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- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1902-11-12
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19021112019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1902111201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1902111201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1902
-
Monat
1902-11
- Tag 1902-11-12
-
Monat
1902-11
-
Jahr
1902
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dürfen aber. wenn sie unsere Mitglieder bleiben wollen, unter kc.ne« umstanden einen So »taldemotraten wählen, auch nicht tn der Stichwahl. Der Kamerad, der nachgewiesenermaßen de» einer Reichstaas- oder Landtagswahl einem Sozialdewvtralen leine Stimme gegeben bat, muß au» seinem Vereine ausgeschlossen werden, Weigert sich der Verein, den Ausschluß herbei ^sichren, so muß der Verein ausgeschlosscn werde» Was von de» Reichstag»- und LandtaaSwahlen gilt, Hot auch für die kommunalen Wahlen Geltung, den» die Wal) eine» Sozialdemokraten in «inen städtische» Vertrelunaskörper be deutet gleichfalls eine Unterstützung der Sozialdemokratie," - Leipziger Schillerfeier. Schiller» Geburtstag ward auch diesmal in Leipzig pietätvoll, wie immer, festlich de- Am vormittag des 10. November fand vor .dem ^chillerhaus« zu Gohlis bie übliche einfache, aber erhebende Frier statt. In der 11. Stunde bildete sich vor der 4. höheren Bürger schule au» dem Lebrerkollea, Vorstandsmitglieder» des Schiller- Vereins und den oberen Schüler- »nd Schüleriiinen-Klassen die er Schule ein Jestzua, der sich mit Miljikbegleitung nach dem festlich geschmückten Schillerbause begab .vier sang die Festaemeinde die ersten zwei Strophen des LiebeS „An die Freude". Daraus hielt Dr. WUbelm Henzm eine gedankenreich« Ansprache, in der er einen treffenden Vergleich zwischen Schiller » und Luiker'» erste», öffentlichem Auftreten und ganzer Persönlichkeit zog und besonders daS lebendige Gottesbewußtsein beider Männer yervorhob. Tann legte unter kurzer Ansprache eine Schülerin einen Kranz an der Erinnerungstafel des Schillcrhaujes nieder. DaS Absingen der letzten Strophe ,des Liedes „An die Freude" bildete den Schluß der schönen Feier. Der vom Schillerverein veranstaltete Fest- abend am 10. November fand die» Jahr zum ersten Male im groben Festsaale de» Central-Thcaters statt, der säst bis zum letzten Platze besetzt war. Den ersten Thcil bildete der Vortrag von Ängerer's ..Gothentreue" durch de» Blüthner'schen Gesang- verein und die längere Festrede des Professors Dr. Wvchgrain aus Berlin, vormals Direktors der höheren Schule für Mädchen zu Leipzig, über Charlotte v. Lenaeseld. In dieser Festrede ent- warf Professor Wychgram ei» vollständiges, liebevoll gezeichnetes Lebensbild der edlen Frau, deren woblthätiaer Einslutz aus ihren Gatten sowohl als Menschen wie als Dichter den andächtigen Zuhörern dargethan ward. Der zweite Thcil des Abends wurde durch Vorträge des Blüthner'schen Gesangvereins, wie durch solislische Darbietungen der Damen Aibertine Zehme-Salran, Aenny llntucht, sowie der Herren Urlus und Volrncr ausgestillt. Fahlreiche Besucher des Festabends blieben nachher »och bei einem Festmahl vereinigt. Den Schlub der diesiährigen Leipziger Schillerseier bildet die Ausführung der „WaUeiisle>n"-Trilogie im Neuen Theater am II. und 13. November. — Einen genußreichen Abend bot de, Bezirks- und Bürgerverein der Friedrichsladt am Freitag leinen zahlreich erschienenen Mitgliedern durch Vorträge der Herren Oberlehrer Mißdach und Schmidt über „Bilder aus der Heimath" Wahibelt und Dichtung. Ernst und Humor wechielien ab Ter eiste Vortragende führte in erichöpsendec und sehr eingehendei Welle vier Bilder vor. die gegenwärtig das Interesse der Be wohner besonders erregen: I. die alte kuriürstliche Schäferei. 3 das ehemalige Freimnurerinililur an der Schäieriirabc. 3. das Denkmal König Antons dcS Gütigen und -l. die Morienbrückc. Ausgehend von den Worten: „Am windigen Alten in Treue halten, am kräftigen Neuen sich stäiken und freue»" schilderte er die vier Bauwerke als Denkmäler eines welle sorgende» Fürsten- hauics. eine» fleißig schassenden Volkes, der werkthäkigen Menschen liebe, iowic des mächtigen Auilchwunges Dresdens >»r Großstadt und endlich als Merksteinr in der Entwickelung der Friedrichsladt. Im Anschlüsse hieran gab der zweite Vortragende eine überaus humorfflstche Schilderung der Friedrichsladt in historischer Bezieh ung. Eingehend behandelte er die „Schäferei". daS „Pumv- häuSchrn". die „Gate" („Gailhof zum Adler"», die „Nadeln der Kleovatra" (Obelisken an der Weißciitzitraße» und die „Hauvt- markthalle". Reicher und wohlverdienter Beilall lohnte den beide» Rednern. AnS den an die Vorträge sich anichliebeiiden Mlttkeil- unaen sei noch he,vorgehoben, daß der über 450 Mitglieder zählende Verein besonders auch bemüht ist, die christliche Nächsten liebe durch lährliche Beiträge zur Suvvenipellling armer Kinder sowie durch Christbescheningen z» bethätigen und so nach Kräften der Noth und Armuth zu steuern. — Im Saale des F ra n e n sch » tz e S. Neustadt, George» strafe 3. part.. wird heule Abend 8 Uhr Herr Pastor Heinemann einen Vortrag halten über: „Die Stellung der Iran in Ver gangenheit und Gegenwart." — Ein Berliner Blatt läßt sich telegraphisch aus Dresden melden, daß gestern Vormittag ein Kritiker eines Dresdner Blattes auf der Redaktion von cmem österreichische» Offizier überfallen . worden sei. Wir gehen wohl nicht seht, diele Meldung auf eine» Vorgang zurückzusübren, der sich gestern Bormitiag in dem Sprech zimmer der Redaktion unseres Blattes abgespielt hak. Etwa un, E-II Uhr batte sich bei einem Redakteur mittelst Visitenkarte, auf -der ein czechiich klingender Name z» lesen ist. ein Herr im Alter von einigen 20 Jahren melden lassen und wurde im Sprechzimmer empfangen. Der Besticker fragte mit dentich-englischcin Accent in ganz höflicher Welle, ob der Redakteur der Benaiier einer in unserem Blatte erschienenen Kritik sei. Als diese Frage bejaht wurde, nahm der Fremde eine unverkennbar bedrohliche -Haltung ein. Aber ehe er »eine erkennbare Absicht erreiche» konnte, wurde ,hm von der anderen Seite in io nachdrücklicher Welle eine Abfertigung zu Theil. daß er i» kläglichster Welle die Fluchi ergriff. Er stürzte hierbei »o rasend die Treppe hinunter, daß er mehrere Leute heftig anrannte und diele in den Glauben verletzte, daß sie es mit einem Ttzebc zu ttmn Kälten. — Der Verein zur Wahrung gemeinsamer Wirthschafts- rnteressen der deutschen Elektrotechnik hält am 20. d. M. in Frankfurt a. M. eine allgemeine Versammlung ab. — Die für hinterlaisenc Töchter höherer sächsischer Staats beamter und Militärs bestimmte M a r i a n n en st I f t u ng der Baronesse v. Eberstein in Sck> ö » efcld wurde in den letzten Tagen ihrer Bestimmung übergeben, nachdem eine Einweibungs- feier ln Gegenwart der Kuratoren der «tistnnci. Herren Amts- bauptmann Hrink und Pfarrer Stöckel, der Stistsdamen und eines besonders einaelodenen Publikums stattgefimden halte. — Der Gesammtauflaoe der heutigen Nummer liegt ein Prospekt der Buchhandlung Karl Block in Breslau I, Feldstraße 31e, über „Weltall und Menschheit" bei. Dieses neue hervor ragende Prachtwerk Han« Kraemcr' S bringt zum ersten Ma le im Zusammendange die Reinltate der Foiichuimstkätigkeit dreier Jahrtausende hinsichtlich der Beziehungen des Menschengeschlechts zum Weltall und seinen Krästcn zur Darstellung Die Mit arbeiter. zumeist Uiiiversitäts-Proiessoien von großem wiffenlchast- . sichen Rute, haben ln gemeinverständlicher und fesselnder Form die einzelnen Gebiete bebandelt. Zahlreiche Text-Illustrationen und viele prächtig ousgcsührle farbige Knnslbcilagen fördern das Vcr- ständnitz des Inhaltes. — Außerdem liegt für die Stadtauilagc rin Prolpekt über die neue Schreibmaschine , 7) ost", Modell Nr. 10. von Woldemar Türk, Rönigl. Säch». Hoflieferant, DrcSden-Altstadt, Ratddaus. bei. — Landgericht. Die Handclsfrau Anna Christiane Kümmel von hier wird beschuldigt, bei», Verkauf ihres in cinein Hause der Jrledrichstraße befindlichen Produktengcschästs die Käuferin durch unwahre Angaben über die Waarcnvorräthc und die Rentabilität deS Geschäfts betrogen zu haben. Da die Ange klagte den Beweis erbringt, daß das Geschäft bei genügender Gefchoftskenntniß und Rührigkeit der Inhaberin wirklich den an gegebenen Tagesertrag brachte, wird sie nach längerer Beweis aufnahme sreiyesprochem — Wege» eines in Meißen begangenen Zechbetrugcs ist der Provisionsreisende Wilhelm Paul Nicolai vom dortige» Schöffengericht am 27. August zu 2 Wochen Ge- fängniß verurttzeilt worden. Das Berufungsgericht bestätigt die ousgeworfene Strafe als durchaus angemessen. — Der in König- stcin geborene, in Heidenau wohnhafte Schlosser Richard Max ubermann unterhielt im Anfang dieses Jahres mit einer beim Konsumverein in Mügeln bedienstetcn Verkäuferin ein Licbes- vcrhättniß, welches jedoch durch das Mädchen gelöst wurde. Als am 1. Mai die Mitglieder des Konsumvereins einen Ausflug unternahmen, suchte sich U. dem Mädchen wieder zu nähern, wurde aber abgewiesen. Aus Aerger darüber versetzte der abgewiescnc Liebhaber dem Mädchen einen Faustschlaa in's Gesicht und mehrere Stöße vor den Leib. Die Angegriffene erkrankte in der Folge an einer Unterleibsentzündung, ist aber wieder völlig her gestellt. Das Pirnaer Schöfscngencht verurtheilte den rohen Patron zu 1 Monat Gesängniß. Die von dem Verurtheilte» eingelegte Berufung wird von der 4. Strafkammer kostenpflichtig verworfen. — Der LandichastSgärtner. jetzige Dicnstmann Otto Eduard Hochmuch aus Kotzschenbroda holte in Gcmeinschast mit 2. »et zeit aus Gärtnereien zu Kötzichenkroda und Nauudon etioa 30 Rosensträucher und 300 Htück Johannisbeersträucher im Ge- sammlwerthe von mehr als 200 Mt. H. unterschlug ferner als Kafjirer des Gärtnerverelns Äötzsäieiibroda in der Zeit vom ebruar bis 29. April d. I. 105 Mk. Kajsengcldcr. Er wird 0 Nkvnaleii, Spindler zu 4 Monaten 9 Wochen. Juhr zu „ -konnten, Seifert zu 1 Monat Gesängniß verurthcili. Den drei Erstgenannten wird die Untersuchungshaft mit je 2 Monaten in Aiirechnung gebracht. — Die iiiehrsach vorbeslroslc I8jähriae Dienstperson Olga Klara Jllaeu aus Brand bei Freibcrg stahl im Dienste eines Uebigaucr Gastwirths eine größere Menge von KleidungS- und Wäschestücken. Die 3. Strafkammer erkennt aus 1 Jahr 3 Monate Zuchthaus und 5 Jahre Ehrverstfft. — Ter vowesliafle Maler Georg Adots Flemming au; Münsterberg erbot sich, einem hiesige» Bauuntcrnchiner eine Hhpolhek zu be sorgen, empfing auch 5 Mk. Kostenvorschuß und steckte diesen ein Das war aber auch die einzige Bemühung des Vermittlers. Diese Handlungsweise kennzeichnet sich als Rücksallbelrug und bringt den» F. 5 Monate Gesängniß ein — lieber mehrere, in, Jahre 1890 verübte Slrasthaten hat sich der aus Oberschlcsicu gebürtige Stellmacheigehilse Paul Bruno Hoppe zu verantworten. Er stahl damals in Seebschütz, Niederjahna »nd Jcserih einige Kleid ungsstücke. ging dann »ach seiner Heiinath und wurde erst in jüngster Zeit als Tbäter ermittelt. Auf die ihm aufcrlcgte Ivmonatige Gefängiiißslrase wird die Untersuchungshaft mit 1 Monat angerechiict. — Aus fahrlässige Tödtung und gesäb» liche Körperverletzung lautete die wider de» Kutscher Franz Hruby aus Pinkowitz erhobene Anklage. Am 16. Juli hatte er einen mit 80 Centncr» Steinen beladenen Wagen nach einem o» der Kreuzung der Körner- und Bismarckitraße in Eo'chütz gelegenen Bauplatze zu leiten. An der ZusahrtSrampe spielten einige Kinder, welche sich zwar auf den Zuruf H.'s entfernten, aber bald wieder kamen. Trotzdem fuhr H. darauslos. Ein llttiährigcs Kind wurde von dem Vorderrad« des Wagens erfaßt und über fahre». Dem armen Kinde wurde der Kopf zermalmt, sodaß der Tod auf der Stelle cintrat. Nun scheint ober H. durch diesen traurige» Fall durchaus nicht belehrt worden zu sein. Nach einer aus der Vogelwiese durchzechten Nacht führte er am 4. August eine Fuhre nach der Hansastraße aus. Der Kutscher schlief und wurde plötzlich und recht unsanft durch das Geschrei von Kindern erweckt: der Wagen hatte em 18 Monate altes Mädchen überfahren. Das Kind erlitt einen Schädclbruch, ist aber trotz der schweren Bcr- lctzungen wieder hergestellt worden. Die von Hruby bewiesene grobe Fahrlässigkeit wird von der 3. Slraskammcr mit 1 Jahr Gesängniß geahndet. — Zu 3 Jahren Gefängnis; wird oer ILjänrige Schulrnabe. jetzige Anstaltszögling Paul Emil Ebert aus Schede witz verurtheilt. Der ungcrathenc Bursche mußte aus Verfügung des Ttadtraths zu Zwickau in der Besserungsanstalt Brännsdors unlcrgcbracht werden. Ta ihm die dortige strenge Zucht nicht behagle, beschloß er, nach TreSdcn zu gehen und vom Könige die Entlassung aus der Anstalt zu erbitten Am 16. Juni entwich er heimlich aus Brännsdors und nahm »einen Weg über Frcibera. Roßwcin. Meißen, Kötzschcnbroda, Kad:tz, Pieschen nach TreSdcn. unierwegs in Büschen und Strohfeimen übernachtend Um die Anstaltsklcidiing los zu werde», verübte er zunächst in einem Vor orte von Roßwein einen Einbruch und stahl die notkuvendigcn Kleidungsstücke. Nu» ging cs weiter, von Tors zu Tors, von Stadt zu Stadt, überall, wo es angängig war. stieg E. in Läden und Wohnungen ein, vergewisserte sich vorher durch An- klopfen an die Thürcn. ob Jemand anwesend sei. scheute sich auch nicht, Schlafstuben in Anwesenheit der schlafenden Bewohner nach Geld und Geldeswerth zu durchsuchen. Mit der Rossinirtheit eines ergrauten Spitzbuben hat der Bursche auf ic'ner Rene 10 schwere und 8 einfache Diebstähle bczw. Ticbstahlsversuchc ausgeführl lmd in den meisten Fällen Haares Geld davongetraacn, denn er wollte, um nach DreÄien zu kommen, „recht v:cl Geld haben". In Borstadt Pieschen versammelte er eine Anzahl gleich altriger Genossen um sich, unternahm mit ihnen Ausflüge, hielt die ganze Sippschaft zechfrei und kaufte Spielsachen und „Indianer- oücher". Am 2l. Anglist tauchte der junge Taugenichts zum erste» Male in Dresden ans und, ,,da der König nicht da war", ver- üble er in den folgenden Tagen eine Anzahl von Einbrüchen, mit unter zwei oder drei an einem Tage, und wurde endlich am 28. Juli bei einem in der Neustadt verübten Einbruch fest- genommen. Taye-geschichte Deutsches Reich. Die Montags-Sitzung des Reichstages nahm ein schnelles Ende: denn wegen Eintritts der Beschlußunfähig keit, wurde die Sitzung schon gegen 3-14 Uhr abgebrochen, ohne daß die Gesamnitlieit der beim § 5 des Zolltarispcsetzcs vorzuiiehmcndcu namentlichen Abstimmungen zur Erledigung gelangen, geichweige denn die Debatte über den nächstfolgenden Paragraphen be gannen werden konnte. Im Ganzen waren lieben namentliche Abstimmungen angesagt. aber schon bei der stillsten kam es zum Klappen, und zwar unter Umständen, welche dem Eifer und der Beharrlichleit der Mehrheitsparteien kein gutes Zeugniß aus stellen. Zn einen, beschlußfähigen Hause ist die Anwesenheit von 199 Mitgliedern erforderlich. Eine solche Präsenz omzu'brinaen. sollte der Mehrheit nicht schwer fallen, denn wenn man von den wenigen durch Ableben ihrer Inhaber sreigewordenen Mandaten absieht, setzt sich das 397 Mann starke Haus aus 287 Anhängern und nur 110 Gegnern der Zolltartfresorm zusammen. Bei der ersten namentlichen Abstimmung nun war dos Stimmenverhältnis; 165 : 54; bei der zweiten 160 : 64: bei der dritten 160 : 56: bei der vierten 157 : 57 und bei der fünften »nd vorläufig letzten 149 : 42. Die Opposition hatte augenscheinlich nachgerade die Lust verloren, den Zolltarisfreunden die Kastanien aus dem Feuer zu holen. Man mag darüber denken, wie man wolle. — aus leben Fall fällt der Löwenantheil der Verantwortung dafür, daß es schon so bald zur Konstatirung der Beschlußunsähigkeit kam. der Mehrheit zu. die sich im Verlause von nur zwei Stunden ihre Präsenz von 165 bis auf nur 149 verringerte. Aus Gründe», die schwer zu verstehen sind, wenn man nicht annehmen will, daß in den Mehrheitsparteien das Vertrauen zu einem glücklichen Ausganoe der Sache in rapidem Maße zu Jchwinden begonnen habe. Eine andere Erklärung ist kauni zulässig, dem, wie soll cs onst geschehen, daß oei Abstimmungen, wo die Entscheiduna über den weiteren Fortgang der Verhandlungen auf des Messers Schneide sieht, 16 zur Mehrheit gehörende und ausweislich der ersten Abstimmuna in Berlin und sogar ün Hause selbst befind liche Abgeordnete hinterher verschwinde» und so als Endergebnis; eine» verlorenen Tag herbeisühren helfen. In einer Zeit zumal, wo jeder einzelne Tag in die Waagschale fällt, wo jeder einzelne Tag vor Weihnachten von Werth ist. Was denkt sich, so muß man fragen, tue Zolltarismchrhcit. wenn sic in solcher Zeit versagt und sich gewissermaßen auf die Guimüthigkeit der Opposition verläßt'? Aus solche Weise bricht man jedenfalls nicht den W>dcr- tand der Opposition. — Zur Sache bemerkt die ..Dtsch. Tgs.-Ztg.:" „Daß die »Sozialdemokraten gegebenen Falles obstnttrcn würden, war unbedingt voiausziiiehen. Wenn angesichts einer derartigen Sachlage die Mehrheitsparteien nicht im Stande sind, ihre Leute zusammen zu bringen und zusammen z» holten, so thäten sie besser, den Kamvf gleich austugeben. Was Hilst das Schimpfen über die Obstruktion, wen» die Mcbrheit nur ans dem Papier vorbanden, aber nicht am Platze ist! Man mag die Geschäftsordnung ändern, wie man will: wenn die Mehrheit nicht für sich allein beschluß fähig ist. so hilft keine Acnderung etwas. Gewiß ruinirt die Obstruktion den PartamentaiiSmns: aber ihr bester Hcliersbesier. ahne den sie vcrhästnißmäßlg wenig ausrirbten kann, ist der Absentismus, zu dentich die Schwänzern Wir schütten das Kind nicht mit dem Bade ans: wir haben immer mildernde Umstände zugebilligt. wenn »nd soweit es möglich, daß aber bei einer Gelegenheit, wie gestern, wo man allerseits wußte, was zu er warten war und was aus dem Spiele stand, die Mchrhettsvarteien die Beschlußfähigkeit nicht erhalte» kimnte». ist denn doch tief be- chämcnd. Wenn die Sozialdemokratie solche Zustände benützt, wer will ibr's verdenken?" Zur Frage derAbkürzuuo der namentlichenAb- timmungen schreibt man der „Post": „Wenn ein zeitsparender und sicherer Ersatz für die namentliche Abstimmung eingestihrt werden soll, io ist er nur in der Weise zu finde», daß die Zähl ung und Stimmabgabe durch Zettel in Fon» des Hannneliprungs tattfindct. Die Zählung in dieser Form erfordert 5b'iS8M!niiten. Die Sicherheit, daß jeder Abstimmende mir eine Karle, und zwar die ietnige, abgiedt, ist durch die Zähler gewährleistet. Die Möa lichkeit. daß am selben Abend die vcllständige Liste der Av- stimmenden vorliegt, ist gleichfalls geboten. Aus allen diesen Gründen ist dlAe Form der namentlichen Abstimmung un bedingt zu empfehlen. Der Abg. Singer hat als Vorsitzender der Geschäfts ordnung».Kommission de» Reichstag« die Mitglieder zur Entscheidung üder den prinzipiellen Inhalt dä GeschäftSorvnungS- autrages Broemel jur Donnerstag früh zu einer Sitzung beruf». Der Antrag betrifft die Frage, ob ein Beschluß des Reichtttags über oie geschäftliche Bcoaiidiung eines Gegenstandes in eine: witteren Sitzung wieder umgejroßen werden kann „ Der Großherzog von Hessen empfing den preußischen Minister Budde. «Wiederholt.) Jur slPhilippzuEulen bürg und Herlefeld, der nunmehr, wie mitgetheil», unter Verleihung einer sehr hohen Auszeichnung »> den zeitweiligen Ruhestand verletz! worden iji. Hai das Deutsche Reut, m Wien seit Juni 1894, also Jahre hindurch, vertreien Wie sein Monarch, der Kaiser Wilhelm, der ihm i» periönlicher Frenndjchajl verbunden ist und ans seinem Gute Liebenden, yäusiaer Gast gewesen, schenkte ihm auch Kaiser Franz Joseph sein besonderes Vertrauen, und der durch den leidende» Gesund yeilszustand des Botschafters bedauerlicherweise zur Nothwendig- kcit gewordene Rücktritt, des Fürsten von seinem Posten w»r> von beide» Souveränen, ebenso auch von der offiziellen Wett, und der deutschen Kolonie in Wien, sowie den zahlreichen Freun den, die sich dos Fürsicnpaar don erworben, gleichmäßig schw-'i empsnndcn. Fürst Philipp Eulenburg, der n» Februar scm 55. Lebensjahr vollendet hat, wird nunmehr ständigen Ansen: halt aus seiner märkischen Herrschaft Licbcnbcra nehmen, dem prächtige», alten Hertcscld'schcn Besitzthum mit stillen Landsccn und weitgcstrccklcn Laubwäldern, an dessen Schönheit das künst lerisch veranlagte Gemüth des Diplomaten mit so großer Liele hängt. Graf Eulenbura — den Fürstenlitel erhielt er ani l Ja nuar I960 — hat als Leutnant im Regimen! Gardes du Eorps den Feldzug gegen Frankreich milgcmachl und »ich das Esternc Kreuz erworben. Nach dem Kriege sludirte er die Rechte, trai aus der richterlichen zur diplomaliichc» Laufbahn über und war im preußischen und deutsche» Gesandlschaflsdienit thälig, bis c, vom Posten in München auf die wichtige Stellung nach Wien berufen wurde. An Ehren und Auszeichnungen, die seinen Ver diensten um das Vaterland entsprachen, hat cs in seiner amt lichen Laufbahn nicht gesehll. Sein Familienleben ist in gleicher Weise glücklich gewejeii. Tie Fürstin Auguste zu Euleiiburg. eine geborene Frenn von Sandels. einem alten, gräflichen Gcschlechtc entstammend und Tochter eines schwedischen Generals, hat in 26iährigcm, gleichgestimmtem Bunde ihrem Gemahl sechs Kinder geschenkt und cs verstanden, ihr Haus und ihr Adoptiovaterland. wo sie auch weilte, gleich würdig zu rcpräseniircn. In der letzten Zeit sind in der Tagesprcsse 'Miner bänsiger Nachrichten darüber ansgetaucht, das; die Arbeitgeber Deutschlands gesonnen sind, sich zu einem „Bund der Arbeitgeber" zu organisire», um den Kamps gegen die sozialdemokratischen Organi sationen mit Erfolg führen zu können. Tie letzte Nummer der „Deutschen Arbeitgeber-Zeitung" führt nun an leitender Stelle aus, daß ihre Gründung thatjächlich als erster Schritt zur Durch sühiung dieser Gesammlorgoiiisation des deutschen Unternehme, lhums erfolgte. Berlin, Hamburg und München seien die Städte, deren centraliiirte Arbeitgcberorganisatwncn berufen sind, den: geplanten Bund der Arbeitgeber als Basis zu dienen. Man gehe hierbei von dem Grundsätze aus, daß der geschlossenen Arbettcr- organiiation eine ebensolche der Arbeitgeber unbedingt gegenüber stehen müsse, wenn schließlich und endlich eine Verständigung er zielt werden »oll. Allen Arbeitgeber», sind ihre Interessen auch noch so verschieden, sei der eine wunde Punkt Streik gemeinsam. Daher sei es auch in erster Linie der von ocr Gesammtorganisation der Arbeiter allein diktirte und geleitete Streik, der als gemein samer Jntercssenpunkt den Anstoß zur Gründung eines Bundes der Arbeitgeber giebt. Der Bund der Arbeitgeber soll demnach unter Ausschließung aller politischen Thätigkcit, sowohl nach unten wie nach oben, den nackten Arbeitgeber-Standpunkt vertreten. Ter Artikel schließt folgendermaßen: „Wenn es gelingt, die Ver bände nnscrcr Zeit, an deren Spitze thatkrästige Praktiker stehen, zu», „Bund der Arbeitgeber" zu vereinen, so wird nach den ersten Erfolgen dieser snngen Gesammtorganisation zu deren wichtigstem Kamvszweck noch der Einssuh hinzutreten, der nach oben hin den Arbeitgeber vor Uebcranstrcngung seiner Kräfte im Dienste einer allzu straff gesvamsten und überstürzten sozialen Gesetzgebung zu bewahren vermag." Eine Resolution der ostpreußischen Provinzialsynode gegen das Duell ist mit folgendem Zusatzantrage ohne Debatte einstimmig angenommen worden: Tie ostprcußiiche Provinzial- synode legt dafür Zeugniß ob. daß dos Duell wider Gottes heiliges Wort und Gebot und daher Sünde ist, und erklärt, daß aus dem Wege der Verbreitung und Vertiefung christlicher Er kenntnis, seine Beseitigung zu erstreben ist. Oesterreich. Tie bereits erwähnte Kundgebung der Deutschen in Leitmcrltz gegen die Ernennung eines czechifchen Staatsanwalts nahm einen großartigen Verlauf. Zuerst tagte die Versammlung der Gemeindevertreter im Elmchloß- Pävillon. Tort sprach u. A. der Abgeordnete Wolf, der Folgen des aussührtc: „Wir erinnern uns unserer Nationalität immer erst dann, wenn wir mit Gewalt ausgerüttclt werden. Eine Ge sundung unserer inneren Verhältnisse sei nicht möglich, so lange unter den, Scheine einer denlschfreundlichen Außenpolitik eine dcnttchfeindliche innere Politik in Oesterreich maßgebend sei. Wir müssen die Zollunion mit dem Deutschen Reiche vorbereiten, es können z»m Schutze der einzelnen Industrien immerhin vorerst noch Zwischcnzölle anfgerichtet werden. Wir Deutschen habe» stets nur Rücksicht aus den Staat genommen, wir haben die Blut- steucr getragen, wir tragen die Hauvffleuerlost, nun wollen wir endlich einmal die Volksinteressen in den Vordergrund stellen Der Gedanke eines näheren Verhältnisses mit dem Deutschen Reiche ist die einzige Grundlage jür eine gesunde deutsche Politik." «Großer Beifall.j Abg. Dr. Tlckxni beantragte sodann folgende Entschließung, die einstimmig angenommen wurde: „Die Vc,- sammlung »ordert die staaisgrundgesctzliche Festlegung der deut sche» Sprache als Staatssprache, weil dies das einzige Mittel ist, den unseligen Nationositätenstteit zu beseitigen und dem Staale eine dauernde Grundlage für die nothwendige wirthschast- liche Entwickelung zu geben. Die Versammlung fordert deshalb alle Deutschen auf, die staatsgrundgcsetzliche Festlegung der deut schen Sprache als Staatssprache nnt aller Energie zu verlangen und nicht eher zu ruhen, bis diese gerechte Forderung endlich er füllt ist. Weiter fordert die Versammlung von ihren Abgeord neten, daß sie allen weiteren einseitigen nationalen und wirst,- schaftlichen Anforderungen der Czechen, die nur aus Kosten der Deutschen in Böhmen erfolgen können, auf das Kräftigste ent- gegcntreten und deren Verwirklichung mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln verhindern." — Hieraus fand eine große Volks- Versammlung auf dem Stadtplotze statt. Auf dem StaLIplatze vor dem Gemeindchause war eine Tribüne errichtet, die in Schwarz-Roth-Gold und in den Stadtfarbcn Blau-Gelb dekorirt war. Als um 3 Uhr Nachmittags Bürgermeister Tr. Funke die Volksversammlung eröffnet,-, umstand eine Menschenmenge, die auf 5000 bis 6000 Kövsc geschätzt werden darf, die Tribüne. Aus allen Bezirken des .Krcisgcrichtssvrengcls waren Thcilnchmer herbeiaekommen, und in dieser maffcnhastcn Bctbeiligung, wie stc schon seit Lanacm keine Versammlung in Tcutschböhmen ouszu- weisen hatte, siegt auch die politische und nationale Bedeutung der Kundgebung. Es läßt sich nicht mehr leugnen, daß die deutsche Bevölkerung sich gegen die ununterbrochene Zuwanderung czechischer Beamten in's deutsche Sprachgebiet energisch auszu bäumen beginnt. Es wurde eine Entschließung angenommen, m der cs heißt: „Die Volksversammlung erkennt in der jnslcviatijch von der Regierung betriebenen Ezechisirung des Beamtenstandcs im deutschen Sprachgebiete eine schwere Bedrohung des 'Deutsch- tbnms in Böhmen und eine Verhöhnung des deutschen Volkes in Oesterreich, das nicht nur die Hauptstütze des Reiches bilde!, pudern auch den übrigen Nationen der Monarchie die Kultur vermittelt hat. Die Volksversammlung spricht aus diesem Grunde der Regierung die schärfste Mißbilligung aus, und fordert von ihr, daß sic künftighin bei allen Gerichten und Verwaltungs-Be hörden der deutschen Bezirke des Kronlandes Böhme» nur deutsche Beamte und Diener anstelle und die czechischen Beamten allmäh lich entferne: insbesondere fordert die Versammlung die unac- äumtc Versetzung des für den Lcilmcritzer Kreisgerichtsiprengel neu ernannten Staatsanwaltes." Die mächtige Versammlung nahm einen ungestörten Verlaus. Ein Zwischenruser gegnerischer Gesinnung wurde ohne großes Aussehen entfernt. Am Schlüsse der Versammlung richtete noch Dr. Funke einige kräftige Worte an die Menschenmenge, die dann die „Wacht am Rhein" onstimnste und sich hieraus ruhig zerstreute. Im Abgeordnetenhause kam es gestern bei Berathung,üe> DrlnglirLkeitSimtiäae und Interpellationen der Sozialdemokraten »nd der Christlich-Sozialen wegen der Vorgänge bei der Wiener "andtags-Stichwahl m Favoriten zu stürmischen , ärmscenen zwllchen beiden Parteien, die auch während der Rede des Ministerpräsidenten v. Koerbee andauerten, in d« dieser eine genaue Klarstellung zusicherte. Auch die Rede dr» Gastal- Dresdner Nachrichten. Nr. »LS. Seite ». »» Mittwoch. 12. November 1002
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