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Dieser Blatt wird dm Lesem von Dresden und Umgebung am Lage vorher bereit- als Abend-Ausgabe -«gestellt, während eS die Post-Abonnenten am Morgen in einer Gesamtausgabe erhalten. verugrgedüdr: LI« .Dr»*dn«r NachrMkn" erILelnen »,»» «>or«k»1: die B«,ici,cr in ^ ' i und drr nacknen Umaebuna, wo die Huinwnna durch eiqkne Boten oder Nomnutlwnürc eriotat. erlmllen dad Blatt a» Woitxnlaaen.. die nicht aus Sonn- oder »riertaae tolaen. m iwei Teiiaudaadeu »den»» und morgen« zuaestelll. Nachdruck aller Artkkcl u. Original- Mitteilunae» nur mit deutlicher OiieUenanaadei-Drcdd Nc>chr."1 iulälll,. »lachtritaNche k>»norar» anivruche bleibe» »»berucknchiiat: uuverlaimts. Mauuilriutc werde» nicht amdewanrt. lelearamm-ildrelle: Rachrtchten Lreovea. L8LG Verlas von Ktepfch Reirliardt. Anreizen-tanf. kliiiiabme von Ankündiaunacn bis nallmütlaas 3 Uln. Sou» und Seierlags nur «iarieiisliane «, von n dis '/-> Ul» Die I walliac Grund reiie «ca. « Lilbeni 20 Pia . Ä» tiiiidiauttgeu aus der PrwaNkiic ßcilc 25 Psg . die Lipailiae 6eile als ..bin Ukiandl' oder aus Lklliriie so Pia Ln Nummeni nach Louu- und geici lagen l de» riuailiue Grundjcileii 2V. so bez. « und sa Pi,. nach d> ionderein Taiis AiiSwärlioe Ans tiüae nur gigc» Voransbe»atiluna. BeiegblüNer werden mit lüP-a. bcrechnei. g-riiivrcchanlchlub' «Mt I Nr. U und Nr. 20V». kloväv L ILubriek « l kill iltz Illei isl 1 ^ IVai8vlldM88lra88S 27. «r. 149. ^ucste Drahtbcrichte. Hvfnachrichtcn, Beilegung der Aussperrung, Straßennnruhen, Wählerversaniinlung, i Gcneralmasvr Friedrich d. Sonverslebcn r, Gerichisperh. Sarah Bernhardt als „Frvu-Frvn". Smsta-Kvnzert. I Llmimlicnv, SV. Mai 1993. Leipzig. Dem „Leipz. Tagcbl." wird aus Kolditz be richtet, daß der wegen Ermordung eines Mädchens in Unter suchungshaft genommene und nach ärztlichen! Gutachten anher Verfolgung gesetzte Optiker Grab ich aus Leipzig heute als Verpflegter 1. Klasse ui tue hiesig: Lanoes-Jrrcnanslait cin- gcliefert wurde. N euß. Gestern fand die Feier des 50jährigen Bcslchens dcS hiesigen erzbischöfliche» Konvikts statt, an der Vcrtietcr der Kirchen- und Staatsbehörden teilnakmen. In einer Rede dankte Erzbischof Fischer de» Staatsbcbörden für das von ihnen bewiesene Wohlwollen und forderte die Zöglinge ans, sich nament lich in den klassischen Sprachen eine gründliche Bildung anzueig- ne», dabei aber nicht die anderen Zweige der Wissenschaft zu ver nachlässigen. Die preußische» Gvmnasien seien Musleranstalten vor aller Welt. Er hoffe, daß das gute Einvernehmen zwischen Kirche und Staat ungestört bestehen bleiben werde- Königsberg. Der Chefredakteur der „K'önigsb. Hartungschen Ztg. , Walter, der sich ans einer Geschäftsreise befand, ist im Ist-Zuge bei Kreuz infolge eines Herzschlages gestorben. Wien. Die kroatischen Reichsrats- und Landtagsabgeord- iieten aus Dalmatien, Istrien und Triest veröffentlichen in de» Blättern ein Manifest über die Vorfälle in Kroatien. Eie stellen darin fest, das; in Kroatien »nd Slovenien starke Un zufriedenheit herrsche, die sich an vielen Orten in so heftigen Kundgebungen Lust machte, das; zur Nicderbalinng der Unnihcn die gesaminte Wehrmacht im Lande nicht nnSreichte, vielmehr Truppe» ans Oesterreich »nd Ungarn rcgniriert werden mussten. Eine solche Erregung könne nicht künstlich erzeugt melden, sondern habe ibre Ursache in der traurigen Lage des Landes. In Kroatien schalte die Willkür, die Presse weide nnlcrdrückt, der Steuerdruck sei unerträglich. Ein Zehntel der Kroaten befinde sich jenseits des Ozeans, die nationalen Rechte der Kroaten würden verlebt. Das Manifest drückt scblicssticb die Ucberzcugniig ans. die leisten Ereig nissc würde» die über das kroatische Volk verbreitete» Vorurteile zerstreuen mid das Volk werde die Sympathien der zivilisierten Welt erringen. Paris. Der „Figaro" behauptet, das; der Marineministcr Pellet an den bekannten Brief Parapres erhalten haben müsse, do er eingeschrieben gewesen sei, und gibt zum Beweise dafür die Nummer und sonstige Angaben auf dem Empfangsscheine an. Der Prüder Varayres erklärte einem Berichterstatter, das; Paralire der Veröffentlichung vollständig sernstche. Der Brief sei semerzeit von der Justizverwaltung anfgesanäcn und kopiert worden. Parayre wird anff Ersuchen des Bruders heute nach Paris kommen. Paris. Nach den amtlich fcstgestclltcn Ziffern ist die Tages ordnung in der Deputicrtenkammer, in der die gegen den Ministcrpr äsidcntcn gerichtete Verleumdung gcmißbilligt wird, mit MO gegen 3 Stimmen angenommen worden. Madrid. Ein wolkenbrnchnrlrgcr Regen ist über Spanien nicdergcgangen. Der Ort Pajares in der Provinz Leon ist überschwemmt. 40 Häuser sind eingestürzt und mehrere Per sonen ums Leben gekommen. London. Dem „Reuterschen Bureau" ans Uola sNord- Nigeria! vom 9. April zugegangencn Nachrichten zufolge ist die englisch-deutsche Grenzkoni Mission am 4. April ein- getroffe». Das Land ist sehr trocken und wegen schlechter Ernte arm an Nahrungsmitteln. Nachrichten von der denffchen Eskorte liegen nicht vor. Eenta. Der Bruder des Sultans soll infolge einer Vergiftung gestorben sein. OertNches und Sächsisches. Dresden. 20. Mai. —* Se. Majestät der König traf heute vormittag zur Er ledigung von Rcgierunasgeschästen im Residenzschlossc ein, empfing zunächst Herren vom Militär zu Meldungen und erteilte den Herren Geh. Finanzrat Dr. Rüger-Berlin, Landaerichtsrat Dr. Lcssing- Lcipzig, Amtsrichter Thorn-Borna, Vorsteher der Gestaltungs- abtciiung an der König!. Porzellanmanusaktur Meißen. Hösel, Erzgicßcr Franz, Pfarrer «in. Börner und Prokurist Günther- Leipzig, Audienzen. Später hörte Sc. Majestät die Vorträge der Herren Staatsminister, der Departementschess der König!. Hof staaten und des König!. Kabinetssekrctärs. 6 Uhr 20 Min. ini besten Wohlsein von Karlsbad wieder hier cin- gctrofsen und hat «die Köiugl. Billa in Strehlen bezogen. Se. Majestät der König und Ihre König!. Hoheit die Prin zessin Mathilde begrüßten die Königin am Bahnhof Pirna und gaben ihr von da das Geleit »ach Strehlen. Ihre Majestät die Königin-Witwe wird m Strehlen bis Mitte Juni verweilen. —* Der bayrische Ministerpräsident Freiherr v. Podcwils trifft heute aus Berlin hier ei», besucht unmittelbar nach seiner Ankunft Herrn Staatsministcr v. Meßsch und ivird später vom König empfangen werden »nd sodann an der Hvflasel teilnchmcii. Von hier aus reist Herr v. Podcwils nach München zurück. —* Von dem Vorstand des Arbeitgeberverbandes für das Baugewerbe zn Dresden erhalten wir zur Beilegung der Aussperrung folgenden Bericht: „Die Vorstandsmitglieder der Maurer- und Ziinmercr-Verbändc haben bei den Unterzeich neten um Verhandlungen ersucht und erklärten sich die Unter zeichneten Vorstandsmitglieder hierzu bereit, unter der Bedingung, daß diese Verhandlungen vor einer amtlichen Stelle gepflogen würden. Gestern nachmittag von Vs5 Uhr bis gegen sch8 Uhr hat unter Vorsitz des Herrn Oberbürgermeisters Geh. Fincinzrats Beutler die Verhandlung zwischen den Unterzeichneten 2 Vorstands mitgliedern des Arbeitgeber-Verbandes für das Baugewerbe »nd 10 Vorstandsmitgliedern der Zentral-Verbände der Maurer, Zimmerer und Baubandarbeiter stattgcfnnden. Als Beisitzer hatte Herr Oberbürgermeister Beutler Herrn Gewerbcricliter Stübing biiizugezogen; das Protokoll führte Herr Ratsasscssor Meding. Das Resultat dieser Verhandlung stellt sich wie folgt: 1. Das Lohn für Maurer und Zimmerer beträgt für dieses Jahr 45—4» Pfg., für nächstes Jahr 48—49 Psg. pro Stunde; das Lohn für Bauhandarbciter beträgt für dieses Jahr 33—35 Pfg., für nächstes Jahr 37—38 Pfg. pro Stunde. 2. Es wird eine Lohn- kommission gewählt, bestehend aus 9 Arbcitcrgcbcrn und 9 Arbeit nehmern. Zu den letzteren wühlen je 2 Mitglieder die Einzclniit- glicder Dresdens der Zcntralocrbände der Maurer, Zimmerer und Bauhandarbciter, die übigen 3 Mitglieder der Arbeitnehmer-Ver treter wählt der Gescllen-Ansschilß der Innung der Baumeister aus seiner Mitte. 3. Ausgcspcrrte Leute werden wieder einge stellt, soweit Platz ist; Maßregelungen finden nicht statt. 4. Be lästigungen" der Arbeitswilligen, welchen den obengenannten Arbeitnehmer-Organisationen nicht aiigehören und während der Aussperrung treu zum Arbeitgeber gehalten haben, dürfen keines falls stattfinven: jegliche Tätigkeit in dieser Hinsicht, ist verboten. 5. Die eingestellten Ausländer sollen innerhalb 14 Tagen nach und nach entlassen werden. 6. Am 3. Pfingstfeiertag, den 2. Juni d. I., wird die Arbeit allenthalben wieder ausgenom men. Die außerordentliche Generalversammlung des Arbeit- geber-Vcrbandes für das Baugewerbe zu Dresden am 28. d. M. abends hat die vorstehenden Vereinbarungen einstimmig ange nommen. Der Vorstand: Ernst Noock, zur Zeit 1 Vorsitzender, Gust. Kirsten, zur Zeit Schriftführer." —* Im „Trialion" fand gestern abend, wie in einem Teile der heutigen Morgenausgabe bereits kurz erwähnt, eine von nahezu 2000 Personen besuchte Versammlung der Bau arbeiter statt, in welcher die Anerkennung der gütlichen Ver einbarungen beschlossen wurde, welche gestern nachmittag von Vertretern der Organisationen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer unter dein Vorsitz des Herr» Oberbürgermeisters Beutler ge troffen worden sind. Diese besagen unter anderem: Wieder- cntlassuna der ausländischen Arbeitswilligen, Festsetzung des Stundenlohiies für Maurer und Zimmerer auf 45—46 Pfg. und Erhöhung um 3 Pfg. für dos komuiendc Jahr, sowie 33—35 Pfg. für die Banhitssarveiter. Obgleich der erste Redner sich ganz ablehnend verhielt, so machten doch die Ausführungen des Orts- krankenkassen-Vorsitzcndeii Herrn Fräßdori einen tiefen Eindruck auf die Versammlung, als er in anbctracht der jetzigen Lage und im Interesse der Gewerkschasts- und oolitischen sozialdemokratischen Organisation die Annahme dieser Vereinbarungen empfahl; wenn auch nicht alle Wünsche erfüllt worden seien, so sei doch wenig stens eine Grundlage für spätere Vereinbarungen und zum weiteren Ausbau ihrer Organisation geschaffen worden. Lobend erkannte stützt, das; der Herr Oberbürgermeister Beutler und Herr Ge- werbcrichter Stübing sich dieser Sache angenommen und einen friedlichen Vergleich Hcrbcigeführt haben. —* Ganz wider Erwarten »nd trotz der durch Mancranschläge in den Abendstunden öffentlich bekannt gegebenen Vereinbarungen, die gestern unter Vorsitz des.Herrn Oberbürgermeisters Beutler zwischen den Arbeitgebern »nd Arbeitnehmern des Banhandwerts getroffen worden sind, kam cs gestern tToiincrSIag abend) in der ll. Stunde auf der Königsbrückerstraße und ihrer ll ingeb li n g abermals zu tnmnltnarischen Austritten. Ter Vcr laus derselben zechte aber, das; die Polizei in umsichtiger Weise weitgehendste Maßregel» vorgesehen hatte, um der Entwickelung wüster Lärmszene» energisch entgegen zn treten. Als die Menge gegen II Uhr immer stärker niiwnchs und sich verdichtete, nahmen plötzlich ans der vom Verkehr obgesperrten Lonisenstraße 25 be rittcne Schutzleute, welche bis dahin im Hose des dort befindlichen F-cnerwehr Depots imteegcbracht waren, in Straßenbieite Auf stellung, ritten die Straße hinab und fehwenkten in die Königs- brückerstraße ein. Auch diesmal bestand die Mehrzahl der Tuin»!- tnniitcn aus mgcndlichcn Burichen, die sichtbare Freude am Skandal hatten. Tie ziemlich laut heulende und johlende Menichenninsse wurde von der berittenen Gendarmerie wie der zn Fuß mit blanker Waffe sowohl die Köniasbrückerstiaße hinaus, wie in die links in die .Königsbrückeislraße etnmündendcn Seitenstraßen gedrängt. Auch z» Tätlichkeiten war es wiederum gekommen. So waren ans dem Biscbossweg, der Fritz Reuter-, Johann Meyer-, Helgoland-, Friedens- und Koiiradslroße fast alle Gas lateinei, ausgclöscht und teilweise zertrümmert. Aus den Straßen lagen die Scheiben ninher. Tic Schutzleute räumten nun, zwar mit Ruhe, aber doch mit Energie, aus. daß in kurzer Zeit die an geführte» Straßen gesäubert waren und sich die Ruße wieder ein- stcllte. Mehrfach ist es auch zn Verhaftungen gekommen. Wcih rcnd des Vorgehens der Pvtizeimannschaften war natürlich auch der Slraßcnbahiiverkehr auf der Königsbrückerstraße gesperrt. Zahlreiche Tiniinltnaiilcn hatten sich in den Garten und die Räumlichkeite» deS an der Königsbrückerstraße gegenüber der Lonisenstraße gelegenen Restaurants geflüchtet, aber die Polizei- maiiiischastcn nahmen in nachdrückticher Welle eine Räumung vor. Um 12 Uhr war allgemein die Rübe wieder hergestcllt. Der amtlickie Bericht über die Unruhen lautet: „Während cs gestern in der Friedrichstadt zu Ausschreitungen nicht gekommen ist, haben in der Neustadt trotz der gegen Abend erfolgten und sofort durch öffentlichen Anicillag bekannt gegebenen Einigung zwischen dem Banarbeitgeberverbnnde und den streikenden Bauhandwerkern in späterer Abendstunde wiederum einige Erzesse stattgefunden. Es rottete sich eine »ach Tausenden zählende Menge, die vorwie gend ans halbwüchsigen, vielfach aiigetmiikcneir und radaulustigen Burschen bestand, in der Königsbrückerstraße zusammen, verübte allerlei Unfug, hemmte den Verkehr zeitweise vollständig und setzte allen Anweisungen der Gendarmerie unter wüstem Gesohle den heftigsten Widerstand entgegen. Es wurden daraufhin die Straßen durch berittene und Fußgendarmerie geräumt, wobei die Tumul tuanten gegen die Beamten aggressiv Vorgillgen. so daß sie mit blanker Waffe auseinailder getrieben werden mußten. Verletzungen kamen ans beiden Seiten vor. Abgesehen von zahlreichen Sistie rungen sind bis heute insgesamt 65 Personen dein Königl. Anits- gelicht zugcführt worden. Es wird hierbei auf die 88 124, 125 vcs RcichsstrasgeietzbuchcS (Zusammenrottung bezw. Land- fr icdcns druck,) verwiesen und vor weiterer Erregung von derartigen Tumulten, sowie der Anteilnahme hieran ausdrücklich gewarnt." —* Der nationale Gedanke war cs, der die gestrige zweite W ähler versa in in lnug der vereinigten Ordnungs- Parteien im 5. Reichstagswahlkrcise Dresden-Alt- stadt erfüllte und mit frischem Mute beseelte. Darum erhob sich die Versammlung zu der Höhe echter Begeisterung, die kein anderes Ziel mehr kennt, als am 16. Juni die rote Fahne der Sozialdemo kratie von den Zinnen des Wahlkreises hcruntcrzuholen und dort das schwarz-wciß-rote Banner wieder aufzurichten, die von keinem anderen Willen getragen wird, als durch die Wahl des Kartell kandidaten Herrn Pastor Reichel der patriotischen Pflicht zu genügen. Alle Reden des Abends flössen zusammen zn einer ein mütigen Kundgebung vaterländischer Treue, z» einem flammenden Protest des dentschnationalen und zugleich des evangelischen Ge wissens wider die Feinde des Vaterlandes und der Nation. Die Erkenntnis, daß gegen diese nur mit vereinten und von vornherein ungcschwächtcn Kräften der Sieg zu erringen ist, ließ nicht einen Kunst und Wissenschaft. Yentral-Theater. Eine Kindheitserinnerung zuvor. Ehe der alte Bellachini. der große Zauberkünstler seligen Angedenkens, seine verblüffenden Vorführungen begann, pflegte er gewöhnlich eine Ansprache zu halten, in der er sich launig über das Wese» seiner Kunst verbreitete und mit schalkhaftem Augenzwinckcm schloß: „Hexen kann ich nicht, meine Herrschaften, wirklich nicht; es geht alles natürlich zu." Daran Hab' ich immer denken müssen, als gestern abend Sarah Bernhardt die Frou-Frvu in der bereits recht zerschlissenen und verschossenen Komödie gleichen Namens von Meilhac und Halsvy spielte, die allein dem Rollen bedürfnis einiger weiblicher Stars auch in dem neuen Jahrhundert ei» längeres Hühnendaietn verdankt. Sie wollte hexen, und das kann auch sie nicht, die „Göttliche", nein, wirklich nicht. Gute Freunde hätten ihr deshalb abratc» sollen, als Gilberte anfzu- lreten, der man ohne den Zauber der Jugend alles das, was sie zu sagen und zu tun hat. einfach nicht glaubt: denn — der alte Bellachini hat noch immer recht — es geht alles natürlich zu. Technisch zwingt die Künstlerin die Nolle noch heute mit jener spielerischen Leichtigkeit, die für ihre da,stelleriichen Fähigkeiten io charakteristisch ist. ia. man kann kühnlich behaupten, vatz ihr die 8csns s tnirs des dritten Aktes, die die große Auseinandersetzung Gilbertes mit ihrer Schwester Louise bringt, niemand mit so glänzender Polntterung nachspielt. vor allem nicht nachspricht. aber — und an dem einichränkenden „aber" hängt alles — ein überzeugendes Bild der Fron-Fron vermag sic während des ganze» Abends nicht zu geben. Für die Verkörperung des kleinen süßen Geschöpfes, das mit seinem Leichtsinn und seiner Anmut, seinem lockenden Nöckeraulchen und lustigem Lachen alle Welt entzückt, ist die Kunst der Sarah zu groß und zu reif, — sie findet nie den rechten Ton rührender Einfalt für das Kind, so staunenswert jung auch gestern wieder ihre Stimme klang. Dazu kommt noch etwas: die Cameliendamc, deren Altersgrenze wir unS, da wir sic mclstens nur von reiferen Darstellerinnen sehen, unwillkürlich leibst verschoben haben, verträgt eine möglichst starke Stilisierung, die Gilberte aber nicht. — ihr Charakter ist dazu zu einfach, viel zu wenig kompliziert. Was aus der Rolle heranszuholen ist. das gibt Sarah Bernhardt mit jenem unfehlbaren Können, mitienem vollen Register der Töne und der Fülle klug erwogener Nüancen. an denen — in diesem besonderen Falle — nur zu tadeln ist, daß sie aus einer allzu großen Reserve entspringe», die der durchs Lebe» singenden und springenden Gilberte himmelfern liegt. Bewun dernswert bleibt immer die Ehrlichkeit ihrer Kunst: sic will gar nicht jung erscheinen, sie verzichtet von vornherein aus alles For cieren des Kindlichen und macht das „Hnich. husch, die Waldsee" »Mchön alternder Naiven m» alles in der Welt nicht mit. Sie tritt auf ohne des Gezirp und Gegankel. das Frau Sorma in der ersten Szene dieser Komödie entfaltet, vbne das ganiinhaste Lachen und Hüpfen, mit dem die Räjane in dieser Rolle auf die Bühne kommt, — mit schöner Offenheit bekennt sie ihre etliche 60 Lenze und entfaltet, freilich meist jenseits ihrer speziellen Ausgabe — denn sie soll ja immer Gilberte sein — ihre reiche und edle Kunst, die schließlich doch, mag nian auch ini einzelnen noch so viel an ihr auszusehen haben, alle Kritik entwaffnet durch die Vornehmheit des Stils, wie ihn eben nur ein ganz erlesener Geschmack ciiizubaltcn vermag, vollends bei Rollen von der verblaßten Art der Fron-Fron. Selbstverständlich ließ es Sarah Bernhardt auch gestern abend nicht an zablreichen Höhepunkten fehlen, die. immer möglichst ins Licht einer effektvollen Beleuchtung gerückt, ihre Wirkung gar nicht ver sagen konnten. Hierzu zählen die Unterredung mit Louise in, ersten, die Lheaterprobe im zweiten und die große Szene ini dritten Akte. Bon da staute die Stimmung — naturgemäß — ein wenig ab. um sich erst wieder in der Stcrbeszene eiiizustellcn, die die Künstlerin zwar mit unzähligen seinen Wendungen, aber auch nicht ganz frei von theatralischer Pose gab. Das Ensemble hielt sich tapfer, ohne freilich irgendwie tiefere Eindrücke zu Hintersassen: gut war eigentlich nur Mr. Deneubourg, in dem sich wieder ein sehr geschmackvoller Darsteller erkennen ließ. — Die Aufnahme, die der illustre Gast des Ccntral-Theaters, dem das Gastspiel — nebenbei gesagt — eine Einnahme von 24 000 Mt. gebracht hat, auch gestern fand, war überaus beifällig: namentlich nach dem dritten und letzten Akte huldigte nian mit lautestem Betfall der Künstlerin, die am Schluß der Voistelllliig wieder ei» paar Dntzendmal gerufen wurde und endlich »och sechsmal durch das Türlein des eisernen Vorhanges trete» mußte, um das enthusias mierte Publikum mit einigen „Lu rovoirs" zu beruhigen. Vor dem Theater wurde sie dann noch von einem Haufen naiver Mensche» empfangen, die ihren Wagen umringten. „Hoch" riefen »nd der „Göttlichen" Blumen zuwarfen, die, sichtlich erfreut über diele Akklamationen, nur langsam vorwärts kam in dem Zweisvänncr, der sie, die auch in „Zivil" nicht die leisesten Spuren der Er müdung oder Abspannung zeigte, nach ihrem Hotel brachte. Sarah Bernhardt wird überzeugt sein, daß eS im schönen Dresden auch recht — gute Menschen gibt. VV. 's* Sousa-Koiizcrt. Sonsa hat in Dresden kein rechtes Glück. Als er vor ein paar Jahren zum ersten Mal z» uns kam, ver regnete er auf dem „Bcrgkellcr" an drei Tagen vollständig, und gestern, bei seinem ersten Konzert ini Saale des „Zoologischen Gartens', war das Wetter.so tadellos schön und heiß, daß das Publikum streikte und der Kanzcrtiaal gähnend leer l'ticb Man hat gestern wohl kaum so viel eingenommen, »in die Instrumente der 60 gmcrikgnischen Musiker blank putzen und die Programme drucken lassen zu können. Diese Teilnahmslosigkeit ist nach jeder Seite hin aufrichtig zu beklagen, denn Sonsa und sein Orchester verdienen gehört und gewürdigt zu werden, als nicht alltägliche Erscheiiimigcn, als ein Ensemble, das sich in seiner brillanten künstlerischen Disziplinierung ebenso auszcichnet, wie in der Originalität seiner Vorträge, lieber den Inhalt der letzteren kann man allerdings verschiedener Meinung sei», der Ausführung wird man aber die volle Anerkennung nicht versagen dürfen. Alles vollzieht sich unter der eigenartigen Leitung Sonjas wie am Schnürchen, und nicht zuletzt staunt man über die echt amerika nische Btitzzugsgeschwindigkeit. mit der das Programm abgespielt wirb. Das Konzert, einmal anacsangcii. läßt Nummer aiff Nummer folgen, sozusagen ohne Station und Aufenthalt, bis der Programmtest erledigt ist. Hier ungefähr die Art des „I>usino8s". Das Konzert begann mit einer Sonsaschen Ouvertüre „-1I Hula"; die stark applaudiert wurde : sofort eine kurze, schlenkrigc Bewegung Sonjas, und als Einlage folgt der Manch „Ol O-ipiUm": un mittelbar anschließend spielt der Posauiieiivirtnos Mr. Pryor ein Solo: „Daves Dnebnntemeni", und nach diesem, als Zu gabe, ein Lied für Posaune; dann eine Suite: „Eoakiiin Ezivvaest" („Blick nach Oben") in drei Sätze», in deren Verlaus eme un glaubliche Sensation echt amerikanischen Ursprungs austritt: ein Solo-Trommelwirbel vvn mindestens zwei Minuten N! Dauer, der wiederholt vom Pianissimo zum Fortissimo anschwillt »nd von diesem bis zum Verhauchen des Tones wieder zusammen- siiilt — kein Mensch weiß, was das bedeuten soll, Sonsa viel leicht auch nicht — aber schon beginnen „Venus und Mars" ihre musikalischen Beziehungen zu einander. Darnach ein Marsch als Einlage; dann sinat Miß Esteile Liebling eine Koloratur-