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- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-03-11
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19030311019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1903031101
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1903031101
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-03
- Tag 1903-03-11
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Monat
1903-03
-
Jahr
1903
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La» sächsische Erzgebirge «ud bte Erdbebeu. ä ' ^ -v Low«-dere V 8 ßl' - L § DaS Erzgebirge ist zum Teil erst in der tertiären Periode entstanden, stellenweite ist noch nicht einmal jetzt völlige Ruhe eingclrclen. wie die wiederholt vorgekommenen Erdbeben beweisen. Mr die vulkanische Natur des Lanaes spreche» die treiben Quellen, und deren häutiges Kommen und Verschwinden ist mit einer der Hauptbeweije dafür, daß die Tätigleit der unteriidischen Gewalten noch immer keine Ruhe finden kann. Das Erzgebirge bestem zu meist alleidings aus Gneis. Glimmerschiefer und anderen kristalli- nöchen Schieierbiloungen. Ter Teil indessen, den wir heute unseren Lesern im Rartenbilde vortüyren, besteht im wesentlichen aus Eruptivgesteinen, d. h. solchen, die duich eine vulkanische Tätigkeit ans dem Erdinnern cinporflehoben sind: so findet sich in der Umgegend von Markiiculirchen östlich und wesllich der Elster, vornehmlich also in dem »ach Böhmen Hineinraaenden Zipfel. Granit, allo die älteste Form der Eruptivgesteine, daneben Syenit und Quarzporphyr. ebenso in der Umgegend von Johanngeorgen siadt bis in die Umgegend von Karlsbad südlich. Die Stadt Blauen liegt in einer schon etwas später enlslandenen Gesteinsart, denn hier besteht der Bode» aus DiabcS. Diorit und Melaphyr. Zuletzt hat sich die Formation in der Umgegend von Karlsbad vollzogen, namentlich südlich der Eger, wo das Vorkommen von Trachnt und Basalt beweist, dab hier die Gcsteinsbiidung verhält nismäßig jungen Datums ist. Dab im übrigen die Erdbeben im Erzgebirge nicht besonders gefährlicher Art sind, ist für unsere sächsischen Mitbürger ein Trott. Die Erdbeben sind natürlich um so gefährlicher, je tieser das Erdbebenzenlrum i» der Erde liegt, '.'tun ergibt die Statistik, dab bei den miiteldeulschen Erdbeben der Mittelpunkt nur zwilchen 14 und 22 Kilometer» zu schwanken pflegt, während er beispielsweise bei dem rheinischen Erdbeben vom 29. Juli 1846 39 Kilometer rief lag. bewußt gewesen sei, den ständig wechselnden Bedürfnissen der Zeit Rechnung zu tragen, jedoch lasse sich so etwas nicht von heute zu morgen bewerkstelligen. Nach vielen Mühen und gründlichem Ausprobieren sei es ven Lehrern an der Akademie, Herren Gunkel und Wille,gelungen,ein System zu schaffen, das trotz seiner Einfach heit allen Bedürfnissen entspreche. Herr Wille erläuterte jooann das einfache Maßnehmen, zu welchem nur der Lcibgürtel, ein Zenti- meiermaß mit Laken und ein kleiner Winkel notwendig sind, so daß auch nach den genommenen Maßen alle Ueberkieider direkt auf den Stoff gezeichnet werden können. Nachdem zivci im Körperbau grundverschiedenen Kollegen Maß genommen worden war, zeichnete Herr Wille nach dem einen Maß einen Gehrock und nach dem andern ein Sackomodell. In einer späteren Versammlung am 2. März verschritt dann Herr Wille zu seinen von ihm gefertigten Anproben, einer Gehrock- und einer Sackoprobe, die von den An wesenden auf das eingehendste geprüft und mit der Zensur „Sehr gut" belegt wurden. Den verschiedenen Anfragen wegen eines ge meinschaftlichen Kursus soll später näher getreten werden. — Ter Verband Dresdner Kegelklubs (Deutscher Kcglcibund) veranstaltete am Sonnabend und Sonmag auf seinen Vabnen im Keglerheim iFrieorichstrabel sein elftes diesjähriges Preiskegeln. Die Vcleilignng war eine ausserordentlich lebhafte, und wenn auch nicht jeder Kegler einen der 350 wertvollen Preise wegtrug, io sah man doch wenige mit leeren Händen gehen. Am Sonntag abend fand im mittleren Saale des Kegterhemis Familien- nbend slait, bei dem dasVerbandsgiiaitelt verichiedcne vortreffliche Vorträge bot, während inehrcre Mitglieder deswlden in humoristi- Iche» Solonummern lebhgiien Veiinll ernteten. Auch die Vor führungen ans dem Gebiete der Sglonmngie, mit denen einer der Herren Kegler das Programm bereicherte, verdienen lobende Erwäbunng Der Vo»sitzendc. Herr Gnanck, gab »ach einer kurzen Vcgrnßnngsaniprache die Sieger bekannt. Die drei ersten Prelle holten sich die Herren Wilde, Meitzer und Bauer, während von den Damen, die diesmal bei ihrem Preiskegcln Ausgezeichnetes leisteten, die drei besten Gewinne die Damen Rokohl. Grohmann und Stephan erwarben Die Ansprache des Herrn Gnanck schloß mit einem kräftig erwiderten „Gut Holz" aus die Sieger. Ein Tanz hielt viele Teilnehmer noch lange beisammen. — Dank der wirhame» Initiative seines Vorsitzenden ist der Vciband Dicsdiicr Kegelklubs iu den letzte» Jahren mächtig gewachsen. Die Mit glieder des Veibandes dankten Herrn Gnanck kürzlich in einer intimeren Veranstaltung für lein erfolgreiches Wirken, indem sie ihm sein eigenes lebensgroßes, von Herrn Photograph Böhle. Pillnitzer- siraße, künstlerisch ausgeführtes Bild widmeten. — Im Deutsch-evangelischen Frauenbund sOrtS- gruove Dresdens spricht nächsten Donnerstag nachmittags 5 Uhr m Meinholds kleinem Saale Herr Pastor Regler über das Leben der Buren» und Kafserufrcmen. Jedermann hat unentgeltlich Zutritt. — Die Dresdner Zithersckulc von Jos. Lenz, Marienstraße 48, veranstaltet nächsten Sonntag abend ein Prüflings-Vorspiel. Programme sind bei Herrn Lenz zu entnehmen. — Der Anfang Januar mit ihm amtlich anvcrtrauten Geld kursen im Werte von 700 Mark flüchtig gewordene Postbote R ästig aus Cotta ist in Rorschach am Bobcnsee verhaftet worden. Die Spur lenkte der Flüchtling aus seinen Aufenthalts ort durch die an seine hier lebende Braut gerichteten Briefe: übrigens besaß er noch die Frechheit, an den Postvorsteher in Cotta aus Rorschach eine Karte mit beleidigender Aufschrift zu schreiben und die Behörden zu verhöhnen, weil cs diesen noch nicht gelungen jei, ihn scsizunehmen. — Wie Rektorat und Univcrsitätsaericht in Leipzig mittels Anschlages am schwarzen Brett bekannt geben, ist der Studierende der Theologie, Alban Schultze. geboren in Buchholz, wegen Diebstahls bez. Unterschlagung von Büchern durch Rele gation mit Ausschluß vom Studium für immer von der Uni versität weggewiesen worden. — Das Stadtvervrdnctenkollegium in Zittau beschloß den Wiederaufbau des abgebrannten Restaurants auf dem Ronuert eilen mit einem Kostenaufwande von 19600 Mark. Der Bau oll derart beschleunigt werben, daß die Restauration schon iu Kn Sommermonaten im Betriebe lst. — In Auerswalde brannten das Wohnhaus und die Scheune des Gutsbesitzers und Viehhändlers Franke nieder. — Landgericht. Ter aus Müdisdorf gebürtige Kauf mann Arno Älbin Richter hat sich wegen versuchte» Betrug und versuchter Erpressung zu verantworten. Im Sommer v. I. vcrkauste der Angeklagte in der Dresdner und Pirnaer Gegend an mehrere Bäckermeister das von ihm hergestellte „Kraftmast- Pulver. Er berechnete den Preis bei den ausgegebencn Be stellungen pro Pfund mit 15 Pfg. Die Empfänger ivaren nicht wenig erstaunt, daß ihnen später für das Pfund 1 Mark an gerechnet wurde. Einem der Abnehmer, welcher natürlich nicht zahlen wollte, drohte Richter mit Klage und Auspfändung. Das > Gericht erkennt auf 6 Wochen Gefängnis. — Der Zimmcrmann j Karl Arthur Rietschcl aus Gottleuba stahl im Herbst v. I. j von den Schießplätzen zu Pirna und Rottwerndorf Bruch-° teile der von der Pirnaer Artillerie verschossenen Munition. Er erhält 10 Mark Geldstrafe oder 2 Tage Gefängnis. — Vor dem kiesigen Schöffengericht hatte sich di« Zigarettcnarbeiterin Jda Zelma Kuppler geb. Engel am 16. November wegen gefährlicher Körperverletzung zu verantworten. Eine HauSgenossin der Be- schuldigten, die Tischlersehefrau Auguste Köhler, hatte nämlich vorher br» der Staatsanwaltschaft angezeigl, dab sie von ihrer Gegnerin, der Koppler, im Verlaufe eines am 14. August statt gefundenen Zwistes durch Stockschläge schwer mißhandelt worden sei. Das Schöffengericht kam zu der Meinung, daß der Haupt belastungszeugin Köhler voller Glauben nicht ocigemessen werden könne, da die Anzeige offenbar aus Haß und Rachsucht erstattet worden sei. Die K. wurde also sreigcsprochen, während die Denunziantin sämtliche Kosten zu trage» halte. Die Kühler, welche als Nebenklägerin ausgetreten war, legte Berufung ein. Die 4. Strafkammer beläßt es zwar bei der Freisprechung der Kappler, legt ober einen Teil der erwachsenen Kosten dieser, einen anderen der Staatskasse zur Last. — Der 26jährige Arbeiter Paul Gustav Haubold aus Siebcnlchn gab seinem Brotherrn, einem in Meißen wohnhaften Kohlenhändler, eine fingierte Bestellung auf 3 Tonnen Braunkohlen auf, empfing die Ware und verkaufte sie, um den Erlös für sich zu verwenden. Die vom Schöffengericht aus- gcworfene Strafe von 6 Wochen Gefängnis wird von der zweiten Instanz bestätigt. — Eine Entscheidung des Schöffengerichts, welche jeden Gastwirt interessieren dürfte, wird auch in der Berufungs instanz bestätigt. Ein hiesiger Schankwirt und Destillateur Seysert hatte ein Hausmädchen gemietet unter der Bedingung, daß dieses im Bedarfsfälle auch bei der Bedienung der Gäste tätig sein müsse, keinesfalls aber über die Mitternachtsstunde hinaus. Da angenommen wurde, das Mädchen habe die im Gewerbebetriebe vorgeschriebene Ruhezeit nicht genossen, kam S. wegen Gewerbe- Vergehens unter Anklage, wurde vom Schöffengericht aber frei gesprochen, worauf die Staatsanwaltschaft Berufung cinlegte. Auch die 4. Strafkammer gelangt zur Freisprechung, des Angeklagten unter folgender Begründung: Die Frage, ob ein als Drenstbote gemietetes, vorübergehend im Geschäfte mittätiges Mädchen, als Gewcrbegelulfin angesehen werden muh, sei schon sehr bestritten worden. Im vorliegenden Falle sei das Mädchen hauptsächlich zu häuslichen Diensten verwendet worden. Bei Eingehung des Mietsvcrhältnisses habe sich das Mädchen nicht geweigert, ob und zu auch im Gastkossoctriebe ihres Herrn beim Bedienen der Gäste mit tätig zu sein; eine solche Verwendung als Kellnerin habe aber nur in so geringem Umfange stattgcsunden, daß das Mädchen als Gewerbegehilfin nicht angesehen werden könne. Amtliche Bekm»tttmachi»ngerr. Der erste diesjährige Jahrmarkt wird am 23. und 24. März avgchaltcn. Sonntag, den 22. März, ist das Auspacken und der Warcnvcrkaus von 11 Uhr vormittags an gestattet. An jedem der drei Vcrkaiisstage ist der Warenverkauf spätestens abends 9 Uhr cinzustellen. — Für die Abhaltung der Jahrmärkte gelten die in der Marktordnung für die Stadt Dresden vom 1. November 1901 enthaltenen Bestimmungen. Der Heu-und Stroh markt wird wegen des Jahrmarktes für Freitag, den 20., und Montan, den 23. dieses Monats, vom Neumarkte nach dem Frciberger Platze verlegt. Der zweite dicsiährige Dresdner Roßmarkt wird Mittwoch, den 18., und Donnerstag, den 19. März, in den Räumen des Schlacht- und Bichhoses. Leipziger Straße 8, abgehalten. Tie für den Markt bestimmten Pferde sind innerhalb des Schlacht- und Viehhofes aufzustellen. Das Auffahren von Geschirren und die Vornahme von Marktgeschäften aut der zum Schiachthofe führen den Straße oder an dem hier befindlichen Gasthose ist verboten. Taqesgefchichte. Deutsches Reich. Zur Zurücknahme des Schul- erlosses des Trierer Bischofs Kornni bemerkt der konservative „Rcichsbote": „Es scheint also so gekom men zu sein, wie wir vermuteten: dem Bischof hat man offenbar eine goldene Brücke gebaut, über die er sich nun zurückziehcn kann, nachdem er erreicht hat. was er wollte. Bevor man sich ein endgilliges Urteil bilden kan», muß man abwartcn, was die Regierung tür Konzessionen gemacht bat: icdenfalls werden die selben solcher Art sein, daß sie dem Bischof genügend erscheinen, um den katholischen Eitern zu gestatten, ihre Kinder in die Schule zu schicken." — Auch die „Dttch. Ztg." zweifelt nicht, daß die preußische Regierung in der Tat den Wünschen „der Katholiken" Staotsautorität, der in der Zurückziehung des Kanzel-Erlasses liegt, errungen werden konnte, ist ohne Zwciscl, um mit den Worten der „Voce della Verita" zu sprechen, dem „unanständigen Lärm über den Erlaß des Bischofs und der kleinlichen und lächerlichen Ausbeutung der Angelegenheit gegen die Zulassung der Jesuiten" zuzuschreibcn. Schwerlich hätte sie KUrie so schnell das Signal zum Rückzüge gegeben, hätte sie nicht durch die wach sende Erregung die kotze winkende Beute der Zulassung der Jesuiten gefährdet gesehen. Gerade der äußerliche Erfolg >n dem Trierer Schulslrcit wird cs dem Reichskanzler vor der Oessent- lichkcit und vor de» Bundesstaaten erleichtern, die ganze Autorität der sich "" machen. lichkeiten, „ . . nur einen äußerlichen und scheinbaren Erfolg der preußischen Rc> gierung sehen wollen. Ein Prälat, der mit dem Bischos Korum zusammentraf. soll gesagt haben: Warum von der Kanzel die Gegner alarmieren, wenn durch den Beichtstuhl derselbe Zweck zu erreichen ist." — Die „Franks. Ztg." schreibt: „Die Klerikalen wissen ihre Ziele auf Umwegen besser zu erreichen, und die Kurie fährt auch besser, wenn ihre Beziehungen zurZ.>re»ßischen Regie rung nicht durch össcittlichcn Austrog des Schulstrcitcs beein trächtigt werben. Dem hat sich auch Bischof Korum anpassen mtS sein Publikandum zurücknehmen müssen. Durch die gleichzeitige Erklärung aber, daß die vreußische Regierung sich niit dem Papste wegen Abhilfe der Beschwerden der Trierer Katholiken geeinigt hatte, wird zum Ausdruck gebracht werden, daß der Bischof nur nachgegeben habe, weil die erhobenen Beschwerden abgestellt seien So wird der Eindruck eines Rachgebens vermieden. Vor allem aber weiß man nicht, welcher Preis für die Zurücknahme des Publikandums von der preußischen Regierung gezahlt worden ist. wie wett die gemachten Konzessionen gehen. Wenn es sich bloß um die Beseitigung einzelner Ungleichheiten handelte, so hätte eS nicht langwieriger Verhandlungen bedurft, dazu war die Regie- rung gleich bereit. Hat die Regierung nun etwa mehr zu- gestanden, bat sie etwa ein Entgegenkommen gezeigt, das die staat liche Anstalt dem klerikalen Einffusse preisaibl und die freie Lehre im Unterrichte «inschränkt ? Darauf muß i» erster Reihe eine Antwort verlangt werden, ebenso auch daraus, ob nur das von den Geistlichen verkündete Publikandum zurückgenommeu ist, oder auch die bischöfliche Instruktion an die Geglichen, welche die paritätische Schule an sich für schlecht erklärte und für ihren Besuch ohne zwingendsten Grund die Versagung der sakramen talen Lossprechung oorschrieb. Ist Vorsorge getrosten, daß nicht trotz der Zurücknahme praktisch im Sinne der Instruktion »er fahren wird? Man darf bei der Beurteilung des ganzen Streites eben nicht vergessen, daß es sich gar nicht so sehr »m die einzelne Schule, sondern, um die Verdammnis über alle paritätischen Schulen handelte, und wenn Zcntrumsblätter immer behaupten, nur die eine einzige Trierer Schule habe in Frage gestanden, so ist das eine wissentliche Unwahrheit." —- Die „Deuffcl>-evaiig. Korr." führt zu der Zurücknahme des Trierer Schulerlaffcs aus: „Herr" Bischos Korum hat seine» Kanzel-Erlaß „für nicht geschehen" er klärt, nachdem dieser seinen nächsten Zweck, die Abstellung an geblicher Mißstände in der betreffenden Trierer Mädchenschule, erfüllt hat. Ist das ein Sieg der deutsche» Rcichsregieruna? Mit Nichten! Für Herausforderung der Staalsaulorilät gebührt sich ein Strafvollzug am Attentäter, nicht Geschenke, Trinkgelder und Schweigegelder. Korum hat erreicht, was er wollte, und dadurch für die Zukunft das Wertvolle solchen friedenstörenden Vorgehens für seine Kollegen vorbildlich gemacht. Tie Regierung ist in der Sache unterlegen. Nur in der Sache? Auch formal ist die Niederlage der Regierung vollständig. Der Bischof bittet nicht ab, das kann er nicht, weil sein Erlaß die konseguente Durch führung der Grundsätze päpstlicher Bullen und Encykliken ist Er zeigt mich die Rücknahme des Erlasses dem Ministerium nicht an: vielmehr meldet nur der betreffende Regierungspräsident die vollzogene Tatsache. Der Reichskanzler hatte doch aber den ganzen Skandal dem Gesandten am Vatikan »ur Erledigung über geben. Wo bleibt dei'en Bericht über die Stellungnahme der römischen Kurie und wie ist sein Wortlaut? Warum war cs notwendig, daß man die vorhandene amtliche Person des Ge sandten eben trotz des formalen Auftrages in der Sache durch Entsendung eines besonderen Parlamentärs in der Person des nicht amtlichen Herr» Kardinals Kovp ausschaltele. Wozu — fragen wir — hat das Deutsche Reich einen Gesandten am Vatikan zu unterhalten, wenn er für diplomatische Aktionen unzureichend und wertlos ist, also nur den alleinigen Zweck verfolgen kann, zur größeren Ehre des Papstkönigs ein Schleppträger zu sein?" Vom Neckar wird der „Köln. Ztg." geschrieben: Einen von Berlin ausgegangcneu Ausruf zur Mwehr des ganz und gar von jesuitischem Geiste erfüllten Ultra montanismns haben auch zwei Männer mitunterzcichnct, deren Name ein Ruhmestitel für unser badisches Land ist: die Heidelberger Professoren Kuno Fischer und Czerny. Niemand hat mehr Anlaß als die Lehrer der altchrwürdigen Ruperto-Carola, in dm politischen Kämpfen unserer Zeit die warnende Stimme überall da zu er heben. wo die Grundlagen unseres Kulturlebens, die Selbständig keit des Unterrichtswesens, die Freiheit wissenschaftlicher Forschung, die Unabhängigkeit der religiösen Ueüerzeugnng gefährdet sind. Denn keiner anderen Stätte deutscher Kultur hat der konfessionelle Hader und das uneingeschränkte Walten jesuitischen Geistes tiefere Wunden geschlagen, als der Heidelberger hohen Schule. Das badische Volk ist dessen wohl eingedenk. Und inmitten der schweren Gefahren, mit denen der wieder erstarkte und kühner denn je sein Haupt erhebende Jcsuitismuö das Deutsche Reich jetzt aufs neue bedroht, erscheint es lwe ein tröstliches und glückverheißendes Zeichen, daß die Universität Heidelberg im nächsten Semester die Hundertjahrfeier ihrer Wiedergeburt aus jesuitischer Versumpfung wird feiern dürfen. Die ganze gebildete Welt weiß cs und bezeugt cs mit freudigem Danke, was diese Wiedergeburt bedeutete. Und iu mannhaften herrlichen Worten hat cs der Prorektor des J-ubiläumsjahres. eben Professor Czerny, der akademischen Jugend vor wenigen Tagen bei festlichem Anlaß zugerusen: „Der glorreiche Großherzog Karl Friedrich hat durch seine liberalen Institutionen Freiheit der Forschung und Lehre auf unsere Fahne geschrieben, und unter diesem Zeichen hat die Universität Heidelberg im ver gangenen Jahrhunderte glänzende Siege des Geistes errungen und wird, so Gott will, auch fernerhin ihre weithin strahlende Macht als unbezwingliche Feste des freien Gedankens und besonnenen Fortschritts für lange Jahrhunderte bewahren." Die Hundcrtjahr- seier des Werkes Karl Friedrichs und ein Jubiläums-Prorektor wie Vincenz Czerny, ist das nicht schon an sich ein machtvoller Protest gegen die Aciuiten? Bei der Ober bürger meist erwähl in Danzig für den zum Oberpräsidenten von Westpreußen ernannten Dr. Delbrück wurde im dritten Wahlgang der freisinnige Landtagsabgcordnelc. Stadtlämmerer und Stavtrat Ehlers mit 33 Stimmen gegen de» Bürgermeister Trampe-Danzig, der 27 Stimmen erhielt, gewählt Ehlers ist seit dem 30. November 1894 Kämmerer in Danzig sWiederholt.j Zum Münchner Prozesse Heusler schreibt die „Post": Der Prozeß hat Einblicke in das tyrannische Schreckensregiment eines teuflisch boskastcii, verlogenen, lästermäiiligen und widerlich heuchlerischen Weibes eröffnet, die unwillkürlich an die Schreckens herrschaft erinnern, welche einst unter Rektor Overbeck und Bruder- Heinrich im Alerianerrwiier zu Aachen geüvt wurde. Während hier mit kalten Douchen. Eintauchen ocs ganzen Körpers in eis kaltes Wasser, Zwangslacke, Prügel und dergleichen operiert wurde, gebrauchte die Vorsteherin des Maximilianstistes ihre scharfe und giftige Zunge als Zuchtrute für die unglücklichen Wesen, welch.- unter ihrem Regimcnte standen. In der verwerflichsten Weise meuchelte sie Ruf und guten Namen der Stiftssräulcin, über die sie die ehrenrührigsten und gemeinsten Verleumdungen zusammciilog und von denen sie in so wegwerfender, von der verworfensten Herzensrohcit zeugender Weise sprach, daß man mir immer wicdcr stauncu kann, wie es trotz aller Täuschungskünste abgcscimtcsler Hcuchclci möglich sein konnte, daß die Aufsichtsbehörde völlig ahnungslos von solchem empörenden Mißbrauche der übertragenen Gewalt bleiben konnte. Es ist gewiß mir zu begreiflich, daß die verschüchterten Insassen des Stistcs sich hüteten, Klage zu führen — die Folge wäre nur eine härtere Tortur gewesen, denn die Bo>- stehcrin hatte ein recht wirksames Mittel, sic in Zuckst und in Furcht zu erhalten, indem sie ihnen das Essen verkürzte oder entzog. I» der Stiftsurkunde des Maximilianstistes, in dem Bcamtcntöchtcr eine auskömmliche Verpflegung, hilfreichen Beistand in Krankheits fällen und eine ihrem Stande und Bildungsgrad entsprechende Be handlung erfahren sollten, heißt cs ausdrücklich: „Es sollen die Damen eine friedliches Dasein führen und sic sollen in friedlicher Nachsicht und christlicher Geduld dahinleben." Von friedlicher Nachsicht und christlicher Geduld haben freilich die unter dem Regi- mente der Heusler stehenden armen cstiftsfräulcin praktisch nie etwas gemerkt. Zehn Jahre lang haben sic gezittert unter dcr Knute eines solchen moralisch verkommenen, gemein und niedrig denkenden, rohen und rachsüchtigen Weibes, dos die Ehre der ihrer Obhut anvertrauten Pflegebefohlenen und Kranken aus die nichts- würdigste Art und Weise in den Schlamm zog und sich auch nicht >m geringsten scheute, draußen stehende Persönlichkeiten, Ivie Minister, Ministerialräte, hohe Offiziere zu verleumden. Die Art und Wege, wie sie von den Stistsinsassen sprach, ist so schmutzig, daß sie sicst gar nicht wiedergebcn läßt. Ihr erstes Wort, wenn sie morgens aus ihrer Behausung trat, war die Frage, ob noch keine Kraule wieder „verreckt" sei. Von der Protcktorm des Stiftes, der Prin zessin Ludwig Ferdinand, welche sie durch ihre scheinheilige Glcisnerei so zu täuschen verstand, daß diese fest an die Unschuld der Heusler an den ihr zur Last gelegten Verbrechen glaubte und ihr noch einen Trostbrief und Lebensmittel ins Gefängnis schickte, sagte sie zumJDanke für die empfangenen Wohltaten, diese habe sich nie um daS Stift gekümmert, sie habe keine Zeit dazu, sie halte cs mit ihrem Hausarzte. Die Ergebnisse des Prozesses gestalteten sich so belastend für die Vorsteherin und andererseits so günstig für das von den meisten Zeugen übereinstimmend als wahrheitsliebend, treu und rechtschaffen geschilderte Dienstmädchen, daß der Staat»- Dresdner Nachrichten. r«. Seite 3. lEI Mittwoch. LL. März 1Ä01
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