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An küiidigungen a»i der Privatteite Zeile rs Via.: die L ivaltige Zeile aui Leu leite bo Pi».. als tkingeiandt Zeile 80 Pig. An Nummer» »ach S»m>- und tzrieriage» i ivaltige Grundzeit so Pia. aus Privatleile eo Piu. 2 wattige Zeile aus Tevtleite und als Eingesandt so Psg. Sl uawarligc Au! träge nur »egen Borausveialtlnng. Belegbiältcr werden mit ta ltiig. berechnet. yernlvrechanschlub: «m« I Rr. U und Sir. 2v«a. Sscco-Anrligs ^ ksklvk «»svöloclls«peiesinen« Weslen« lodert Lunr« . v " Lusvadl -daSurel»»»» rrarl» !>»,,. vr»»»o» I.»g«r »laritatdvr »och angttarllor Stokvd. aitmurltt — ItatI«»»». M» ölvl-a-l' Anshebnug deS 8 2 des Jrsnltenges-tzes im sächsische» Landtage. Neueste Drabtberichte. Hofnachrichlen, Llugnst Reimer f, > ^ ^^* E Q. TMIkl.Gelichisiiechliiidillagen. „W lhelm Teil". Ter Hci em. Freit««, 18. MiirzlWA. Die Aufhebung »eS 8 2 des JesultengefetzeS im Sächsischen Landtage. Auf der Tagesordnung der heutigen 7l1. Sitzung der Zweiten Kammer stand u. a>. die Interpellation des 1872 betreffend. Am Regierungstischc wohnten die Herren Mi nister v. Metzsch, Dr. v. Scydcwitz, Dr. Rüger und Dr. Otto den Verhandlungen bei. Die Tribünen waren gut besetzt, aber nicht so stark, wie man es bei dem Interesse, dem die Angelegen heit in weitm Kreisen begegnet ist, eigentlich hätte erwarten rönnen. Nach Erledigung des 1. Punktes der Tagesordnung und nach dem Kultusminister Dr. v. Scydcwitz erklärt hatte, die Inter pellation beantworten zu wollen, begründete Vizepräsident Opitz die Interpellation: Durch Einbringen dieser Interpellation habe den Interpellanten nichts ferner gelegen, als ein Akt der Feind seligkeit gegen die katholischen Mitbürger. Alle seien durchdrungen oon der Ueberzeugung, daß eine gedeihliche Zukunft des deutschen Vaterlandes nach außen und innen in erster Linie davon ab hängig sei, daß die beiden christlichen Konfessionen Hand in Hand an dem Wähle des Deutschen Reiches wirltcm Derjenige müsse blind und taub gegen die Erfahrungen der Geschichte sein, der sich nicht bewußt bleibe, welch schwere Kämpfe unser deutsches Vaterland im 17. Jahrhundert durchgcmacksi habe. Jene Kämpfe hätten uns Wunden geschlagen, schlimmer als sic von äußeren Feinden geschlagen werden konnten. Zwei Jahrhunderte hätten vergehen müssen, um unser Volk wieder auf die gegenwärtige Höhe kommen zu lassen. Es sei darum unsere Pflicht, diejenigen Ge fahren ins Auge zu fassen, die geeignet seien, den konfessionellen Frieden zu stören. Ms einen solchen Faktor habe das evangelische Volk stets oas Bestehen und die Wirksamkeit der Gesellschaft vom Orden Jesu angesehen. Ter Jesuitenorden sei mit der ausgesprochenen Tendenz gegründet worden, die Christenheit, und vor allem den Protestantismus, der Herrschaft des Papsttums zu unterwerfen. Seiner Wirksamkeit sei die Gegenreformation m den Ländern Bayern, Württemberg usw. zu banken. Der Protestantismus sei wohl im stände, sich seiner Haut zu wehren gegen jeden Feind, der mit offenem Visier wider ihn kämpfe. Wenn ober der Feind nicht die Wege der Ossenheit und des ehrlichen Kampfes wähle, sondern im Geheimen und Verborgenen kämpfe und die Schwächen des Volkes zu erspähen suche, dann müsse von dem gewöhnlichen Wege des Kampfes abgewicheu werden, man müsse den Feind von sich fern zu halten suchen. Sehr wahr!) Von dieser Auffassung geleitet, seien unsere Mt- vorderen dazu gekommen, die Bestimmungen des 8 66, Absatz 2 in die Verfassung aufzunehmen: ,,Es dürfen weder neue Klöster errichtet, noch Jesuiten oder irgend ein anderer geistlicher Orden jemals im Lande ausgenommen werden." Und von denselben Erwägungen geleitet, hätten Kaiser Wilhelm und sein großer Kanzler im Jahre 1872 das Jesnitcngesetz geschaffen. Die Folgen dieser gesetzlichen Bestimmung seien für das gesamte Reich von großer Bedeutung geworden und hätten sich als ein-gutes Bollwerk er- wiesen. Wenn seit einer langen Reihe von Jahren an dem Reichs- oesitze gerüttelt worden sei und sich eine Mehrheit im deutschen Reichstage für die Aufhebung des Gesetzes gefunden habe, so habe man doch immer der Weisheit der verbündeten Regierungen fest vertraut, daß sie diesen Bestrebungen ein entschiedenes: Nein! gegenüberstellen würden. Um so größer sei die Ueberraschung des gesamten evangelischen Volkes gewesen, als es erfuhr, das; sich der BundcSrat für die Aufhebung des 8 2 entschlossen habe. Wir kennen, fährt Redner fort, die Gründe nicht, die die Mehr heit der verbündeten Regierungen zu dieser Stellungnahme be stimmt haben, wir kennen auch den Preis nicht (Sehr richtig!); wir wissen aber das Eine: der Preis muß ein gewaltig hoher sein, wenn er der Verantwortung gleichkommen soll, welche die dienen, wenn man wisse, daß die sächsische Regierung ihrerseits zur Herbeiführung dieses Erfolges nicht beigetragen, sondern ihre ob wenigstens der Schutzwall, der neben dem Bollwerk des Reichs, gesctzes gegen die Jesuiten bestand, für Lachsen weiter bestehen bleibe. Redner erörterte in scharfsinniaer, kritischer Weise die Tragweite der Bestimmungen der sächsischen Verfassung gegen die Aufhebung des Reichsgesetzcs und kam zu dem Schluffe, daß die Bestimmungen im 56 auch in Zukunft bestehen blieben, um für Sachsen eine Schutzwchr gegen die Jestiilcngesahr zu bilden. Mitinterpellant Abg. Rollsu st-Zittau: Wie ein Blitz aus heiterem Himmel habe die Nachricht von der Aufhebung des 8 2 des Jesuitengesetzes gewirkt, und oon Tag zu Tag mache sich eine immer mehr anschwellende Bewegung der evangelischen Bevölkerung gegen jenen Beschluß bemerkbar, der das Vertrauen zu Bundesrat und Reichskanzler in weiten Kreisen erschüttert habe. (Sehr richtig!) Bisher habe man geglaubt, daß im Deutschen Reiche, an dessen Spitze Kaiser Wilhelm stehe, kein Raum sein würde für die Jünger Loyolas mit ihrem Kadaver gehorsam gegen Nom; Bundesrat und Reichskanzler aber hätten diesen Glauben zerstört. Zur selben Zeit, da das katholische Frankreich die Ordensnicderlassungen aufhebc, öffne das Deutsche Reich seine Tore den Leuten, die darauf ausgingcn. den Protestan tismus mit allen Mitteln zu bekämpfen. Das evangelische Volk wisse sich eins mit einem große» Teile der Katholiken, wenn es der Rückkehr der Jesuiten mit sehr gemischten Gefühlen entgegenschc. Weil wir mit unseren katholischen Mitbürgern den konfessionellen Frie den wünschen, beklagen wir den Schritt der verbündeten Regie rungen. »nd können dem Reichskanzler nur zurufen: „Herr Gras, das war kein Meisterstück!" Der Preis sei zu hoch, er bedeute nichts anderes, als ein Defizit im Vertrauen. Die Interpellanten hätten so viel Vertrauen zu unseren Ministern gehabt, und hätten io bolle Zuversicht in das königliche Wort geletzt, „daß König Georg im Sinne und Geiste König Alberts dis Regierung weiter- fuhren würde", daß sie keinen Zweifel über die Abstimmung der Regierung im Bunocsrate hätten haben können. Ebenso glaubten sie, daß unsere Verfassung uns vollen Schutz gegen die Jesuiten gewähre, und sie erwarteten von der Regierung das Zugeständnis, daß die Verfassung von ihr gehandhabt werden würde, lvenn sich Jesuiten in unserem Lande zeigen sollten. (Sehr richtig!) Noch siebe der 8 1 deS JesuitenoeletzcZ von 1872 fest, aber man sei bereits an der Arbeit, auch dieies Bollwerk zu Falle zu bringen. Die Regierung möge im Bnndcsrate ihren Einfluß nach Möglichkeit dahin geltend machen, daß dieser Paragraph uns er halten bleibe. Das Deutsche Reich sei aus anti-jesuitischem Geiste heraus gegründet worden (Sehr richtig!): aber nur, lvenn cs in diesem Geiste weiterregicrt werde, würden uns die großen Er rungenschaften erhalten bleiben: „Wir müssen bleiben, wie wir sind, oder wir hören auf, zu sein!" Darum müßten wir frei bleiben von dem jesuitischen Geiste, die reine Lehre Luthers müsse erhalten bleiben in der Forschung und Regierung. Wir sind mit- berufen, auf der Warte zu stehen, und erwarten, daß uns die Regierung nicht im Stiche läßt. lVravo!) Kultusminister Dr. von Seydewitz: Ich beantworte im Namen der sächsischen Regierung d.e von den Inter- vellanten gestellte erste Frage dahin, daß die dies seitigen Stimmen im Bindesrat gegen die Auf hebung des 8 2 abgegeben worden sind. (Bravo!) Und ich beantworte weiter, ebenfalls namens der Regierung, die zweite Anfrage dahin, dah die sächsische Regierung der Anschauung ist, es werde die Bestimmung nr 8 66, Absatz 2 der Verfassungs- nrkunde durch die Aufhebung von H 2 des Jesuitengesetzes nicht berührt. sBravo!) Die Auskunft auf die erste Anfrage könne ohne jede Einschränkung -gegeben werden; bezüglich der zweiten Frage könne die Negierung selbstverständlich nur ihre eigene, aber bestimmte Auffassung aussprechen, die sie den ihr unterstellten Organen zur Richtschnur geben könne und gegebenenfalls auch geben werde. Ob die Auffassung der Regierung von den unob- hängigen Gerichten und insonderheit oon dem Oberverwaltunas- gericht cingchalten werde, dafür vermöge die Negierung eine Ge währ nicht zu übernehmen. Tie Regierung nehme an, daß durch die Verfassungsurkundc auch künftig in Sachsen verboten bleibe: die Aufnahme des Jesuitenordens und die Errichtung einer Ordens- Niederlassung im engeren oder lvciteren Sinne, die Ausübung jeder Ordcnstätigkeit seitens des einzelnen Jesuiten, namentlich die Verwaltung öffentlicher oder privater Aemler, die Abhaltung sogenannter Missionen. Eintritt m öffentliche Schulämter oder in Privatuiiterrichtscinstaltcn, sowie jede andere Art der Förderung der Ordensbestrebungen durch Vorträge, Versammlungen uftn. Es ist, fährt der Minister fort, ja ganz natürlich, dah die iächsi'chcn Minister, die sämtlich cvangctsichcn Bekenntnisses sind, und daher das Bekenntnis der großen Mehrheit des sächsischen Volkes teilen, gegen dis Aufhebung des 8 2 des Jesuitengesetzes sich erklär: haben. Daß aber dieses Vorgehen auch die volle Zustim mung Sr. Mas des Königsgefunden hat, das verdient den tiefempfundenen, aufrichtigen Tank des evangelischen Volkes. (Lebhafte Bravorufe.) Das bekundet eine so weitgehende Rück sichtnahme aus das religiöse Empfinden deS gnvßcn Teiles seiner Untertanen, daß wir mit voller Zuversicht in die Zukunft blicken und mit vollem Vertrauen auf die Weitcrgcstaltuug unserer kon fessionellen Verhältnisse schauen dürfen. (Bravo!) Die säch- mche Negierung sei immer bestrebt gewesen, den Frieden zwischen den verschiedenen Konfessionen zu wahren und zu fördern; sie werde in diesem Bestreben auch in Zukunft sortfcrhren, und sie werde dabei wesentlich gestützt durch die grundlegenden Vorschriften der Verfassung. Daß wir Gott >ei Dank in unserem engeren Vater- lande vor schweren konfessionellen Kämpfen bewahrt geblieben seien, das sei in erster Linie jenen weitsichtigen und weisen Vor- lchriftcn unserer Verfassung zu danken, und die Regierung werde mit oller Energie an diesem wohlbewährten Schutzmittel des konfessionellen Friedens sesthalten. lVraoo!) Die Rmierung sei der Ueberzeugung, daß sie damit nicht nur im Interesse der ettan- gelisch-luthcritchen Kirche und des sächsischen Staates, sondern auch im wohlverstandenen eigenen Interesse der sächsischen katho lischen Mitbürger handle. sSehr richtig! Bravo!) Abg. Langüammer beantragte Besprechung der Inter- pellation; das Haus beschloß demgemäß und trat in die Be- lvrcchnng ein. — Abg. Dr. Vogel sprach der Regierung und den: Könige den Dank des Volkes für ihren mannhaften Entschluß aus, die Verfassung des Landes hochzuhaltcn. Wir könnten mit um so größerem Stolz ans die Erklärungen der Regierung blicken, je mehrvön feindlicher Seite versucht werde, gegenüber dem, was sich heut« in diesem Raume zutrage, eine Fülle von Spott und Hohn über das sächsische Volk und seine berufenen Vertreter ausznschütten. Die Bewegung gehe hier deshalb so tief, weil Sachsen, die Wiege der Reformation, den Segen des Protestantismus aufs innigste empfunden habe. Seit den Tagen von 1870 sei Sachsen mehr denn je aufs Innigste verbunden mit dem Deutschen Reiche, und wir müßten mehr denn je dafür sorgen, daß der Geist von damals erhalten bleibe. Ein lehrreiches B Id böte die Geschichte in allen jenen romanischen Staaten, die dem Zerfalle und Untergänge zu- aeffihrt würden, nicht zum wenigsten unter dem Einflüsse des Jesmtismus. Wenn Frankreich die Wichtigkeit einer Reform seiner Schule erkannt und in die Wege geleitet habe, so sei dies nicht zuletzt geschehen, weil man dort den unheilvollen Ein fluß der Jesuiten habe beseitigen wollen. Nichts könne uns mehr am Herzen liegen, als in Frieden zu leben mit unseren katho lischen Mitbürgern, aber diesem Frieden werde nicht gedient, wenn die Jes» ten hcreingcrufcn würden und wenn man zu Wächtern unserer Jugend diejenigen mache, die von jeher den Geist der Freiheit gemechtet hätten. Das ganze deutsche Volk habe erst in den letzten Jahren die Gefahr voll erkannt. Die Mehrheit des Bundesrats, mit seinem Reichskanzler an der Spitze, habe unser Vertrauen getäuscht. Wenn vor ein'gcn Jahren der Kaiser mit flammenden Worten auf die gelbe Gefahr hingewiescn und die Völker Europas aufgesordert habe, ihre heiligsten Güter zu wahren, so heg« er die Ueberzeugung, daß die ch,warze Gefahr, die uns heute durch die Jesuiten drohe, locit größer lei, und daß deshalb das Volk mehr denn je auf der Wacht sein müsse. (Leb hafter Beifall.) ^ Abaeordueter Günther-Plauen i. V. (freist): Er sei selbstverständlich ein entschiedener Gegner der Jesuiten, aber er halte die durch Aufhebung des § 2 befürchtete Gffahr nicht so be- Knrrst »md Wissenschaft. 's* Mitteilung aus dem Bureau der Königs. Hof. theater. Die 5. Wiederholung des im Kostüm der Zeit neu- einstudierten Lustspiels „Die deutschen Kleinstädter" mit Frau Bleibtreu, Frl. Gasny, Frl. Diacono, Frl. Schendler und den Herren Müller, Dccarli, Ren<>, P. Ncumann in den Hauptrollen findet Montag, den 21. März, statt. 1* König!. Hosschauspicl. Getragen von dem jubelnden Enthusiasmus eines ausverkauften Hauses ging gestern abend im Neustädter Hause — zur Erinnerung an die erste Aufführung vor 100 Jahren — Schillers „W ilhel m T c ll" in Szene. Die großzügige Behandlung des machtvollen Vorwurfs, der wunder bar harmonische Aufbau des Werkes, die in edelster Schönheit strahlende Sprache und die dramatisch reich bewegte Handlung, — daS alles kam auch diesmal zusammen, um der Dichtung wie immer eine außerordentliche Wirkung zu sichern, die ihr heute wie vor 100 Jahren, da in der Zeit von Deutschlands tiefster Erniedrigung der episch-dramatische Frciheitsgesang zum ersten Male erklang, in demselben hohen Maße eigen ist. Die Ans- sühruna tat ihr bestes, um dem Werke zu emer eindrucksvollen Darstellung zu verhelfen, so daß man ihr, in allen Rollen bis an» eine ganz wie früher besetzt, nur Gutes nachsaacn kann, obwohl eine begreifliche Ermüdung und Abspannung der Schauspieler gegen Schluß vcS Abends hin nicht zu übersehen war. Von den einzelnen Rollenträaern sei für heute nur Herr Blanken st ein genannt, dessen Tell an Geschlossenheit der Charakteristik, wie an warmherziger Auffassung noch gewonnen hat und an dessen Adresse sich der Beifall des Publikums ganz besonders richtete. -f* Der Deutsche Goethcbund berief für die Osterwoche einen Dclechertentag nach Dresden. Auf der Tagesordnung steht in erster Linie die Stiftung eines VolkS-Schillerprcises. f* Franz o. Lcnbach ist vorgestern abend von der Mün chener chirurgischen Klinik, wo er 4 Wochen weilte, wieder in seine Wohnung gebracht worden. Die Uebecsiedluna vcrlicf, wie versichert wird, gut. Das Befinden Lenbachs ist im allgemeinen be friedigend; Schmerzen und Fieber sind nicht vorhanden. Er muß aber noch ferner das Bett hüten. »eu bescht war in der Nomenclatur des Theaterzettels nur eine einzige Rolle: die des Parricida mit einem Herrn Wittels. Ter Künstler, allem Anscheine nach ein blutjunger Anfänger, der sich kaum die ersten Schuhe auf dem heißen Boden der Welt- bedeutenden Bretter vertreten hat, gab sich redlich Mühe, seiner undankbaren Aufgabe zu genügen, ohne ihr freilich eine sonderlich interessante Seite abgennnnen zu können, lieber den Umfang und die Tiefe seiner darstellerischen Begabung hieraus Schiüsse ziehen zu wollen, wäre Vcrmestenheit, zumal selbst routinierte Darsteller mit dem Brudermörder auS dem Hause Habsburg nicht viel anzufangen wissen; man tut darum nach wie vor nach dem Beispiele Laubes und Dingelstedts in jedem Falle gut daran, die diffizile Rolle mit einem ersten Künstler zu besitzen, 0 ja auch bei uns sonst zu geschehen pflegt. FV. wie da» i Der Harem. (Vortrag der Prinzessin Hakria Ben Aiad.) Eine vornehme türkische Dame, eine Prinzessin, die vor einem europäischen Publikum die Geheimnisse des Harems ent hüllt. als energische Frauenrechtlerin mistritt und einen ergreifen den Herzensschrei noch Gerechtigkeit für daS im tiefsten sozialen Elend schinachtettdc türkische Weib ausstößt, das ist sicher lich eine außerordentliche Erscheinung, eine moderne Sensation! Ter Festsaol des Ingenieur- und Architcktcnvereins in Wi c n war denn auch kürzlich bis zum letzten Platze von einem vor- wicgcnd a»S Damen bestehenden Publikum gestillt, das mit fast fieberhafter Spannung das Auftreten der Prinzessin Hai'rö Ben Aid als Eonsärenc ere erwartete. Die Prinzessin, deren bewegte Lebensschicksale noch in Erinnerung sein dürsten — sie entfloh unter großen Gesabren dem Harem zu Konftantinopcl — betrat in Be gleitung einer Vorstanvsdame des „Neuen Frauenklub", des Fräuleins Mathilde Fogl, den Saal. Die Prinzessin, die ein Rosenbukett in der Hand trug, ist eine sehr vornehme, sehr elegante, noch jugendliche Erscheinung. Ihre Toilette — schwarz- seidene Robe uno blaue Bluse — ist bis auf den tief über das Antlitz hcrabwallenden Schleier europäisch. In dem Moment, da sic das Podium betrat, zog sie den Schleier in die Höhe. DaS bleiche Antlitz hat edle, bedeutende Züge von echt or cnta- lischcni Gepräge. Das Starre, fast Statuenhafte dieses Antlitzes wird durch zwei herrliche, schwarze Augen belebt, Annen von jener märchenhaften Schönheit, wie sie or entalische D osier besingen. Die Prinzessin richlct« eine Ansprache an das Publikum, man hörte zunächst einige sranzösische Sätze und dann vernahm man seltsame Kehllaute — also türkisch. Irl. Math.lde Fogl ver dolmetschte den kleinen Speech. . De Prinzessin bedauerte, daß sie eine europäische Sprache nicht in dem Maße beherrsche, und das Thema, das sie behandle, selbst Vorträgen zu können, in ihrem Namen werde daher eine (Dolmetscherin sprechen. Frl. Fogl begann daraufhin den Vor trag vorzulesen, während die Prinzeisin »eben ihr (aß, ab und zu leise lächelnd, wann sich eine W rkung ihrer Schilderungen Vcs türkischen Fraucnlebens im Publikum äußerte. Daß d e soziale Lage der Orientalin und speziell des türki sche» Weibes eine traurige sei, ist eine bekannte Tatsache, gleich wohl ist es hochinteressant, aus dem Vortrage der Prinzessin urkundliche Belege hierstir zu vernehmen, die aus lebendiger An schauung geschöpft sind. Nach diesen Darlegungen ist die Ursache des kulturellen und politischen Versalles der Türke; vornehmlich die entwürdigende Lage des türkischen Weibes. Das Weib wird in der Türkei nicht als menschliche Per sönlichkeit, sondern als Sache, als Ware, als Genußobjckt be trachtet. Dem Europäer erscheint der Harem von einem poetischen Nimbus umwobcn. Aber wie anders stellt sich dicicr Harem iu der Wirklichkeit dar! Schon die Art und Weise, wie in der Türkei Eben geschlossen werden, offenbart die völlige Recht losigkeit des Weibes. Einen eigenen Willen darr das türküche Mädchen bei dieser wichtigsten Lebensfrage nicht äußern. Eine Heiratsvermsitlern leitet die Verhandlungen. Die Mutter des Hciratskandidatcn besichtigt das Mädchen, konvcniert sie ihr, so drückt sie dem Mädchen einen Kuß auf die Stirn. Damit isi das Geschäft erledigt. Schläge und Püffe erzwingen bei einem wider strebenden Mädchen das Jawort. Die Liebe spielt hierbei nicht die geringste Rolle. Tie Hochzeit wird allerdmgs mit dem größ ten Pomp gefeiert. 'Drei Tage dauern diese Lustbarkeiten, bei denen die Damen m den elegantesten Pariser Toiletten erscheine». Ist der Bräutigam reich, so bedeckt er die Braut mit Tiamonten. die an den Wangen und an der Stirn angebracht werden und wie sprühende Schönheitspflästerchen blitzen. Im Harem bcg'nnt aber erst das rccisie Elend deS Weibes. Ter Mann ist ein grausamer Tyrann, ein herzloser Despot! Die Frau muß sich allen seinen Wünschen widerspruchslos fügen Tätlsih an dem Manne sich zu vergreisen, ist dem Weibe nur auf der Straße gestaltet. Von dieser Befugnis macht daun und wann eine türkische Frau ausgiebigen Gebrauch. Am der Straße muß der Mann die Prügci seines Weibes ruhig und mit iatalist scher Ergebenheit über sich ergeben lasten. Aber wie rächt er sich dann im Harem dafür! Die Ehescheidung ist gestattet. Aber auch hierbei sind alle Rechte auf Seite des Mannes, der das Weib jederzeit unter den nichtigsten Vorwänden aus dein Hause jagen darf. Das Leben der niedrigsten europäischen Ticnstmogd ist ein ideales im Ver gleiche mit dem bejammernswerten Dasein der Türkin. Eine seltsame Eigentümlichkeit im Ehcleben bilden die proviso rischen Heiraten, die ,enc Frauen schließen, die nach Mekka pilgern.