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- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1906-06-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19060602023
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1906060202
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1906060202
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1906
-
Monat
1906-06
- Tag 1906-06-02
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Monat
1906-06
-
Jahr
1906
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Dresdner Nachrichten. Sonnabend. 2. Fun» Ivttv «r. 1k» König, von Netzschkau kommend, gestern abend halb 7 llhr mit seiner Begleitung mittelst Sonderzuaes in Glauchau «in. Zur Begrüßung hatten sich aus dem Bagnhote eingesunden: die Herren Graf Joachim t>. Lchönburg, AmtShauptmann Ebmeier unt» Bürgermeister Brink. Nachdem die Tochter des Bürger meisters mit einem „Willkommen, Herr König" dem Monarchen einen Strauß >n den Ltadtfarben überreicht Ixttte. erfolgte die Fahrt des Königs mit seiner Begleitung und den zur Begrüßung < rjchienenen Herren durch die auss prächtigste mit Gdrrnpsorten, Girlanden, .rahnen und Emblemen geschmückte Stadt. Bon dem die Straße» einsäumenden dichtgedrängten Publikum wurde der König mit andauernden Hoch- und Hurrarufen auss lebhafteste begrüßt. Am Gottes- uckerberge hatten sich die Schüler der Gewerbeschule und or der Post die Postbeamten aufgestellt. Auf dem Marktplätze, wo die offizielle Begrüßung durch Herrn Bürgermeister Brink siattsand, hatten Ausstellung genommen: Rat und Stadtvrrord- »eie. Ehrenjungfraiien, 'ämiliche Behörden, Vertreter des Fabrik- und Handelsstandes, die Militärvereine der Stadt und des Bezirkes. Innungen. Turner. Feuerwehr usw. mit un gefähr 5(1 Jahnen. Nachdem der König hier den Wagen ver- lassen hatte, hielt Herr Bürgermeister Brink folgende Ansprache: ..Merdurchlauchligfter, Allcrguädiqster König und Herr! Ge- ruhen Ew. Majestät, für diesen Besuch ehrerbietigsten Tank und herzlichsten WillkommenSgrnß der Dtaot und des Bezirkes Glauchau entgegenznnehmen. Kbnijilicher Besuch wird uns nicht allzuoft zu teil, teil 1892 zum ersten Male wieder. Um so größer lst die Freude unserer Bevölkerung, dem geliebten Landesherrn von Angesicht zu Angesicht huldigen zu dürfen. In dieser Freude haben Rat und Dladiverordnete einmütig beschlossen, zur Reibenden Erinnerung an diesen höchsten Besuch IMOOO Mk. >u slisten zum weiteren Ausbau des gewerblichen Schulwesens in Glauchau und mit Ew. Majestjöt huldvoller Geiielniuguna unsere neue schule „König Friedrich August-Schule" zu benennen. Wir wissen, daß wir nur solcher Fürsorge für Gewerbe und Handel nur dasselbe Ziel erstreben, aus das Ew. Majestäl landcSväter- tucheS Tun und Trachten immer und überall gerichtet ist. Mit dem ganzen Saclsienvolke sind wir Ew. Maiestät hierfür von Herzen dankbar, und so huldigen in Dankbarkeit und Liebe auch lieute stabt und Bezirk Glauchau in alter, echter sachsentreue Ew. Majeiiäl mit dein begeisterten Iubelriffe: Je. Maiestät, unser innigsigeliebter König Friedrich August, hoch, hoch, hoch!" — Nachdem die brausenden Hochrufe verklungen und der König dem Bürgermeister Brink herzlich gedankt hatte, überreichte mit »oetischen Worten die Tochter des Herrn stadtocrordneten- Vorstehers Ulrich einen duftenden Strauß, den der Monarch dankend entgegennahm. Hierauf erfolgte die Vorstellung der städtischen Kollegien und der übrige» versammelten Herren. Ter Bezirksvorsteher des Militärvereinsbundes. Herr Aoolheker Merres. überreichte Sem König alsdann den Rapport über die Mililärvereinsausstellung. und im Aisiclsiuß hieran schritt der König die Front dieser Vereine ab, begrüßt von der Fahnen- öepntation und der unter seinem Protektorate stehenden Feuer wehr- und Schüßengescllschast. Unter brausenden Hochriffen bestieg der König dann wieder den Wagen und fuhr am Rat haus vorbei über den Schloßplatz nach dem Schlosse, wo Iran Gräfin Oktav!« von schönbnrg den hohen Gail empfing. Nach einer kurzen Erholnnaspanic fand im Schlaue Tale! zu 21 Ge decken statt. Abends halb 9 Ukr brachten die Glaumaner Ge- sangvercine in Stärke von etwa 180 Mann dem König eine Serenade dar. Zur Aufführuna gelangten ..Gott grüße Dich" von Abt. „Zn Straßburq and der Schanz" von Silchcr nnd „Wir bleiben treu" von Weil. Gegen 9 Mir begab sich der König nach dem Theaterlokal zur Teilnahme an dem von den Militärvereinen veranstalteten Kommerse. Hier von einer tausendköpkiaen Menae auss lebhafteste begrüßt, schritt der Monarch mit den Herren des Geiolaes nach dem Podium, ioo der Vorsteher des Militärvereinsbezirkes Glauchau. .Herr Apotheker Merres. eine mit einem begeistert ansgenoinmenen Hurra schließende Ansprache kielt, woraus die Festversammlung die Sachsenhvinne iana. Ter König machte alsdann einen Rund gang durch die Militärvereine und nabm hieraus in der festlich geschmückten „Tonhalle" Platz, woraus Vorträge des stadtinusik- korps und des Lehreraesanavereins folgten. Um 10 Uhr begab sich der König nach dem schlosse zurück. Heute früh 8 Uhr brachten gegen 300 Schulkinder im schloß dem König ein Ständchen dar. Nach dessen Beendigung begab sich der Monarch mit Gefolge nach der nahegeleg^iien St. G eo r g c n k i r ch e, an deren Portal er vom Kirchen- oorstande der Leiden Parochien empranden wurde. Unter leisem Orgeispiel schritt er nach dein 'Altar, wo Herr Super intendent Neumann eine Anwrache hielt. Während der darauf folgenden Besichtigung fand Motette statt. Nach dem Verlassen Ser Kirche, deren schiff und Emporen ovn einer dichtgedrängten Menschenmenge besetzt waren, die sich beim Eintritt des Königs von den Plätzen erhob, bestieg der König mit Gefolge und den Vertretern der Stadt die inzwischen vorgcfahrcnen Wagen, und nun lersolgte unter donnerndes Hochrufe» eine Rund- fahrt durch die Stadt. Zunächst erfolgte die Besich tigung der großen Webwarenfabrik von Taschs Nachfolger und der Färberei von Ficrnkrantz L Ehret, wo der Monarch von Sen Inhabern der Firmen auis herzlichste bewillkommnet und durch die Betriebsräume und Warenlager geführt wurde. Ter König drückte in beiden Etablissements leine hohe Befriedigung über das Gesehene aus und setzte dann, beim Verlassen der festlich geschmückten Fabriken von dem Persona! nnd den Arbeitern mit langanhaltenden Hochrufen begrüßt, die Weitertakrt nach dem Bürgerheim „König A l b e rt -- S t i f t" fort. Hier huldigten die Insassen und die an der Straße ausgestellten Schulkinder dem König. Alsdann ging die Fahrt nach dem „Wetttn - Stist" weiter, wo die Zöglinge dreier Anstalt Ausstellung genommen batten. Ter König fuhr hier langsam vorüber »ach dem an der Stadt- grenze gelegenen Restaurant „Bellevue", wo sich die umliegenden Landgemeinden mit den Gemeindevorstehern. Schulkindern usw. ausgestellt hatten. Nachdem Herr Pastor Nengebauer hier eine Ansprache an den König . dankend entgegennahm, «eso su»gshetm .. Könia Gel »nter Führung de- Herrn A> Augenschein »ahm ^ gerichtet batte, ölgt« die H dle der vanvMjerr ^ lchrt nach dem Gene- ora-Stift". das der Monarch lmISHauptmann Ebmeier eingehend in Sodann wurde dir Rückfahrt nach Glauchau in» gräfliche Schloß angetreten. wo Frühstück im engeren Kreise staltsano. Um 1 Uhr verließ der König da» Schloß und fuhr iliiter degeisterten Zurufen de» Publlkuin» über NiederschindmaaS und Dennheritz nach Mtrninr. Unterweg» wurden ihm von den Landgrmelnden herzlich« Ovationen bereitet. Zu der heute in M eerane stattflndenden König!. Tafel sind nladungen ausgezeichnet worden: StaatSmlnlstrr Dr. Gras «er, mit , „ von Hohenthal und Bergen, KreiShauptmaiin v. Amtshauptniann Ebmeler-Glaiichaii, Bürgermeister Wirthaen, Stadtverordneten-Borstrher OberamtSrichtrr Neumrrkrl, Favrtt- besitzet Theodor Oschatz. Ingenieur Emil Oschatz, Fabrikbesitzer Ernst Focke, Fabrikbesitzer Robert Baum. Fabrikant Hupfer, Fabrikant Paul Reinhold, Stadtbaurat Stornier, Kommerzienrat Moritz Osrwalt, Renlschiildirektor Sludienrat Professor Dr. Bauer, Stadtrat Fabrikant William Schmieder. Apotheker Dr. Scheck. Fabrikbesitzer Otto Straff, Fabrikbesitzer Robert Reinhold. Stadtverordiieten-Vizevoisleher Mali), Stadtverordneten-Vizevor- steher Baumeister Gentsch, Oberpsarrer Harria und Postdircktor Hrrger-Meerane, Graf und Herr von Schönburg-Glauchau, Bürgermeister Brink. Stadtverorvnetenvorstehcr Baumeister Ulrich, Superintendent Nenmann, Kommerzienrat Ehret. Fabrikbesitzer Earl Günther, Fabrikbesitzer Karl Klemm. Kommerzienrat Lossow, Apotheker Merres, Bezirkskommandeur Major ,. D. v. Estorff, OberaintSlichtcr Berndt, Bezirksamt. Oberiiiedizinalrat Dr. Hankel, Bezirkslchullnsvektor Dr. Richter. Superintendent emer. Ooerkirchenrat Weidaner, Kanzleidirektvr Insllzrat Ziickler, Färberei- besitzer Stadtrat Bernhard Meyer, RechlSanwalt Dr. Heins, Stadtrat Baßler, Fabrikbesitzer Stadtrat Böge, Järbereimitbesitzer Enrt Ehret und Gräflicher Hvfrat Roß-Glniichan, Kommerzienrnt Mahla-Nemsr und Amlsverwaiter Sonntag-Grumbach, —* In der Stadtverordneten-Sitznag vom Donnerstag rügte u. a. bei de» HauSbaltplan-Positioneii, de» Rat, die S t a d I v e r o r d n c t e n , die GvschnftssleUeii. die Standes- äntter. die Pensionen, Ruhestands-Unterstützungen und Untcr- siütznnaen, sowie den Aufwand für die Wahlen betreffend, St.-V. Krüger die Handhabung der Geschäfte im Wahl- und Listena m t. Es werde übel vermerkt, daß man den Arbeitern die Erwerbung des Bürgerrechts zu erschwere» suche. Stadtrat Tr. Lehman n stellte fest, daß Rekurse in keiner Abteilung so gering seien, wie an die,er Stelle. St.-V. K u n a t h war nicht der Meinung, daß inan denen, die keine direkten Stenern be zahlten. das Bürgerrecht verleihen möchte. St.-V. F I e i ß n e r unterzog eine Aeußerung Stadtrat D?. Lehmanns, die dahin ging, daß obcrgerichtliche Urteile nicht immer generelle Be deutung hätten, sondern sich nur auf den einzelne» Fall bezögen, einer Betrachtung. Wohin solle es denn kommen, wenn obcrgerichtliche Urteile nicht die Praxis regulieren Helsen ? Ein Antrag auf Schluß der Tcbatte wurde angenommen. Ein beim Punkte Aufwand s ü r Wahlen von St.-V. K rüger gestellter Antrag, die Eouvertwahl, wie bei der Neichstagswahl einzusühre», wurde nicht genügend unterstütz!. Schließlich wurde die ggnze Position genehmigt. —* Bci der Dresdner .Königlichen Zentralstelle für öffentliche Gesundheitspflege" wird als Nack,» solger dcS nach Tübingen zum Ordinarius für Hygiene berufe nen Professors Tr. Wolf Herr D r. Lange vom Hygieni schen Laboratorium des Geheimen Kommerzienrats Luigncr eintreten. —* Die Berliner Sta»tS>visie»schgstliche Bereinigung sam melte am Donnerstag morgen ihre am Mittwoch auf Exkursionen wi Erzgebirge verstreuten Mnglieder früh 7 Uhr in Chem nitz im Carola-Hotel, wo ,ie vom ersten stellvertretenden 'Vorsitzenden der Ehemnitzer .Handelskammer, Herrn William Gulden, willkommen geheißen wurden. Herr Haiidelskammer- syndikus Mumm hielt darauf einen Vortrag über die H a u p t i n d ii st r i e n von Chemnitz, in dem er nament lich die Baumwollspinnerei, die Möbelstoffabrikation, die Wirkwaren-Industrie mit ihren drei Unterarten: der Strümps-, .Handschuh- nnd Trikokagen-Fabrikalion, und die Metallindustrie, im besonderen den Maschinenbau, charakterisierte. Von der Richtigkeit des über die Chemnitzer Industrie Gesagten konnten sich die Herren der Vereinigung überzeugen. Gruppenweise wurden besichtigt die Maschinenfabrik von I. E. Reinecker, die Chemnitzer Akticiffpinncrei. die Strumpswarensabrik von Moritz 's'. , ic Möbelstoffabrik von Carl Dürfeld und die Wanbercr-Fahrrad-Werke vorm. Winklhoser Iaenicke. Auch der 'Nachmittag war Besichtigungen gewidmet. Die Mitglieder der einen Gruvve beaugenscheinigten die Bcrsuchsklär- n n d R e i n i q u n g s - A n l ag e. Eine andere Gruppe be suchte die Talsperre bei Einsiedel. Ferner besichtigte eine Abteilung der Vereinigung die v. Z > m m erma n n s ch e Stiftung ssgnatorium für physikalisch-diätetische Behand lung!. Eine weitere Sektion stattete der Königlichen Landes- a n,t a l t i n C k e m n i tz - A l t e n d o r s einen Besuch ab. Am Nachmittage waren die Teilnehmer an der Studienreise mit einer größeren Anzahl Chemnitzer Hcxren zu einem Mahle im Earola-Hote! vereinigt und setzten abends ihre Reffe nach Leipzig fort. — Auf dem noch nicht in Benutzung geiiommenen neueren Teile de» der Matthäus-Gemeinde gehörigen äußeren evangelischen Friedhofes an der Bremer Straße beginnt sich die Bautätigkeit ebenfalls zu regen. An der nach der Stadt gerichteten Seite des Areals wird ein Beamtenwohnhaus errichtet, das den aus dein inneren und äußeren Friedhöfe tätigen beiden Totenbetimeistern entsprechende Untcrkunsts- rannie gewähren soll Tie bisherige Dienstwohnung aus dem äußeren Friedhose wird zur Erweiterung der unzulänglich ge wordenen Leichenhallen und zur Einrichtung eines scktions- ,0,1 ,,e auner siaiilierenoen Pylonen NN tale Bildaruppen aufweijen. Nach dei schließt sich ihr weiter eine halbkreiSfö: Art an. Der im Jahre 1851 in Gek raume» V-rwenduna finden. Da» au» Erd- und einem Obe» ittlchoh bestehende Gebäude soll in dem logeaountea Dresdner Barockstil ausgefuhrt werden, wie er belipielSweile bei« Bau der neuen Anatomie de« Friedrichstäbter Krankenhaus«» zur An- Wendung gekommen ist. Mit der Errichtung diese« Beamten- Hause» ist der erste Schritt zu einer weitau»schau«nde„ nnd durchgreifenden Umgestaltung de» gesamten Sriedhof^lreal» ge- lan worden. Ein aus Grund eine» voqz Mrchenvorstande der w^rbe» an^e- näheren Einblick in die Emzell-eitrn diese» Ünternchmen«!^Die Mittel müsse» aNerdina». «den o wie für den LauSbau, erst durch entsprechende Rücklagen leiten» der Gemeinde beschasit werden, weshalb die völlige Ausführung der Planung noch geraume Zeit auf sich warten lassen dürste. Zunächst käme an der dem Bsamtenwohnhause gegenüberliegenden Seite der Neubau einer Pa r «n ta t i on S - tza l l e mit anschließen- den Lrichearäumen in Frage. Der älter« Bau wurde im Jahre 1861 errichtet und genügt oei dem rapiden Anwachsen der Be- völkerungSMer Dresdens den gestellten Anforderung«» nur ln unvollkommener Weise. Von dem zwischen den beiden Neu- bauten ai^eordnetcn Eingang ans sichtbar ist eine groß» gär^ nerische cschmnckanlage gedacht. Von ÄaUvgängen umgeben, soll sie außer flankierenden Pylonen und Brunnen monuwen- " ^ «m Seitenausgang« hin örmige Anlage ähnlicher Jahre 1851 in Gehraiich genommene und 1865 bereits erneut erweiterte ältere FriedhofSteil wird dann ebenfalls eine Umgestaltung erfahren. Ueberdeckte Mausoleen, Laubgänge, Brunneiibecken und Erbbegräbnisse sollen an die Stelle der gegenwärtig einfachsten Friedhofscharakter tragenden Anlagen treten und ,a einer mehr großstädtischen Auffassung einer Stätte des Todes zum Durchbruch verhelfen. — Eine Doktorarbeit über die ailtSherrlich»bäuer» lichen 'Verhältnisse in derObrrlaufitz und eine Rekonstruktion der Dörfer Rennersdorf, BerrhelSdorf und Groß-Hennersdorf bci Herrnhut i. T. hat Felix Möschler geschrieben »nd im Selbstverläge der Oberlcmsitzischen Gesellschaft der Wifseiischaften in Görlitz erscheinen lassen. Dir Arbeit, die auch als Jnlingnral-DIsscrtation Leipzig liXtk erschien, macht eine» beachtenswerten Versuch, auf Grund von Flurkarten nnd Jlnibncher», Schöppen-, Gerichts- und Rügeurkunden und Lehnsaklc» die gntslierrschastliche», bäuerlichen, kirchlichen und Geineindearniidstncke dreier nebeneinander liegender Oderlausitzer Dörfer in ihrem Bestände und ihrer Berändernng bi- etwa um das Jahr 1500 zurück zu verfolgen »nd daraus Schlüsse zu ziehen auf die Kolonisation durch dentiche Bauern, die im 13. Jahrhun dert den landwirtschaftlichen Verhältnissen de» Osten» bt» auf den beutiaen Tag ihr Gepräge gaben. Bekanntlich gibt e» ln der Oberlansitz für die Fliireinteiluiig zur Zeit der Einwanderung der Bauern keinerlei geschriebene Urkunden, da müssen eben dt« heu tigen Lageverbälliilsse, die ja im allgemeinen noch ein gute» Bild der ersten Einrichtung geben, herangezogen werden; viel klaier aber wird unsere Borslellung, wenn man, vorsichtig in die Ver- gaiigenheit znriickgehend, die Fliiiausleiliina in ihren Veränderun gen urkundlich beleuchtet. Ei» großer Vorteil war es, daß Mölchler seine Arbeit aus verhältnismäßig alten Flurkarten <um 17M! ansbauen konnte Ferner hat er daS Glück gehabt, bri seiner Untersuchung ans zwei nrngegründete deutsche Dörser lBerthclsdors nnd .Hennersdorf! und ein altslawische- Dorf iRennersdorf! zu stoßen. Dadurch kam er auf beachtenswerte Unlerschicde „In nengegründeten deutschen Dörfern liegen dir Uranfänge der Rittrrgüter. die Rittervorwerke, stets in der Mitte einer Seite der durch den Torfbach in zwei Hälften getetltrn Dorfflnr. In solche» Dörfern finden wir stets nur ein ursprüng liches Nittervorwerk, wählend in altslawischen Dörfern, dre nach deutschem Recht »mgestallel sind, mehrere Nittervorwerke möglich sind." Für die Hufe, die bekanntlich niemals rin genau fest stehendes Flächenmaß gewesen ist, berechnet Möschler ln RennerS- dorf eine Größe von 10 bis 12 Morgen, in BerthclSdors von 50 Morgen, in HeiinerSdors von 30 Morgen. Ganz neu ist da- Ergebnis für alle drei Dörfer, daß das Schulzengut zu den kleinere» Bauerngütern gehörte und daß daS Rittergut ln der Regel fünfmal so groß wie das Schulzengut war. .Die drei aneinander grenzenden Dörfer scheinen zu ganz verschiedenen Zetten gegründet ;n sein." Es ist nicht zu bezweifeln, daß, falls einst mehrere ähnliche Untersuchungen über unsere Oberlausißer Dörfer voriiegen, die bis jetzt noch dnnllen Verhältnisse der Flurauf- teilnngen im 13. Jahrhundert uns im klaren Lichte erscheinen werden. — lieber: „Japan. Land und Leute" hielt im „Eldorado" vor Staatsbeamten und Gewerbetreibenden Herr Ingenieur Robert Amthor aus Berlin einen fesselnden, mit lebhaftem Beifall ausgenommenen Lichtbilder-Vortrag, der die regiamcn und erfolggekrönten Emporkömmlinge Ostasiens in einigermaßen anderem Lichte zeigte, als sie von dem ge blendeten Europäer gewöhnlich gesehen werden. Der Redner, der 1900 als Vertreter der Weltsirma -Schlickert nach dem „Lande der ausgehenden Sonne" ging und dort während ca. sechs jährigen 'Aufenthalts in lebhaftestem Wechsclverkehr stand mit Be hörden. staatswürdenträgcrn, Priestern, Gelehrten, Fabrikan ten und Geschäffsleuten und sich auch sonst im Lande wohl umgesebeil hat, schilderte an der Hand seiner Reise-Erlebniff« unter Vorführung von etwa 120 photographischen Ausnahmen Japans paradiejiiche Landschaften, die topographischen, histo rischen und politischen Verhältnisse, die moralisch«, ästhetische, intellektuelle und technische Kultur, Sitten, Bräuche, Häuslich keit, Lebensoewohnheilen und Charakter-Eigenschaften veickchie- dencr Volksschichten, wobei er zu mancher abweichenden Schluß folgerung kam gegenüber den Lobrednern alles Japanischen. Angesichts des außerordentlichen Organisationstalentes des Inlelvolkss, das mehr und mehr auch das rassenoerwandte China in seine Arme zwingt, gelangte er zu dem Warnung»- rnse unseres Kaisers: „Völker Europas, wahret Eure heiligsten Güter!" um Berlin, wird auch hier in absehbarer Zeit die Landwirt- ichast der Industrie gewichen sein. Das ist eine unaufhaltsame Entwicklung, mögen sich auch die harten märkischen Bauern- ichadel zunächst noch so sehr dagegen stemmen. Die Macht des Goldes, das ihnen für ihren Grund und Boden geboten wird, durste schließlich hier, wie anderswo, den zähesten Widerstand brechen. Man wag das beklagen, aber man wird cs nicht andern können. Wenn man on einem schönen Sonntag den Weg von Klein- Machiimv. nach Wannsee sucht und den ersten besten aus einem Hausen sonntäglich gekleideter Männer darnach fragt, daun kann es einem leicht begegnen, daß der Gefragte den >lops schüttelt und leise murmelt: „Xan aapisoa!" Sieht man dann etwas schärfer zu. dann entdeckt inan wohl in, den ge bräunten Wangen, den blitzenden Augen und dem tiefschwarzen Haar des Mannes dessen südliche Abstammung, Er gehört zu jenen zahlreichen italienischen Erdarbeitern, die der große lanalbau hierher verschlagen hat »nd die nun seit Jahren hier in per Mark Hausen, aber nicht heimisch geworden sind. Manche von ihnen haben Deutsch gelernt und können sich ganz gut ver- ständigen. Sie werden ihre Sprachkenntnisse daheim als Fremdenführer. Hausdiener oder sonstwie vorteilhaft verwerten könne». Sie alle aber sehnen sich nach ihrer schönen Heimat und werden nun mit ihren sauer erworbenen Ersparnissen schleiiliigst dorthin zurückkehre». Be, Klein-Machnow besindct sich derIeck>nisch großartigste Teil des neuen zpanalch die gKvaltige Schieusen-Anlage, die dazu bestimmt ist, den Höhen-Unterschicd zwischen Spree und Havel, der >m Durchschnitt zwei Meter beträgt, aber bis über vier Meter steigt, zu überwinden, Tie Schleuse kann zwei große Eldkähn« von ie 69 Meter Länge und 10 Meter Breite aufnehmc». Mag die Spree noch so hoch, die Havel noch so niedrig stehen, der neue Wasserverkehr von einem Fluß zum anderen kann ungestört seinen Gang gehen. Besonders in der Nähe dieser Schlei, e sicht man schon jetzt die Ansätze zu neuen Ortschaften, Fabrikanlagen, Werkstätten, Hier ist der Boden- u-ert bereits gewaltig gestiegen und wirs noch gewaltiger wachsen. Ein kühner Unternehmer hat diese Zukunst als sicher vorweggenommen uns unmittelbar neben der Schleuse ein Riesen-Reftanrant erbaut, das an Ausdehnung nur von wenigen Berliner Lokalen nberrroffen wird und das an Tonn- und Fest tagen schon jetzt von Berliner Ansflüglcrn überschwemmt ist. In emigen Jahrzehnten wird es den malerischen Mittelpunkt eines jungen Berliner Vorortes bilden. Durch den Machnow- Lee führt dann der Kanal nach Teltow, dem Orte, von dem die ganze Wasserstraße den Namen erhalten hat, aber auch jene zarten, wohlschmeckenden Rübchen, die in der ,ranzen Welt der Feinschmecker bekannt und berühmt sind und sich selbst in der erlesensten sranzösischen Küche Bürgerrecht erworben haben. Kein Geringerer, als Goethe, hatte eine geradezu schwärmerische Neigung für dieff Rübchen. Wenn man sich daoon überzeuge» will, braucht man nur seinen Brieiwechiel mir Zelter zu lcfen, den der Reclamsche Verlag kürzlich den weitelten Kreisen durch eine seiner billigen Ausgaben zugäng lich gemacht Hai. Wenn der alte, brave Zelter, dreier urwüchsige Berliner Maurermeister, Komponist und Dirigent, ieinein Wei- marer Herzensfreunde eine besonders angenehme Ueberraschung bereiten will, dann läßt er ihm eine Sendung Deltower Rüb chen zugchen, und wenn Goethe noch so beschäftigt oder leidend ist, hierfür in hohen Tönen umgehend zu danken und sachver ständige Anmerkungen über den herrliche» Gaumcngenuß daran z» knüpfen, findet er stets Zeit und Neigung. Nach dieser kleinen kulinarischen Abschweifung kehren wir zu unserem Kanal zurück, den .vir bei Teltow verlassen herben. Von dort schreitet er noch am Teltower See vorüber noch Groß- lichterfeide. ebeiffalls durch eine großartige Zuchtanstalt weithin berühmt. Doch Weeden hier nicht Rüben oder andere Gemüse gezüchtet, wenigstens nicht über weitere Kreise hinausdringcnde, jondern — preußische Leutnants. Hier befindet sich nämlich die größte und älteste Kodettenaniialt Preußens. Hier befindet sich „och eine andere kulturgeschichtliche Berühmtheit, nämlich die erste elektrisch betriebene Bahn der ganzen Welt. Siemens u. Halske haben sie vor M Jahren als allerersten Versuch der Art gebaut, und noch heute ist sie im Betrieb, ohne indessen auf heimatlichem Boden allzuviel Nachfolge gefunden zu haben. Mer alle Anzeichen sprechen dafür, daß eine Ausdehnung des elek- lri'chen Eifenbähnbetriebes in Preußen nicht mehr lange auf sich warten lassen wird. Schon wird ein Teil der Wannsee- bahn elektrisch betrieben, und zwar mit bestem Erfolge, nnd die Elektrisierung der Berliner Stadtbahn ist bereits in nahe Aus sicht gestellt worden. Von Großlichterfelde schlängelt sich der Kanal nach Steglitz, wo sich der neue großartige Botanische Garten befindet, durch- schneidet die weite Hochebene bei Tempclbof, dem Dorf, von dein Berlins berühmter Paradevlatz seinen Namen hat, tritt in das Tai der Obcrsprce ein »nd teilt sich hier in zwei Arme, von denen der eine bei Grnnau, dem Berliner Rcgattaplatz^ in die Spree mündet, der andere die Oberspree in der Nahe von Köpenick, der großen Berliner Waschküche, erreicht, Die Länge des Kanals beträgt säst 10 Kilometer, seine Sohlenbreite 20 Meier, die Tiefe in der Mille gegen 3 Meter, sodaß er von Schisse» bis zu 600 Tonnen Tragfähigkeit und darüber befahren werden kann. Ein weiterer Vorteil, den diese neue Wasserstraße bietet, besteht darin, daß fortan große Fahrzeuge, von Hamburg die Havel yinaufkomincnd, Spree und Oder werden erreichen können, ohne den sehr zeitraubenden Weg quer durch Berlin nehmen zu müssen. Natürlich sind außer einer als Umschlags- platz eingerichtete» .Kanalerweiterung am Eingänge noch ver schiedene .tzasenanlagen vorgesehen worden. Die Kosten dieser wichtigen künstlichen Wasser,trage tvaren auf rund 22 Millionen oeranichlagt und dürsten nicht erheblich überschritten worden sein. Vorläufig freilich wird der neue Kanal noch nicht all« auf ihn gesetzten Erwartungen erfüllen können. DaS wird erst ge schehen, wenn der kürzlich vom preußischen Landtage bewilligte Bcrlin-Stcttincr Kanal gebaut fein wird. Wenn dieser Ost kanal mit dem Anschluß nach der Warthemündun« fertiggestellt sein wird, dann dürste der Teltowkanal eine der befcchrensten Wasserstraßen der vreutzffcheii Monarchie werden. Ganz ab gesehen davon, daß die Durchfahrt durch Berlin von dem Over-Spreekanal und dem Ostkanal nach der Havel oder von der Dahme dorthin entlastet wird, vermittelt der neue Kanal den 'Verkehr zwischen Schlesien und der Elbe, zwischen der Oberipree in und bci Berlin und der Elbe, zwischen Stettin und der Elbe, zwischen dem Oderbruch, der Warthe, Netze und Weichlel und der Elbe. Ursprünglich freilich war diesem neuen Kanal noch eine weit wichtigere Ausgabe zugedacht worden. Er sollte nach Erbauung des großen Mittellandkanals und der Ver bindung des Rheines inst dem Tortmund-Emskanal den Master- verkehr zwischen dem gesamten Osten und Westen de» preu ßischen Staates vermitteln. Dieser schöne Plan ist mit dem Mittellandkanal freilich ins Wasser gefallen. Das berühmte Mittelstück von Hannover bis zur Elbe fehlt dem Torso be kanntlich, und so ist, wenn man will, auch der neue Teltowkanal nur ein Torso, aber ein ungemein stattlicher nnd lebensfähiger, wie v'ir gesehen haben. Er ist ein großes Werk, das noch größere Ziiknnstsperlpektivcn eröffnet und zu dem Worte de- rcchtigt: „Berlins Zukunft liegt auf dem Wasser!" Schon heute hat die von Kanälen durchzogene deutsche NeichShauptstaot mit ihrer lächerlichen Spree, die übrigens teilweife ganz stattlich ist, namentlich da. wo sie Oberfpre« heißt, einen Schiffahrt»- verkehr, der den Wiener mindestens »m das Zehnfach« Wer- trifft. Und wir stehen auch in dieser Beziehung, wie in so mancher sonst, erst am Anfang einer schier unavjchbaren Ent wicklung.
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