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M» — Im bunten Wirbel Alles durcheinander, daß die Tücher und die Röcke der Mädchen flogen und das lauke Aachen und Juchzen leck und übermüthig in die kreischenden Töne der Musik hinein klang. Es war ein buntes. lebensfrohes Bild voll derber Frische und Gesundheit. das ui» so anziehender und heiterer wirkte, als gar manche wahrhaft schöne Gestalten unter den Mädchen und Bursche» hervorrraten. Loire sah mit leuchtende» Augen zu, das Blut pulste rasch in ihren Adern und eine Nebcrmacht von ausgelassener Lebensfreude üderkam sie plötzlich, io ein unwiderstehlicher Drang, sich mit hinein zu stürzen in das lachende Leben, in den springenden, klingenden Strudel unterzutauchen — und Alles. Alles zu vergessen. Unwillkürlich bewegte sie den Oberkörper leise »ach dem Takt des Walzers, und es prickelte ihr sörmlick in den Füßen, die starte innerliche Bewegung im sauste» Rl>»thmuS des Tanzes zu entscsseln. „Wollen ivir mal?" fragte sie Siegfried halb noch zögernd, während ihr doch die Lust aus den Augen lachte. ..Wen» es Dir Vergnüge» macht, gewiß." Sie saßte icine Hand, in der sie ein leises Zittern spürte. „Am Emde tanzt er nicht gern oder schlecht," dachte sie, „aber das ist mir jetzt ganz gleich." Tann tanzten sie - Lotte hatte in ihrem Leben wenig getanzt und weder cs entbehrt, »och den Reiz des Tanzes ie kennen gelernt. Nun ging es ihr seltsam Je länger sie tanzte, je niehr bemächtigte sich ihrer eine fieberhafte, seltsame Erregung, die von ihrem Partner aus zugehen und unmittelbar aus sie überznströmen schien. Ansänglich lehnte sie sich instinktiv dagegen aus, diesen fremden, nie zuvor empsundcne» Reiz über sich Gewalt gewinnen zu lassen, aber ihr Wille schien kraftlos geworden und erschlaffte mit jeder Sekunde, die sie ihm nachgad: mehr und mehr erlag sie dem seltsam brennenden Zauber, niehr und mehr beglückte, in beseligte er sie. Sie war wie im Taumel, sie verlor die Empfindung für die Schwere des Körpers, und mit der Leichtigkeit der Bewegung schien auch die Seele Schwingen zu bekommen. Sie bog de» Kopf leicht hintenüber und schloß halb die Lider — oh - so hätte sic ewig tanzen mögen.... Da brach die Musik ab und machte ihnen ein Ende. Halb bewußtlos lehnte sie noch an Siegfrieds Arm imd flüsterte, während sie niit leuchtenden Augen zu ihm aufsah: „War das schön ...!" „Sie sind aber auch die geborene Tänzerin Tein Tan; ist wie Musik, ich meine von dieser Harmonie ..." „Ach —" antwortete sie mit unbefange ner. überraschter Freude, „und dabei Hab' ich doch fast nie getanzt." ..Hattest Du so selten Gelegenheit, denn Freude macht es Dir doch gewiß?" „Ja. weißt Du, früher, als ich noch Gelegenheit hatte. Hab' ich mir nie etwas daraus gemacht, hab's auch nicht gekonnt. Und seitdem ich erwachsen bi», isi cs eigentlich heute das erste Mal, daß ich wieder tanze, und nun bin ich selbst überrascht." Er sah mit einem Blick fast voller Rühruiin in ihr junges strahlendes Gesicht: „Armes Kind." dachte er. Laut fügte er hinzu: „Hast Du Lust, noch länger zu bleiben, vielleicht mit den jungen Burschen liier ein Tänzchen z» wagen? Sie tanzen nicht schlecht." „Ach nein — lieber nicht. Vorher hatte ich mir gedacht, es zu thun, aber nun möchte ich's lieber lassen — es war vorher zu schön und ich möchte de» Eindruck nicht verderben." Sie wandelten langsam Beide unter de» großen Bäumen, die den Festplatz be standen, dahin, ab und zu freundlich die ehrerbietigen Grüße der Vorüberkommenden er widernd, auch hier und da ein Wort mit ihnen sprechend. Während Siegsried ziemlich schweigsam blieb, plauderte Lotte, die eifrig und intetessirt das bunie Treiben um sich her beobachtete, angeregt weiter: „Ich habe noch nie so empfunden wie heute, was stir ein Sinn im Tanze liegt. Mir scheint, er ist nicht blos sür Kuidcr und für Naturvölker ein unmittelbarer Ausdruck der Empfindung, so daß man ibn gar mit dem religiösen Kultus verbunden hat, auch für uns kann er wohl ein Mittel seelischer Freimachung sein. Empfinden Sie das nicht auch? Ach so — verzeih', ich habe mich noch immer nicht ganz an unser geschwisterliches „Du" gewöhnt. Und dann weißt Du, noch eins ist seltsam: die Beziehung zu seinem Tänzer. „Man hat da so ein feines Empfinden für das Verwandte in der Bewegung des Anderen, das zu einer Harmonie werden kann, die geradezu ein Gefühl seelischer Wohlthat gicbt. Weißt Du — ich glaube, Mensche» können sich, auch wenn sie vorher ganz gleich- giltig gegeneinander waren — zusainmcntanzen?" „Das glaube ich nicht. Wenn Du in so grogem Maße die Ucbereinstimmung körperlicher Bewegung aus seelische Shmpalbie übertragen, gewissermaßen zurücksührcn willst, wie ich Dich verstehe, w gehst Du ent schieden zu weit. Aber das mag sein, daß sich eine Svmpathie, eine geistige Verwandt schaft zwischen zwei Menschen, deren sich diese noch nicht klar bewußt geworden sind, rascher und unmiltelbarer im Tanze offenbart." Lotte sah mit einem unbeslunmbaren Blick gedankenvoll an ihn vorbei in's Weite. „Ich glaube, wir müssen nun auch gehen. Die Sonne wird bald herunter sein!" Er nickte nur und sie verließe» den Platz. „Aber wenn cs Dir recht ist," sagte sie draußen, „wollen wir noch den Umweg nach dem Strande machen. Ich war so lange nicht draußen." Wieder war es eine Weile still, und da sic diese Stille mit einem ungewohnten unerklärlichen Unbehagen erfüllte, meinte sie: „Am liebsten würde ich jetzt laufen : die Be wegung steckt mir noch in allen Gliedern. — Weißt Du noch, wie wir damals mileinanoer liefen, als wir uns noch gar nicht kannten?" Sie lachte. „Wir können cs ja auch letzt wieder thun. Oder sind wir nun zu alt?" „Nein, weißt Du — das ist cs za gerade. Mir scheint, als Frau paßt sich so etwas nicht mehr sür mich: ich liebe wenigstens mehr an verheirolheten Frauen, auch wenn sie jung sind, eine gewisse Ruhe, Würde sogar. Aber nun, wenn ich ganz osten sein soll — ich Hab' die eigentlich noch nicht recht ge wonnen. Weißt Tu, manchmal packt es mich so unbejchreiblich, daß ick 'mal so recht wild ausgelassen sein möchte und so bis zur Tollbeit lustig und unvernünftig Und wenn daS dann niemals befriedigt wird und immer so selbstverständlich wieder still werden muß, dann krieg' ich manchmal solche Angst, als ob dadurch eine Seite meines Wesens ganz ver kümmern müßte, ehe sie überhaupt recht eiwachte. — Vielleicht ist's deshalb, weil ich schon so srüh in den Ernst des Levens hinemgelommen bin. Aber das ist wohl gar nicht das Beste für Menschen; um schemt's mitunter, als hakt' ich nie eine richtige Jugend ge habt . . ." „Lotte —" er brach ab; ein Strom von Worte» drängte sich ihm aus die Lippen, aber er konnte sic nicht sagen: er konnte ihr ja nicht sagen, daß er sic so — ach —- io namenlos gern in die Arme genommen hätte und sie hinausgeführt, einmai hinaus aus dem erniten strengen Bannkreis der Pflicht und E»»agung aus die heiteren lichten Hohen des Lebens, deren ihre Seele beduiste. „Wenn ich Dir doch eui klein wenig davon erleben könnte —" sagte er endlich, „wenn Dir meine Freundichaft etwas sein tön» te — Lotte —" Sic sah ihn an und sah seine Erregung, die er nicht mehr behrrichcn konnte, und empfand eine große, eigene Freude, eine lachende, freie Lebenslust, die mit all' ihrem schweren Ernst davonzufliegc» schien und sie ans eine freie goldene Höhe trug, die sie mit unerklärlichem Zauber gefangen nahm und sie >ür den Augenblick vergessen machte — Alles, Alles, was an banger Sorge und Angst und beklemmender Ungewißheit ihr Herz bedrückt halte. Cie fühlte sich Io leicht, so vogelsrei, so dantbar, und sie aihmeie sroh aut aus tiefster Seele und lagte: „Ja. >a, das ist schön von Dir. wirklich — ach — wirklich, Du kannst mir etwas sein — ich weiß nicht recht, woher cS kommt — eigentlich kenne ich Dich »och wenig, aber seit damals — in jener Nacht bei Sicgiricd, weißt Du — macht es mich jedes Mat froher und freier, wenn Du in meiner Nähe bist —" „Lotte, ich danke Dir für dieses Wort. Lotte —" Sie hatte» indeß den Strand erreicht, den man von der Hohe des weißen Felsens weit übersehen konnte. Aus der leicht bewegten See zitterte ein glitzernder Streifen wie eine goldene Brücke, vom User bis z»m Horizont, wo der glühende Svnnenball imBegusf war, iinlcrziltauchen. Sie setzten sich Beide an den Rand de-s Abhanges, blickten still in den Feuerbrand, mit dem datz große Tagesgcstirn seinen sieghaften Abschied nahm, Himmel und Erde mit Fluchen von Farbe und Licht überichüitend, die wie ein Hauch und duftender Gruß »och zögernd verweilten und »ur langjam. langim» erbleichten und starben, nachdem die Sonne selbst längst den Blicken entschwanden. In ielliamcm Kontrast hegleitcten das feierliche Schauspiel die gedämpft unablässig herübertöiienden Klänge der Tanzmusik ans dem Torfe. Es war etwas Faszinirendcs, Anliegendes in diesem Gegensatz. Beide laßen unbeweglich und wrachcn kein Wort; aber das Schweige» lag nicht trennend zwilchen ihnen, sondern weit eher verbindend. Und mitten heraus aus ihrem Beruinkeiiiein in die Schön heit und in die wogenden Empfindungen blickten sie wie aus Verabredung gleichzeitig aus: ihre Augen trasc» pch in einem große», verstehenden Blick, der zu sage» schien: ich suhle es. daß ich sehe und erfasse wie Ln und daß in seiner Schönheit da draußen unsere Seelen sich begegnen. Ei» stärkerer Wind erhob sich über dem Wasser und ging lauter rauschend durch die Zweige über ihren Häuptern. Lotte lchnncrtc fröstelnd ziiiaminen und halte die Empfindung, als wenn sie aus einem traumhaften Schlummer erwachte. Und zu gleicher Zeit drängle sich ihr das peinliche Gefühl ans. al-S habe sie eine Pflicht versäumt. E-S sing schon an zu dunkeln »»des fiel ihr ein, daß ihr Mann bereits ans sie warten würde, und dabei überkam sic plötzlich eine heiße Rührung, daß ne hätte ansichreien möge» vor Weh. Sie hatte sich heftig erhoben. „Laß uns gehen." sagte sie tonlos Aber die Thräne» ließen sich nicht znrückhaltcn und rannen ihr unablässig über die Wangen, während ihr die Gedanken in aualvoller Unklarheit im Kopfe wirbelten und sie im rauhesten Tempo heimwärts schritten. Mit der Bowle wurde am heutigen Abend nichts mehr. Al-3 sie das Haus betraten, war schon Alles dunkel und still. Ter Prvsessor halte sich bereits zurückgezogen. Ohne Sicgsued gute Nacht zu lagen, eilte Loire in ihres Mannes Zimmer. Er war zu Bett gegangen, wachte aber noch. Mil inst stürmischel Zärtlichkeit beugte sich Lotte über ihn und fragte ihn nach seinem Befinden. Er sah ihr etwas befremdet in die glänzenden, vom Weinen leicht geröthelen Augen. „War es hübsch. Lotte?" „Ja. sehr. sehr schön, besonders zuletzt am Strande. Wir iahe» die Sonne »ittergehen. Wärst Dir doch mit gewesen! Ach, Werner, wenn ich so etwas Schönes erlebe und Du hast keine» Anlheil daran —" sie nahm in einer raschen Aufwallung seine blasse Hand, preßte sie gegen ihre Lippen und hielt sic mit ihre» beiden Händen ilmsaiigeli. „Ach — rch möchte, daß Du mich nirgend allein gehen ließest, immer bei mir wärst, in jedem schweren und besonders in jedem schönen Augenblick." Unwillkürlich riefen ihr die eigenen Worte die Erinnerung an die Krankheitsnacht wach und sie schien ihr in einer ieuininen inneren Beziehung zu dem heutigen Tage zu stehen. Ein zitternder Seufzer ging über ihre Lippen und zwei brennend heiße ThrärrLlt fielen aus die Hand ihres Mannes. ZForUtSun- j-Igt.) -SS s-s » SÄ Ä) ALS § e i vt vci kt ä <5? visso SetlsteU« ist das Vorrü^liedstv, vas zvtrt szüstirt. Wir empfehlen äsru vosslutar-, IlldirrdruiitSli-, r»sor-MLtrLlisll iiiiil Kissen. lllÄIL- Vasor-vompLi»? V oiKt «L Lsrlrvrt Drssüsn, Lsuflums, >r. 8 nllS ?»r. S, «evvtrasse 21, parterre riml 1. Ltase. NnZLvZ ltLäöü Z, ^risärieks-^Uss. 4» «d H Man 7tl. «VLilopfS vsrlarrSS ksilp (kiismlgsftj) Aeolile kksm. Veink88igö Vas bss^s >vas m cliessm ^.rDLsI AsbotsQ vnrä. staben in 6en meisten OoIomslnssren-,Orv8uen- OelicLtesssn-filsncklunzsn Vertreters Vreden: Herr /VllLvsIAoU». VvrlaiiAoi» kvvürr - Lttrselo von vr. Meissner L Volks, vmäsu. Io allen veseliätteo »ler ^adraosswlttvldraoedv ro baden. Vertreter und Wiederverkäufe»: gesucht. Ccntralhchuitgtll jeder Art und GrStze liefern in anerkannt solidester Ausführung Ililinioversetitz veittralliminiZz- imtlLpMats- kan-zi!8lall. Filiale: I-elp-l«, Elifenftraste «1. Vertreter : Herr Civilingenieur äc«I. «vxrlvd. Meisten a.Clbe rrvldvrsvr Lspdalt», > «arten- und? 8»a«I Oeioeot- l liefern billigst «edrücker k^made, lErelder,, Sa. Finnische Ta«vfschisssabrts - Gesellschaft. HelftngsorS. . Aetlili-Iiml-üekiliilkon. Passagier-Schnelldampfer ^HV«IIao»o" jeden Sonnabend Nach mittags 2>/» Uhr von Stettin. Nähere Auskunft bei «Mstav mletrlsr, Stritt«. eiiui Vei'sieiKvi'imK findet statt, dagegen werden diese und nächste Woche im Wege des freihändigen Verkaufs abgegeben im Einzelnen wie in größeren Partien zu den von mir festgesetzten Arielions - eisen Herrcir-Anzüge. sonst 12-22 jetztM. X an. do. Anzüge, sonst 2-1-48 letzt M 10 an. do.llcbcrziclicr. ionsi 12 -2» jetztM. 8an. do. Ucbcrzicbcr, sonst 21-50 letzt M. 15 an. do. -Hosen, lonst 2>0>/2 >ekt M. l'/i an. do. Hosen, sonst 7—20 jetzt M. 4>/e an. do Jackcts, sonst 8—25 letzt M. -1> » an. Hexen und unbedingter Aufgabe des Geschäfts, wie sä,nellsler Räumung der rliilehcibcndcn Geschäftslokalilätcu müssen zu Gelde gemacht werden: Burschc»-Anzüge,som!l2-20ictztM 7an. Züngl.-Anzüge, sonst 8—20 jetztM. 5 an. Knabeii-Anzügc, sonst.2-12 jetztM. 2 an. ttnabcn-Anzügc, sonst 12—I8jctztM.7aii. Sämmtlichc Sommcr-Artikcl irr Leine» u.Lüstcr zu jedem annehmbaren Gebote!! I SeLrioss-Strasse A „Voläae Inh «eorrr Slruan. 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