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- Erscheinungsdatum
- 1900-08-27
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190008272
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19000827
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19000827
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-08
- Tag 1900-08-27
-
Monat
1900-08
-
Jahr
1900
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MM 1k. § d-K -2« HZ r» . ^ Si L Z Z *» ^ sr »» 8 «nd die Biktoriastraße, »wischen dem Ferdinandpkatz und der WaisenhauSstraße wegen Schleusenwnbaues und Asphaltirung auf die Dauer dieser Arbeiten für den Fahr- und Reitverkehr gesperrt. — Dem ersten Lehr« an der Schule zu Zaukerok»a bet Potschappel, Herrn Karl August Günther, ist der Titel »Oberlehrer" verliehen worden. — DaS in der Nacht znm Sonnabend in der Gegend von Leipzig niedergegangcne schwere Gewitter hat die östlichen und südöstlichen Vorortsgemcindeu sehr schwer betroffen. Am meisten haben das Gewitter «nd der orkanartige Sturm in Paunsdorf schaden anaerichtet. Hier schlug der Blitz in das Saalgebäude des Neuen Gastdofs. ohne zu zünden, sodann in ein an der Ecke der Dresdner und Wilhelmstrabe stehendes Pferdestallacbäude mit Wagenichuppen. die arg zugerichtet und zum Tbeil in Trümmer gelegt wurden. Ein Dach'der Kolonnade deS Gasthofes wurde 40 Dieter weit iu die Wilhelnistraße hineingeschleudert. Der Restanratcur Zöllner in der Paulinenslraße ist. als er aus seinem Lokale nach dem Hofe gehen wollte, vom Blitz betäubt Wochen und liegt nicht unbedenklich krank darnieder. Die Bäume auf dem Wege von Paunsdorf nach Engelsdorf und Stünz sind fast alle gebrochen. Von einer zum Nittergute Wachau gehörigen massiven Scheune trug der Wind das Dach ab und zerstörte die eine Front seite fast vollständig. In Licbertwollwitz winde vom Sturm das viele Centner schwere Wrllblechdach einer Scheune eniporaehoben und mehrere Dieter weit wcggcschleudert. Aus Oetzsch und zahl reichen anderen Vowrten tvird von schweren Schädigungen der Bäume berichtet. Die Obsternte ist durch Hagelschlag und Sturm, der auch in den Waldungen wie in der Haardt schrecklich hauste, vielfach ganz vernichtet worden. — In Bad Elster schlug der Blitz in das von vielen Personen bewohnte Haus des Schneider meisters Franz Bauer mrd hat i» dem Gebäude arge Verwüstungen verursacht, ohne zum Glück ein Menschenleben zu vernichten. — Leipzig. 26. August. Mit 2500 Mark, die er seinem Prinzipal, einem hiesigen Papieragenten, unterschlagen hat. ist der 16 Jahre alte HandlungSlehrling Friedrich Gottfried Hermann Schulze, durchgebrannt. Der Flüchtling ist mittelgroß, blond, blaß, trägt dunkeln Jacketanzug, grünen Strohhut. weißen Stehkragen, weißen Shlips. — Döbeln, 26. August. Seit 14 Tagen wurde in Dürr- weihschen der frühere Genieindevvrstand. jetzige Steuereinnehmer S. vermißt, welcher nunmehr an einem Baume des Zschornewitz« Gehölzes in knieendcr Stellung erhängt aufgcsundrn wurde. S. war seiner Zeit plötzlich verschwunden, als die Kassen rcvidlrt werden sollten. — Mittweida, 26. August. In seiner Wohnung erhängte sich hier der 63 Jahre alte Maurer und Hausbesitzer E- Er soll schwermüthig gewesen sein. — JnGeschwitz bei Nöda erkrankte die aus 5 Personen bestehende Familie des Gutsbesitzers H. am Tvvhus. Während die Tochter binnen Kurzem der heimtückische» Krankheit znni Opfer fiel, mußten Vater und Sohn auf ärztliche Veranlassung nach dem Leipziger Stadtkrankenhause gebracht werden. Tie anderen Jamiltcnglieder schweben immer noch in großer Lebensgefahr. — In Folge einer Wette (cs handelte sich um — drei Liter Schnaps), den Teich in Dor» tb a l zu durchschwimmen, verlor der Ziegeleiarbeiter Bergmann sein Leben. — Der Ehvenmeister der Schneiderinnung, G. Heinrich Höfer in P la u en i. V., der am Donnerstag sein öOjährigcS Bürger jubiläum beging, feierte gestern sein SOjähriges Meistcrjnbiläum. — Reichenbach i. V-, 26. Aug. Nach Beschluß des Denk mal-Ausschusses wird die Grundsteinlegung zu dem hier ans dein Solbrigsplgtze neben dem Bismarck-Denkmal zu errichtenden Moltke-Denkmal am 2. September, seine Enthüllung am 28. Okto ber d. I. stattfindcn. Das Standbild ist modellirt vom Bildhauer Joseph Drischler in Berlin, der Bronzegnß erfolgte in der Bild- gießerei von Vierling in Dresden. — Der in Reichenbach i. Vogtl. wegen des Verdacht«, den Brand in seiner Spinnerei verursacht zu haben, gefänglich einaezogene Spinvcreibesitzer K. ist wieder ans freien Fuß gesetzt worden. -Reinsdorf b. Zwickau. Am Sonnabend nnd gestem beging der „Kohlewseldgnn" unter reger Antheilnahme der Be völkerung hier sein Gauturnfcst. Der Gnu umfaßt gegenwärtig 52 Vereine mit etwa 5000 Mitgliedern. — Oessentliche Versteinerungen in den Keniat. Amtsgerichten. Donnerstag, den «o. August. Dresden: Glaser, meilier Friedrich Julius Nedel'S GastwirthschaflSgrundstiick „Englischer Los" in Libran, 222,74b M. Dresden: dlanunternehwer Friedrich Comwid Rannn'S Wohnbar,4 mit Werkstatt, Lchuppcn, Garten rc. in .'Uotiiche, K7.VVV M. Brand: Amalie Wilbrlnnnc vcrchel. Lenipe geb> Maates' Wohngebäude mit L>olzs<b»ivoe»nnt-n», Scheune und Garte» in Mulda, 3800 M. Ocderan: Johann Georg Fcldmann'S Grundstück in Thiemen dorf, 60,300 M. Meerane : Carl Bruno Menge's Wohnhaus mit Backerei, Lofraum und Garten In Cauritz, 4600 M. Freitag, dm 31. August. Dresden: Gärtner Augustin Holitmcr'S Baustellcngrundftucke in Laubcgast, 9486 M. und 10,660 M. Rochilih: Anglist Julius Bcttcrman,''s Wobn bau«. Scheune mit cingehariter Dreschmaschine, andere Gebäude, sowie Felder und Wiesen, 30,8bS M. Pegau: Emma Bertha Berater aeb. Sckilas's Wiese daselbst, 400 M. Chemnitz: Franz Louis Hcnwel's Bau- stellengrundsiUck in VcriiSdorf, 1080 M. Sonnabend, den 1. September. Schneeberg : Heinrich OSwnld Kandler'S Gaftbossgebäude mit Saalanban, Garten und Feldern in Albernau, S2.01b.70 M. Stollbcrg: Ernst Emil Haugutb's Wohnhaus, Scheune, Feld und Wiese in Oclsnitz. 4800 M. Stoliberg : Georg Franz Fröhner's Grundstück in Oelsnitz, 11,800 M. — Wetterbericht der Hamburger Eccwartc vom 26. August. Während sich das Minimum de? Lustdrucks über 770 Klm. nördlich von Schottland befindet, lagert ein Minimum von 7bO Nim. bei Wisby. In Deutschland herrscht veränderliches Wetter bei küoler Temperatur, das Aordseegebiet hat seit gestern viel Regen. — Wahrscheinlich ist veränder liches kühles Wetter. Tligesncschichte. Deutsches Reich. Kaiser Wilhelm hatte den Schlachten maler Kossak aufgesordert, den Feldinarschall Grasen Waldersee nach China zu begleiten, um eiue Reihe Schlachtenbilder vom europäitch-ostasiatiichcn Krieg für den Kaiser zu malen. Konak hat icdoch dielen Auftrag abgelehnt, weil, wie er in einem Schreiben bemerkt, er schon früher Verpflichtungen übernommen hätte, die ihm die Reise nach Ostasien nnmöglich machen. Am 30. d. M. erfolgt im Zeughaus in Berlin die Weibe von 64 Fahnen, darunter auch solcher für die ostasiakischen Regimenter. König Victor Emanuel wird, »ach der „Magdcb. Ztg." nach Ablauf der strengen Hoftrauer dem Deutschen Kaiser einen Besuch abstatten. Die Berufung des vreußischen Landtags ist nach zu- berläisiger Meldung Anfang Januar zu erwarten und eine der ersten Vorlagen wird die der erweiterten Kanalvorlage sein, wofür 420 Millionen gefordert werden. Tie „Freis. Ztg." bemerkt zu dem erwähnten Waldcrsce- Artikcl des „Reichsanzcigers": „Nachdem die Presse init Artikeln zur Verherrlichung des Grafen Waldersee überschüttet worden, will man cs sich also nicht gefallen lassen, daß dieselbe Presse auch offen ihre eigene Meinung kund girbt, wie sie über dieses Treiben denkt. Man scheint zu glauben, daß die nn- abbängige Presse wie ein Jnsanteric-Patarvon nach dem Kom mando »Stivgestcmden" dergleichen Gerede hinnehmen muß. Ter General selbst hatte schon durch seine Reden an die Oeffent- lichkeit appellirt und muß sich darum auch die Kritik zu den mehrfachen Entgleisungen rn diesen Reden gefallen lasten. Die Kritik der offiziösen Verherrlichung der Ausreise des Grasen ! Waldersee aber ist die deutsche Presse auch unserem Ansehen im Auslände schuldig. Es konnte sonst scheinen, als ob der s Tamtam, mit dem die Offiziösen die Ausreise begleitet nnd wobei sie den Frldmarschall mit Vorschußlorbeeren überschüttet haben, wirklich, wie behauptet, in, Einklang steht mit der allgemeinen Volksstiinmmig. Mit »parlamentarischer Jraktionspolitir" habe« diese Ncnßerungen der Presse ganz nnd gar nichts zu tdun. In der Pernrthrilung jenes Tamtams stimmt die Presse auch solcher Parteien überein, die in Beziehung auf die chinesischen Fragen selbst verschiedene Ansichten bekunden. Völlig mißglückt ist der Hinweis darauf, daß man dem fern von der Heimath weilenden Grasen Waldersee jetzt in den Rücken falle. Soweit überhaupt die Kritik der Presse sich gegen die Perlon des Grafen Waldersee richtete und gegen die bekannten Aeuhenmgen in seinen Reden fehlt es demselben auch in der Heimath ruckst an Organen und Personen zur Vertheidiguna. Daß gerade der Ungeschickteste unter jetzt die offiziöse Feder ergriffen hat. ist ' Die „Deutsche TageSztg." meint, das denselben dauern." ganze zu be- oraehen der beiden Regierungsblätter (des „Reichsanz." und der „Nmdd. Mg. Ztg ") bekunde »wiederum jene Nervosität, die unserem öffent lichen Leben in den letzten Jahren das Gepräge aufgedrückt hat, > nnd die nicht als ein Zeichen innerer Geiundheit erscheinen kann". ! Die Zg. B.-Zta." legt Bewahrung ein^gege« den offiziösen Versuch schulmeisterlicher Bevormundung der Brest«. »Mit große« Redensarten wird mau hierbei Niemanden verblüffen Persönliche, gehässige Angriffe auf den Grafe» Waldersee sind un» nirgend» ausgestoßen, wohl aber sachliche, wenn ouch scharfe Kritiken. In Düsseldorf wurde ein Redakteur der .Bürgerzeitung' als Streikposten verhaftet. Gegen verschiedene Schutzleute in Mainz ist wegen grober Neberschreituno ihrer Amtsgewalt Untersuchung durch di« Ver waltungSbehörde eingrlettet worden. Oesterreich. Das Wiener katholische AktionScomits beschloß aus Anlaß der Kassation des Generalstabshauptiiianns LedochowSN die Einleitnna einer großen Bewegung gegen den Duellzwang. Zur Ueb ertrlttSbewegun a wird uns auS Teplitz be richt« : Sonntag den 26. d. M. wurden neuerdings 55 Personen aller Altersstufen und Beruf-Nassen in der Notbklrche zu Thum durch Pfarrer Lumnitzrr feierlich in die evangelische Kirche aus genommen. Die Ucbergekretenen gehören meist de» Orlen der Teplitz« Umgebung an. Die Bewegung macht sichere Fortschritte. Frankreich. Der sozialistische Bürgermeister von Saint Etienne regt die Abhaltung eines Kongresses aller sozialistischen Bürgermeister Frankreichs in Paris aus Anlaß des Äus- stelliuigsfcstmnhls an, da» allen Bürgermeistern am 27. September geboten tverdcn soll. Jtalie«. Aus Oberitalien wird weiter gemeldet, daß eine Anzahl Flüsse und B e r g st r ö m e über ihre User getreten seien und schweren Schade» verursacht hätten. In der Nähe von Partie brachte ei» Bergstrom ein Haus zum Einsturz, mehrere Brücken wurde» vernichtet; auch das Elektrizitätswerk iu Varese wurde er heblich beschädigt. In Cargiano stürzte ein Gebäude ei», ein Boot keiiterte. wobei zwei Personen ertranken. Wie die „Jtalie" meldet, zerstörte in Cardezza (Provinz Novara) ein Eidsturz 20 Häuser. Hierbei sollen sieben Menschen von den Trümmer» verschüttet worden sein; fünf von ihnen seien aus dem Schutt bereits hervor- gezvgen. Rumänien. Im Verlaufe der gerichtlichen Untersuchung in Bukarest gegen die bulgarischen Meuchelmörder wurde der Plan einer große» Revolution bloßgelcgt. die (wie angegeben wird) im nächsten Frühjahr in Makedonien und Albanien gegen die Türkei losbrrchen sollte. Afrika. Gegen die Roberts'sehe Proklamation haben die Mitglieder der nach Europa gesandten Transvaal Abord nung an Lord SaliSburv einen Brief gerichtet, worin sie iu kräf tigen Ausdrücken gegen die jüngste Proklamation deS Lord Roberts Eniiprnch erheben. Sic behaupte», in vieler Hinsicht stehe diese iu direktem Widerspruch zu den Grundsätzen des Völkerrechts. lieber die Erschießung des deutschen Leutnants Eordna, der als Opfer eines erbärmlichen englischen Lockspitzels vom eng lischen Kriegsgericht zum Tode vernriheilt worden war, wird ans Pretoria berichtet: Abends wurde Eordna initgetheilt. daß sein TodeSurthcil bestätigt sei nnd er nur noch wenige Stunden zu leben haben werde. Der Geistliche blieb die ganze Nacht bei ihm. Um 7 Uhr Morgens öffnete der Wärter die Zelle und fand de» Gefangenen bereit. Er »inrslbirtc tapfer zur Hinrichtungs- slätte hinter dem Gc!ä»gnis;, mit dem Geistlichen an seiner Seite. Eordna zeigte leine Furcht und wurde ans sein eigenes Ersuche» nicht gebunden. Ohne Hilfe setzte er sich aus den mit der Vorder seite gegen die Gartenmauer gerichteten Stuhl, faltete die Arme »nd sagte dem Hanvtmann Barchard kühl, er sei bereit. Die Wärter entsernten sich von ihm nnd des HanptinaiinS scharfer Befehl „Feuer!" ertönte. Sofort, als die zehn Kugeln in den Leib des Gefangenen eindrangcn, streckte er die Arme hoch nnd siel dann todt nieder. Eordna wurde sofort in einem Grade be erdigt dicht bei dem Stuhl, auf dem er gckcffen hatte. Der Krieg in China. Der Damp'cr „Stuttgart", der in Neavel angekommcn ist, bringt 0 Offiziere und Unteroffiziere und 77 Mann, welche zu den Schissen „Iltis", „Hertha", „Hansa", „Irene" und „Kaiserin Nugiista" gehöre», nach Europa zurück. Der Senator Atenols!, der Präsident des Vereins des Rothen Kreuzes, begab sich an Bord der „Stuttgart", um Liebesgabe» zu vertbcilen. Zahlreiche Fahrzeuge mit Jtatiencm und Dcnt-chen besetzt, umgäbe» die „Stnttgart". als sie unter den Klängen der italienischen Konigs- hymne, der Garidaldi-Humne nnd der deutschen Pvikshvmne in Sec stach, um über Genua, Southampton und Antwerpen nach Bremen werter zu gehen. In einet» ans Peking nach Tokio gelangten Telegramm tvird die lange Dauer der Kämpfe, die am 15. d. M ,,ur Besetzung des Kniservalastes stattfanden, damit erklärt, daß die Truppen cs unterließen, Artillcriegcschosse gegen den Palast zu richte». Kunst nnd Wissenschaft. tz Im Königs. H v f vp ernh aus e gelangt bente der „Barbier von Sevilla" und Ballet-Divertissement zur Ausführung. Anfang halb 8 Uhr. fResidenzth enter. Mit einer Unermüdlichkeit und «nein Eifer, die nur leider in den meisten Fällen einer besseren rmeiil vie nur lOwcr in ven nu^sien »vnuOn Oincr vrinrcn Sache würdig gewesen wären, hat die fleißige Rcsidenztheaterbnhne seit langen Wochen an jedem Sonnabend, den Gott werden ließ, mit einer Schwanknovität ausgcwartet. Auch der vorige Sonn abend — der letzte der diesjährigen Svmmersaison — förderte einen neuen Schwank an'S Licht der Rampen, den Dreiakter „L c th e" von Ralph GobbinS. Daß der luftige Sebwankdichter sein Publikum nicht etwa — wie der Titel vermuthen lassen konnte — in die finstere Unterwelt führt, sondern blos eine kleine Exkursion in das Leben und Treiben der Halbwelt und der ihr seelenverwandten Lebewelt unternimmt, ist bei einem modernen Schwanke beinahe selbstverständlich, wenigstens bei einem Stücke, das, wie die jüngste Schwankdarbietuna des Rcsidenztheaters, recht stark an französischen Vorbildern abgefärbt hat. Nicht die Serie irgend eines Abgeschiedenen ist es, die hier in Lethesiuthen Ver gessenheit bringt, sondem vielmehr ein recht lebensfreudiger, aber durch eheliche Bande stark gefesselter ältlicher Don Juan lst's, der seines Hauskreuzes drückende Last und die Sittcnpredigten seiner als Mäßigkeitsapostel menscbbeitbeglückend wirkenden Ehehälfte zu vergessen sucht, indem er zuweilen des Lebens schäumenden Freuden becher bis zur Neige leert, und so nach seiner Fa?vn Lethe schlürft Natürlich geschieht dies insgeheim auf Reisen, die er als Wandec- prcdigcr der Mäßigkeit»- und Sittlichkeitssache unternimmt. Wie er dabei van der gestrengen Gattin ertappt und schließlich von allerlei guten Freunden wieder „herauSgehouen" wird, sodaß er beim letzten Fallen des Vorhanges mit dem Glorienschein einer nnschnidSvollen. aber schwer verkannten Seele dasteht, bildet den ' auptinhalt des neuen GobbinS'schen Stückes. Man sieht, die ^ mndidee ist nicht neu. sondem eine abermalige Bariation über das beliebte Thema vom IrbenS- und liebedurstigen Pantoffel helden. dessen geheime Abenteuer zwar an'S Licht kommen, aber trotz ihrer Tollheit des Stückes Schtfflein «ach allerlei Kreuz- nnd Querfcchrten schließlich in den friedlichen Hafen eines rührend- versöhnlichen Abschluffes einlnufen lasten. Was aber doS Stück um ein Beträchtliches über die in den letzten Wochen vorauf- acgangcne Turchschnittswaare erhebt, ist die frische, kecke Hand habung der Scenenfühmng und eine an gefälligen Wendungen ziemlich reiche Dialoabehcmdlung, sodaß von einem rechtschaffenen und wohlverdienten Heiterkeitsenolg. wenn mich bei Leibe nicht von einem theatralischen Ercigniß gesprochen werden darf. Jeden falls bleibt es zu verwundern, daß der bühnenkundige Regisseur der Residcnztheaterbnhne, HcrrA. Rotier, der den neuen Schwant vor trefflich inscenirt batte, dieses offenbar beste und wirksamste unter allen in letzter Zeit ausgefiihrten Stücken bis auf den Schluß der in den letzten Zügen liegenden Sommerspielzeit aufgehoben hat. Wie sagte doch der Speisemeister aus der Hochzeit zu Cana? »Jedermann giebt erst den guten Wein und dann den geringen; Du aber hast den guten bisher behalten I" — Hoffentlich bescheert der lustige Schwank, der von den Damen Lermanv-Benedir. Blanden, Hub und den Herren Friese, Bayer. Reiter, Janda uns Allhausrr in den Hauptrollen sehr frisch nnd gefällig dargestrllt wird, vem Theater zum guten Sai!onende noch einige volle Häuier I Er darf den Ruhm sür sich beanspruchen, daß man nach des Alltagslebens Müde nnd Sorge recht gut bei ihm ans zwei Stunden »Lethe trinken" kann. —<it. -f Bei der in Wien stattgefundenen intemationaleu Preis konkurrenz nm die beiden Rubtilstetn-Prämien trug unter den 12 kouknrrirrndrn Pianisten der Belgier Emil BoS - anrt und unter den 7 Komponisten der Russe Alexander Goedicke den Preis davon. Sport» Nachricht«,. (Mitgki-«M von d«r Spertzasrniur Prochiw», Wreswii, Soikenhiwdsiral«.) Gruft und G«er, Reu? WaS für ein kleines Wort, und welche Wichtigkeit haVen trotzdem diese drei Buchstaben sür die Menschheit von jeher ge habt! Auf welchem primitiven Standpunkt befänden wir un» jetzt noch, wenn keine nenen Entdeckungen, keine neuen Erfindungen gemacht worden wären, wenn niemals der Drang, neue Länder kennen zu lernen, muthige Männer au- der Heimath engen Grenzen hinauSgeführl über Berge und unbekannte Meere zu ein« neuen Welt. Für den Zeitungsschreiber ist das Wort „Neu'' eine Lebens frage, denn aus Neuigkeiten warten seine Leser jeden Morgen mit Spannung, und wen» der Ruf: „Neuestes Extrablatt!" erschallt, Io bemmt auch der eilige Geschäftsmann, .der keine Minute Zeit übrig hat, seinen Schritt und wendet einen Groschen daran, um zu erfahren, was sich Neues znaetragen hat. Ob die Neuigkeit auch das dafür ausaegebeue Geld werth war? Wer weiß! Daß es verschiedene Mittel und Wege giebt. um den Leuten das Geld aus der Tasche zn locke», ist eine altbekannte Tbatsache »nd durchaus nichts Neues. Die Tagesblätter. die dem Publikum alle wichtigen Neuig keiten berichte», haben nieist niehr Stoff, als sie M bewältigen vermögen, doch giebt es im Hochsommer, wenn sich die Dipw- mate» auf Reisen befinden und die hohe Politik eine kleine Kunst pause macht, auch Tage, wo es an interessanten Artikeln mangelt. Die alte biedere Seeschlange, die sonst bet solchen Gelegenheiten regelmäßig anftanchte, ist »c der neueren Zeit so ziemlich ver schwundr», aber ein Kalb mit 3 Köpfen wird doch in der »sauren Gnrkenzcit" noch zuweilen ausfindig gemacht: man hört von einem "-übrigen Wunderkinde, daS bereits sämmtliche Sonaten von eethoven auswendig spielt und einen Walzer komponlrt hat. und ein alter Förster, der noch nie gelogen, erzählt merkwürdige Erlebnisse, die ihm in seiner -tlßähriaen Praxis vorgekommen sind. Da hat ein alter Fuchs ein Volk Rebhühner spazieren geführt und beninttert, ohne ihnen etwas zu Leide zu thun: da hat sich ein schlauer Hase todt gestellt, ist später aus der Jagdtasche entsprungen lind hat des Jägers Pelzmütze auf der Flucht mitgenommen, und seine gescheute Diana bat bereits im Juli aus dem Abreike- kalcnder die Blätter bis zum 1. September herausgerissen, weil sie de» Beginn der Jagdsaison nicht erwarten konnte. Das ist doch gewiß noch nie dagewesen und entschieden etwas Nagelneues! Die vor 30 Jahren, als die Deutschen Paris belagerten, häufig wiederkehreiide Meldung ans dem Hauptquartier: „Vor Paris nichts Neues!" war eine starke Geduldsprobe für die sehnsüchtig ans neue Sieges- depcschcn harrenden Patrioten, die verwundert die Köpfe schüttelte»: Dort, wo sich jetzt die wichtigsten Ereignisse zlittagcn. sollte gar nichts Neues geschehe» sei» ? Undenkbar! Auch im täglichen Leben, nn Handel und Wandel spielt das Wörtchen »Neu" eine große Rolle und setzt Taulentzc von fleißige» Händen in Be wegung, sobald eine neue Mode auraebracht oder eine neue Er findung gemacht worden ist. Neue Stiefel sind nicht gerade als angenehme Nenigkeiten z» bezeichnen, da sie meistens drücken, aber ei» neuer Anzug giebt seinem Besitzer, auch wenn er ihm noch etwas llnbeaucni wäre, ein wohlthuendes Gefühl der Befriedigung. Ein neues Frühjahrsllcid ist das Ziel, nach dem alle Frauen streben: sie legen sich seinetwegen Entbehrungen ans, sparen am Wirthschnftsgelde. soweit sich's der Gatte gefalle» läßt, »e bitten nnd schmcichrin. ja, sie falle» sogar in Ohnmacht, wenn alle Versuche, zn dem nenen Kleide zu kommen, fehlgeschlagen sind. Der aufmerksam« Beobachter merkt es sofort, wenn eine Dame ein neues Kleid an hat. Bald glättet sie eine Falte, bald zupft sie eine Schleife oder de» Spitzenbesatz am Acnnel zurecht, aber das untrüglichste Merkmal ist das: Tie kann die Tasche nicht finden! Wo mag die Schneiderin die nur angebracht haben? Vor handen ist sie — die Dame hat ja zn Hause eigenhändig Porte monnaie und Taschentuch kineinversenkt, nnd jetzt, wo sie in dc>. Straßenbahn sitzt und Geld braucht, ist die Tasche spurlos ver schwunden. Nervös dnrchwühlt sie die Falten des Klriderrockcs, kommt vielleicht in der Aufregung in die Rocktasche ihres harmlosen Nachbars, welche eine Fruhstückssemmel und eine Tabakspfeife enthält, bis endlich die Zuschauer befriedigt aufnthmcn können, und der geduldig wartende Schaffner seinen Obolus erhält. »Heureka! Ich habe sie gesunden!" Warum muß das so sein? Thörichtc Frage! Wenn die Mode vorschrcibt, daß die Klcidertascbe so verborgen angebracht werden muß. daß sie Niemand — mit Ausnahme ver Tmchendicbe — finden kann. so folgt man ohne Murren und er trägt alle daraus entstehenden Unbegnemlichkeiten mit Heroismus. Die neue Richtung in der Malerei bat schon Ströme von Tinte in Fluß gebracht und die Gemisthcr der Künstler und Kunst freunde in heftige Aufregung gesetzt. Trotzdem tobt der Streit über die Frage: ob die Wiese grün oder blau sein soll immer noch fort, nnd man weiß immer noch nicht, ob cs wirklich unumgänglich nothwendig ist. daß die »euere» Maler nur alte häßliche Weiber in Arbeitsröcken und sleisgcstärkten blauen Schürzen malen nnd daß die durch ihren Pinsel verewigten Kinder gar so garstig ansschen und offenbar an der englischen Krankheit leiden. Der neue Doktor! Was siir Hoffnungen erweckr er bei den Patienten nnd seinen Angehörigen. Dem alten Hausarzt wollte cs nicht mehr gelinge», den hinfällig gewordenen Körper wieder jung z» machen, aber der neue Doktor hört das GrnS wachsen und hat die Weisheit a» der Univcrsitätsquelle mit vollen Zügen getrunken, er wird sicherlich Wunderthaten verrichten. Eine Person von großer Wichtigkeit ist in der kleinen Stadt der neue Herr Assessor! Wenn er zum erste» Male nach dem Rath- hausc wandert, so erscheinen hinter den Fcnstergardinen und zwischen blühenden Reseden nnd Fuchsien braune und blonde Madchenköpsr, die ihn prickend mustern. Also das ist der neue Assessor ? Ob er ein angenehmer Mann und ein guter Tänzer ist. und — die Hauptfrage — ob er wohl bereits eine Braut hat? Der neue Lehrer! Mit klopfendem Herzen sieht die erste Mädchenklaffe seinem Auftreten entgegen. Ist er ein hübscher Mann, versteht er es. den znkünftigen Fräuleins zu imponiren, so sind sie allesammt bereit, für ihn zu schwärmen und ihn mit Blumen als Liebeszeichen zu beschenken. Tie männliche Schul jugend empfängt den neuen Klassenlehrer bedeutend kaltblütiger. Die Buben suchen zuerst zu ergründe», ob inan bei ihm einen Ulk wagen darf, ob er sich etwas gefallen läßt und ob er mit Strafen schnell bei der Hand ist, nnd geben dann ihr Urtheil ohne langes Zaudern ab. Da heißt cs entweder: „Der neue Lehrer ist famos, hochanständig!" oder „Ein Nauhbein! Ein trauriges Huhn!" Das neue Dienstmädchen eröffnet für die vielgeprüfte Haus frau eine lichtumfloßene Perspektive. ES ist sa ein mühsames Ge schäft, daS neue Mädchen einzurichten und fordert viel Geduld von ihrer Seite, bis das Rädenvcrk der täglichen Arbeit ohne Störung seinen voraeschriebenen Gang geht, aber mit der alten Therese war es gar nicht mehr auszuhaltcn; Alles wollte sie besser wissen, lick sich nichts sagen und widersprach sogar den« Herrn des Hauses! Welchen allerliebsten Eindruck hat dagegen das neue Mädchen auf sie gemacht, als es sich vorstelltc! Bescheidene Rede — niederge schlagene Angcn—ein einfaches Waschkleid — «ine blüthenwelße Latz schürze ! Der Tag ist gekommen, wo sie ihren Dienst antreten soll: sie läßt zwei Stunden auf sich warten, und als sie endlich erscheint, begleitet von einein Dienstmann. der einen mächtigen Rcrsekorb, einen Hutkasten und eine Miifsschachtel trägt, ist sie sehr elegant gekleidet, zieht eine goldene Uhr hervor — das Weihnachtsgeschenk ihrer vorigen Herrschaft — und erklärt ihr spätes Embemcn durch den Aufenthalt bei der Schneiderin, wegen einer Anprobe. „Ich lasse mir ein weißes Cachemirckleid machen." erzählt sic eitrig, während sie ihren Fcderhut absetzt; „mein Bräutigam hat mich für nächsten Sonntag z»m Ball cingeladen, und ich denke, die gnädige Frau wird nichts dagegen haben, wenn ich daS Ver gnügen mitmachr!' Die sehr unangenehm überraschte Hausfrau faßt zunächst daS Wort „Bräutigam" auf. »Aber ste sagten mir doch, als ich sie miethcte, daß sie keinen Bräutigam hätten —" „Ganz recht! Damals hatte ich mich mit meinem ersten Bräutigam veruneinigt, aber jetzt habe ich seit 8 Tagen einen neuen und mit dem will ich zum Balle gehen I" antwortet da« neue Hausmädchen, packt ihre Kleider aus und zeigt kein beson deres Interesse für ihre neue Herrschaft und für die ihr zugedachte Arbeit. Nur nicht gleich den Muth verloren, geehrte Hausfrau! Mit der Zeit pflückt man Rosen und ein altes Sprichwort sagt sogar: Neue Besen kehre» gut! In »nscrem Dresden fehlt es »1t aü so- enannten „Novitäten". Bald ist rS eine Operette, bald ein« Zigeunerkapelle, die ihre flotten Weisen spielt, und als der berühmte Circus Barnum seine» Umzug hielt, versicherten die ältesten Leute, daß sie ein solches glanzvolles Schauspiel »och nie gesehen hätten. Auch wer einer Vorstellung im CircuS beiwohnte, bekam un endlich viel Neues zu sehen und gleichzeitig für sein gutes Geld einen sehr unbequemen Platz. Daß Regenschirme, Stöcke und Operngläser dntzendweise durch die breiten Zwischenräume des leicht grsiigten BretterbaueS in die Unterwelt stürzte», war gleichfalls etwas ganz Neues und erregte die Grnnitber gewaltig. Zum Jahr märkte regnete es — „Halt! Nicht weiter!" so rufen mir jetzt:
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