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- Id — iS - zum Empfinden diese« Glücke« durchdringen konnte! Sie sah immer noch auf ihrem Platz vor dem singenden Teekessel, den Kopf in dl« Hund gestützt, vor sich hindrütend mit einem glelchgiltigen, unbewegliche» Gesicht. Draußen lürmien sich jchwurzgraue Wolkenschivaden, die der Wind mit heulenden Stößen vom Meere herein über dus stäche Lund dahmwälzte; manchmal schlug ein halb- entblätterter Lindenzweig schwer und mail gegen du« „aste Fensterglas. Trübselige« Grau draußen — trübselige Dummerung drinnen Inge griff plötzlich wieder »ach dem Bnef, den sie vorhin geleien, und der immer noch vor ihr aus dem Tische lag. S>e la« ihn noch einmal von Anfang bis zu Ende mit nachdenklicher Aufmerksamkeit. Dann steckte sie ihn i» den dazu gehörigen llmfchtag, rosste alle Postsachen zusammen, trug sie hinüber >n ihre« Mannes Zimmer und trat den tägliche» Gang zur Erledigung ihrer häuslichen Geschäfte an. Ihr Tun erschien ihr heut zweckloser den» ie. E« war ganz gleichgiltia. ob sie nach Seul allen iah und fragte : e« war ganz überflüssig, anzuordnen und zu bestimmen, nm« »liier der Lemma der langjährigen Wirtin auch ohnedem geschah. E« war nur eine Form- sache, nur nötig Inge« wegen, aber nicht der Wirtschaft wegen. Sie hatte da« Hauswesen in tadelloser Ordnung übernommen. ES ging darin alle« ganz von selbst seinen gewohnten Gang, w>e es seil Generationen gewesen war und für weitere Generationen bleiben würde. Ed war eben ftir sie ganz besonders schwer, ihre Zeit angenehm und nützlich auSzusüllen. Sie haue >a mehl einmal ein Kind. Das olle HauS war so groß, so dunkel und so still: bei dem trüben Wetter merkte man das bewnderS deutlich und wie viel Winkel und Ecken e« hatte. ES mochte reizend und ailinulenö sein können für eme große Familie. Ader eS war bedrückend, wenn man einsam darin herumschlich Nachbarn, die man sich einladen konnte, gab e« nicht. Der nächste bewohnte Herrschaft-bös war sechs Merlen entfernt. Nur Bauern und Viehherden gab eS hier herum Es war vielleicht gut und der Anfang einer besseren Zeit, daß EldehuS min bewohnt werden sollte. Dadm fuhr man kaum eme Stunde. Zu Fuß konnte man logar noch fchneller hinüber, nn Sommer, wenn der schmale Pfad durch« Moor, das sich breit zwilchen beiden Hosen dehnte, trocken war, oder wenn man im Winter bei klarem Trost die sonst schlupfrige und bodenlose Diese übergueren konnte. — Schade, daß Reginald keine Trau hatte. So genoß doch nur Gerd den Hauptvorteil dieser Veränderung. Und der sebnie sich gar nicht einmal io sehr nach Umgang und würde vielleicht mit dem Vetter nicht allzu gut t, irmonleren. Sie waren >o sehr verschieden — waren eS wenigsten« früher westn Die« „Truher" begann plötzlich in Inges Erinnerung lebendig zu werden. .Nein Gott — wie lange war e« her, und was war alles gestorben seitdem! S e stand am Fenster und sah za. wie die Wolken IN langen gespeist! iftheii Fetzen vor dem Winde flogen. Hier und da ward vorübergehend ein Stück Himmelsblau sichtbar. Sech« lange, einsame Stunden dehnien sich vor ihr, und sie wußie heul weniger denn ,e. iva« lie damit antangen sollte. Erdl.ch kam sie aus den Gedanken, einen Spaziergang i l machen. Sie unternahm oft allein weile Gänge. Es gab niemand, der sie hülle be- mesten können, und wa« sollte ihr zustoßen in der Einsamkeit der Heide, in der ihr me ein Meist.!! begegnete. Sie vertauschte da« weiche, faltige Morgenkleid mit einem derben, wetterfesten Anzug und verließ das Haus. Sie ging durch den Garten Mit seinem Reichtum uralter, kraft- strotzender Baume, mit leinen ungepflegt wuchernden Gebüschen, schmalen, schattigen Steigen. alttnobstchen Blumenbeeten und saftigen Rasenflächen. lieberall lagen braune, gelbe uns rötliche Blätter umher Weiße, regeisteuchie Spinnennetze zogen sich über Büsche und Beeie. die nasse Erde und die spärblühende Re'eda dufteten schwer. Krähen schwärmten lärmend um den alten Nußbanm. und zwischen den Malvenftöckeii mit ihren dicken roten, goldbraunen und eitronengelben Vlumenköpsen summten die schwerfälligen Hummeln. Inge beachtete das alles nicht: sie hatte baS schon so oft gesehen — sie fand keine neuen Reize mehr darin. Durch eine Oestnung in der alten Weißdornhecke trat sie aus dem Garten heraus in Sie Heide. Rotbrannlich blühend, herb duftend, hier und da unterbrochen von einem dickten, niedrigen Kielernbusth und einer windschiefen Birke, langdurchzogen von einem baumlosen, einionrige» Weg, dessen Sand lies ausgesahren war, und bedeckt von einem ganzen 'Netz kreuz und gurr laufender Fußpfade, begrenz! aus der einen Seite von grünem Weideland hinter hölzernen Zäunen, ans der andern vom grauen Horizont, vorn, weit draußen, von einer gelblichen Wellenlinie, die scharf gegen die graue Luft abstach. Da« waren die Dunen Und dahin nahm Inge Lotlnni die R.chtnng. ES war schwer, das 'Aller der Frau zu bestimmen. Wie sie dahinschrilt, mühsam gegen den vollen Wind ankämpsend, der ihr die Kleider um die festen, schlanken Glieder veilschte, die Zuge schlaft und daS Gesicht graufarbig von mehrtägiger Stubenluft. Mil dem glanzlosen, gleichgiltigen Blick und dein nnlustigen Ausdruck, hätte man sie für eme Dreißig- lahnge halten können. Aber je weiter sie vorwärts kam, mit ihrem rüstigen, gleichmäßigen Aus'chrelten, >e mehr rötete die scharfe Luft ihre Wangen, fe mehr Leben gewann ihr Gesichl ,e mehr veriunche eS sich. Und als sie »ach fast zweistündiger, angestrengter Wanderung die Hohe der Dunen gewann, durch harthalmigen Strandhafer und feinkörnigen Sand psadlo« und mühsam bergan, und der Sturm, hier oben wilder wehend, an ihrer Ge wandung zerrte und ihr die weiche Mütze dicht an die Stirn drückte, als sie nun die Augen ^ und weit öffnete. als wolle sie Mlt «lnem einzigen Blick die Unendlichkeit erfassen, me sich vor ihr dehnte, als sich diese Augen mit einer großen Freud« und mit einer Helden Zärtlichkeit lullten — da sah sie au- wie ein ganz ,unge« Mädchen, Da« Meer! — Da lag es, vor ihr, unter ihr, graugrün, endlos und erregt. ES tobte und murrte und drohte. E« bäumte sich mit hunderttausend Weilen, wie in tausendfachem, wildem Wünschen und Verlangen, al« wolle e« die Erde verschlingen. Es reckte tausend sehnsüchtige, begehrend«, svrdrrnde Arme empor, al« wolle e« den Himmel erstürmen. Aber »mmer wieder sanken die Welle» erschlassl und gebrochen >n sich zusammen, wie vernenlle Wünsche, wie zertrümmerte Hoffnungen, wie zerschellte jtzräste. Und allmählich dann wird e« stiller. Das Brause» und Toben und Branden läßt nach; e« wogt und wallt nur noch, unruhig und murrend, wie ein leidvvll schlagende« Menschennerz — w>e eine schwer atmende Menschenbrust. Dann zieht der Sturm vorüber und da« Wetter wird still. D>« Wasser glätten sich. Ein Sonnenbltck zittert darüber hin, ein flüchtiges, tiesgrünes Aufleuchten antwortet ihm, wie ein in Tränen lächelnde« Menschen, auae. Farblos und regio« liegt die weite, tiefe. Flut in dumpfer Ergebung, in trotzigem Schweigen. Inge« Augen haben eine merkwürdige Aehnlichkeit mit diesem Meer. Grau, lichtloS. kalt und tot in der Ruhe. Grünlich glänzend, tauig leuchtend in der Erregung, e>n stete« Wechselspiel vonIZicht und Farbe. Und hinter ihnen, wie der Meeresgrund, die Tiefe einer verschlossenen Seele. Sie kam oft hierher, a» manchem einsame», langen Tage, mit dem sie sonst nichts anzufangcn wußte, »sie lieble da« Meer Es nmr da« einzige, da« ihrem Interesse immer neue und reizvolle 'Nahrung bot. Sie hatte e« zu ihrem Freunde gemacht, zum stillen Mitwisser und Teilnehmer ihrer Kämpfe, ihrer Auflehnung, ihrer Ergebung. Nun fand sie in ihm sich selber wieder. Sie liebte da« Meer, und von der Höhe der Düne gesehen, liebte sie es aui meisten. Hier überschaute sie seine Herrlichkeit ungehindert, bis an den er- weiterten Horizont Hier, fern von allem Menschenwerk und Menschenwort, fühlte sie sich in einer Art Zwijchenzusland zwischen dem Irdischen und de». Ewige». Hier sprach die göttliche Offenbarung lauter, und die Nöte des täglichen Leben« verstummten beschämt. Hier fand ihre Seele Raum, die Flügel zu breiten, ohne sich an engen Grenzen die Federn zu knicken. Da« Meer war ihr Freund; zu ihm heraus trug sie alles, wofür sie sonst keinen Zuhörer uni keine Teilnahme fand. Unten klattchten di» schaumigen Wellen aus den sestgeschlagenen Strand. Kein Schiss, teine -Hütte, kein Baum, soweit daS Auge sah. Möwen schossen unruhig hin und her, ließen sich von den Wellen tragen und schleudern, und sandten ihren schrill durch- dringenden, jehistiichtige» Schrei in die graue, herbstliche Weite hinan«, in der sich die Krä'te der Natur mit stürmischem Uebermut tummelten. — Seit Jahren hatte Inge keine» Freund und Vertranten mehr. Darum trug sie alles, was sie keinem Mensche» sagen und klagen tonnte, hier heraus. Seit jenem Tage, ivv sie sich mit dem bitteren Schmerz ihrer ersten Enttäuschung und mit den iinaisthalliamen Tränen hrennenden Heimwehs Hierher geflüchtet hatte, Ivo niemand sie suchte, fand sie Linderung uno Beruhigung in der stummen Zwiesprache mit die'em ihr unerwartet gewordenen Freunde. Bei ihm hatte sie Verstand- »iS gesunden für das Stürmen und Grollen ihres Herzens, von ihm hatte sie gelernt, wie man ftrlle wird. Wie war das doch alles gewesen ? So unerwartet und unvorhergesehen, und doch so, als ob es gar nicht anders hätte kommen können. Sie war ausgewachsen als eine von vielen, unter dem Druck beschränkter Verhältnisse und emer allen Idealismus tötenden Erziehung. Ihr Vater war ein kränklicher, mit allem Bestehenden unzufriedener Mann, ihre Mutter eine weltlich gesinnte, kaltblütig praktische Frau. Sie war nicht glücklich ge wesen zu Hause, ohne sich damals klar darüber geworden zu sein. Sie paßte sich den häuslichen Verhältnissen an. so gut es ging, und gewöhnte sich so daran, ihren Charakter, ihre Neigungen und An'chanungen in die genebene Form zu pressen, daß sie schließlich glaubte, dieft' Form vaste ihr. Ebenso fügsam war sie geweien, als es sich um ihre Heirat handelte Gerd Lottum halte ihr nie eigenilich den Hof gemacht — das war etwas, was er überhaupt nicht konnte. Er batte sie kennen gelernt, als er bei seinem in stirer Sladt siebenden Regiment eine Dienstleistung machte. Im Frühling. Er ioar ein Mann von stattlichem Aeußeren, aus guter Familie, in sorgenfreien Verhältnissen. Seine Eltern lebten nicht mehr, und Geschwister hatte er nicht. Er stand in dem Ruf. ein ehrenhafter Eborakter zu sein. Sein Lebenswandel zeigte keinen Makel Er spielte nicht, er machte keine Schulden, er hatte keine geheimen Liebschaften. Vielmehr hatte er strenge Grundsätze, solide Ansichten und ein durchaus vertrauenerweckendes, sicheres ruhigeS und geietzieS Benehmen 'Als er um Inge warb. ,n der ruhigen und korrekten Weise, die seinem Ekarakter enisprach, galt eS von vornherein als selbstverständlich, daß man sie ihm geben würde. ES war ein unerwartetes Glück, das sich ihr bot, und es wäre eine unerhörte Torheit gewesen, dieses Glück nicht beim Schopfe zu fassen. So dachte man, jo sagte man ihr Sie glaubte es. Und so verlobte sic sich mit ihm, als sie achtzehn Jahre alt war. itzorvesuna fötalst Anerkannt vorzüglich! eine» i8ipl»vii8 ea 5 Liter Inhalt): ?ilMl lllMkl! Mark z.-. Mlicklier 8MN .... 2.50. MctMs HMen-kock. . ülarlc 4.-. I. Xulmdäckes kxpottbier kalk ?.50. kMcti!085cti6N-l.MrI)i6l- ^ 1.50. Lieferung für Dresden frei in'S Haus. Bestellungen erbeten an: Zrieürichstrils;e U «-rn-pre»« li«»r I, >i . l70, lind I- 202S. k-icdt'kOrl Vor«ck,-od«n «1!« ölstN'inx. d^H ds, pktcklrunssan d«r -Vxrtziw 6»k>ct»«n und Lkn- Il'tlis lw!l>n. koi N'ist« v, tlsirwricqrr. Vorzcklviw.unr. kLtLrrttcn «tc. sind k^av's Lckts 8llä6llkl' Niliki-al-k'aslÜIkll «in vj»I und lL-'k orprodr,«>s Hsmvdium. k!iu i nar rnxsOd-'i-?»nom man. rll-aiML! ksisno ?«r,ruli1k«l,. ,n d«r UII«n «md - und »u.'k dls ksl-taL.:kix,t« vor*. >iivlnd«t *ckje'in>8sr. ^ Aan k.iuH dt» s'LzlillHs, IN LÜVN XvoN,»k«n. Orc)L«sjsn nvd >lin«rnI^4rssrkLQdIunxtzn rum von «tz klelcti'. l.icltt-. lllingel-, Men-. leleplisn-. selbsttätige feuemeilie- nviiie Slilrsbleitei' AnIsgen. auch Reparaturen bestellender Anlagen liefern in solidester Ausführung irvklLOr tzL Vrvsävll, Zskt ULrisQsirLSLs 3O Bei der Inventur ansgcjchieden tLllsonä Strrmsstesvr», s welche ich den 8-, O. an,! I0.4o»ai,r zum Verkauf stelle. Es kosten lange, echte Straußfedern, ohne Stiel gemessen stst am lang, circa lä ein breit, nur 2 Mk. 60 Pf., brettere und längere Federn 8, 4» tt und 8 Mk., kleine Federn 20 Pf.. 60 Pf. und I Mk. I>ei »Inme»n Lvrniom» 8rr.L§ölLtrLLSs 12 Labend. eiMcbeml I auk äsr Iteise, im Ddestsr «te. virkt vis kein Nlläorvs Uittol » Vell-SodotzolLcko. * Dieselbe ist kruttiir im Xalcnaxonekmnck unä dennoch rart und anxsnskm mundend. kreise: 25 kk. pr. Distel. 10. 50, M, 75 ID. u. 1 A. pr. Karton. 6c Vopiol, I 8Mll-8c1ni6ll8c1nK Buchführung. Korrespond.. Rechnen. Slenvgr.. Maschineschreiben rc. 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