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wachen brauchen: dann, als er überzeugt, baß er fast ganz ruhig blieb, hatte er sich für die nächsten Tage eine Chaiselongue i» das Zimmer stellen lasse», aus der er sich uiederlegte. um nur j„ gras,eien Zwischenräumen Kviilwle zu üben und auf jeden Fall im nölhigen Augenblick der der Hand zu sein, Schoir nach drei Tagen durfte das Kind ein paar Stunden außer Bett zubringen, und nach fünf -ragen endlich, in den noch recht warmen Mittagslunden, wurde der er>le Aus gang gewagt Lotte war glückselig und säst übermüthig fröhlich, Ihre ganze Seele war so von unbegrenzter Dankbarkeit nir dieses bedeutungsvolle Ereignis! ausgesüllt, daß alles Andere, was >ie oft wie schwarze Schatten zu umschließen drohte, in den Hintergrund trat und todt gemacht wurde von der Sonnenhelle der gegenwärtigen Freude. Sie fuhr das Kind selbst in seinem hübschen kleinen Wagen, und die Männer begleiteten sic. Man sprach angeregt und heiter not einander, wie seit Langem nicht, und manchmal lachte Lotte so laut und herzlich auf, das; ihr ihre eigene Stimme ganz fremd erschien. Der Professor streifte ne tmnicr wieder und wieder mit seinem dunklen, strahlenden Blick, in dem eine über- stromcnde dankbare Zärtlichkeit und »»endlich froher Stolz lag. Siegfried war der einzige, der im Grunde ernst und nachdenklich gestimmt war, aber er ließ dies nicht auslommen und »nach und lachte mit den Andere» und sang sogar auf ihren Wunsch mit seiner zwar imgeichulten, »der herrlichen vollen Stimme ein paar muntere Lieder in die blaue sonnen- durchleuchtete Lust hinaus, wobei das Kind icdeS Mal vor Bergnüye» laut krähte und mit den kleinen Händchen aus die Bettdecke patschte. Und dabei jnbilirtcn die Bogel um die Wette und machten einen fröhlichen Lärm, als wollte jeder das legte Wort haben und jeder am deutlichsten gehört werden. Ein großer freudiger Jubel herrschte in der ganzen Natur, die wahre Orgien von Schönheit feierte zum eigenen Preise, zu ihrem großen Erntedankfest. Die überreifen Früchte — die goldgelben Birnen, die rvthbäckigen Aepfcl und dunkclvioletteu Pflaumen — leuchteten nur so an den Bäumen und schiene» bloS aus einen leisen Windstoß zu warten, um ihrer alten Mutter Erde neckisch spielend und übermüthig in den Schooß zu fallen. Die Kastanien sprangen braun und glänzend aus ihren bräunlichgrünen Hüllen und rollten raschelnd ein Stücklein über den weichen Teppich von welkende» Blättern, lind ihr gelbes Land nun gar funkelte in der Sonne wie ein goldener Märchcubaum, an dem man nur leise zu schütteln braucht, um unermeßliche Neickthümer in den Schooß geworfen zu bekommen. Braunes Eichen- und gelbes Buchenlaub wechselte ab mit einzelnen ver Mäkele», noch grünen Baumkronen, und an den Seiten der Mauer entlang prangten die uvpigen Finthen rother Weinlaubhänge. Und aus der Ferne kommt dunkles Glockciigeläutc. und leine ernsten Klänge mische» sich seltsam mit den lustigen Weisen, die von Geige und Klarinette und dem melancholischen Dudelsack im nahen Dorf zum Tanz aufgespielt werden Es geht-hcutc hoch her un Torfe: auch die Mensche» feiern ihr Ernte- und Danlscst bei Spiel und Tanz und lauter, ausgelassenster Fröhlichkeit. Das Alles wirkt so unmittelbar, so ansteckend, so freimachend. „Wißt Ihr was." sagte Lotte, während ihr die answallendc Jugendlust aus den leuchten den Augen spricht, „wir müßten Aachmittags eigentlich ein bischen in s Dorf hinnntergehc». Im vorigen Jahr sind wir doch auch ein Weilchen dort gewesen. Werner, und die Leute freuen sich so, wenn Jemand kommt — und dann auch — es machte mir so viel Spaß " „Das ist wahr," sagte der Professor, „natürlich — daS muß gemacht werden, das ist alter Brauch." Er war so zartfühlend, daß er. obgleich er selbst gar nicht daran denken konnte, in seinem leidenden Zustand, mitzngchen, dies nicht anssprach, weil er fühlte, daß es sofort Lottes Freude dämpfen und sie bestimmen würde, sich auch das Vergnügen zu versagen. Wenn cr's später, kurz vorher sagen wurde, nur so als augenblicklichen Einfall, dann wurde sic sich eher darein finden. „Famos — famos!" Lotte klatschte in die Hände. „Dich werd' ich aber nicht »litnehmen könne», mein Kleiner," sagte sie dann wie mit leichtem Selbstvorwurf in zärtlichem Ton, während sic sich liebevoll über das Kind beugte: „aber wenn Dn erst groß bist, dann — ach dann !" Und stürmisch faßte sic plötzlich den Knaben, und hob ihn hoch, hoch über sich empor. „Mein Kleines Du, mein Liebes'" In unaussprechlichem Glück preßte sie dcis Kind fest, fest an sich und empfand ein unend lich süßes Gefühl des ZnsammeiigchörciiS. der Gemeinsamkeit zwischen ihm und ihr — gemeinsam durch ihre Jugend — ja, sie Beide, sie würden sich noch lange, lange viel sein können. Schließlich legte sie das Kind wieder zurück, denn man mußte nun an'S Umkchrcn denke»: für diesmal hatte dec Spaziergang lange genug gedauert. Auf dem Nückweg wurde weniger gesprochen, aber dciiuoch wich die frohe Stimm nng nicht. „Heute ist einmal so ein Tag," sagte der Professor anS seinen Sinnen heraus, „an dem man die Melancholie des Herbstes gar nicht begreifen kann. Heule empfindet man nicht das Vergehe» und den llcderaaiig zum Absterben in der Natur, sondern im Gegentheil den Höhepunkt, die allerhöche Vollendung. Giebt cS eine Jahreszeit, die einen so verschwenderischen Reichthum aufzuweisen hätte als gerade der Herbst? Und was bedeutet dic-S sentimentale Trauern über das Vergehen, das nicht über die kurze Gegen wart hinausblickt — predigt nicht jede Frucht, die de» reise» Samen birgt, von tausend maligem immer neuem, immer reicherem Werden ? Giebt cs denn da überhaupt einen Tod?" „Nein," sagte Lotte und ergriff warm seine Hand, die sie nicht wieder lvs- licß, bis sic das Haus erreicht hatten, „Du sprichst das ans. was ich schon so oft empsuiiden habe. Auch mit den Menschen ist cs so. Es giebt gar keinen Tod, sondern nur nnend- — vllS — kiches Leben, eine ungeheure lebendige Kette, von der ein Glied aus dem anderen heraus» wächst, also stirbt Keiner im Grunde, Nur das große Leben bedarf der Auffrischung, der Erneuerung durch immerwährende Ablösung, Jni Grunde sollte man nicht trauern, wenn Jemand silrbt, wenn er nur verstanden hat, junge Saat zu streuen." „Meine liebe Lotte. Du hast die Anschauung, die groß, weitseifend und einzig lebenskräftig ist." Er drückte ihre Hand fester. „Wenn Du wüßtest, wie froh Du mich durch solche Ueberzeugung machst; Du giebst mir das Vertrauen und die Beruhigung, daß Du kraftvoll und un erschütterlich durch Dein Leben Dich durchringen wirst, was auch kommen mag. Weißt Du. daß ich Dir dafür dankbar sein muß, »reine Lotte? Mein Kleines, Liebes — nur wollen niemals von der Höhe dieser Anschauung hcruntersleigen, hörst Du — niemals schwach werden — ja meine Lotte — Sie blickte ihm fest in die Augen, glücklich, stolz und wchmüthig zugleich — aber in diesem Augenblick fühlte sie alles Fremde zwilchen sich und ihm sortgeweht; sie lieble ihn stark, rückhaltlos — wie in früheren Zeiten. Siegfried folgte den beiden innig aneinander- geschmiegten Gestalten ernst und nachdenklich Doch auch dieser ernste, fast feier liche Klang ließ sich in einen traurigen keineswegs hinüberlciten. Die gute, heitere Stimmung wollte sich heule nun einmal nicht besiegen lassen, und bei Tisch sprudelte sie schon wieder munter in sorgloser Laune hervor. Das ging soweit, daß wgar ein kleines Malheur damit verschuldet wurde. Lotte wollte über den Tisch hinüber mit Siegfried anstoßen, und da sic mit der schon ausgcstrcckten Hand, die das GlnS hielt, zufällig in dem gleichen Augenblick etwas hastig von de» Sitten aufstanden, flicken sic mit den Gläsern so stark gegeneinander, das; seines klirrend in Scherben zerbrach und geradewegs in die Blumenschale Hineinsiel, die in der Mitte des Tisches stand. Nun mußten sie Beide lachen über die drollig verblüfften Gesichter, mit denen sie sich einen kurzen Augenblick angesehen. Und während sic sich noch immer gegenüberslanden, lachten sie toller und toller, und der Professor stimmte ein, so daß schließlich das ganze große Zimmer widcrballte von ihrem dreistimmigen Lachen. „Nein, wirtlich. Ihr seid rein wie die Kinder." sagte der Professor endlich, „wie die ausgelassenen Kinder! — Wißt Ihr übrigens was. meine beiden Kinder —" fügte er einer plötzlichen Eingebung folgend heiter hinzu, „wie wär's denn, wenn Ihr beide Brüderschaft miteinander machtet? Ich meine, cs wäre eigentlich Zeit; Ihr vertragt Euch >a so im Allgemeinen, scheint's, ganz gut. Ich sehe es sehr gern, — mrd ohne meinen Anstoß — oder lolchen Anstoß — kommt Ihr wohl doch nie dazu — nun, wie steht's . . . ?" Siegfried crrölhctc, aber Lotte lächelte ihn schelmisch und übermüthig an und sagte: „Nun. ein Bruder ist ja immerhin nicht zu verachten. Mit dein kann man sich wenigstens mal ein bischen zanken und streiten — so offen heraus, wissen Sie. das ist manchmal jo wohl- Ihuend. — Aber, ich denke —" fügte sie nach einer kleinen Pause ernster hinzu — „auch daS Vertrauen, das dazu gehört, besitzen wir am Ende wohl ?" „Ich, >a." sagte er mich und ergriff fast heftig ihre Hand, „wollen wir. Lotte — willst Du — ?" „Ja, Sieg fried —", das kam auch wieder fast ei» bischen feierlich heraus und, uni dielen Ein druck zu velwüchen, sügle sie noch scherzend hinzu: „Ter Name ist mir ja ohnehin schon genugsam geläufig. da wird mir's leichter werden als Dir." Er niitwvrlete nicht und vermied fetzt überhaupt, sic direkt anzuicdcn, sondern saß still da und sah roth und glücklich aus. Aber bei Lotte kam er damit ui ihrer übermüthigen Laune schlecht an: als sie es einmal heraus halte, daß cs ihn froh und doch verlegen zu gleich machte, sich an dieses brüderliche Vcrhältniß ihr gegenüber zu gewöhnen, nahmen ihre Neckereien und mnihwilligen kleinen Scherze und Herausforderungen gar kein Ende und der Professor iinterstüttte sie in seiner seinen und ruhig humorvollen Weise. So war der Nachmittag hcrangekviiunen. Man hatte auf der Veranda noch den Kaffee getrunken und nun hielt der Professor den Augenblick für geeignet, Lotte zu bitten, ihn bei den Nachmittags-Unternehmungen zu HauS zu lassen und sich allein der Führung des „Herrn Bruders" anznvertraue». Er sagte, daß er von dem außergewöhnlich lang hingezogeiien Diner und dem vielen Sprechen etwas müde geworden sei, daß er ja die Sache doch schon zur Genüge kenne, und schließlich — als sich Lottes trauriges, nieder geschlagenes Gesichlche», wie er erwartet, nur zu rasch cinstellte — daß er sie zum Abend mit einer ausgezeichneten Bowle erwarten werde und daß sie Tann alle drei, wenn er in zwischen geruht, »och einen fröhlichen Abend haben könnten. Die legte Aussicht wirkte am meisten. Und dann war der Professor heute wicllich jo wohl und frisch, daß Lotte wenigstens ohne jede Sorge ihn allein lasten konnte. So wurde man denn nach langem Hin- und Hemden einig. 16. Kapitel. Der warme farbige Nachmittagssonnenschein breitete sich schimmernd über die Flur, daß es Einem ordentlich wohl ward, wenn man so mitten hinein wunderte und der Körper in seinen lichten Jluthe» förmlich badete. Er ließ die alten verkrüppelten Weiden am Wiescnrai» silbern, den leeren Acker braun-golden und die Heide leuchtend roth erglänzen. Lotte und Siegfried waren Hinte» herum über die Felder zum Tors gegangeu. 'Nun hatten sie den Heidcflecken erreicht, der sich dicht bis an die ersten Häuser zog. Eine kleine Herde von Lämmern weidete dort, und vor ihnen durch die Pappeln und Erlenbüschc sah man das in der Sonne brennend rothc Dach einer Bauernhüttte hindurch schimmern, aus deren Schornstein der blaue Rauch kerzengerade in die Luft ansjlicg. iSorlicr»», lick-Kes. Smillilll' kWWlmii-KImll vorm MorltL Ili»« Ll86U8tU6k8N!1886 4 Ulltl >0886llvr8ll 11886 3, empüehlt ibio ansrlcannt vorrüxliciwu Illüod8teL.sl8tuii8,r'vvi»i?8i.8vono8tollvevI>»iaa«:i>. 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