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- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1900-08-05
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-19000805029
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-1900080502
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-1900080502
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-08
- Tag 1900-08-05
-
Monat
1900-08
-
Jahr
1900
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Dresonev Nachrichten. Sonntag. S. August ISO« W »> Nr. 213 Brauereien seken sich alle mehr oder weniger „auf's hohe ^fcrd", und meinen für «ihr köstlichstes Produkt der Welt" keinerlei aus ländische Konkurrenz fürchten zu müssen. Bezüglich der Preis- äußerst— "—" wird z. B. darauf hingewiesen, das; dei einer Steigerung der Fleischpreise die Konsumenten die Erhöhung zu tragen haben. Es wird keinem Fleischer einfalleu, dem Landwuth oder Viehhändler gegenüber den Einkaufspreis herabzudrückeu. um nur seinen Kunden die alten Preise gewähren zu können. Wenn Berliner Häuser das böhmische Bier anscheinend billiger beziehen, so ist der Vor theil nur ein scheinbarer, denn die Preisdifferenz wird von den dortigen Vertretern getragen, die bisher einen höheren Preis forderten, als die Dresdner Vertreter. Wie bereits erwähnt, Von weitere» Eingängen ist ein Antrag des .Herrn Canzler von Interesse, dahingehend, bei den maßgebenden Behörden vorstellig zu werden, wiche Konzessionen in großer Anzahl für Betrieb mit weiblicher Bedienung, wie sie jetzt im Vergnügungseck der Bau- Ausstellung ertheilt worden sind und welche die gekämmten Gast- wirthe der innere» Stadt schädigten, nicht mehr zu wiederhole». Hierüber entspinnt sich eine äußerst lebhafte Debatte. Der An tragsteller erklärt, daß er nicht gegen das „Eck", sondern gegen Wiederholungen der damals gefaßten Entschließ»»» ist. Ist doch bereits jetzt davon die Rede, daß der Rath beabsichtige, den Nus- stcllungspark in einVolks-Vergnügnngs-Etablisscment umzuwandeln. Kollege Stadtverordneter Scheibe führt ans, die Unternehmer hätten im Vergnügungseck bis jetzt sehr schlimme Erfahrungen ge macht und seien um die ertheilten Konzessionen nicht zu beneiden. Die beabsichtigten Schritte möchten bis »ach Beendigung der Ans stellung verschoben werden, run die betreffenden Berufsgcnossen nicht noch mehr zu schädige». Mit großer Mehrheit wurde beschlossen, durch eine dreigliedrige Kommission mit thunlichsler Beschleunigung eine Petition gegen die Masscnkvnzessionen beim Magylmt auS- uiarbeiten. — Zwei Angehörige oeS Vereins sind wieder durch den Tod abberusen worden. Ihr Andenken wird in üblicher Weise ge ehrt. Dagegen weiden zwei neue Mitglieder ausgenommen. Ein Punkt der Tagesordnung, der Bericht über den 27. Gastwirthstag in Dortmund, wird abgesctzt. Der Verein beschließt ferner, Ende August oder Anfang September sein diesjähriges Stiftnngs- und Prämnrungsfest abzuhalten. Als Festvrt wird das „Lincke'schc Bad" gewählt. Der Vergnügungsnusschuß unter Leitung des Herrn Dornauer hat es übernommen, die Vorbereitungen für das Fest zu treffen. Diejenigen Gehilfen des Gaslwirthsgcwcrbes. die zu einer Prämiirungvon Seiten des Deutschen Gastwirlhsvcrbandes rcsp. der „Theodor Müller-Stiftung" vorgeschlagen werden sollen, »lüssen sobald als möglich, mindestens aber innerhalb der nächsten acht Tage, beim Vereinsvorsitzendcn angcmeldct werden. -* Eine große Anzahl von Werken der Privat-Architektur, Abtheilung 2 der Deutschen Bau - Ansstcllung. welche zwar angcmeldet, aber bis zur Eröffnung der Ausstellung noch nicht cingeliefert worden waren, sind rn den letzten Tagen zur Aus stellung gelangt. Nicht weniger als 138 Blatt Zeichnungen und Bilder waren noch in dem Saal IV untcrznbringen. Unter den neu zur Ausstellung gekommenen Blättern befindet sich eine reiche Auswahl farbiger Darstellungen,Aufnahme» nnd Wicdcrhcrsicllunas- vroiekte antiker Baute», sowie dekorativer Entwürfe von Professor K. Weicbardt, bekanntlich jetzt an unserer Technischen Hochschule wirkend, ferner treffliche Federzeichnungen und Aguarcllc von Architekt F. Brantzkh in Köln a. Rh. u. A. —* Der Eentralverband der städtischen Haus- und GrundbesitzcrvereineDeutschlands, dem fast alle bedeutendere» Halisbesitzervereine in allen Thcilen des Reiches mit ca. 35.00» Mitgliedern angcschlossen sind, tritt morgen in Erfurt zu seinem 22. Verbandstag zusammen. Tic Verhand lungen werden diesmal eine ganze Woche in Anspruch nehmen. Aus der Tagesordnung steht n. A. der Antrag des Vereins Dresden: „Der Verbandstag wolle beschließe»: Tie Verbands- Vereine sollen verpflichtet sein, dem Verbandsdrrcktor vierteljährlich darüber Bericht zugcbcn zu lassen: cO welche Erfahrungen bei ihnen mit dem neuen Bürgerlichen Gesetzbuch in Miethsslreitigkeit gemacht worden sind, und b> was im klebrige» an besonders bc merkenswerthcn Rechtssprüchen wahraenvmmen worden ist, ferner das auf den« letzten Verbandstag zurückgeslcllle Thema: Die Wohnungsbeanfsichtigung im Deutschen Reiche, worüber Herr Bau meister Hartwig refcrircn wird. —* Ans oen amtlichen Bekanntma ch unge n. Vom Montag ab werden die Reichsstraße, zwischen der Reichenbachstraße und dem Reichsplatz, wegen Einbaues von Wcichenanlngen, die Zittauer Straße, zwischen der Forststraßc und der Stolpencr Straße, wegen Umpflasterung und die Martin Lnlhersiraße, zwischen der Bautzner Straße und dem Lntherplatz, wegen Schlenscnbaues auf die Dauer der Arbeiten für den Fahr- und Rcitverkchr gesperrt. Mit dem Hauptschleuscnbnu in der Ebemnitzer Straße, entlang des Annenfriedhofes, soll am 13. August begonnen werden. —* Zum Besprengen der Straßen und Plätze wurden !m Monat Juli 05.397 Kubikmeter Wasser verbraucht. —* Von morgen an sind die großen Schwierigkeiten beseitigt, welche in Folge des F ln th kan a l b a us den Straßenbahnver- tehr in der Falkenstraße unterbrochen haben. Die Fahrgäste der Plauenschen- und Arsenallinie werden dies mit der Strcitzcn- bahngesellschnst gewiß freudig begrüßen, da die nun glücklich über wundene VcrlchrSunterbrechuna allseitig recht unliebsam empfunden worden war und auch für die Straßenvahngesellschaflen ganz außergewöhnliche Schwierigkeiten im Gefolge hatte. —* Polizeibericht, 4. August. Gestern Nachmittag ist unterhalb der Augustusbrücke neustädterseitS der Leichnam eines Unbekannten von einem Fährmann auSder Elbe gezogen worden. Der Todte kann in den 20er Jahren gestanden haben: er ist 1.64 Meter groß, bartlos, von kräftiger Gestalt, bat dunkel braunes Haar und vollständige Zähne. Bekleidet war er mit dunkelbrauneni Jackett, dcrgl. Weste, graugestreister Arbeitshose, weißem Chemisett, blauem Barchenthemd mit schwarzen, schmalen Streifen, braunen wollenen laiigen Strümpfen und Schaftstiefeln. Hemd und Strümpfe sind H. L. gezeichnet. Ein Theil der Kleidung, ein rothes Taschentuch, ein Portemonnaie mit 83 Pfg. Inhalt, ein zerbrochener Taschenspiegel, 1 Messer und 1 Kamm liegen im Zimmer 28 des Hauptpolizeigebäudcs zu Jedermanns Ansicht bereit. —* Am Donnerstag Abend gegen 11 Uhk wurde ein sehr schönes Meteor beobachtet. Es erschien im nördlichsten Theile des Herkules und ging sehr tief, bis in die Nähe des Antares. Es war grünlich-weiß und verschwand ohne Geräusch nach 3 Sekunden. —* Löbtau. Eine längere Betriebsstörung erlitt beute Morgen in der neunten Stunde der Straßenbahnverkcbr ans der erst jüngst dem elektrischen Betrieb übergebenen Linie Postplatz— Löbtau-Wölfnitz. Auf der Tharandterstraße an der Ecke der Saxoniastraße brach beim Passircn eines Motorwagens einer der auf eisernen Masten aufgesetzten Schlußkegel — wie anzunehmen ist, infolge eines Gußfehlers — ab und stürzte mit den zahlreich an ihm befestigten Schutzdräbten herab, wodurch der Zuleitungs- bügel des Wagens stark beschädigt und dieser so betriebsunfähig gemacht wurde. Für den Verkehr entstand insofern eine Gefahr, als die ans die Straße herabhängenden Schuhdrähte auf der elektrischen Oberleitung anslagen und so mit der Leitung Ver bindung erhalten hatten. Ein Angestellter der Straßenbahn streifte «»vorsichtiger Weise beim Vorübergehen eine der herabhängenden Schutzdrähte und bekam einen derartig starken elektrischen Schlag, daß er ein Stück zur Seite und zu Boden geschleudert wurde; auch ein Knabe, der sich neugierig herangedrängt hatte, erhielt einen Schlag, sodaß er einen lauten Schmerzensschrei ausstieß. Es dauerte längere Zeit, bis ei» telephonisch herbcigerusener Montirungswagen ankam und die herabhängenden Drähte beseitigte, damit die Strecke wieder für den Verkehr frei wurde, denn cs hatte sich eine bedeutende Anzahl Wagen angesammelt, welche schiilichsl der Weitcrfahrt harrten. —* Panßni tz bei Strehla, 3. August. Todt aufgefnnden wurde gestern Abend am Elbuser der aus Mühlberg gebürtige, 61 Jahre alte Stromarbeiter Z. Der Leichnam lag mit dem Kopfe und einem Theile des Oberkörpers ini Wasser, der Hinterkops zeigte eine klaffende Wunde, auch im Gesicht waren Verletzungen vorhanden. Tic Kopfwunde läßt nach Annahme der Aerzte darauf schließe», daß Z. mit einem stumpfen Gegenstand einen heftigen Schlag erhalten hat, wodurch die Schädeldecke verletzt wurde. — Z. hatte die Glasnutzung des hiesigen Hegers gepachtet. Er be merkte in letzter Zeit, daß ihm GraS gestohlen wurde. Gestern legte er sich ans die Lauer, nm die Diebe abzusassen. Dabei scheint es zu einem Kämpfe gekommen zu sein, wobei Z. cr - schlagen wurde. —" Wetterbericht der Hamburger Lccwartc vom 4. August. Eine Depression mit eurem Minimum unter 740 Mm. von der südlichen Nordsee ausgehend bedeckt fast ganz Europa. In Deutschland ist es kühl und trübe bei südlichen bis westlichen, im Westen und Süden bei starten Winden. — Wahrscheinlich ist kühles, unruhiges Wetter mit Negensällcn. Tailesgeschichte. x Deutsches Neich. Aus Bremerhaven wird von gestern gemeldet: „Tie Kaiserin ist um 10 Uhr 45 Abends »ach Wilhctms- Hvhc und derKai > er um 11 Uhr nach Kodurg abgereist. Kurz zuvor hatte in dem großen Saale der Llohdhalle die Veriheilung von Ehrungen an je 15 Arbeiter des Norddeutschen Llovd und der Hai»hiirn-Anierikn-Li»ie durch den Kaffer in Anwesenheit der Um gehung und -er Direktoren der beiden Gesellschaften staitgesundcir. Hierbei tuest der Kaffer folgende bereits kur; gemeldete A «spräche: „Ihr seid hier versammelt worden, rn» Meinen kaiserliche» Tank zu empfangen für die Hingabe und Aufopferung, »ist der Ihr an bcr Fertigstellung der Dampfer für Meine Ossi ziere und Soldaten gearbeitet habt. Dank Eurem rastlosen Bemühen ist die promplc und pünktliche Absenkung der Transporte möglicd geworden. Da durch habt Ihr cs eiiimat ermöglicht, daß unsere Truppen möglichst ichncll auf den Kampfplatz kommen, zum Anderen habt Ihr unsere Leistungsfähigkeit ans diesem bisher von uns noch nicht betretenen Gebiete vor der ganze» Welt in's beste Licht geletzt und dadurch nach beide» Richtungen hin unserem Baterlande unschätzbare Dienste erwiese». Die Auszeichnungen, die Ich Euch dafür verleihe, sollen Meine Anerkennung lein, aber auch zugleich ein Ausdruck Meiner Zufriedenheit, daß Ihr nicht dem schlechten Beispiel der durch vaicrlandslose Agitatoren verführten Arbeiter Hamburgs gefolgt seid, sondern den Patriotismus des deutschen Arbeiters fleckenlos gewahrt und wacker mitgearbcitet habt für die Schlagfestigkeit unserer braven Armee, Ehrlos der, welcher im Moment der Ge fahr sein Vaterland im Stick läßt! Erhaltet Euch den guten, dentschcn Geist, den Ihr bewirten, bann wird der Tank des deutschen Volkes und Meine Anerkennung Euch nie fehlen." x Prinz-Regent Luitpold bat aus der Vorderriß an den Grasen von Montgclas nach der Landcsgrenze bei der Bahn station Gemündcn folgendes Telegramm gerichtet: „Herrn Graten von Montgelas, Kommandeur des 2, Bataillons des 4. Ost heil Infanterie-Regiments in Gemünden das Ihrem Kommando unterstellte Bataillon die Landgrenze überschreitet, drängt cs mich. Jbnen und Ihrer tapferen Schaar, welche mit Söhnen aus allen Gauen Deutschlands für Recht und Sühne in den Kampf zieht, aus den Bergen noch einen letzte» Scheidearuß zuzuruse». Luitpold, Prinz-Regent." „ x Das Zurückgrcifen bezüglich des ostasiatischen Ent. satzkorps auf Mannschaften des Beurlaubtenstandes wird noch mehrfach in der Presse erörtert. So schreibt die „Münch. Allgem. Ztg.": „Die große Zahl der freiwilligen Meldungen aus den unter den Fahnen befmdlichen Mannschaften und die Ausdehnung der Annahme von China-Freiwilligen auf den Beurlaubtenstand scheinen auf den ersten Augenblick im Widerspruch zu stehen. Wir nebmen an. daß es vermieden werden soll, die Präsenzzahl der stehenden Verbände durch Entnahme von Freiwilliaen unter eine gewisse Grenze herabzudrückeu. Auch noch ein anderer Gesichts punkt mag maßgebend gewesen sein. Bei der Entnahme von Mannschaften aus dem Beurlaubtenstande fallen alle jene Un- zuträglichkeiten und Treibereien weg, die sich auf die — als un wahr erwiesene» — Behauptungen gründeten, es seien hier oder da. Leute zwangsweise eingestellt worden: auch waren in dem einen oder anderen Falle Kollisionen zwischen dem Willen eines china- lnstigen minderjährigen Soldaten und den« seines Vormundes eingetreten," x Ter Staatssekretär des Reichsniarineamts, Viceadmiral v. Tirvitz hat dem früheren französischen Marineminister Lvckro» auf dessen Ersuchen die Erlaubniß ertheilt. die Kieler Werfianle.M zu besichtigen. Herr Lockroh wird in nächster Zeit dort eintresscn. x Italien. Das Zimmer, in dem König Humbest aus - gebahrt liegt, ist zur Trauerkapelle umgewandelt worden. Aus oen Sarg, der mit einem Bahrtuch mit dem Kreuze von Savohen bedeckt ist. wurden Helm und Degen gelegt. Zu Füßen des Sarges liegen auf einem Krssen die Orden des Entschlafene». Um den Sarg werden die Kränze gelegt, die fortwährend in großer Anzahl ankvmmen. Tic Todtenwache wird abwechselnd von den Prinzen gehalten. Dem Vernehmen nach wird die Ucberführung der Leiche nach Nom am Mittwoch Abend und das Leichenbegängniß in Rom am Donnerstag, den 9. d. M„ stattsindcn. Es verlautet sei»«, daß das Königspaar vor der Ucberführuiig der Leiche abreisen und daß die Eidesleistung des Königs am Sonnabend stattsindcn wird. Tie Minister reisten gestern Abend gegen 9 Uhr nach Rom ab, x Zu einer erschütternden Scene ioll es bei Tisch gekommen wi», als die Kön ig in-W ittw c die Königin Helena bei dn Hand faßte und an den Ehrenplatz der Tafel führte. Helena weigerte sich weinend, diesen Platz eiiizimeljmen, und die Königin- Mutter mußte sich zwilchen das innge Königsvaar setze». König Victor erzählte von den Leiden seiner schrecklichen Nachtfahrt von Reggio di Calabria »ach Monza durch sein ganzes Reich an die Leiche des ermordeten Vaters. x Bres > i wird in seinem Gcsängniß ständig von zwei Soldaten und einem Gefttngnißwärter bewacht. In seiner Zelle ioll er sich geäußert haben, daß. falls er nochmals frei würde, der Kaiser von Rußland daran glauben müßte. Dafür wird nun freilich gesorgt werden, daß er kein Unglück mehr stiftet, x Es heißt, das Verhör des Anarchisten Natale Postanzini, der in Ancona verhaftet wurde, habe trotz seiner anfänglichenVc« sichern»» des Gegentheils ergeben, daß er ans Monza kam. Es ist fcltgeslellt, daß Postanzini, der sich den Bart vollständig abrnsirt hat, einen falschen Namen angenommen hatte. Sei»!' Hände und sein Taschentuch zeigte» Älutflccke. Die in Neapel verhaftete Person ist ein Sozialist ans Bcncvent Namens Earminc Ucci. der längere Zeit in Amerika gcarbciict hat und dann über Paris nach Italien zuriickgekehrt ist. x Afrika. General Botha uud Präsident Krüger haben eine Proklamation erlassen, in der sic sage», sie würden sür alle Schäden, den die Engländer den Farmen ziisügtcn, Enatz zahlen, wenn die Besitzer dieser Farmen bei ihrem Kommando bicibcli. Ter Krieg in China. x Ter aincrikanffche Generalkonsul in Shanghai tclcgraphlrt unter dem 3. d. M.: Die Amerikaner haben gestern Ehmikiiia verlasse», Li-Hu»a-Tichang sagte heute dem französischen Kons»!, den Gesandten in Peking würden keine Botschaften auSgchcmdigr, weil die srenidcn Truppen auf Peking marschiren. Zwei fremde» freundliche Mitglieder des Tstingli-?1omens. die aus Beschütz»»» der Gesandten drangen, wurde» ans Befehl Li ping-hcng's, der zur Zeit die Truppen in Peking befehligt, rnihauptet. Lt-Ping-I>e»g habe auch das Massncre in Pachmg anacvrdnct. — Nach einein Telegramm des Admirals Reine» ans Taku von gestern meldet General Ehasfer. daß 800 Japaner eine R e k o g n osz irung in der Richtung aus Peitang iinsführte». wobei drei Mann sielen und 25 verwundet wurden. Der Feind hielt Gräben und mit Schieß scharten versehene Häuser besetzt. x Aus dem Bormars ch aus Peking scheint einstweilen doch noch nichts geworden zu sein. Vielleicht haben britische, amerikanische »nd japanische Truppe» in aller Form den Vormarsch begonnen, sind aber, als sie Widerstand und wohl noch andere Hindernisse sandcn und wohl auch sahen, daß wider Erwarten die anderen Mächte sich nicht mitreißeii ließen, sieben geblieben: oder aber es handelt sich zunächst nur nm eine Aufklärung großen Stils. Wenn überhaupt auS einem baldigst geplanten Vormarsch etwas werden soll, müßte erst ein Einvernehmen über die Wahl eines Führer», dem sich die anderen Aimee-Ablhciluiigeii imteizuvidncn haben, erzielt werde». Wenn sich jcltt einzelne Abtheilnngcii gar schlagen ließen, io wäre dies für den Fortgang der Erpcditio» von gar nicht obzusehender Bedeutung, da der Chinese durch die ge ringsten eigenen Wasseneriolge im höchsten Grade exaltirt wird. Entschluß, nach Griechenland zu reisen, war ei» Beweis, daß er ein neues, besseres Leben anfangen wollte, Bor dem Ende seines venezianischen Aufenthaltes dachte er sogar daran, »ach Venezuela ciuszuwandern. und er schreibt darüber an Hobhvme: „Ich bin nicht von Italien ermüdet, aber ein Mann muß ei» Eieisbeo und Duettsänger und ein Overnkenncr sein, oder er ist hier Nichts. Ich habe in all' diesen Beschäftigungen Fortschritte gemacht, aber ich kann nicht sagen, daß ick nicht die Degradation sühle. Lieber ein ungeschickter Pflanzer, ein mivraktischcr Ansiedler, lieber ei» Jäger oder sonst Etwas als ein Schmeichler von Musikanten und ein Fächerträgcr von Frauen. Ich liebe die Frauen — Gott weiß es: aber je mehr ihr Lnstem hier auf mich wirkt, desto schlechter erscheint es mir, auch nach der Türkei: hier ist die Polygamie unter den Frauen allgemein. Ich war ein Intrigant, Gatte, und nun bin ich ein Kavalier Servcmte, bei allen Heiligen! es ist eine seltsame Sensation!" Vermischtes. ** Unter der Ueberschrist „Das Lied Ca ferro's" schreibt I. V. Widmnnn in der „N. Fr. Pr,": Wir werden diese entsetzliche» traurigen Attentate, wie sic i» den letzten Jahren immer wieder von Italienern verübt wurden, nie völlig verstehen, wenn wir uns begnüge», bei jeder neue» derartigen Schreckens nachricht ansrurusen: „Tie Tliat eines Einzelnen, den der An archistenwahnsinn ergriffen hat!" Bon einem Jrrwab», von einer psychischen Krankheit mag man immerhin sprechen. Nur muß man dabei nicht blos an einzelne Individuen, sondern an eine kranke, fiebernde Volksseele denken. Es ist freilich wenig tröstlich, das zu vernehmen, und daher werden manche Leser sich sträuben, es zu glauben. Denn in diesem Falle bedeutet eine kranke Volksseele einen eigentlichen Krankheitsherd sür immer neue derartige Ver brechen. einen Mcilarianimps furchtbarster Art. Aber andererseits hilft es doch nichts, vor Wahrheiten und Thatsachen. die man erkannt hat, wie der Vogel Strauß den Kopf im Sande zu ver stecken. Und darum will ich mit der Erfahrung nicht zurückhalten, die ich im Mai 1895 in Toskana machte, womgemerkt, nicht etwa in Florenz an der Hefe irgendwelchen Stadtpöbels, sondern draußen auf dem Lande inmitten einer fleißig arbeitende» Bauern bevölkerung. Ich bciand mich zur Kur in dem ein paar Stunden von Pistoza entfernt gelegenen Badeorte Mom'ummano. dessen heiße Grotten besonders dadurch berühmt geworden sind, daß Garibaldi's Wunde von Aspromonte hier sich endlich schloß. Es ist eine freundlich offene Gegend von großer Fruchtbarkeit, Wenn ich nun an den Abenden zu dieiem oder zenem Hügel einen Spaziergang unternahm, nm noch einen letzten Blick über die weite Ebene zu tbun, die, in dunkelblauen und violetten Töne» dalicgend bis gegen Florenz. Piia und Livorno sich ausdehnte. s dann drang jedes Mal durch die Stille der schon vom Avennin > berabsinkenven Nacht ein ferner Männeraeiang zu mir. lieber die Weinberge hin kam's, eine ichwermüthige Melodie, die bei aller Ein , rönigkeit nicht ohne einen gewissen Reiz war. Es lag etwas unsagbar Trauriges in diesem durch die dämmerige Lust von seine hergetragenen" s Gelang, Und endlos schien das Lied, Immer wieder nach einer kleinen Paine hob eine neue Strophe an. Je dunkler der Abend ^ wurde, desto stärker schwollen die Stimmen der unsichtbaren Sänger. Zugleich sprühte setzt die Ebene von Myriaden schweben der. phosvhorescirender Lichtchen, den zabllosen leuchtenden Johanniskäferchen, deren wunderbaren, an Schönheit jedes Feuer werk übcrtresfenden Tan; und Glanz Jeder kennt, der schon in Frühsonimemächlen mit offenen Augen aus einer italienischen Eisenbahn durch Wiesen und Felder gefahren ist. Als ich an jedem Abend immer wieder dasselbe Lied vernahm, immer wieder die gleichen unendlich melancholffchen Cadenzen, da wurde ich zuletzt neugierig, wer wohl die Sänger seien und welchen Inhalts ihr Gesang. Ich hatte inzwischen die Bekanntschaft eines feinen, rothblonden Wirthstöchterch ens gemacht, der damals etwa lstjähri- gen Signorina Corinna T-, mit der zu plaudern ein großes Ver gnügen war. Ihre Eltern hatten in der Nähe des Bade- Stabilimentos ein kleineres Wirthshaus. in dem die Kurgäste gern Vormittags ihr Gläschen landesübiichen Mermuths tranken, das von der bescheidenen und klugen Corinna auf's Anmuthigstc kredenzt wurde. Von ihr nun wurde ich eines Abends in das Ge- beimniß dieses nächtlichen Mänuergeianges eingeweiht, wobei ich bemerken konnte, daß sie gegen ihre sonstige freimüthige Art diesmal nicht gerne mit der Sprache berausrücktc. un eauto proibita" („Es ist ein verbotenes Lied"), sagte sie Anfangs nur. „Die Regierung will nicht, daß man cs singt. Denn es ist das Lied Easerio's" . . . Das Lied Eaierio's, des Mörders des fran zösischen Präsidenten Earnot! Das interessirte mich nicht wenig. „Und wer sind denn die Männer, die es singen?" fragte ich, — ,O." meinte sie. „das sind die Arbeiter, die am Tage in den Vignen oder auf den Aeckern schaffen. Abends kommen sie auf irgend einem Hügel zusammen, da sitzen sie friedlich nebeneinander auf der Wcinbergmauer. und dann singen sie das Lied," Ich ruhte nach dieser Auskunft nicht, bis mir die gefällige Corinna eine Niederschrift des Liedes verschaffte. Das hatte keine große Schwierigkeit. Denn Jedermann in der Gegend kannte das Lied Eaierio's auswendig. Als sie es mir ein paar Tage später über reichte, — ich bewahre es noch auf in ihrer zierlichen, doch nicht sehr geübten Schritt — war ich freilich zunächst etwas enttäuscht. Denn dieses Volkslied ist eigentlich nicht viel anders, als was wir im Deutschen eine „Morithat" zu nennen pflegen, eine Bänkel sängerei. wie man sie, früher noch mehr als letzt, auf den Jahr märkten kleiner Städte zu verkaufen Pflegte. Es trägt den Titel: ultimo vre « ja llecupitü/.ions 6i 8snt« 0»8ena" k.Die letzten Stunden und die Enthauptung Easerio's"). Diesem Titel gemäß schildert es in eis Strophen den Verlauf der Hinrichtung. Ter Anfang ist recht prosaisch: II «säiei ck'Liwato Xil tar «lolla mattina II Lai» avea cimpoxw I-'orrenä» xkissliotrinu. )l«ntr« Eassrio clormiva ancor. 8sor» p«n»rs al trist« orror. ! l,.A»i 16, Anglist früh Morgens hatte der Henker die schreckliche Guillotine nufgerichtct. während Eaierio noch schlief und nicht an ! das seiner wartende Schrecklich dachte.") In diesem Tone gebt es ! fort, wobei aber nirgends ein seine Thal verurthcilendes Wort fällt. Vielmehr beabsichtigt das Lied, Mitleid mit dem tt» glücklichen zu erwecken. Tie Franzose», welche beim Fallen des Kopfes appiaudirt haben sollen, werden daher in dem Liede als „thrannffchcs, herzloses Volk" apostwphirt, 0.6ento tirumm s ssara c»c>r. . .") lind in den letzten drei Strophen tritt die Mutter Easerio's auf. die für die Seele ihres geliebten Sohnes betet. Echte Volkslied-Sentimentalität ist demnach die Stimmung dieses Liedes. Eaierio wird darin von Seinesgleichen als ein Märtyrer betrauert. Ein Solidaritäts-Gefühl findet in dem Liede Ausdruck oder, wenn man lieber will, auch nur ein Solidaritäts- Instinkt. Ich Witt durchaus nicht behaupten, daß Diejenigen, die das Lied Easerio's singen, Anarchisten seien und ohne Weiteres zu ähnlichen Thaten bereit. Aber etwas von einer dumpfen, fatalistischen Stimmung ist in ihnen, als wollten sie zu verstehen geben, diele „Sache" hätte ebenso gut jedem von ihnen vassiren können. Wie sie es sind. wai Caserio ein Sohn des armen Volkes: in ihrer Mitte lebt noch seine Mutter. Und ein solcher armer „6arr»lw" ist hingcgangen und hat mit einem Stoß seiner be waffneten Faust das Oberhaupt eines mächtigen Volkes ^expedirt", Tie „mancia' lTrinkgeld), die er dafür bekam, war sein eigener, blutiger Tod. Also hat er cs gewiß nicht aus Eigennutz gethan, Er hat eS gethan, damit die da droben, die ..possiclonti" die Besitzenden), die reichen und vornehmen Leute, die Mächtigen der Erde einmal sich wieder erinnern, daß es da unten, tief unten im Abgrund, auch noch zuckendes Leben aiebt. Diese toskanischen Landarbeiter wissen nichts von den „Olympischen", denen „der Athem erstickter Titanen dampft" (Goetbe's Parzenlied): aber sie selbst, diese starkknochigen Männer mit oen harten Aibeitshändcn. sind so eine Art erstickter Titanen, die zuweilen mit einem vul kanischen Ausbruch die Welt erschüttern. Und wenn wieder Einer von ibnen die im gewissen Sinne „symbolische Handlung" voll zogen hat, dann feiern sie ihn als einen Helden des fest Jahr hunderten oder, richtiger, seit Jahrtausenden immerwährend arbeitenden und leidenden Volkes. Das ist die Bedeutung des Liedes Easerio's. Ja. die italienische Volksseele ist krank, well es dem italicniicken Volkskörper an der materiellen Nabrungszusuhr gebricht. Hungernde pflegen zu pkiantasiren. Fieberträume müssen ihnen die Wirklichkeit ersetzen. Und Kranke horchen ans Onack- inlbcr und lassen sich leicht auf die verzweifeltsten Mittel ein Dazu bringe man in Anschlag die unbekchretbliche Unwissenheit und Naivetät der tieferen Volksschichten Italiens in Dingen der Geschichte und der Politik. Sie kann wohl auch nicht besser illuftrirt werden als durch die Männer, die Abend für Avcnd auf der einsamen Weinbcrgmauer sitzen und in die Maiennacht hinaus das trübselige Lied von der Hinrichtiing Easerio's singen.
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