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- Erscheinungsdatum
- 1903-02-16
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190302168
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19030216
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19030216
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-02
- Tag 1903-02-16
-
Monat
1903-02
-
Jahr
1903
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L . 2 kr' s r» 6 , »«schränk«. Dt« tnfol« einer vom Kremtürmer gegebene« Mel. düng ,ES »leigt starker Rauch auf' auSgerückten Dampsspiitzenzüge und Verstärkungen von den Feuerwachen an der Louisen, und der Dürerstraße brauchten nicht mehr einzugreifen. Der Mieter der von dem Brand ergriffenen Wohnung, der übrigen« nicht ver- uchert hat. erlitt beiden von ihm vorgenommenen Lösch.'«suchen Verletzungen an beiden Füßen, die indes nur leichterer Art sind. Die «amariter der Feuerwehr leisteten ihm die erste Hilfe. — Gestern Abend gegen halb 8 Uhr endlich erfolgte eine weitere Alar mierung der Feuerwehr nach dem Hause Ja lob« gas» e 12. wo in einem VvrhanS im Erdgeschoß au» noch unbekannter Ursache Feuer entstanden war. Dieses zerstörte eine Kommode mit Aussah. eine Anzahl Buchbinderpressen und viele« andere und richtete auch an Gebäudeteilen nicht unerheblichen Schaden an. Der erst beim Nacbdauiekvmme» des WohnungSinhaders bemerkte Brand hatte bereits eine ziemliche Ausdehnung erlangt, so daß die Feuerwedr sofort eine Schlauchleitung in Betrieb bringen niujzte, mit der sie die Gefahr aber bald beserlige» konnte Da das Treppenhaus stark verguulml war. wurde die mechanische Leiter am Hause ausgestellt brauchte aber nicht benutzt zu werden. — Wahrscheinlich infolge schlimmer ÄeschäftSverhältnisse hat vor einigen Tagen der hiesige Baumeister Bruno Lindner Selbstmord begangen. Der vorzeitige Tod wird auch in Verbindung mit dem Einsturz des groben Kurhauses in BärenfelS gebracht, dessen Erbauer L. war. — Ans Gram über den Verlust seiner Ehefrau, den er nicht zu überwinden vermochte, hat sich ein aus der Josephinenstraße wohnender Handwerker erhängt. — Lin neues Welthandels-Adreßbuch befindet fich gegen wattig beim Lrvorwerei» im Königreich Sachsen. Dresden, in Bearbeitung Dasselbe wird ein neues sorasältlg revidiertes Adresseiwerjeichnis der de deutendsten Import-, Koininisftons-, Bank-, Speditionsfirmen. Konsulate, tldvotaten. AuStunslSbureaus rc. an allen gröberen Handelsplätzen der Welt. beionoerS Ueberiee. enthalten, sowie Angabe der bauplsitchlichslen Export- und chnporlartikel jedes Landes nebst den daraus lallende» Einsubrzöllen, be sondere Bestimmungen und Borschristen für Handlungsreisende, über Ver packung. Aakturen-AuSsertigung, VersanogelegenbeUen, sowie sonstige iür ve» Exporteur und Fabrikanten wichtige Notizen. Subskriptionspreis lv M. Als Anhang zu dem Werk erscheint «in Bezugsguellenregifter für deutsche Fiiduslrle-Llzeugnissc. Gesuch« um Ausnabme von Firmen, sowie von Inserate» sind baldigst an obigen Verein zu richten. — Die Stadtverordneten in Meißen bewilligten 2000 Mk zur Herstellung eines Stadtmodells im Anschluß an das vom Dom bauvere'.n in Auftrag gegebene und gegenwärtig im Dresdner Auinwerein ausgestellte Modell vom Burgberge und vom Dom. mit dem zusammen es aus der diesjährigen deutschen Städteaus- ücllung in Dresden ausgestellt werden soll. — In Geising feierte die Bereinigte Glaser-, Tischler-, Böttcher-, Stellmacher-, Stnhlbauer-, Schmiede- und Schlosser I » nung ihr hundertjähriges Jubiläum. — I» Schönheide feierte das Kirchenvorsteber C. G Lenkiche Ehepaar die d i a m a n t e n e H o cbz e i t. Der Jubilar befindet sich im 86. Lebensjahre und erfreut sich bester Glsundheit. aber die Jubelbraut. 80 Jahre alt, ist bereits seit längerer Zeit kränklich. — In dem an Klingenthal angrenzenden Ortsteile Döhlerwald waren am Sonnabend nachmittag der Musikinstru ' mentenfabrikant Carl Seemann und drei Arbeiter an der Dampf-Kreissäge tätig. Plötzlich sprang eine starke Pfoste aus dem Gatter, schleuderte einen Arbeiter beiseite und traf Herrn Seemann so gewaltig an die Stirn, daß cm der linken Seite des Kovtes die Hirnschale völlig zertrümmert wurde. Seemann »er Durchbruch vou der «ettbuhuftratz* »ach de» Hauptbahutzof^ „ zeri wurde bewußtlos einer Plauenschen Privatklinik zugeführt und dürfte der furchtbaren Verletzung erliegen. — In der Sonntagschen Maschinenfabrik und Eisengießerei in Gera geriet am Sonnabend der 69jährige Arbeiter Oertel in die Transmission und wurde zweimal herumgeschlendert. Dabei schlug er mit solcher Geivalt aus einen Balken auf, daß auf der Stelle der Tod eintrat. Der Verunglückte hatte außer der Wirbelsäule no die linken Rippen gebrochen, außerdem war ihm der rechte Fu völlig vom Körper gerissen. — Durch den Erben des verstorbenen Rentiers Wünsche in Sohland (Spree) sind der Gemeinde, der Schule, dem Militär verein und dem Fraiien-Wohlthäiigkcilsverein in Sohland Legate von zusammen 9000 Mark überwieien worden. — Wetterbericht der Hamburger Seewarte vom 15. Februar. Lin Maximum von über 765 Nim. bat fich nach Westeuropa verlegt, ein Minimum unter 745 Mm. befindet sich über Westnißlanv. In Deutschland berrscht trübes Wetter bei vielfachen Niederschlägen, im Westen ist es mild, im Osten kalt. — Wahrscheiultch ist: Beränderlichcs Wetter mit Nieder schlagen, ohne wesentliche Wärmeveränderung. Laqesgeschichte. Deutsches Reich. Tie angeblich seit einiger Zeit bestehenden Friktionen zwischen dem Karlsruher und dem Berliner Hofe haben zu der Meldung Anlaß gegeben, der Badische Gesandte in Berlin, Herr v. Jaaemann, werde seinen Posten verlassen. Wie offiziös aus Karlsruhe gemeldet wird, entbehrt diese Nackricht jeder Begründung. Zu Beginn der Svnnabendsitznng waren im Plcnarsitzungs- saale des Reichstages ll Uhr 22 Minuten) 25 Abgeordnete anwesend. 12 Sozialdemokraten und 16 Mitglieder anderer Parteien. Die Beschlußsäbigkeitszisfer beträgt 199 Abgeordnete. Ter Reichstag zeigte in den letzten Tagen kaum mehr Mitglieder als ein kleiner Mitteldeutscher Landlag. Im braunschweigischen Landtage hat der Abgeordnete Dchwerdiieger deir Antrag eingebracht, die Regierung zu ersuche», daß sie im Bnndesrate gegen die Aushebung des 8 2 des I e iuit c nge > etzes stimme. Ter preußische Handelsminister Möller hat auf der so genannten Schifserinaylzeit in Bremen (d. i. das jährliche Fest este» alter Kapitäne) eine Rede gehalten, in der er u. a. für die Kartelle eine Lanze brach. ScchSrehn Millionen Briefumschläge sür die bevor- nebende» R e i ch s t a g s w a h t e n sind von der Regierung zur Ausschreibung gebracht worden. Die neuen „Wahlcvuverts" tollen »S fetleni. weißen Papier gefertigt werde» und aus der Innen seite durch schwarze» Ueberdrnck Lichtfcsligkeit und völlige Undurch- uchtigkeik erhalten. Um die Erlangung dieses Riesenaiistrages, wie er in diesem Umfang noch nie zur Vergebung gelangt ist. bewerben uch alle größeren Briefnmtchlagsabriken Teulschlands. Möglicher Weste wird jedoch der Auftrag geteilt, damit mehrere Fabriken daran teilhaben können. Oesterreich. Mit Erzherzogin Elisabeth verschwindet eine markante Figur aus dem österreichischen Hvfkreise. Die vcr- «torbene Erzherzogin erregte in Oesterreich besonders dadurch .Interesse, daß sie eine Zeit lang als die ausertchnte Braut des Kaisers galt. Ihr erster Gemahl. Erzherzog Ferdinand von Este-Modena, war 1819 in Brünn am T'-whns gestorben, den er uch beim Besuch der erkrankten Soldaten geholt hatte. Wäre nicht die Mutter des Kaisers dazwischen getreten, so hätte der Kaiser die achtzehnjährige Witwe zu seiner Gemahlin gemacht. Do aber wurde sie wenige Tage vor der Hochzeit des Kaisers mit dem Erzherzog Karl Ferdinand vermählt. Für die verstorbene Erzherzogin Elisabeth, deren Lelchcn- dcgängniß am 19. d. M. stattfindet, ist eine vicrwöchentliche Hof trauer angeordnet worden. — Die Vermählung der Erz herzogin Elisabeth Amalia mit dem Prinzen Liechtenstein ist ver schoben worden. Amerika. Die Blockade der venezolanischen Häfen ist, wie -» «mein Teile der gestrigen Auflage bereits gemeldet wurde, auf gehoben worden. — Das in der venezolanischen Streitfrage auf genommene Protokoll besteht nach dem jetzt dura Bureau veröffentlichten Wortlaut aus 8 Paragraphen. ! erkennt die deutschen Forderungen im Prinzip als bere Es verpflichtet sich zur Vorwegzahlung von 1718815 i sür die deutschen Forderungen aus den Bürgerkriegen bis 1900, davon 137 500 Bolivares in bar, den Rest in fünf am 15. März, 15. April., 15. Mai, 15. Juni und 15. Juli cinzulösen- dcn Wechseln, wofür die Zolleinkünfte von La Guayra und Puerto Eabello als Sicherheit dienen. Zur Befriedigung der übrigen deutschen Forderungen soll eine aus einem Deutschen und einem Venezolaner bestehende Kommission ernannt werden, die die Be rechtigung der Forderungen und ihre Höhe prüft. Kann die Kom mission sich nicht einigen, ernennt der Präsident der Unionstaaten einen Obmann. Zur Deckung dieser Forderungen und der gleich artigen Forderungen anderer Mächte überweist Venezuela ab l. März 1903 30 Prozent der Zolleinkünste von Puerto Eabello and La Guayra an den Vertreter der Englischen Bank in EaraeaS. Di« Streitfrage bezüglich des Rechtes der drei verbündeten Mächte aus Sonderbesriedigung ihrer Reklamationen soll im Haag ent- schieden werden. Die beschlagnahmten Schiffe werden zurück gegeben. ZolffS izueli Venezuela htigt an. Zolwares von 1898 ar neuerdings wieder greifbarere Gestalt angenommen und seitens er beteiligten Anlieger ist man jetzt ernstlich bemüht, dieses Pro jekt der Verwirklichung entgegen zu führen. Nachdem die ver- schiedensten Pläne sür das Unternehmen ausgestellt und wieder fallen gelassen wurden, sind nunmehr die Anlieger nach reiflichen Erwägungen einmütig auf den vorstehend reproduzierten Ent- Wurf der Herren Architekten Roseu. Röhle hier, als den nach ihrer Ansicht zweckmäßigsten und vorteilhaftesten zugekommen, denn derselbe dürste in gleicher Weise sowohl dem allgemeinen offrnt- lichen Verkehrsintercsse, als auch den Wünschen der Adjazenten nd den Miiischen des Rathes entsprechen. Dieses Projekt hat den Vorzug, daß die Achse der Reitbahnstrabe mit der Achse des Hauptvurchganges des Bahnhofes an der Wiener Straße eine erade Linie bildet, sodaß dem Ankommenden gleich beim Verlassen es Bahnhofes die Richtung nach dem Zentrum der Stadt ange- eben wird. Wenn vor einigen Jahren bei Aufstellung des Be- auunasplanes für die Seevorstadt dreses Durchbruchsprojekt noch keine Berücksichtigung gesunden hat, fo lag dies vorzugsweise an dem Umstand, daß damals seitens des Rates zu große Anforder ungen an die Anlieger gestellt Dresden durch seine z . 'ckelung getreten ist. ungen an die Anlieger gestellt worden sind. Heute aber, nachdem " aylreichen Einverleibungen in eine neue be deutungsvolle Entwickelung getreten ist, liegen die Verhältnisse^ für die Ausführung des Projektes wese, ' ^ endung des Hauptbahnhofes und in . baues der Südvorstadt und des sog. Bayerischen Viertels mit seinen großartigen Straßenzügen, sowie nach der Angliederung Plauen« ist eine dringende Notwendigkeit entstanden, die Verkehrswege nach dem Stadtinnern immer mehr zu erschließen, und jetzt schon dürste "fragersw >- - - cS als feststehend gelten, daß die Pragerstraße in der weiteren Zu- kunft dem großen, immer mehr sich steigernden Verkebrsbedürfnis allein nicht mehr zu genügen rm stände ist, und daß also daran edacht werden muß, bei dem zunehmenden gewaltigen Verkehr vom muptbahnhofe her eine Entlastung der Pragerstraße erbeizuführen. Dieses Ziel ist durch einen Durchbruch -s zwischen Sidonien. und Wienerstraße einer- und Prager, und Carolastraße andererseits gelegenen großen Villen-Komplexes von der Reitbahnstraße aus in Direkter Richtung nach dem Hauptbahn hofe zu zu erreichen. Durch die Verwirklichung dieses Planet Planes Haupt- Hofe zu zu erreichen. Durch die Verwirklichung würde eine zweite direkte Varallelverbinduna vom . , bahnhof aus durch die Reitbahnstraße über Dippoldls- waldaer Platz, Marienstraße, Postplatz, Theaterplatz nach der Augustusbrücke geschaffen. Alle diese Stadtteile würden dadurch ganz bedeutend gewinnen und die große Ringstraße einen neuen direkten Anschluß von der Marienstraße aus nach dem tzanpt- bahnhos erhalten, dieser letztere selbst aber eine ganz wesentliche Entlastung erfahren. Zur Förderung der Sache genügt eS vorläufig schon, wenn im Bebauungspläne für die Seevorstadt der in Rede stehende Straßendurchbruch behördlich festgelegt würde, um auf viese Weise eine sichere Basis für die Weiterentwicklung der An gelegenheit zu gewinnen. — So viel in Interessentenkreisen bekannt ist, und der Rat dürfte sich demnächst mit einer diesbezüglichen Eingabe der Anlieger zu beschäftigen haben, stehen seitens des Rates, speziell seitens des Bauvolizeiamtes und des Stadtbau- amteS prinzipielle Bedenken diesem Unternehmen durchaus nicht entgegen. Sicher aber ist, daß es sich hier im Interesse des öffent- lichen Verkehrs um eine Frage von außerordentlicher Tragweite handelt, deren Lösung die Verkehrsverhältnisse über kur- oder lang gebieterisch ganz von selbst fordern wer.en. Kunst und Wissenschaft. s In der Königl. Hosoper geht heute Abend 7 Uhr Mozarts „Don Juan" in Scene; das König!. Hosschau viel bringt Gerinnt Hanpkmanns „Armer Heinrich" zur Anssührung; Beginn der 'Vorstellung halb g Uhr. -f Im Geweibehause gelangte am Sonnabend durch die Tr enf- lersche Kapelle eine erst liuzlich vollendete Sinfonie in v-moll von Fr. Baumfelder znm erstenmal? zur Aufführung. Es war fu erwarten, daß das Werk eines so erfahrenen, gedieh im Dienste hoher Ausgabe» gereisten Künstlers, wie ÄaumI alle Anforderungen der Form und Technik erfüllen und sich unter allen Umstände» als vortresfliche Arbeit schätzen lassen würde. Aber nicht nur die'e» Eiwnrti,»gen entsprach das Werk vollkommen, auch lein Inhalt hielt sich auf der Höhe der brillante» künslleiischen Arbeit. Viel Neues hören wir zwar nicht, und unverkennbar in der starke Einstuß von Mendelssohn und Schumann, dafür guillt unS das alte und gewohnte Schöne in vornehmer und schwnng- ler Nncbempsindnng leicht und nngrsiicht entgegen, sonderlich nutend in seinem reiche» melodischen Gehalte und der Natürlich - seiner Harmonien. Vv» einem kurzen Largo cingeleltet. be ginnt das Werk mit einem rhythmisch gut gefaßten, frisch belebten Allegro, dem, als zweiter Satz, ein an schöne» Kantilencn reiches Larghetto sich anichließt. Diesem folgt ein im mäßigen Tempo gehaltenes Scherzo, und diesem der prunkvoll und pompös instrumentierte Schlnß'atz (^ilsxro eon npirito). Das Ganze ist von uusyesvrocheiiem lyrisch-romantischen Charakter. Wenn man nach einnialigem Höre» einem der Sätze den Borzug geben sollte, wählen wir das Scherzo, das in Form und Inhalt als ein solches Ovar nicht streng gelte» kann, das aber dafür außeroidentlich viel Anmutiges und Liebenswürdiges enthält und besonders in der Verwertung alter Tanzwrüen sehr gefällig wirkt. Im Finale ließe sich dagegen das entschieden triviale, an eine böhmische Polka er innernde Thema gern missen. Ter Komponist dirigierte sein Werk elbst, das in alten Teilen mit reichem und allgemeinem Beifall ausgenommen wurde. ll. St. Im Kmnpfe um Babel und Bibel. Im Hinblick auf den nächsten Mittwoch stattsindenden Vortrag de» Herrn Pfarrers Dr. Alfred Jeremias (an der Marti» Lutherkirchr in Leipzig) bringen wir folgende Ausführungen zum Abdruck: Tie vor dem Kaiser gehaltenen zwei Vorträge Delitzschs über Babel »nd Bibel, deren zweiten Professor Delitzsch zum großen Teile in Dresden wiederholt hat, beschäftigen lebhaft große Kreise der gebildeten Welt. ES Ist ein Unglück, daß von vornherein wertvolle wissenschaftliche Forschungen und Ergebnisse mit religiösen Problemen in Zusammenyang gebracht woiden sind, dle mlt einander nichts gemein haben. Delitzsch hat aus seinen archäolo und historischen Forschungen Schlüsse aus den religiösen md den Offenbarung-chararter gezogen, die wobl eine Hörrr- momentan bestechen können, aber in Wirklichkeit keine wissenschaftliche Basis baden. ES lag in der Natur der Sache, daß dadurch der Streit von dem wlssenschastltchen Gebiete aus die leidenschaftliche Arena des politische» und religiösen ParteikampfeS gedrängt weiden mußte, zum Schaden der Sache. Die alt- läudigen Juden protestieren gegen die Entweitung ihrer historischen lnsprüche als das Volk, in dem der Monotheismus und der Dekalog seine Heimat hat. Die dibelgtänbigen Christen ziehen sich verletzt von einem Forschungsgebiete zurück, da» dar» benutzt wird. Waffen gegen ihre heiligen und unantastbaren Urverzrugnngen zu chmicden. Die evangelische Theologie, die ihrem Charakter nach reudig neuen Erkenntnissen Raum gibt, um ihr« Verkündigung der ewigen Wahrheiten zu vertiefen, hat Ursache znm Mißtrauen gegen eine Wissenschaft, die sich doch historisch mit ihrem Gebiete eng berührt. Die politische Pattristellnng. welche zugleich kirchen- und glaubensfelndlich ist. frohlockt, daß „dte alte deutsche Eiche nun weiter wachsen und grünen wird, wenn man die schwarzrn Maulwürfe von ihren Wurzeln fegt" und ergeht sich in ergiebigem Gebrauche von Schlagworten wie Pastoienpresse. Orthodoxie. Klenis, Rabbi»ertiim. Alles zum Schaden einer bedeutenden Sache und zum Leidwesen derer, die unbefangen sich jedes Fort schritte« freuen möchten, der sich auf geistigem Gebiete vollzieht ES wird vielen von Wert sein, auf eine Schritt hingewteien zu werde», in der ein mit den orientalischen, speziell assyrisch-babylo nischen Forschungen völlig vertrauter Tbeoloa die auf die Bibel bezüglichen wissenschaftlichen Ergebnisse sachlich und tendenziös vorträgt, um dann die Bedeutung der tatsächlichen neuen Erkennt nisse für unser Verständnis und unsere Auffassung deS Altrn Testaments vom offenbarunasgläubigen Standpunkte zu würdigen Die Schrift ist von Dr. A. Jeremias. Pfarrer in Leipzig, verfaßt und betitelt sich „Im Kampfe um Babel und Bibel" (I. C. Hin richssche Buchhandlung. Leipzig). Es wird hier in gemeinverständ licher Weise ein lleberblick über die bis vor kurzem eben noch völlig »»bekannten Kultittverbältnisse des alten Orients gegeben. Die Ausgrabungen und Forschungen der neuesten Zeit haben daS er staunliche und unsere historischen Anschaltungen über altorientalische Geschichte völlig umstürzende Resultat ans Licht gebracht, daß von Aegypten über Palästina, Syrien, Arabien bis nach Babylonien ein enger Kuiturziisnmmentiang von alters her bestanden hat. in den sich auch das Volk Israel von den historischen Anfängen seines Volkstums an einicibt »nd in dem eS nur eine kleine und beschei dene Rolle spielt, soweit cs geichichtlich in Betracht kommt. Damit ist eine Grundtatsache ausgestellt, die in der Frage Bibel —Babel von entscheidender Bedeutung ist. ES erklären sich von diesem Gesichtspunkte ans Tatsachen, die aus den ersten Blick und für de» Frrneistehenden verblüffend und verminend sind. Israel und Babylon habe» Kultnraemeinschast gehabt und in fortwährender kultureller Beziehung gestanden, Israel und Babylon haben, von der Religion on sich abgesehen, gemeinsame Weltanschauung ge habt. durch welche ihr ganzes Denken und damit naturgemäß auch die Form, in welcher sich ihr religiöses Denken bewegt, beherrscht wird. Mit erfrischender Klarheit und Unbefangenheit sicht die Schrift de» neue» Problemen gegenüber, welche durch Aus- arnbunge» und Jnschrlstenmaterial ausaeworfen werden, da« weit hinter daS biblische Schrifttum zurückreicht. ES wird nirgend« der unkiare und unwirksame Versuch gemacht, durch halbe Zugeständ- nlsse unbeauemen Tatsachen auszuweichen. Aber e« wird auch mit überzeugender Klaihrit voreiligen Schlüssen eniaegengetreten, dir ouS gemeinsamem Kulturbesitz und aus gleichen literarischen Eischemungen auf Abhängigkeit und Entlehnung schließen. Es wird nachdrücklich darauf hinarwiesen, daß wir in bezug aus dle heiligen Schriften des Alten Testament» zwilchen der Form und dem Inhalte ebenso unterscheiden niüssen, wie zwischen der Offen barung und den an alle menschlichen und zeitlichen Schranken gebundenen Organen der Offenbarung, die eben Menschen waren, da« heißt schltrßlich zwischen dem göttlichen Inhalt und dem menschlichen Irdenen Gesäß, in dem der Inhalt dargeboten wird. ES wird sich, wenn man Ernst mit diesen Grundsätzen macht, ohne weitere« begreifen lassen, daß bei mangelndem religiösen Verständ nis eS leicht lein muß, Angriffe gegen da» Schrifttum de« Alten Testament« zu schleudern, deren Berechtigung in seinem menschlich bedingten und geschichtlich begrenzten Charakter begründet ist. Angriffe, die niemand widerlegen kann, aber auch niemand wider legen braucht, weil sie den religiösen Gebalt nicht berühren. Ein Borte» der besprochenen Schritt, der vielen willkommen lein wird, ist r« auch, daß die Erörterungen nicht aus da« babylonische «ebiet beschränkt sind, sondern die ganzen voidrrasiattlchen Forschungrn in Betracht »leben. Die Schrlft tst wohl geeignet, klarend zu wirten, da sie ohne seollcke tendenziöse Färbung die Ergebnisse der orientalischen Wissenschaft vom Standpunkte de« gründlichen Kenne,« würdigt, zugleich aber auch die Beziehung zwischen Babel »nd Bibel vom ofsenbarungSgläublgen Standpunkte abgrenzt.
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