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«10 lieber Reibers Verhältnis zu seiner Tochter lieb sie indessen wenig verlauten. «Später erzähle ich Dir einmal alles!" — Tante Torette seufzte dabei so recht herzbekümmernch — ja freilich hatte er eine Tockter gehabt und der Kummer um sein Kind und der Äerger über seine Mitmenschen haben ihm am Herzen gefressen fünfundzwanzig Jahre lang." Wieder ein Seufzer. Wer die „Mitmenschen" waren, konnte Marie sich denken. Sie »ragte nicht weiter. Auch klingelte gerade Toni Levekorn. die für kurze Zeit die Aufsicht aber de» Patienten übernommen hatte, so dringlich, dab Tante und Nichte schleunigst dem Krankenzlinmer zustrebten. Toni weigerte sich, »och länger bei dem Herrn zu Lleiben. ..Die Ratten —" Auch Marie iibcrlief es schaudernd An das Ungeziefer hatte heute abend noch gar niemand gedacht. Aber sie überwand sich selbst. „Smo sie auch im. Schlafzimmer?" „Ach nein. Ler Alte — Herr Reiher bat ja selbst die Dielenkanlen ringsum mit Blech beschlagen, auch die Türe und hält darauf, das, keine der Bestien aus dem Wohnzimmer heraus- kommt. Auch hat er immer nur ein Stärker vier bis sechs am Leben: sobald es mehr wurden, bat er sie gefangen. Aber die er hat. sind ganz gewiß so groß wie eine Kake, und sie poltern eben so schrecklich nebenan!" „Dummheiten!" brummte Tante Kipke. „Wie eine Katze! So groß wird eine Ratte nie!" „Aber doch wie eine kleine!" jammerte das junge Ting. Trotz ihrer gedrückten Stimmung mußte Marie lachen. „Habt Ihr keinen Hund ui der Nähe?" „O gewiß, Fräulein, wir selbst. Einen tüchtigen Rattenfänger." „Dann hole ihn her." Tante Kipke war fassungslos. „Du willst doch nicht — Mariechen! — Auf die Rattenjaad? — Gerade jetzt — „Gewiß will ich. Und gerade jetzt, beste Tante," ent- gegnete Marie energisch. „So!" Mit einem Griff schloß sie die Verbindungstüre zwischen den beiden Reißerschen Zimmern ab und schob den Schlüssel in ihre Tasche. „Nun wird das Schlafzimmer nur vom Flur aus betreten, in die Wohnstube kommt der Hund und daun kann die Jagd losgehen." Toni war bereits davon. Eine Viertelstunde später waltete Lumps, ein kräftiger Pinscher, seines Amtes. Fortan war es still: „das gröbste schien beseitigt", wie Frau Kipke meinte, die sich im stille.» der Hunoetätigkeit freute, wenn sie auch etwas bedenklich dreinschaute: „Du lieber Gott, die Bestien waren doch seine einzige Freude aus der Welt!" Und derweile lag Herr Philippus Reißer in seinem Bette und ärgerte sich einmal ausnahmsweise über niemanden, iveil er eben niemanden erkannte. Marie hatte alle Scheu vor ihm überwunden, sie fühlte sich nur als Pflegerin. Deshalb hatte sie auch Blanche Parkins, welche am zweiten Tage nach dem Unfall per sönlich des alten Herrn Ncumaniis Bedauern überbracht hatte — was sie übrigens unter eitlem gewissen spöttischen Lächeln ausführte — und zugleich Marie zu einem Spazier gang in den Sladtwald ausfordern wollte, abschlägig beschiedcn: sie dürste jetzt den Kranken nicht perlassen, gerade weil sein Fieber einem ruhigen Schlummer gewichen war und der Arzt, über letztere Tatsachen recht befriedigt, absolute Ruhe verordnet hatte: denn selbst durch eine Bewegung des Patienten konnte der Schmerz des Fußes unter dem Gips- verbände »»zeitiges Erwachen zur Folge haben. So sah sie still au» ihrem Posten und lauschte den regelmäßigen Atemzügen des kranken Draußen läutete eben die Mittagsglocke ans der Neumaiinschcn Fabrik. Un barmherzig hart ichrillten die Töne, so daß sie einen besorgten Blick aut das Bett warf Mut aber regle sich nichts. ES war io schwül im Zimmer, obschon das schmale Oberlicht der beiden Fenster offen srand: kein Luftkaiich bewegte die geblümten Vorhänge, und cwvcbe» denselben ließ die Mittagssonne ihre Strahlen heiß und grell über den alt modischen .Kram streifen, der daS Gemach erfüllte. Auch über das ernste Antlitz des iuiigen Mädchens. Marie stichelte mechanisch an einer Handarbeit, es wollte nicht recht vorwärts bannt gehen. Run wurde noch die Sonne unerträglich. Und dennoch zog sie den Vorhang nicht ganz zu. völlig entbehren wollte sie den belebenden Strahl nicht, cs war ja sonst zu trübe hier im Zimmer. Leise wendete sie ihren Stuhl. Otun hatte sie das Licht im Rücken. Freilich, auch das Gesicht ihres Pfleglings, sonst hätte sie bemerkt, wie dieser langiam die Augen aufichlng und dieselben durch das Zimmer gleiten ließ. Lange weilten ne dann ans ihre» jugendlich Weichen Formen, dein blonden Mädchenkopfe. Erst avathnch, dann mit dem gelassenen Interesse des Forschers. Er wollte sich wenden, am besser zu sehen — wie Blei bing cs an seinem linken Fuße. „O!" Vor Schmerz und Ermattung schloß er wieder die Augen. Marie batte sich basiig nach ilnn umgewandt. Er sollte ja noch Ruhe haben! Da höhnte er »nieder. Leicht legte sich ihre Hand aus sein« rauhe Stirn. Die Hand fühlte r aestern schon — im Fieber - oder halte er davon geträumt? — eine weiche, kühle Hand, w sanft Wieder öffneten sich seiveFAugen zu einem matten Blick, aber nicht mehr dem krauknaste». glasigen Starren von gestern. Sie wollte die Hand wegziehen, da machte er eine Bewegung: „Lassen Sie!" O — sie war >o froh! Er hatte zum erstenmal einen rieust von ihr mit voller Erkenntnis angenommen. Doch bedeutete sie ihm leise, um nicht zu sprechet!, er müsse sich ganz ruhig verhalten. Reißer murmelte etwas Unverständliches, aber er schien sich zu fügen. Eine Weile stih er in das Helle Mädchenantlitz hinein, ohne Feindseligkeit, er schien nachzudenken. Wo hatte er dies Auge gesehen? — Wenn der Kops ihn nur nicht so schmerzte! Er war w furchtbar hilflos und müde, noch ein paar Minuten und er schlief schon wieder, so fest, - «11 - und voraussichtlich erouickenden Schlaf. „Sie dürfen sich getrost «m bißchen er kleines Fräulein," toandt« er sich an Marie, al» «r den beiden Pflegerinnen Im Hat die Hand zum Abschied« Nichte. „Wenn unser Patient regelrecht erwacht, ist «S am gerade so gut. er hat da» alte bekannte Gesicht Ihrer Tante vor Augen al» da» I wenn » auch noch so anziehend ist. Alte Leute — und unser Alter vor anderen — . in solchen Dingen anders al» da« junge Volk. Und damit Gott befohlen, bi» hegte ad Gemütlich lachend wackelte der joviale Mann ans dem Lause. Tante Dorette war übrigen« ganz seiner Ansicht; sie wollte die Nichte vorerst nicht länger im Krankenzimmer dulden, upd zuletzt fügte sich Marie. Oben zwecklos »wischen den vier Wänden zu sitzen, hielt sie nicht au». Ein« Zentnerlast war von ihr genommen, daß der Unfall des Alten ein so gute» Ende zu nehmen schien; sie muhte ihre Fveude hinauStragen in die prangende, strahlende, spendende Gotteswelt. AI» sie leichten Herzen» die einzige Promenade der Lengdener Bürger binaufwandelte, ward sie sich eigentlich erst beim Eintritt in den Stadtwald de» Ziele» bewußt, welches dieser Weg bat!»: nun würde sie die Neumamische Gesellschaft draußen treffen und freute sich de- Wiedersehen» mit Gabriele. Mit ihr allein? .... Dumpfer Husschlag tönte aus dem weichen Sande de» Fahrwege». Sie wandte sich Freiherr von iitzallenrode! Ritterlich zog er den Hut. ^Eine kleine Promenade. Viertelstunde später ihn nicht Me «in, UM. leie, zu Hause vermißt wohl krank? Darf Die leichte Art. wie mich der Geiellschast anzuschließen, entgegnete sie ruhig, „ich furch- aßt »u werden." „Ah, richtig! Ich vergaß — der alte Rattenkönig «st Mich nach dem Befinden erkundigen? Heiß wallt« e» in ihr aus. e sich der Hauptmann zu geben liebte, war ihr in diesem Augenblick )err , Stellung." Marotte von mir, da dem Sommer seine Reize abzulauschen. ^auptmannS überflog ein unangr „ ^ . „Tausendmal Verzeihung, kleines Fräulein! Will mich bessern. Natürlich meinte ich Herrn Reißer. Also schon auf der Besserung? Schwerenot, eine kräftige Natur! Tief m die Siebzig muß der alte Onkel — wollte sagen, Herr Reißer — doch sein. Doch i propos — habe ich recht verstanden, so wollen Sie nicht nach dem Neuenhof? In diesem Falle — wenn es Ihnen vielleicht Vergnügen machen sollte. Ihre Füßchen mal nach der Villeaiatur eines alten Ritters zu lenken — wohne ja kaum zehn Minuten von hier — wirklich wunderhübsch da in dieser Jahreszeit — das reine Waldidyll, mal so 'ne Reize abzulauschen. Barmherziger Strohsack. .. . . Pferdes hinab." Ein langer, heißer Blick, als wollte er ihre Gestalt umschlingen. Fühlte Marie ihn? Jetzt parierte er sein Pferd. „Hier trennen sich die Wege. — Run?" „Ich gebe doch lieber zum Neuenbof." Ein kurzes, eintöniges Lachen. „Bm sonst ganz ungefährlich, aus Ehre! So'n Menschenftagment wie ich!" — Sie schwieg. „Also nicht? Verdammt schade, daß ich in meiner Wcchnung zu tun habe und mich Ihnen nicht anschließen kann. Empfehle mich Ihrer Gnade für ein andermal. Weiß der Himmel, haben rin paar Klugen, die einen Strobhausen in Brand setzen könnten. revoir!" Er machte eine Bewegung, ihr die Hand zu reichen, aber sie hatte sich schon zum Weiterschreiten gewandt. «Sapristi! Das hat Rasse, so gut wie — Hochauf bäumte sich sein Pserb. Dann galoppierte er den Sandweg entlang, seinem Hause zu. Natur versteht alles so glatt zu klären. Blanche! Wie ich Ihnen für Sie saßen ans der Rasenbank eines mich man beiden, lebhaften liebes Kind: wie hübsch, Auch Kurt begrüßte die Angekommene mit glücklichem Gesicht — doch das war ja nicht zu verwundern nach der Szene, deren Zeuge sie eben hatte sein müssen. Sie sah ihn mit einem eigentümlichen Blick an — mir einen Moment — >da schweifte der seine, wie scheu, in die Leere. „Eigentlich war ich ohne bestimmtes Ziel von Haus fortaeacmgen," sagte sie und wunderte sich selbst, daß sie dabei mit keiner Wimper zuckte. „Uno rammen doch gerade zur rechten Zeit,'' rief Blanche eifrig. „Wir wollten Tennis spielt» und warten nur auf Gabriele und unseren Marsjünger mit den Geräten." (Fortsetzung folgt.» bsLter I'uLLboäsudslAZ Lür Ammer. Lorriäors, Irsxxsn stv.. 200 cm breit. Olatldl'ann ä 2,50. 0.10. 4.00. 4.60, 5.25. 6,00, 6.50 Bk.. ollve, tvrinootta, ?;rün, rot eto. ä 2,75, 0.50. 4,00, 4,50, 5,50 M., »»srlvott-, Vopplrlr- und klloseninustvr. OlLNlit U. NolrH-c 5,25,6,50, 7,50, 8.00. 9,'lO, 10 M.. 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