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823 - - 822 - nubeantwortct. Dann fiel ihr ein — was soll er auch antworten? Ihm ist's ja ganz gleich, wo sie weitl. Also reisten sie ab. Fräulein Malve sah dein nach Bnchbronn rollenden, mit Kostern bepackten Wage» verdrossen nach. Tann ging sie „ordnend" durch all' die leeren Räume, guckte hier in ein leeres Fach, dort in den Papierkorb, hier in ein Buch, welches als Lektüre gedicnl hatte, slöbcrle und schnüffelte und trug immerhin einige Trophäen in ihr stilles Stübchen. Auch sie hatte sich einige Tage Urlaub erbeten, um ihre, ach, leider recht ichwache Tarne Beuthen zn besuche» — und obwohl Flore wieder solch' eine lähmende kalte Empfindung spürte, als fasse sie Geisterhand im Genick, konnte sie doch nur die Erlaubnis; erlhcilen. Was hätte' ein Verbot genützt? — So lief denn der Bahnzua an einem srenndliche» Tage Ende Juni in der herzogliche» Residenz ei», um Fräulein Malve in mottenfarbcnem Staubmantel und schuhendem, großem. braunem Srrohhut an Land zu sehen. Mit trippelnden Schritten eilte sie der Stadt zu. in welcher die pensionirte Hof dame ein bescheidenes, aber komfortables Quartier in einer engen Gasse iiine hatte. Diese Gasse war dem herzoglichen Schlvs; so nahe, wie es die Bescheidenheit nur gestattete, sich vorzndrangen, und wenn sie sehr eng und holprig war, so mussten dafür die malerischen Häuschen entschädigen, die säst alle in kleinen Gärtchen standen. Tie schwach gemeldete Tante sas; in außerordentlich behäbiger Fülle und in robuster Gesundheit auf dem Sovha des Wohnzimmers und hielt der Richte gnädig eine volle Hand zum Kusse hin. „Also hier bin ich!" sagte Malve und streifte mit dem faltigen, dünnen cstaubmanlei gewisser maßen auch ein gut Thcil Unterwürfigkeit und süßliche Salbung ab. Sie lispelte nicht mehr, sic sprach mit einer gewissen Energie. Fräulein von Beuthen nickte und musterte den Anzug der Nichte. Diele trug ein schwarzseidenes Kleid und um den Hals ein Kettchen mit Medaillon, auch goldene Ohr gehänge und ein Armband, an welchem einige ungewöhnlich schVne Steine funkelten. „Geschmückt mit den Gaben Ihrer Hoheit, wie Du siehst. Ich dachte, sie könne sich's vielleicht in den Kopf gesetzt haben, mich heute noch empfangen zu wollen." „Sehr richtig. Sie schickte heute früh eine» Hoflakai mit dein Ersuchen. Du möchtest Dich, sowie Tu gekommen, bei ihr melden lassen." „Ich bi» halb verschmachtet." sagte das Fräulein ver drießlich. und habe mich mit meiner Reisetasche geschleppt. Ich dachte doch, ich würde am Bahnhof eine Abholung und hier ein warmes Essen finden." Tie Tante sah piguirt ans. „lieber Eauipage verfüge ich nicht, und zu dieser Zeit giebt's bei mir nur Kaffee. Bitte klingele, dann wird er gebracht." Ein Stubenmädchen erschien in der That mit dem Gewünschte», und die beiden Damen schlürften den braunen Trank. „Tu hast lange nicht geschrieben, Malve — ist denn so gar nicht-- paisrrt?" „Rein." versetzte Ria lue abweisend. „Und trotzdem hast Tu um eine Audienz iiachgestrcht? Wie reimt sich das zusammen! Das Fräulein zuckte die Achicln und strich sich eine Buttevcmmel. „Wer weiß !" sagte sie gelassen, „vielleicht habe ich diese ganze Misere dieser bodenlos langweilige» Eristcnz satt und kündige Hoheit de» Dienst!" „Nnsinn. Kind! Sv dumm wirst Tn doch nicht sein! Eine solche Gelegenheit. Ersparnisse zn machen, findest Tu ja nie wieder. Und was soll denn nachher werden '!' Ich kann Euch nicht unterstützen." „Ach, das weiß ich ja Alles! — Was Hilst mir's auch. Ein armes Mädchen mutz sich eben in jede Behandlung fügen und auch noch dank bar sein." „Werde nur nicht larnwhant. sondern sage mir lieber, was Du Hoheit berichten willst. Kommt Karl Otto etwa wieder?" „Vielleicht auch das! Nein, frage mich nicht, den» ich habe nichts zu erzählen. Ich wollte mich nur einmal wieder bei der Hoheit in Erinnerung bringen, gerade, weil nichts paisirt ist." Fräulein von Bcuthen's volles. rotheS Gesicht sah mißtrauisch aus — aber sie mußte sich wohl oder übel ergeben. Eine Stunde später hatte ihre Nichte den Staub- mantcl gegen ein schwarzes Snmmetjaauette vertauscht und den braunen Strvhhut gegen einen zierlich mit blauer Winde garnirten runde» Fa^onhnt: Helle Handschuhe, ein Strnßenfächcr und ein in Kau lla Lotugna getränktes Taschentuch vervollständigten ihre Toilette, und so begab sie sich nach jenem Flügel des herzogliche» Schlosses, den die ver- wittwete Erbprinzeß bewohnte, und von welchem, wie Volksmund sagte, viele Fäden aus- liefcn, an denen die hohe Frau das Wohl des Landes in fester, vorsichtiger Hand hielt. Es war landbekannt, daß, wenn Prinz Carl Otto bei seinen wcitslrebenden Plänen eine Gehilfin habe, dies seine Schwägerin sei. Die Erbprinzcssin, weiche das Fräulein von Lindcnbach in völlig privater Audienz empfing, war eine jener Erscheinungen, bei denen nnbefangene Zuschauer Vvrtresflichkeit. Güte und Klugheit als selbstverständlich vorauSsetzen, von der Ueberzeugung geleitet, daß das harmonische Gleichgewicht und Ebenmaß des Körpers dem der Seele entsprechen müsse. — Sie hatte eine junonische Figur, mit deren Höhe und Haltung ihr reiches, licht blondes Haar und die fast antike Regelmäßigkeit des Profils vortrefflich harmonirten. Sie trug eine Stuarthaube aus stumpfem schwarzen Krepp, deren weitgeschweifte Bogen einen malerischen Rahmen für das Helle, hoch aus der Stirn gestrichene Haar abgabcn. Ihre Augen waren weit geöffnet und von sehr Hellem Blau, fast ohne Wimpern und Brauen, aber schön geschnitten. Sie hatten einen klaren, kühlen Blick. Der Gesammt- cindruck war der von fast männlicher Kraft, Ruhe und Energie. Man hätte dieser, so schnöde um ihre landesmülterliche Zuknnst betrogenen Fürstin gar keine Nerven zugetraut, solange man nicht ihre Hand beobachtete — und wem fällt denn wlches gleich bei? Wer cs aber that. der bemerkte bald, daß dies die Hand der nervösen Frau sei. Auffallend lang und im Gegensatz zur übrigen, fülligen Erscheinung fast abgezehrt, mit einem un ruhigen Spiel der Finger und gelegentlichen Zucken belastet, welches so gar nicht in Einklang stand mit der ruhigen Wurde ihres Auftretens. Fräulein Malve tauchte und tunkte sich über das spiegelnde Parguet des Privatboudons. wie ein kleines Boot bei starkem Wellengang seinem Ziel entgegen steuert, bis sie die dargercichte Hand erfassen und an die Lippen führen durfte. „Hoheit hatte» die Gnade!" Die Erbprtnzessin saß vor ihrem Schreibtisch, ein wenig zur Seite gewandt in einem Fauteuil. Ihre Arme ruhten auf den Seitenlehnen, und ihre langen schlanken Finger griffen so hart und fest in den weichen Plüsch, daß sie sich säst krümmten. „Ja, liebe Lindenbach, ich freue mich in der That. Sie einmal wiederzuschen — treue Seele, die Sie sind! Hoffentlich ging es Ihnen immer gut?" „So gut wie es mir, fern vom Hose, ergehen kann. Mich tröstet, daß ich mich Hoheit hi» und wieder nützlich erweisen kann. Uno ich bestrebe mich, mein Bestes zu thun. wahrhaftig." Die Dame nickte. „Wofür ich Ihnen herzlich dankbar bin. Wie ich eben sehe, liebe Lindenbach, tragen Sie keinen Ring. Würde ich Ihnen eine Freude machen, wenn ich Sie bäte, sich unter diesen, die mir ein Juwelier kürzlich zur Airsicht schickte, einen auszusuchen. Fräulein Malve stutzte, stammelte und entschloß sich endlich, de» bcscheidendsten zu wähle», worauf ihr ihre Gönnerin de» kostbarsten überreichte. „Ein kleines 8ouvvllir — da! Bitte, keinen Dank. Und nun letzen Sie sich und erzählen Sie mir ein wenig von ihren Erlebnissen. Oder hätten Sie »nr gar nichts aus ihrem stillen Waldwinkel zu be richten?" Ihr Ton war so gemessen sreundlich. ihr Gesicht so ruhig, daß kein Mensch hätte ahnen können, in welch' verzehrende Aufregung sie des Fräuleins Bitte um eine Audienz versetzt hatte, denn sie konnte zum erste» Mal nicht begreifen, über welche Dinge sie dctarllirtcn Bericht zu erwarten hatte. „Ich habe ja Einiges miterlebt, und. wie mir Hoheit empfahl, täglich gewissenhaft in meinem Tagebuch eingetragen, hielt es aber für werathcner, diesmal in den Briefen an meine Tante nichts zu erwähnen und Hoheit dies Tagebuch persönlich zu überreichen." Sie wickelte ein längliches Päckchen aus dem Seidenpapier. welches den Inhalt nmschloß. Die Prinzessin mußte das Buch schon kennen, sic griff darnach, schlug auf und blätterte: „Bis hierher kam ich damals. DaS war, wie sie zu Weihnachten hier waren ? Richtig! Ach, Sie haben seitdem «ehr viel geschrieben, wie ich sehe. Zuviel, um es gleich durchzulescn ... ich werde also das Buch hier behalten und mit Aufmerksamkeit lesen. Indessen könnten Sie mir doch sogleich mündlich eine kurze Ucbersicht geben." „Dazu bin ich gekommen, .Hoheit. Ich dachte mir, daß das. was ich zu berichten habe, mehr Inter esse verdient als irgend etwas, was sonst im Lause dieser fünf Jahre sich in Schloß Wessel zugctiagcn hat." „Ich höre!" sagte die Fürstin mir leichter Ungeduld in der Stimme, ihre Finger spielten auf den Lehnen des Annstuhls. Alles zusammen hieß: Mache keine Umschweife, meine Zeit gehört wichtigeren Geschäften! Und doch gab es eben nichts, was ihr trächtiger gewesen wäre, wofür sie mehr Zeit gehabt hätte! Die Lindenbach begann sogleich : „Also meine Gräfin hatte, während ich nach Weihnachten hier war, den Besuch ihrer drei Schwestern erhalten. Als ich zurncklehrte. fand ich nur noch die jüngste vor. welche den Winter über in Wessel blieb. Ich habe, wie Hoheit sehen wird, jeden Tag eingetragen, was mir von den Gesprächen und Gepflogenheiten der Damen bekannt wurde. Ich machte dabei eine merkwürdige Entdeckung. Gräfin Wessel hatte vor ihrer Schwester ein Geheimnis;, und dies Geheimnis; war ein Briefwechsel mit dem Herrn von Brencken, will sagen, mit ihrem einstigen Verlobten." „Nicht möglich !" Das volle, weiße Antlitz unter der kleidsamen Stuarthaube überzog ein seines Erröthen. Maßvolle, aber unver hohlene Ucberrajchnng sprach, aus deni Buck der großen, wasserblauen Äugen, die emst und kühl auf der Sprecherin ruhten — auch bewiesen?" frug sie. ihre Hand auf das Buch legend. Selbstverständlich — wie würde ich sonst wagen ..." „Aber das ist >a aus gezeichnet." sagte die Erbprinzcssin ruhig, „es bringt den Wunsch des ganzen Herzogs- Hauses, den Prinzen anS unwürdigen Fcjseln zu befreien, um einen Schritt näher zum Ziel. Und cs ist mehr als ein Wunsch — für mich ist es Pflicht, Ausgabe." fuhr sie ge dankenvoll fort, jetzt die Gegenwart der kleinen Lindenbach völlig ignvrirend. gleichsam in heiligem Zwiegespräch mit den, über dem Schreibtisch hängenden Bilde ihres Mannes. Sie iah zn diesem Portrait herauf, wie zn einer Vision, und der blonde, ivviale, als Jägers mann abkonterfeite Erbprinz lächelte mit unendlich vergnügter Miene auf seine schöne Wittwe herab, während sic mit ihrer ticsen, sonoren Stimme weiter sprach. „Ja! Das bin ich dem Herzog, das bin ich dem Lande schuldig, für welches ich leben wollte und für welches ich doch io wenig thun kann!" Sie sprach gut, und Fräulein Malve konnte ihre hoheitsvolle Ruhe um so mehr bewundern, als zu gleicher Zeit ein heimlich zu formloser Masse zusammengegnetschtes Taschentuch auf den Teppich glitt und dort mit zerrissenem Svitzensanm lag. bis sich das Fräulein dienstbeflissen bückte, um es der Besitzerin wieder zu überreichen. Tann hüstelte sic. um ihre schwache, belegte Stimme zu stählen und fuhr unanfgefordert fort: „Ich hielt es für gerathen, die Couverts zn sammeln, welche die Gräfin gewöhnlich in den Papierkorb warf, einmal fand ich auch dirrch bösen Zufall ein schon von ihrer Hand an den Rittmeister adressirtkS Couvert in ihrer Schreibmappe. Ich hielt es für richtig, dasselbe an mich zu nehmen." cs-rh-tzung so»». Möbel von Alvislvro (lor ÜLvbler-lWWss, K 6. m. d. II.. s. b-lkkchube groftcOe^tI»l-«t«>„le- ans meiner Filiacl DLNisn-HanäLekuks. « llerrsü-llanäLeluilis. > Damen-H. Sm-de, j«i»i i.oo M. Weift Glac«l 1.50, 1.00, 2.50. KO,. > (sttacE. vorzüglich. 1.00 2.»u M. Schwarz Ostac«'-1.00,2.10,2.50. imittrt Suade P, 0stac6, hochmvd.Ausst., 2.50.2.80. Farbig (Slac6, Tkn., I.OO. 2.50. ^ durchbroche.7'l'kn ' ss. IIoM.. ülilW. Nä86lll. 75 Pf» 1.00- ! 8vNr VUNxe <7» r» »tteii. Damen- sMut lur Vrmr Nllil stzMII MtzlkkliM. llMMK beginnt mit Anfang Oktober seine sämmtlichen Lirkel. 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