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- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1903-02-07
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19030207018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1903020701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1903020701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1903
-
Monat
1903-02
- Tag 1903-02-07
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Monat
1903-02
-
Jahr
1903
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-De. Sven Hedin. der nächsten Dienstag »um «1. TttftüntzSfest des Verein* für Erdkunde den Jejt- portrag übemommen dat. ift im Herbst de« vorigen Jahre« von seiner »weiten groben Reise zurückgekedrt. Während er auf der erfreu Reffe von Kaschaar au« durch teilweise ganz unbekannte« Land nach Peking vordrang und dabei teneS schreckliche Erlebnis in der Wüste Takla-Makau hatte, wo er drei seiner Begleiter durch Bechursten verlor und selbst kaum diesem Tode entgurg. dat er sich jeßt nur aus die Erforschung Lsltnrkestan» und auf die Persxche beschränkt. Lhafsa zu erreichen. Erbat dabet eine reiche, wissenschastliche Ausbeute mitgebracht, hat er doch allein feinet» Weg aus einer Starte von 1149 Blättern festgelegt, die eine Länge von 300 Meter etnneümen würden. Wie bedeutend die Ergebnisse seiner Forschungen sind, erhellt am besten daraus, daß außer der Abteilung de« schwedischen Generalslabes für die Karte, noch 7 Gelehrte mit der Bearbeitung de« Stoffe» beschäftigt sind. Auch hier entdeckte er wieder eine verlassene Stadt, wie aus der ersten Reise, und bringt viele interessante Funde mit. Ein tote« Meer befuhr er. dessen Wasser so salzhaltig war. dag e« Boot. Ander und Kleider mit einer schneewelken Kruste überzog. Ans diesem Meere übersiel ihn ein Sturm. Mehr als einmal hat ihn der Fittich de« TodeS gestreift; vor ollem war Hebln in den Hochtälern Tibets in steler Lebensgefahr. Dort »mitte er Tage lang in Höhen verweilen, welche die de« höchsten europäischen Berge« noch übertrafen. Das bloße Atmen war schwer. Bier seiner Begleiter starben, weil sie nicht atmen konnten. Dir Menschen starben langsam von den Füßen aufwärts ab. Hedin selbst konnte nicht gehen, selbst das Aufknöpsen des Rockes bereitete dem Herzen die heftigsten Schmerlen Die Wüste Gobi durch- mn-rte er an einer unbekannten Stelle. Bis 83 Grad unter Aull zeigte hier das Thermometer, und dabei mußte man Dünen von :M bis 400 Fuß Höbe überschreiten. Schwere Schneestürme wurden als Retter jubelnd begrüßt- Zwei Versuche, nach Lhassn zu gelangen, unternahm er auch. Jedesmal wurde er zur Umkehr gezwungen. Er wandte sich nun nach dem Indus z», den er am Heiligen Abend 1901 erreichte. Von allem wird Hedin hier er zählen und dabei eine Auswahl der Bilder vorsühren. die er zu mehreren Tausenden ausgenommen hat. Begreiflicherweise ist die Beteiligung am Feste des Vereins für Erdkunde sehr groß, doch tonnen noch Karten in beschränkter Anzahl für Mitglieder abgegeben werden. — Zu einem humoristischen Winterfeste in Form eines Aus fluges der Kegler nach der Dresdner -Heide waren am Donners tag abend die Mitglieder und Angehörigen des Verbands Dresdner Kegel klubs geladen worden, und dieser Einladung batte man. da bei den Keglern alle festlichen Veranstaltungen stets aufs beste vorbereitet werden, auch diesmal wieder zahlreich entsprochen. In den Festlokalitätcn, den Sälen des Neustadter Kasinos, bewegte sich eine frohe Menge, unter denen nicht wenige Gäste, dem Charakter des Abends entsprechend, in Jäger-, Förster- und vergleichen Kostümen erschienen waren, »vas dem Ganzen einen recht stimmungsvollen Anstrich verlieh. Des Unterhalten den und Erheiternden wurde viel geboten, auch setzten die Ball- srcuden von Anbeginn des Festes ein, so daß jung und alt bei zeiten reichlich auf seine Rechnung kam. Im Mittelpunkte des Festes stand ein imposanter Jagdaufzng, bei dem sich die Ver treter der Kegler und der Jäger gegenseitig begrüßten. Die letz teren, in denen man in den hervorragendsten Nimroden daS wackere Verbandsguartett erkannte, hatten zum Sprecher Herrn Herrlich erwählt, während namens der Kegler Herr Grohmann die Jäger begrüßte. Bei der Ausarbeitung dieser beiden An sprachen hatte VcrgnügungSrat Philipp seinem Humor die Zügel schießen lassen. Bei fröhlichem Gesänge lDoppelguartetts und Jn- sirumentalvorträgen lGarderetterkapellc) cittsaltetc sich alsdann im Eaale eine bunte Lagerszene, die durch den Tanz von Waldisixcn, aiiSgefiihrt von Eleven der Büchscnschußschcn Ballettschule, reich belebt wurde. Sehr beifällig nakm man später noch einen Beiuern- iiiädchenrcigcn dieser Eleven entgegen, nachdem niau sich in zwischen nach irgend einem der Erholungsorte in der Heide der- tilgt hatte, wo überall der Frohsinn sein Zepter schwank. Am bemchtcsten war jedenfalls die Weinkncivc „Zum alten Forsthaus", Ivo die Klotzscher Kapelle munter musizierte und gelegentlich K'egel- brnder Bärcnroth sich als Humorist betätiatc. Auch in der „Feuch ten Heideecke", too die Duellen Gamdrinus' sprudelten, herrschte eitel Lustigkeit. Zeigte sich aber doch irgendwo einmal ein Heide- biimmlcr bemüßigt, ein griesgrämiges Gesicht aufzustecken, so be- lehrte ihn recht bald ein Strafmandat der beiden tapfer ihres Amtes waltenden Fcstpoliziste», daß solches Gebühren bei den Keglern nicht geduldet wird. Eine Ge>vcihsamml»ng von Hirsch-, Acu- und Schassköpfcn, ebenso die bildliche Darstellung von Jaad erlebnisscn bekannter Herren fanden gleichfalls die verdiente Be achtung und Würdigung. Ta tcrner eine reichausgesialtelc Waren lotleric nicht fehlte, deren Lose viel zu rasch Absatz gesunden hatten, so s,ch mau auch manchen fröhlichen Gewinner, wie überhaupt das Feit von Anfang bis zum Schluß unter dem Motto stand: „Alles lacht und quicscht vor Freude". Mit Befriedigung werden die Kegcstchwestern und -Brüder noch lange an das wohlgclungenc Fest sich erinnern. - Der Mannergesangverein „Tannhäuser", einer der (weiten lnesige» Gesangvereine, veranstaltete am Dienstag in Mciu- holds Sälen eine Fastnachtsscier, zu der sich die Mitglieder und deren Angehörige zahlreich eingesunden batten. Dem Programm -li'olgc, das eine Herrcnpartic mit Damen nach der Walthcrsdorser Muhle onsagtc, hatten sicy die Teilnehmer durchgängig in Sommcr- bezw. Touristcnklcidung eingesundcn. Der mit Tanncnbäumen dekorierte Saal, in welchem sich ein anmutiger Damenslor in duitigcn Sonnnertoilctten bewegte, bot ein reizendes Bild. Mit einem frisch gesungenen Marschlicd zogen die „Tannhäuser" in die improvisierten Räume der Walthcrsdorser Mühle ein, m» noch -nrsti engender Fnßpartie Rast zu machen, und die anwesenden Touristen und Sommerfrischler durch einige prächtig gesungene Lieder zu erfreuen. Der Gemeindevorstand begrüßte die fröh liche Sängcrschar und hieß sie namens der Gemeinde willkommen. Bald daraus erschien auch ein Hochzcitszug: der Brautführer an der Spitze, sowie das Brautpaar in ortsüblichem Staate gaben de» Sängern Veranlassung, einige der Feier entsprechende Gelänge zum Vortrag zu bringen, worauf sie vom Brautpaare zur Terl- »ahme am Tanze cmgeladcn wurden. Numncbr wurde flott ge tanzt, cs herrschte eitel Sommerlust und Vergnügen. Ein von .Herrn Tanzlehrer Büchsenschuß einstudicrter und durch Damen und Herren des Vereins aufgcsührtcr Baucrntanz erntete großen Beitall und mußte auf allgemeines Verlangen wiederholt werden. Ein Mitglied des Vereins erfreute durch einige humoristische Dar- bictungen. In allen Teilen nahm das Fest einen schönen Verlauf. — Der soeben erschienene Bericht über das kirchliche Leben der Anncnkirchen-Gemeinde in Dresden umfaßt die Jahre IllM—1902. Ihm ist zu entnehmen, daß betreffs der Art des »mbanes der Annenkirche dem Kirchcnvorstande vor allem daran liegt, der altchrwürdigen Kirche ihr Gepräge zn belassen, derselben ibrc treffliche Akustik zu erhalten, ihr mehr Licht zu versckiaffen, die zu erneuernde Kirche feuersicher hcrzustcllen und ihr vielfach unbequemes Gestühl mit einem geeigneteren zu vertauschen. Da der Bau zwei Sommer in Anspruch nehmen tvird, dürste die Er richtung einer Interim skirche ans dem Josephinen-Fricdhofe nicht zu umgehen sein. Zwischen Austritten von und Uebcrtrittcn zur Landeskirche herrscht ein günstiges Verhältnis. Insbesondere liehen den immer zahlreicheren Ucbcrtrittcn aus der katholischen Kirche nur verschwindende Austritte gegenüber. Die Los von Aoin-Beweguna macht eben nicht nur icnsetts, sondern auch dies seits des Erzgebirges sich geltend. Luther geht durch die Lande! Eine wichtige Aendcruna hat sich nicht ohne Rücksicht aus das Siäicindrängen katholischer Nonnen in die Krankenpflege der Pawchie bezüglich derÄemeindediakonie vollzogen, indem zu den zwei vorhandenen «ine dritte Gemeindeschwester, und zwar m erster Linie zu dem Zwecke angestellt wurde, für bemitteltere Familien, sei cs Tag- oder Nachtdienst, zu verrichten. Nu» anderen Krankenpflegerinnen nicht unlautere Konkurrenz zu machen, ist das an die Kaffe der Gememdepsleae zu zahlende Entgelt aus 3 Mark pro Tag oder Nacht, auf 4 Mark pro Tag und Nacht festgesetzt. Tic stundenweise Verpflegung der Kranken seitens der Diakonissen ist mit dieser Einrichtung nicht zu verwechseln: sie geschieht bei Armen unentgeltlich. Vom 1. Oktober d. I. an soll auch in der Annenkirche, wie in fast allen Gotteshäusern der inneren Stadt, der Frühgottesdienst für das bis 80, April zu berechnende Wintet- halbiahr auf vormittags halb 10 Uhr verlegt werden. — Am gestrigen Tage beging die in tveitcstcn Kreisen bekannte Firma ^ ----- ----- Nraße gcistEstineS Gründers und durch strenge Solidität zu einer Hotz geachteten Stellung in der Nähmaschinenbranche emporgearbeitet. Schon kurze Zeit nach der im Jahre 1883 durch Herrn Hermann Grobmann erfolgten Gründung siedelte da« Geschäft in das Walthcrschc Grundstück, Am See, uver und crmietete wenige Jahre später, nachdem sich die Fabrik immer weiter ausacbrcitet, noch einige Räumlichkeiten Ai» See 84, wo sich Gelegenheit zur Mit benutzung einer Dampfkraft bot. Im Herbst 1888 kaufte der damalige Chef der Firma das Grundstück Äaisenhausstrakc 5, in dem sich noch jetzt daS Detailgejchäst befindet. 1891 starb der Gründer der Fabrik: derSohndcSlelben, HcrrAlerander Großmann, übernahin das mittlerweile weit ausgedehnte Geschäft und erbaute, da auch der Raum aus der Waiscnhausstraße zu Nein wurde, eine eigene Fabrik auf der lPtemnitzerstraßc. Heute versendet die Firma ihre Erzeugnisse, speziell Strohhutnähmaschmcn, fast nach allen Teilen der Welt, vornehmlich nach England und Nordamerika. Diesen seltenen Gedenktag in würdiger Weise zu begehen, hatte sich am Morgen das gesamte Personal der Firma in einem der größeren Räume der Fabrik versammelt, um dem Ehes seine Glückwünsche auszusprechen und dabei eine prachtvoll ausgcsührte Aotivtasel »n reich ornamentiertem eisernen Rahme», sowie einen herrlichen Palmcnständer, eine allegorische Figur an eine Marmorsäule ge lehnt darstellend, zu überreichen, wofür der Ehes allen seinen herz lichsten Dank ausiprach. Im Lause des Tages gingen noch zahl- reiche Glückwunschschreiben und Telegramme von Bekannten und Geschäftsfreunden ein, teilweise von prächtigen Blunrcnjgendcn be gleitet. Mögen der Firma H. Großmann auch fernerhin weitere schöne Erfolge bcschieden sein. — Das große Los der Weimarer Geldlotterie <60 000 Mark) ist wiederum in die Kollektion von Max Bötzow. Berlin 0, Spittelinartt, gefalle» und zwar ans die N>ii»mer 70 371. Der Gewinner hat sich weder in Weimar noch bei der Kollektion gemeldet. — Verschiedene kleine Mitteilungen. Ter Königl. Sachs. Militärverein „Kameradschaft 139er" feiert Mittwoch, den II. d. M.. abends 8 Uhr sein 8 Stiftungsfest im große» Saale des Keglerheriiis, Friedrichstraße 12, bestehend in großem Konzert von der Schützen-Kapelle unter Direktion des Herrn A. Helbig, Theater und Bail. — Der Königliche Säch sische Militärverei» „4. Ins.- R e g. N c. 10 3" feiert am 10. Februar sein 8- Stiftungsfest im „Eldorado", Stcinstraße 15, bestehend in Konzert der Kapelle des 4. 2nf>Ncg. Nr. 103 jDirek- tion Lauterbachj und Ball. — Im Pa last re stau raut finden heute großes humoristische Konzert der Kapelle Wentscher und Sängerinnen Frl. Foerster und Frl. Tnssaux, Anfang 4 Uhr, statt, morgen die üblichen Frühschoppen-, Nachmittags- und Äbcnd- konzertc Tos crstere gibt Herr Wentscher, die beiden anderen Herr Eilers. — Der Rechtsschutzvercin für Frauen, dre Dresdner Abteilung des Vereins Fraucnbitdung—Francn- studium und der Dresdner Zweigvercin der Jnternationalen- Föderatio», veranstalten am 14. 'Februar abends Uhr in Meinholds großem Saal eine öffentliche Versammlung, in welcher die Vorsitzende des Berliner Zweigvereins der Föderation, Fräulein Anna Pappritz, einen Vortrag über „Die wirtschaftlichen Ursachen der Prostitution" halten wird — In Newyork wurde der frühere Stadtkassierer der Stadt Lauen st ein, Reiner, verhaftet, der nach Verübung ver- schiedener Unterschlagungen ilüchtia ward. Amtliche Vekmultmachunfteu. Der bei der Staatsschulden - Verwaltung eingestellte Buch halter Eichhorn ist beauitragt worden, "die Gegenzeichnung der aus Grund des Gesetzes vom 1. Juli 1902 auszugebeiiden Staats- Schuldverschreibungen über 3proze»tige jährliche Renten an Stelle deS Oberbuchhalters, Kammerrates Dlttrich, vor zunehmcn, soweit letzterer hieran behindert ist. Im Deutschen Landwirtschaftsrat. Bülow erschienen, der rechts vom ersten Präsidenten des Land Wirtschaftsrates, Grasen v. Schwerin-Löwitz, saß. Ihm zur Linken bemerkte Ulan den Reichstagsvräsidentcn Grasen Ballesircm. Dem Grasen v. Schwerin gegenüber faß der nengewählte zweite Vor sitzende des Deutschen Laiidwirtichastsrates, Geh. Hoirat Mel, ncrt-Dresden, ihm zur Rechten Minister o. Podbiclski, ihm zur Linken Minister Freiherr v. Rheinbaben. Tie osie Rede hielt Graf v. Schwerin aus den Kaiser. Die zweite Rede deS Freiherrn v. Soden galt den Gästen. Bald daraus nahm der Reichs kanzler Graf Bülow das Wort. Die Rede, die ihrem wesentlichen Inhalte nach bereits in einem Teile der gestrigen Aus lage unseres, Blattes imtgctcilt wurde, lautet: Meine Herren, ich möchie zunächst dein Herrn Freiherrn von Soden für die liebenswürdigen Worte, mit denen er mich soeben begrüßt hat, meinen herzlichen Dank ausiprechcn. Ihnen allen, meme Herren, danke ich für Ihre frenndlichc Einladung. Ich weiß den Wert der Stunden, wo ich zu den hervorragendsten Ver tretern der vaterländischen Landwirtichast in luigczwungcncm persönlichen Verkehr treten kann, besonders zn schätzen. Seit ich das letzte Mal in Ihrer Mitte weilte, ist nach heißen Kämpfen der Zolltarif Geich geworden. Lang und dornenvoll war der Weg. und in der Geschichte unserer Reichsgeschgebung wird die Feststellung des neuen Zolltarifs zn den schwierigsten Ausgaben gezählt werde»». Bei diesem Rückblick ist cs mir ein Bedürfnis, von dieser Stelle auS alle» Landwirten zu danken, die znm Zu standekommen des Zolltarifs witgewirkt haben. Ich danke vor allem, »»eine Herren, Jkrem ständigen Ausschuß dasür, daß er unter Verzicht auf manche weitcrgehcnde Wnmchc sich schließlich einmütig aut den Boden des Tarifentwuns gestellt und sein ge wichtiges Votum für die Annahme der Vorlage abgegeben bat. Daß der neue Tarif der Landwirtichast wesentliche Vorteile bringt, ist unbestreitbar. Warum hätten sonst diejenigen, welche eine be sondere Berücksichtigung landwirtschasilichcr Interessen prinzipiell verwerfen, unseren Tarif mit solcher Hartnäckigkeit bekämpft? 'Das ist ein e- contrario, gegen dos keine Dialektik aus kommt. sScbr richtig!) Branche im im einzelnen daran zu er- imiern, daß für nahezu alle landwirtschaftlichen Erzeugnisse der autonome Zollschutz erheblich verstärkt worden iit, daß vor allem für die vier Hanptgetreidearten Mindestzölle ae'etzlich festgelegt sind, die gegen die tctzt geltenden Vertragssätze den Zoll für die. Tonne Weizen um 20 Mark, für die Tonne Roggen um 15 Mark, für die Tonne Hafer um 22 Mark und für die Tonne Braugerste um 20 Mark erhöhen, an die Wertzölle für Pferde, die Gcwichts- zölle für alle andcren Viehgattungcn'? Für die Einführung von Ursprungszeugnissen, die Beschränkung der gemischten Privattransit läger, die Aufhebung der Zollkredite bei der Einfuhr von Getreide sind gesetzliche Bestimmungen getroffen worden, die wiederholt ge äußerten Wünschen der Landwirtichast wirksam entgcgcnkommen. Der Zolltarif kommt in erster Linie der Landwirtschaft zu gute. Herr v. Soden fragte mich, wann die Handelsverträge ge kündigt würden. Die Diskretion und die Rücksicht auf die ver bündeten Regierungen, deren Mandatar ich bin. verbieten mir, mich über die Frage anszusprcckien.' Wir werden bei den Handcls- vertragsvcrhandlungen die Interesse» der Landwirtschaft mit bcson- derem Nachdruck vertreten. (Lebhaftes Bravo!) Daß nicht alle Wünsche der Landwirtschaft erfüllt werden kminten, weiß ich so aut wie irgend ein Landwirt. Aber das ist kein Grund zum Undank — ich scheue mich nicht, das Wort ansziiwrechen — gegen diejenigen, die den Tarif mit größter Sorgfalt und Gewissenhaftig keit vorbereitet, mit pflichttreuem Eifer vertreten, mit ihrer Verant wortung gedeckt, die ihre ganze politische Stellung für ihn ein gesetzt haben. Dabei denke ich nicht nur an Minister und Staats sekretäre, sondern ebenso an diejenigen Parlamentarier, Politiker und Landwirte, die für den Tarif gestritten haben. In der Politik muß man mit dem Mögliche», man darf nicht mit dem Wünschens werteren rechnen. Als die Kaiserin Maria Theresia einst ihrem Kanzler, dem Fürsten Kaunitz, vorwars, er gehe ans ihre Wünsche nicht ein. erwiderte ihr der kluge alte Staatsmann: „In allen Dingen, so den Allerhöchsten Dienst betreffen, bemühe »eh mich, die Dinge zu nehmen, wie sic sehndt, und nicht, wie sic vielleicht seyn.sollten." Meine Herren, mit dem verstärkten Zollschuh allein »st cs nicht getan, das erkennt niemand bereitwilliger an als ich. Das ist van meiner Seite keine allgemeine Redewendung, sondern ich denke dabei an konkrete Maßnahmen, vornehmlich an die Ver besserung der Verkchrsvcrhältmssc auf dem Lande durch den Bau neuer Schienenwege und befestigter Straßen, an eine kräftige innere Kolonisation, an die Hebung de« technischen Betriebes der Land wirtschaft, namentlich auch in den Kreisen des kleinen bäuerlichen Besitzes, an eine intensive Förderung des landwirtschaftlichen Bil- jchast. Vor uns liegt ein weite« Feld für «ine ersprießliche Tätig keit von Reich und Staat in verständnißvvllcm Zusammenwirken mit den geordneten Vertretungen der Landwirtschaft. Aber auch nur durch solche gemeinsame positive Arbeit — ich zchame mich nichl, eS offen auszusprechen, zwischen uns soll immer Wahrl-ett sei» ist cine^ Praktische Förderung der Landwirtschaft möglich, nicht durch Spielen init unerfüllbaren Illusionen, nicht durch künu- licke Züchtung eines Klemnniles, i» den der Deutsche leicht ver fällt, der ihm aber nicht wohl ansieht. Wenn wir die tausend jährige Geschichte des deutsche» Volkes an unseren» geistigen Auge vorüberzichen lassen, so sehen nur, daß auf Zeiten heroi scher Anspannung Perioden folgen, wo Zweifel und Müdigkeit sich breit machen. Gerade in wichen Tage» heißt eS, den Kops oben behalten »nd nicht in einen Pessimismus verfallen, vor welchem uns heute Ihr verehrter Herr Vorsitzender mir Recht gewarnt hat. Der Pessimismus mag als metaphysisches System seine Berechtigung haben. Ich selcht habe in jüngeren Jahren Schopenhauer mi^ Bewunderung studiert und ehre ihn noch heute als großen Sprachincistcr und als eine» unserer siessten Denker. In der Politik aber ist Pessimismus immer vom Uebel. »veil er hier mit der Schwächung dcS Lebensmutes auch die Tatkraft lähmt, weil er unmännlich »nd unfruchtbar ist. In der Politik, hat Thiers mal mit Recht gesagt, gehört die Zu kunft den Optimisten. iSehr wahr.) Nur die Völker und die Schichten, die an ihren Stern glauben, kommen vorwärts. Und selbst wenn Wolken am Horizont stehen, was bei uns sicherlich nicht in höherem Grade der Fall ist als anderswo, so ist es immer noch besser, sich Hektar znm Vorbild zu wählen als Kassandra. Eins will ich jedenfalls erklären, gerade im Kreise von Vertretern der Landwirtschaft und für das Ausland, wo man das. was bei uns eine zum Teil etwas nervöse Presse an Schwarzseherei una an Nörgeleien produziert, oder was im Partei-Interesse gelegent lich ois übertriebene Kritik zu Tage tritt, gern zu Beweisen für eine Lockerung des Reichsgefüges und für den Rückgang unseres Nationalgefnhls stempeln möchte — also, meine Herren, für die Leute, die geneigt sein sollten, minder berechtigte deutsche Eigeu- tümlichteilen, das Untereinander-Hadern. die deutsche Tadeln»!,!, den deutschen Kleinmut für deutschfeindliche Zwecke auSziinützeii, will ich hier nachdrücklich betonen, daß alle jene Erscheinungen hei uns nur Wellengekräusel an der Oberfläche sind, heroorgcrnfen durch wechselnde, vorübergehende Winde. Unter diesem Gekräuiel aber fließt breit und mächtig der Strom unserer nationalen deutschen Entwickelung. Dafür, daß in der deutschen Landwirtschaft, van deren Gedeihen die innere Festigkeit des Reiches wie des preu ßischen Staates so wesentlich abhängt, die aber auch ihrerseits an der Erhaltung des Staates wie dcS Reiches unmittelbar inter essiert ist, wie kein anderer Stand lBravo!), öer Geist des Per- trauens und der Einsicht, ein im besten Sinne konservativer Geitt die Herrschaft behalten möge, dafür, meine Herren, rechne ich aus Ihre Unterstützung. Mit vieler Hoffnung »nd in diesem Sinne erhebe ich meffi Glas auf das Wob' der deutschen Landwirt-cha-t und ihrer hier versammelten Vertretung. Tie deutsche Landwirt schaft-und der deutsche Landwirtschaftsrat, sie leben hoch! tAli settiger, lebhafter Belial!.) Schließlich sprach noch der Reichstage- prändcnt Groi Balle st rem. Es habe der Freiherr v. Sode» aull) auf ihn einen „Flanken-Angriff" gemacht und den wolle er als ehemaliger Kavallerist doch zurückweisen. Freiherr v. Soden habe das Wort eines Parlamentariers gebraucht: „TcrLandwirt sei doch auch ein Mensch." Nun. er beanwruche auch nichts anderes, als ein Menich zu lein, und daß man ihn in seiner Leistungsfähig keit nicht als eltvas anderes anschc, etwa als „Uebermensch" oder gar als „Unmensch" s.Heiterkcitj. In konzilianter Weise mochte oer Reichsragspräsidcnt dann seine Reverenz vor dem Deutschen Landwirtschaftsrat. Der Anblick dieser Tafelrunde sei einer der erhebendsten, der einem Präsidenten des Deutschen Reichstags zu Teil werden könne. sHeiterkeit.) Ter Deutsche Reichstag sei, oder solle doch sein, eine Vertretung des deutschen Volkes. Wenn ich nun die Vertreter eins der critcn Stände, ja, ich kann Wohl jagen, des ersten Standes der deutschen Volksvertretung hier ver- lammclt sehe, die stets in sachlicher Weise für die Erhaltung des Deutschen Reiches die erste Hand ans Werk legten und immer legen werden, so muß mir dies als Reichslagspräsidenten das Herz höher schlagen lassen. Ich wünschte nur, daß alte Stände sich in stets so sachlich prüfenden nnd so gründlich arbeitenden Ver tretungen vereinigten, dann würde cs auch besser um das Deutsche Reich stehen. lBravo!l „Ihr Beispiel erfüllt meine Seele mit Stolz." Mit einem Hoch aus den Deutschen Landwirtschaftsrat, den „Vertreter sämtlicher deutscher Landwirte", schloß Graf Batlestrcm unter lebhafter Zustimmung. Tagesgeschichte. Deutsches Reich. Der Kaiser hat für die Berliner Aus- stellung für Kartoftclvcrwertuiig einen Preis gestiftet. Eine Be- »chlußsastung, in welcher Weise und unter welchen Bedingungen dieser Käiserprcis zucrkannt werden soll, hat noch nicht statt» gefunden. Im Namen des Ossizierkorps der schwedischen Marine hatte der Marineminister Palandcr dein Kaiser folgenden Glück wunsch zu seinem Geburtstage übersandt: 'Das Offizierskorps der schwedischen Marine bittet Eure Kaiser!, und Kömgl. Majestät, huldvollit seine untertänigsten Glückwüiüchc am heutigen Tage cnt- gegennehmen zn wollen. Darauf ist folgende telegraphische Antwort erfolgt: Ich fpreche Ihnen und dem Offizierskorps der Königl. schwedischen Atari ne für das Glückwunschtelegramm zu Meinem Geburtstage, das zu erhalten Mir eine Freude gewesen ist, Meinen herzlichsten Dank ans. Wilhelm I. Ii. — An» dos von der General versammlung des Gewerkocreins christlicher Bergarbeiter 'Deutschlands in Dortmund an den Kaiser abgejandtc Telegramm ist folgende Antwort ergangen: „Berliner Schloß. Sc. Majcstol der König lassen den dort versammelten Vertretern der christlichen Bergarbeiter für den Ausdruck treuer Ergebenheit danken. Ans allerhöchsten Befehl: Der Geheime Kabinctsrat." Zu der Kritik der Swincmünder Dcpes ch c im Reichstag wird dem „Honnov. Cour." noch aus Berlin geschrieben, „daß schon vor Beginn der Sitzung am Montag, den 19. Januar, Gras Balle strem den Vizepräsidenten Büsing ersucht hat. ihn alsbald zu ver treten. mit dem ausdrücktichcu Hinzufügen, Schädlcr werbe über die Swiiiemündcr Kaiserdcpcschc sprechen. Ter ^Abgcorbnci: Büsing hat darauf entgegnet, eine Erörterung des Swincmünder Kai'crtclegromms werde er nicht zulasten, da cs »licht im „Rcichs- anzeiger" veröffentlicht worden sei. Graf Ballestrcm vertrat daraus mit größter Entschiedenheit den Standpunkt, daß die Bcsprechinm in dicicm Falle trotzdem zugclassen werden müsse: er führte dafür verschiedene Grünoc a». n. ä. auch den, daß der Reichskanzler am Schädlers Kritik zn antworten wünsche. Nach längerer Aus einandersetzung hat sich dann Vizepräsident Büsing bereit gesunocn. auf die Intentionen des Grafen Ballestrcm einzngchen. Letzterer aber nahm in den Reihen des Zentrums Platz und hörte von dort aus fast die gesamte Schädlerschc Rede an." Die Kartell-Eng uäte tritt am 26. Februar im Rcichs- amt des Innern i» Berlin zusammen. Tie Verhandlung beginn! mit einer Beiprechung zwischen den Vertretern des Rheinisch-West fälischen Kohlcniyiidikatcs und den 42 eingcladcnen Vertretern der Metallindustrie, des Kohlenbandcls nnd der nichtsyndiziertcn Zechen in West- und Snddcntschland, mit Ausnahme von Elsaß-Lothringen Das ^tcnograinm der Verhandlungen soll, soweit diese nicht vcr traulich sind, sin „Rcichsanzeigcr" verösteniücht werden. Zn dem erwähnten sozialpolitischen Rcichstags-Anlragc des Zentrums »nd der Nationallibcralcn, die jugendlichen Arbeiter und Arbeiterinnen betreffend, schreiben oic „Bcrl. N. N.": Die Antragsteller glauben wohl selber nicht, daß der von ihnen ,,al'- bald" gewünschte Gesetzentwurf noch in dieser Legislaturperiode — selbst wenn die verbündeten Regierungen zur Vorlage bereu wären, waS nicht der Fall ist — erledigt werden könnte. So ei» greifende sozialpolitische Zwangsgcsetzc sollen doch znm Mindesten nicht vor Torschluß diirmgevcitscht werden. Gegen Erwarten soll anscheinend außer dem wicbtigcn Kinderschuhgesctzc der Reichstag noch mit der Krankenversicherungs-Novelle und den Kausmamis- Gerickitc,, beschäftigt werden. Schon diese Belastung ist nach Lage der Dinge, wo Wege» der Wahlagitation im Frühjahr erst recht kein beschlußfähiges Haus mehr zujainmenzuhalten sein wird, eine sehr stark bemessene. Darnach darf man wohl amichmcn, daß mit dein vorliegenden Antrag gerade angesichts der Neuwahlen nur in den Auge» der Wähler möglichst «lilixe'-lttia prästicrt sein soll. Sv sieht denn auch der „Vorwärts" in dem Schritt „kurz vor den Wahlen" eine Art unlauterer Konkurrenz und verkündet, die Sozia! demokratie werde dafür sorgen, „daß den Winzigkeiten des national liberalen Zentrums-Antragcs durch die Forderung ernsthaften Arbeiterschutzes geantwortet wird". Man tvird überhaupt gut tun, jetzt im beginnenden Wahlkampf nicht alle Dinge sehr ernst zu nchmen. Sachlich würde gegenüber dem bestehenden Zustand der Antrag da« Schutzalter der jungen Leute von 10 auf 18 Jahre er- höhen und den MaLimalarbMtog der erwachsenen Arbettcriiinei». Or»e»örre* Nachrichten. Nr. L8. «eite 3. "M» «onnabend. V. Februar 1»03
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