dankbarst entgeaengenomme». Raa), dem man sich von den liebenswürdigen Führer» — auch der oberste Leiter der EschebactM-rke. Herr Direktor Schumann, führte eine der zahlretchen Gruppen — verabschiedet Latte, «in» eS unter Vorantritt der Radeberger Stadtkapell« in geschloffenem Zuge nach der Radeberger Exvortbier-Brauerel. Auch hier harrten auskunttbereite Führer der Ankömmlinge, die nacheinander die Malzböden und da» Hopfonlager, da« basten Gar- und Laaerkellereien. di« Räume für Faßreinigung. die Picherei. Böttcherei usw. besichtigten. Die Radeberger ExporlbierErauerei ist das einzige Etablissement Deutschlands, das ausschließlich Bier nach Pilsner Art braut. Dieser Konzen tration des Betriebes auf eine einzige Biersort« ist wohl auch j„ erster Linie die vorzügliche Qualität des „Radeberger Pilsners" zu danken, für die am deutlichsten der Umstand spricht, daß ganz bedeutende Quantitäten dieses Stöfs«» regelmäßig- in Fässern bis nach Amerika exportiert werden. Das auf einem Flächenraum von 44 000 Quadratmetern ausgebreitete Etablisse ment ist gegenwärtig auf eine Jahresproduktion von 180000 Hektolitern eingerichtet, «ine Biermenae. die im -GckchäftsjaLre 1905/06 auch tatsächlich nahezu erreicht werden dürfte. Bei Tag- und Nachtbetrieb werden täglich 4 Sude L 240 Hektoliter ausgeführt: durch Pumpwerke wirb daS Fabrikat in kupferne«, innen verzinnten Rohren von den Subkesseln nach den Maisch bottichen. von diesen nach den lKMIfchiffen und sodann weite« nach den Gärbottichen und den Lagerfässern geführt, um von diesen schließlich mittelst dicker Gummischläuche nach den ver- sand-Fässern gepumpt zu werden. Ein eigenes Wasserwerk führt der Brauerei vorzügliches Quellwasser aus einer Entfernung von 714 Kilomeiern zu: die Rohrleitung dieses Wasserwerks, allein verursachte einen Kostenaustoand von 266 000 Mark. Eine — ebenfalls recht kostspielige — Neuerung im Brauerei betriebe besitzt das Etablissement in Gestalt mehrerer riesiger Gärbottiche und Lagersässer aus emailliertem Gußeisen, die vor läufig nur in Amerika fabriziert werden. Nachdem der aut^ gezeichnete Stofs der Radeberger Brauerei seiten» der Exkursionsteilnehmer an Ort und Stelle einer aründlichen Kost probe unterzogen worden war. wobei die Stcidtkapelle kon zertierte, verbrachte man den Abend in genußreicher Weife hei Konzert und Tanz im Etablissement „Kaisergarten" zu Radeberg. —* Für das vom 19. bis 26. August in Plauen i. B. ftatt- findende 7. Wettin-Bundesschiesieu hat König Friedrich August einen wertvollen Ehrenpreis gestiftet, der bereits in die Hand des Herrn Oberbürgermeisters Dr. Schmidt von Plauen ubev- eben worden ist. Weiter hat der König genehmigt, daß sei» Zorträt auf der Festmünze ausgeprägt werde und daß auf den Drucksachen das König!. -Sächsische Staatswappen und auch das Stadtmapven der Stadt Plauen benützt werde. Die Hör»' arbeiten für das Fest sind in vollem Zuge, die Baulichkeiten werden bis Mitte Juli fertig, und werden die Schützen, rvelche sich an dem Feste beteiligen wollen, out tun, sich beizeiten M Plauen anzumetden und sich um, Wohnung zu kümmern. * "Das Justizministerium bar die für die Ergreifung des -wegen schweren Diebstahls und gewerbsmäßigen Wildern- steckbrieflich -verfolgten Handarbeiters Friedrich Max Schön feld aus Tautenhain ausgesetzte Belohnung von 100 Mark <mk 500 Mark erhöht. —* Polizeibericht. 28. Juni. Infolge eigener Un vorsichtigkeit wurde am Sonntag abend auf der Wilsdruffer Straße eine 63 Jahre alte, schwerhörige Aufwärterin von einer Droschke gestreift und zu Boden geworfen. Durch den Sturz hat sich die Verunglückte eine stark blutende Quetsch wunde am Hinterkopfe zugezogen. — Anfang Mai 190k hat eine Aufwartefrau auf der ersten Treppe eines Hauses »er Schössergasse einen goldenen Ring mit blauem Stein und am 13. Juni 1906 gelegentlich eines Ganges in der inneren Altstadt zwei goldene Ringe in ihrem Handkorbe gefunden/ Diese drei Ringe dürften von einem Diebstahl herrühren und liegen im Schaukasten der König!. Polizeidirektion, hier, Schieß, gasse 7. zur Ansicht aus. Es wird gebeten, sachdienliche Wahr nehmungen der Polizeidirektion mitzuteilen. — Am Sonntag nach^ mittag wurde aus der Bautzner Straße eine junge Dame von zwei jugendlichen Radfahrern, die nach Angabe von Augenzeugen übermäßig schnell auf einem Tandem fuhren, um gerissen. Es ist noch nicht feftgestellt, ob die Betroffene innere Ver letzungen dabei erlitten lmt; äußerlich ist sie nicht verletzt. Die Namen der beiden Radfahrer sind bekannt. —* Heute früh in der 6. Stunde entstand in der Backstube einer Waffelbäckerei im -Kellergeschoß des Grundstückes Roon- str 0 ße 7 (Vorstadt Löbtau! ein Brand, durch den eine größere Partie Gaffeln vernichtet wurden. Das Gebäck war durch die Hitze des Backofens, auf dem cs ohne jede Unterlage zum Trocknen gelogen hatte, in B"rand gsseht worden. Die Feuer- wahr konnte den Brand mit einer Schlauchleitung bald unter drücken. —* Wegen versuchten Mordes durch Gift hatte sich der 30 Jahre alte Bergarbeiter Stanitz aus Böhmen vor dem Schwurgericht Chemnitz zu verantworten. Ihm wurde vor- goworsen, daß er am Nachmittag des 23. März in der Grube „Deutschland" in Oe'lsnitz i. E.. wo er beschäftigt war. dem Oberzuiimerllng Sch., mit dom er „nicht gut dran ' war, Phos phor in den im Kruge befindlichen Kaffee getan habe. Er leug nete und beschuldigte einen Arbeitskollegen, einen Italiener, der Tat. Stauch selbst hat sich dadurch verdächtig gemacht, daß er gegen den Verletzten schlimme Drohungen ausasstoßen hat. wie er auch in der Hauptoerhandlung zugab. Ausfällig war auch, daß -Lst. die Böfchüldigung des Arbeitskollegen erst am 26. April, nachdem er schon fünf Wochen in UnteriuchunaSthast zugcbracht halte, aussprach und daß er kurze Zeit darauf die Beichuldigung des Kameraden wieder zur-ückgenominen hat. Pfennig für Unterstützung der dramatischen Kunst übrig haben, während selbst kleine deutsche Städte ihre Theater subven tionieren. Berlin kennt eine solche Ehrenpflicht nicht, will im Gegenteil die Theater seinerseits zu einer neuen Einnahme- auelle für sich machen. Dagegen darf man allerdings energisch Front machen. Dabei ist denn noch der pikante Umstand zu vermerken, daß die nämlichen Freisinnigen, die im Reichstage gegen die neuen Steuern wettern und donnern, im Stadt- Parlament für ähnliche Lasten lustig stimmen. Und das ist der Humor von dieser Lustbarkcitssteuer. Auch sonst fehlt es in unserem stiller und träger dahiu- sließenden Berliner Sommerlebeu nicht an „Humor". Ein Jahr ist gerade verflossen, seitdem der Pfingslskaiidal in dem famosen Klub von 1900 an die breite Oeffentlichkeit drang, seit dem allerhand dunkle Gerüchte von unsauberen Geschichten in diesem feinen Klub umliefen, einer den anderen schwer be schuldigte und eine neue sensationelle Gerichtsverhandlung in Sicht zu kommen schien. Kenner der Verhältnisse und der Personen tvaren allerdings gleich der Meinung, daß die Sache im Sande verlaufen werde. Ja der Tat schien man sich auch mit dem sanften Harakiri zufrieden geben zu wollen, das der famose Klub selbst an sich vollzog. Er löste sich mit großem Geräusch auf, !ein unerhört glanzvoll ausgestattetes Haus in der vornehmen Bellevuestraße wurde unter der Hand verkauft, und die innere Einrichtung, die fast eine halbe Million Mark verschlungen hotte, wurde zur öffentlichen Versteigerung gestellt. Es war freilich sehr auffallend, daß diese Auktion sofort geschlossen wurde, nachdem sie eröffnet worden war, da angeblich alles schon vorher sehr vorteilhaft verkauft worden war, auch die 1900^ gezeichneten Silber- und Wäschevorräte. Darüber sind nun wieder zwei Monate verflossen, eine lange Zeit für eine Stadt wie Berlin, in der über die schlimmsten Dinge in noch kürzerer Frist dichtes Gras zu wachsen pflegt. Man hatte auch wirllich schon den Klub von 1900 ganz vergessen und sprach wieder von anderen mehr oder weniger skandalösen Neuig keiten. Da taucht plötzlich in Berliner Blättern die angenehme Nachricht auf, daß, einem dringenden Bedürfnis abzuhelfen, ein neuer vornehmer Klub im Westen gegründet worden sei, nämlich der »Ti e r ga r t e n kl u b". Er begnügt sich vor läufig mit dem ersten Stock in einem großen Hause deS älteren Westens, sein edler Zweck ist natürlich die Pflege einer vor- nehmen Geselligkeit. Das ist die übliche Formel, unter der sich für den Ke>nner die Verheißung birgt, daß eine neue Spielhölle >m Entstehen begriffen ist. Was aber stellt sich nun bei näherem Zusehen heraus'? Der „Tiergartenklub' ist nichts weiter, als eine vorläufig noch verschlechterte Neuauflage des ominösen „Klubs von 1900", der in kaum fünf Monaten einen Spielumsatz von fünf Millionen Mark und eine tägliche Einnahme von 2- bis 3000 Mark aus den Kartengeldern allein hatte, in dem in mancher Nacht einzelne Spieler Verluste bis zu 50000 Mark erlitten haben und in dem viele bis dahin tüchtige und ordent liche Leute mit Hilfe des entfesselten Spielteufels zugrunde ge- richtet worden sind. Das alles ist ein öffentliches Geheimnis. Das alles weiß man in Berlin IV. und vVIV. mit allen möa- lichen, oft recht interessanten Einzelheiten. Nur unsere Kri minalpolizei scheint es nicht zu wissen, trotzdem sie gegenwärtig durch eine erfolglose Jagd ans Hennia doch nicht mehr von ihren sonstigen Aufgaben abgclenkt wird. Denn wenn sie es wüßte, dann würde sie es doch sicherlich nicht dulden, daß dieselben Macher, die durch ihren „Klub von 1900" öffentliches Aergernis erregt haben, ihr wieder ein Schnippchen schlagen und lediglich unter (einer veränderten Firma das alte Ge schäft des Rupfens' h»s lieben Nächsten lustig sortsetzen. Apropos — wie wäre es denn mit einer städtischen Lustoar- keitssteuer auf derartige Klubs? Was würde für die eine Besteuerung von 100 Mk. täglich oder nächtlich bedeuten? So viel wie nichts. Und ein Dutzend solcher Spielklubs gibt es doch in Berlin reichlich. Es würde also da eine hübsche, runde Summe zusammenkommen, der gegenüber sich freilich unsere Stadtväter im Hinblick aus den dunklen Ursprung dieses Er trages auf den römischen Jmperatoren-Standpunkt des „non ölet!" stellen müßten. Wenn der englische Entdecker der Berliner Strafkolonie sich darüber beklagt, daß er sich in den Berliner Strgßen, die alle so rechtwinklig und gleichförmig seien, gar nicht habe zurecbt- sinden können — sonst verlauft sich der Fremde eher un Ge wirrs enger, gewundener Gassen —. so hätte er nur einige Monate früher nach der rastlos sich entwickelnden Neichshaupt- stadt kommen sollen, um eine Einrichtung vorzufinden, die ihm über alle Fährlichkeiten leicht hintveggeholsen hätte. Seit kurzem verkehren nämlich in Berlin vielsitzige GesellfchoktS- Kraftwagen, mit denen Fremde billig, bequem und schnell stens die Sehenswürdigkeiten der deutschen Reich-Hauptstadt und ihrer nächsten Umgebung besichtigen können. Mr. Kennedy hätte sich dann leicht davon überzeugen können, daß Berlin immerhin noch manche anderen Vorzüge besitzt, als zweifelhafte Lenkmaler und Bauwerke, und daß die Stadt, wenn auch lange nicht so ausgedehnt wie London, doch immerhin groß und viel seitig genug ist, um sich und ihre Reize nicht einem Fremd ling zu erschließen, der sie oberflächlich anschaut und sich bann cinbildet, sie zu kennen. Uebrlgens fehlt es neuerdings auch nicht an unbefangenen Schilderungen aus englischen Federn, die zu einem ganz anderen Urteil über die deutsche Reichshauptstadt gelangen. Die verschiedenen Kommissionen, di« seit Jahresfrist aus England zum Studium unserer kommunalen Einrichtungen und Arbeiterverhältniffe nach Berlin gekommen sind, fließen geradezu von Anerkennung, ja Bewunderung über» wobei sie freilich auch oft nach der entgegengesetzten Seite Hin übertreiben, wie dies bei derartigen, auf Augenblicks-Eindrücke angewiesenen Reisen kaum zu vermeiden ist. Man verfällt da allzu leicht in einseitiges Bewundern oder einseitiges Adsprechen. Ein objektives Abtvägen und Urteilen ist schwer möglich. Wenn beisvielsweife Kne englische Kommission, die unsere Arbeiter- Verhältnisse 1t>»iert hat, die Berliner Ärbeiterwohnunaen als reinlich, auEgHalten und gesund, die Arbeiterkinder alS wohl erzogen, die Arbeiter selbst als nüchtern, mit regem Familien sinn begabt und fleißig rühmt und den Arbeiterfrauen alle erdenklichen häuslichen Tugenden nachsagt, so ist dieses Lob natürlich nur mit vorsichtiger Einschränkung zu genießen. Es gibt unstreitig solcher Arbeiterfamilien viel m Berlin, aber es gibt auch andere, die durch Unordnung, Verwahrlosung und Zank zerrüttet sind und keineswegs jenem schmeichelhaften Famitten- bilde entsprechen. Wie Iväre dieS auch ander» möglich bei der ständig wachsenden Zahl und der großen Verschiedenartiakeit der Berliner Arbeiterbevölkeruna! Fremde Beobachter sollten in ihren Urteilen über eine Millionenstadt, die sie naturgemäß nur flüchtig kennen lernen, daher recht vorsichtig und zurück haltend sein. Sonst bauen sie leicht daneben. Berlin ist weder eine solche Musterstadt, wie sie neuerdings manch« englische Studienkommission geschildert Hot. noch auch «ine Strafkolonie, zu der es der samose Mr. Kennedy durchaus machen mochte.
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