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- 212 - Allerlei für die Frauenwelt. Der kleine Hausierer. Ein dichter Mruschenknäuel stand an der Straßenecke: hestig gestikulierende Männer mit zorngerötelem Angesicht sprachen aus einen bess«rgekleidetcn Man» ein, der «inen kleinen bleiche» »naben mit sich sortznziehen versuchte, was aber durch die Menge berhindcrt wurde. «Der Junge hat Ihnen doch nichts getan." sagte einer in abgeschabter Kleidung, ein Mann aus dein Volke. „Lassen Sie den Jungen in Ruh'", kam ein zweiter dazwischen. „Nein, der Junge geht mit mir/ sagte der Angeredete. „Er verkauft ohne Hausierschein: marsch mit ihm auf die Polizei!" Diese harten Worte entfesselten einen Sturm der Ent- rüstung. „Sie sind ein harter Mann." kam den Lippen einer Frau. „Lassen vitsutituiLtitvcn All oaliuen. gelang ihm endlich und er schritt mit dem Knaben die Strotze hinunter, verfolgt von den immer drohender aussehenden Menschen, die .ihrem Zorn in nicht gerade seinen Lxhimpfworten zum Ausdruck brachten. Es war ein kalter, trüber Novembertag. Der Knabe, her an einem breiten Bande einen Korh mit Gipssiguren trug, die er überall zum Verkauf ausgeboten, zitterte vor Kälte: er war düyn gekleidet, ohne Mütze, das S' " ' ' sagt, nur seine großen Äugen waren er staunt und fragend von dem einen zum andern geirrt, wußte er doch nicht, um was es sich handelte. So zog die lärmende Menge vor das Polizei-Gebäude. Der Mann verschwand mit dem Knaben in der Tür desselben, während die Menge draußen Posto faßte, um zu sehen, wie sich die Sache entwickeln würde. Da ward die Tür auf- gerissen, der Mann erschien mit triumphic- render Miene auf der Schwelle, bahnte sich, nachdem er einen unruhigen, hastigen Blick auf die Menschen geworfen, deren drohende Mienen ihn erschreckten, schnell «inen Weg durch die Menge und verschwand um die Ecke. Ein Glück für ihn. denn eben trat der Kleine laut weinend ohne seinen Korb aus der Tür: man hatte ihm denselben abgenommen, weil er ohne Hausierschein verkauft hatte, den er nun erst lösen muhte, wollte er die Figuren wieder haben. Flehend streckte der Klein« seine Händchen aus und machte in seinem Kauderwelsch und durch Gesten der Menge bemerkbar, daß er seine Figuren wieder haben müsse, sonst bekäme er zu Hause Strafe und Schläge. Volkes Stimme — Gottes Stimme! Ein Sturm der Entrüstung ging durch den dichten Knäuel, am liebsten hätten sie den Mann, der solches Weh über ein armes Kind ge- bracht, gelyncht, aber der Schlaue war ent wischt, nun sollt« die Polizei dran. Zwin gen wollte man sie. dem Jungen die Figuren zurückzugeben. Eben waren die ersten im Begriff, durch die Tür zu stürmen, als ein elegant gekleideter Herr, der schon eine Zeit- lang stummer Zeuge des Vorgangs gewesen, sich hlneinmischle und zu der Menge sprach: „Die Polizei ist ganz in ihrem Rechte, also beruhigt Euch und tut keine übereilten schritte, die dem armen Jungen nur schaden könnte»!" „Komm." wandte er sich an den letzteren, „wir wollen sehe», was wir machen können!" Dabei nahm er den Kna ben an die Hand und ging nrit chm inr Haus. Die Menge beruhigte sich etwas, man wollte erst sehen, abwarten. dann han deln. Der Junge mußte seinen Korb wieder erhalten. „Solch ein armes Kind." hörte man eine Frauenstimme, „bei der Kälte herauszujagen, ohue warme Kleidung, vielleicht auch ohne warme Nahrung: — wenn ich denken sollte, daß eS meinen Kin- dern so erginge, armer Bub'!" Und zu Hause setzt es schlüge, wenn er nichts ver- kauft hat!" „Und wer kaust denn viel solche Sachen?" „Warum läßt der liebe Gott so etwas zu?" „Und die Schlechtigkeit, den armen, kleinen Kerl zur Polizei zu bringen!" — So schwirrten die Stimmen durcheinander. Da — Totenstille — die Tür ainq auf und der Herr erschien mit dem Kleinen aus der Schwelle, der seinen Korb mit den Figuren wieder umhängen hotte. Ein allgemeines, lautes ..Bravo!" ersckoll, — der Kleine war glücklich, — langsam rollten nur noch ein paar große Tränen die bleichen, durchsichtigen Wangen herunter, wohl noch von der ausgestandenen Angst um seinen Korb, den er mit beiden Händen sestbielt, als fürckite er. er könne ihm nochmals entrissen werden. Der Herr grüßte die Meiioe freundlich, die sich nun zerstreute und entfernte, während der Herr, den Kleinen an der Hand, mit demselben eine Droschke bestieg und davanstlhr. „Und ist der Onkel gut mit Dir?" forschte der Herr weiter, nachdem ihm der Kleine aus seine Fragen erzählt, daß er Luigi heiße und daß er mit dem Vater hierheraekommen. der ihn hier bei dem Onkel gelassen zum Ver kauf der Givsfiguren, während er. der Vater, wieder in die Heimat gereist sei, — und als der Herr ihn auf Italienisch ge fragt: „Wie beißt denn Deine Heimat?" war es wie ein Leuchten in den dunklen, tiefen Augen ausaestiegen, und mit unfag- bar trauriger Stimme, in der Tränen der Sehnsucht, des Heimwehs zitterten, hatte der Kleine geantwortet: „I.a Hella Napoli!" (Fortsetzung folgt.) Zuversicht. Wintersturm dräust um das Haus Und es fallen weiße Flocken, Doch mein Herz schweift weit voraus. Hört des Lenzes Blumenglocken, Träumt trotz Winterspein und GrauS Schon vom Frühling mit Frohlocken! Frida Keller. StlckiWe Erscheint G-grüirdct 1886 täglich Dienstag, den tt. März. IVO« Jolanda und Salomea. Roman von Erich Friesen. <l6. Fortiebung und Schluß.» (Nachdruck verboten.» «Inzwischen hatten wir lange Zeit nichts von meinem Vater und seiner jungen Arau gehört. Wir wußten nur. daß das Paar aus Nöadcira lebte und daß ihnen ein 2. ocv siechen geboren worden war. Da erhielten wir plötzlich eine Depesche aus Madeira, mein Bruder und ich möchten sofort hinkommen, der Vater läge im Sterben und verlange nach >einen söhnen. Wir gingen hin. Der Vater starb, und wir nahmen seine Leiche mit uns nach lllom." ^ Ter Marchese schweigt einige Augenblicke erschöpft. Weder seine Tochter, noch salouiea hatten ihn auch nur mit einer Silbe unterbrochen. Beide hängen mit atem loser Spannung an seinen Lippen, wenn auch ganz verschiedene Empsmdungen chre Herzen durchzucken bei den seltsamen Enthüslungen des alten Mannes „Unser Bank- gclchäsi war damals dem Ruine nahe," fährt er nach einer Weile mit Anstrengung sori. „teils durch verfehlte Spekulationen meines Bruders, teils durch meine Verschwen dungssucht. Unsere einzige Hoffnung ruhte aus dem Testament meines Vaters. Wenn wir aus einmal wieder eine tüchtige Summe in die Hände bekämen — der drohende Bankrott und die damit verbundene Schande ließen sich vermeiden. „Welch EnHetze» packle uns aber, als bei der Testaments-Eröffnung sich herausslellte, daß mein Vater sein ganzes Vermögen seiner zweiten Gattin und deren Töchterchen hinterließ, mit dem Hilizufügen. seine Söhne aus erster Ehe hätten bereits früher ihr Teil erhallen. Nur wenn Mutter und Tochter ohne Leibescrben stürben, fiele das Vermögen an die beiden Söhne zurück." Ein leises Geräusch von der Ecke her. wo Salomea fitzt, läßt den Marchese innc halten. In der ersten Erregung ist Salomea aufgesprungen. Es ist wahr, sie kennt bereits den Inhalt des Testaments: aber das Bekenntnis des Verbrechens, welches an ihrer Mutter und ihr selbst begangen worden war. aus dem eigenen Munde des Schul digen zu hören, bringt sogar diele starke Frauennatur sür eine kurze Zeit aus dem Hischen Gleichgewicht. Ihre Augen slammen: ihre Fäuste ballen sich Jedes sanftere :jühl ist yl, ihm getan an r , . . Jolanda, die. bleich, angstvoll jede Bewegung des geliebten Vaters verfolgend, am Kamin lehnt, besänstigt ihren slammenden eforn. Sie setzt sich wieder. Auch den Marchese hat die Erinnerung übermannt. „Meine Frau war zu der Zeit gerade besonders leidend," fährt der Marcheic abermals, jetzt mit merklich zitternder Stimme und stoßweise, tort. Zu ihrer krank haften Nervosität — hatte sich die Malaria gesellt, und der Arzt riet uns dringend einen längeren Aufenthalt im Gebirge an. wenn ich das Leben meiner Frau retten wolle. Meine Claudia — in Lebensgefahr! Ich liebte diese Frau so sehr, daß mich schon der Gedanke an ihren Verlust fast wahnsinnig machte! Aber wie konnte ich mit der Schwer- kranken ins Gebirge gehen — jetzt, da wir vor dem Bankrott standen! Ich klagte meine.» Bruder mein Leid. Wir halten niemals viel Sympathien sür einander: aber in dringlichen Fällen war es meine Gewohnheit, mich an ihn zu wenden, wenn ich mir keinen Rat wußte. Er hörte mich ruhig an. Dann sagte er langsam, jede Silbe scharf betonend: „Willst Tw die ganze Angelegenheit mir überlassen, Umberto?" Ich verstand ihn zuerst nicht. „Ich meine, ob Du zufrieden bist, wenn ich Geld herbcischaffe, auf welche Weise es auch sein mag? Jene kleine Frau aus Madeira — sie weiß nichts von dem Testament —" „Bernardo!" ries ich entsetzt. „Du wolltest —" „Ich will Geld schaffen, damit unser Geschäft wieder floriert und — damit Deine Claudia wieder gesund wird! Du nimmst den letzten Rest von Geld aus unserer Kasse und schaffst Deine Frau fort' ich sorge dafür, daß in kurzer Zeit die Kasse wieder voll ist — übervoll!" Ich erbebte. Ter Schlaue hatte meinen wunden Punkt getroffen. Claudia! Meine Claudia — wieder gesund! Bernardo lachte, als er mein Schwanken sah — ein häßliches, diabolisches Lachen, das mir durch und durch ging. „Damit Dich nicht etwa — Gewissensbisse oder sonstige moralische Anwandlungen guälen. will ich Dir nur sagen, daß jene kleine Frau auf Madeira von mir abgeiunden werden soll," führ er sarkastisch fort. „Sie wird keine Not leiden." „Aber das Testament! Das Testament!" warf ich ein. „Pah! Sie weiß nichts davon und braucht auch nichts zu wissen" IVlociswsi'sn- unci HusslstlunAstisus ^obsi't öölims ji-. 6eor§plLt2 16 — ^Vai86ukLU83trL836 40. i ! !>! .. i! !!!!> !!!!> ' '' i!' »i!»t i.Ill Hi i! ' vis I^rüfijsfii's-/1us8lsIIun§ !> !>!> W ! !ü! W lili! >D A680l müskt I Usl äh m !>!» l!"! >!i!i !!!>! clausrl bis 6. >!! Ls8lvI»tlkunL ävr KYLHeIi8t vrlroton. vosuok Lllvk tllr AielilkLukvr vo» xro88vm Iu1sre880. 8pvMlL08edLtt kür Llruwptvsrvu uuä Vrikolrsvv. AZsus I'adrrkLttorr von Ltrümxlsv, LoeLsv. LLv§sü. 8ekusU-8kiMxk-HQLkiekörsr. kr»Ä Illiiillliri'Ä Llrnwgl-I'Lbrlll 8,»« LlnIItiit r NakUoio Llorrsn-Vslaklslckor, „ „ -Ilomckeo, ,, „ -Sorkvo, ,, Vaiuon-Siiümpre. NaoSxvstrtvktv Sooltvo, „ 8tpSmpke, lk'iissvSrioor.