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- Erscheinungsdatum
- 1900-01-02
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-190001022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-19000102
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-19000102
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1900
-
Monat
1900-01
- Tag 1900-01-02
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Monat
1900-01
-
Jahr
1900
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Den Mann, der so viel Leben um sich verbreitete, der rastlos thätig war, der sich im Kampfe gleichsam am wohlslen suhlte, diesen Mann konnte man sich nicht so rasch aus dem Leben denken. Noch wenige Tage vor seinem Tode war er, wie fast täglich gewohnt, i» unserer Redaktion erschienen, für Jeden ein liebes, gutes Wort ans den Lippen, ein freundliches Erichen, und so wie er scheinbar in bester Stimmnng von uns ging, war er am Donnerstag auch in der Rathssitzung erschienen, lebhaft an der Diskussion Antheil nehmend. Hier trat allerdings die auffällige Erscheinung einer Ohninachtsanwandlnng an ihn heran und leidend, kränker als Alle dachten, begab er sich in sein Heim, das er nicht wieder verlassen sollte. Wohl stemmte sich die zähe, fall unbesiegbare Natur noch einmal mit aller Kraft gegen das Schick sal — am Sonnabend arbeitete er sogar noch anhaltend schriftlich im Interesse des Vereins „Dresdner Presse" — dann aber, nach dieser seiner letzten Thätigkeit. erlahmte die oft bewunderte Spann kraft und, nachdem er eigentlich nur wenige Stunden an Athen, uoth gelitten, schlummerte er am Sonntag früh 6 Uhr in Folge eines Herzschlages friedlich hinüber zur ewigen Ruhe. Nun steht die grausame Wahrheit, die wir mich immer nicht fassen können, nicht fassen wollen, in ihrer ganzen Gewalt, in ihrer vollen Wuchr vor uns. Blicken wir von der schmerzlichen Gegenwart zurück in die Vergangenheit, so trägt vr. Vierer,'s Lebenslauf in Allem den Stempel des unermüdlichen Schaffens, der nimmer rastenden Thätigkeit, das Merkzeichen der Arbeit und des Fleifres. Am 22. Februar 1836 als der Sohn eines angesehenen Dresdner Vuch- bindermeisters geboren, besuchte er dasKreuz-Gbnniasium: in Jena und Leipzig studirte er Geschichte und Eamcralwissenschaft und promovirte unter Roscher. Nebenbei pflegte er die strenge Aus bildung in der Gabelsbergerscheu Stenographie, für deren Ver breitung und Pflege er bis an sein Lebensende das grösste Interesse bewahrte. Seine hervorragende Befähigung und Ausbildung auf diesem Gebiete verschaffte chm öfter die Auszeichnung, zu außergewöhnlichen Stenographen - Versammlungen als Lele- airter entsendet und als Landtags - Stenograph in den sächsischen Staatsdienst berufen zu werden. Vom Zusammen tritt des Deutschen Reichstags vom Jahre 1867 war er mehrere Jabre als Reichstags-Stenograph in Berlin thätig. Bor dieser Wirksamkeit rnrd neben ihr hatte er sich mehrfach journa listisch und schriftstellerisch bethätigt, namentlich aber tvrrespondirle er von Berlin aus für verschiedene große Zeitungen, u. A. schrieb er auch unvolittsche Korrespondenzen für das „Dresdner Journal" und „Berliner Briefe" für die „Dresdner Nachrichten". Diese interessante und fesselnde Korrespondenz lenkte zuerst die Auf merksamkeit aus sein bedeutendes wurnalistisches Talent und machte ihn nach dieser Richtung hin schon damals in weireren Kreisen bekannt. Im Jahre 1872 wurde er von schweren Schicksalsschlägen in seiner Familie betroffen: innerhalb kurzer Zeit verlor er drei Kinder. Unter diese» schmerzlichen und erschütternden Eindrücken, die ihm das Fernsein von seiner in Dresden lebenden Familie be sonders erschwerte, bestimmte ihn, ein verlockendes Angebot seines langjährigen Freundes, des verstorbenen KommissionSrathS Julius Rerchardt, nnzunchmen, aus dem Staatsdienst auSzuscheidcn und sich der journalistischen Thätigkeit an unserem Blatte ganz zu widmen. So hat er vom 1. Oktober 1872 bis 1. Oktober 1891, wo er sich krank zu fühlen begann, die vielseitigste Redaktions- tbätigkeit ausgeübt. Begabt mit schneller uud sicherer Auffassung, einem reichen Fonds von Wissen, über unermüdliche Arbeitskraft gebietend, von Treue und unerschütterlicher Anhänglichkeit an unser sächsisches Vaterland beseelt, war er nicht nur ein ausgezeichneter politischer Redakteur und Schriftsteller, sondern auch auf allen anderen Gebieten, namentlich auch feuilletvnistisch, der Tlspus des geborenen Journalisten. In seiner klaren, vollsthümlicben Art zu schreiben, in seiner gesunden, frischen Beherrschung aller Verhält nisse vermochte er ebenso ernst, stimmungsvoll, wie init fesselndem Humor und sprudelnder Laune zu schreiben. Wie er in seinen Leitartikeln immer ein ganzes, volles, leicht verständliches Bild der zu behandelnden politischen Fragen darbot, so stellte er auch für seine Theater- und Festbcrichte, für den lokalen Thcil, immer einen ganzen Mann. Am stärksten aber kam seine Thätigkeit als politischer Redakteur zum Ausdruck. Machte es ihm seine treue sächsische Gesinnung anfangs auch nicht leicht, sich in die Umgestaltung der politischen Verhältnisse in Deutschland nach den Ereignisse» von 1860 ohne Weiteres hinein zu leben, so ließ fern klarblickender Verstand ihn doch allmählich auch zum Realpolitiker von treuer großdeutschcr Gesinnung auswachsen. Gänzlich unvermeidlich war es und ganz selbstver ständlich. daß er bei der großen täglichen Verpflichtung., zu allen Tagesfragen Stellung zu nehmen, auf Widerspruch stoßen und sich manchen Gegner schaffen »rußte. Zahlreiche, oft tlefkränkende An- Begrüuduua geblieben ist, Vorbehalten bleiben. Auch in vielen anderen Richtungen griff er segensreich uud fordernd ein. So war auch er n. A. der Ersten einer, die vor gnehr als 20 Jahren mit großer Lebhaftigkeit den Gedanken der Ausrüstungen der Ferien kolonien aufariff und in Verbindung mit andere» Männern diese segensreiche Idee in Dresden zu blühender Verwirklichung brachte. — ^ Infolge seiner unermüdlichen Thätigkeit hatte sich im Jahre 189l ! sein Gesundheitszustand so verschlimmert, daß er sich nicht mehr im Stande glaubte, seinem journalistischen Berufe nach allen Seiten hin genügen zu können. Zum große» Bedauern seiner Beruss- genoffen schied er aus seiner festen Stellung aus. Vorübergehend ! gönnte er sich nun auch die so nolhwendige Ruhe, die er, wie - früher in seiner Ferienzeit, zu große», interessanten Reisen benutzte. Er besuchte wiederholt Frankrecch, Italien, England, Skandinavien: , seine Reisen führten ihn n. A. nach Korsika,^ »ach Korfu, . Griechenland; er war vortrefflich in Nord- und Süddeutschlnnd, namentlich auch in der Schweiz bewandert, und, was er von diesen Reisen an Wissen und Erfahrung mit heimbrachte, wußte er aus gezeichnet zu verwenden uud praktisch auf Vieles zu übertrage». ! Diese Erholungen waren aber, wie gesagt, nur vorübergehender Art. seine unermüdliche Natur, sein rastloses Streben nach Bethätigung ! suchte neue große Wirkungskreise. So nahm er neben anderen Ehren ämtern auch die Wahl zum Stadtverordneten an, uni bald darauf als unbesoldetes Mitglied in den Rath zu Dresden einzutrelcn ll89 l>. Als solchem unterstand ihm u. A. das Körnermu>eum, das Volls- bad am Lämmchen re. Aber auch hiermit war seine Thatkraft noch nicht voll befriedigt, er war es nun einmal gewohnt, daß Arbeit sein Leben ganz ausfüllte. Seinen laugen und engen Beziehungen als VorstanoSmilglicd des Internationalen JoumalistcnvcrbandeS, bei dessen Kongressen in Brüssel, Stockholm, Rom re. er als Tele- girter fungirte, war cS hauptsächlich mit zu danken, daß vor vier Jahren die „-innoen-tion üttöraire st artwrigns internationale" hier Rn Dresden unter dem Protektorat Sr. Majestät des Königs tagte. Um der Sache im vorhinein ei» glänzendes Resultat zu sichern, war ! er lange vorher »ach Paris gegaimen, um dort persönlich mit den ersten und maßgebenden Schriftstellern, Journalisten und bildenden Künstlern im Interesse des Unternehmens zu verhandeln. Ja den letzten Jahren gab es in Dresden wohl kaum eine Veranstaltung großen Stils, zu der er nicht heraugczogcu worden wäre, der er nicht aus das Erfolgreichste sich gewidmet hätte. Den ver- , schiedenstcii großen Ausstellungen, den internationalen Kunst ansstellungen, zuletzt der Ausstellung für Haus lind Herd und anderen hervorragenden Äeranstaltnngen gehörte er an und war für sie namentlich journalistisch thätig. Die einzig wahre und schönste Erholung fand er während der Zeit seines KämpfcnS und Stcebens allein in seiner Familie. Bei seiner Gattin fand er die treueste und hingehendste Pflege neben dem vollsten Verständnis; für seine Thätigkeit. Nachdem ihm der Tod andere Kinder in frühen Lebensjahre» geraubt, hinterläßt er nur einen Sohn. Hauptmann Rudolf Biere», Batteriechef im 4. Feld-Artillerie-Rcgiment Nr. 48, als direkten Leiöescrben. Or. Bieretz'S Tod wird allgemeine und aufrichtige Antheilnahme finden — wir haben in ihm den treuesten Freund, den unermüd lichsten Förderer unseres Blattes verloren. Seine Freundschaft war echt und ehrlich, hingebungsvoll, aufopfernd: er kannte die Freude des Gebens, und welcher Großmnthsbethätigungen er fähig war, weiß allerdings nur seine nächste Umgebung. Nun schlafe sanft in süßer Ruh'! Wer so, wie Du, im Leben hart gestritten, der schließt wohl gern die müden Augen zu! feindungen konnten nicht ausbleiben und manche schwere und trübe Stunden mußren diele Konsequenzen im Gefolge haben. Dafür hat er sich auch Tausende von Freunden und Gönnern erworben uird es hat ihm auch nicht an Auszeichnungen der verschiedensten Art von hoher-und " . Genuathuüna wird verzeichnen seich mit welch' großen und bedeutungsvollen Erfolg! er nch u. A. au den Reichstaaswahlen im Jahre 1888 als politischer Schriftsteller becheiliate. In eurer großen, von Hunderten besuchten jersammlung^m hiesigen „Tivolm war es damals der Führer der rschen Konservativen. Freiherr v. Friesen, der unter lautestem all es öffentlich aussprach, daß man des Mannes, Dr, Bieren'; der mit am meisten ,u dem glänzenden aß Sachsen nach diesen Wahlen reinen oiiawemokraten in den Reichstag entsende. dankbar aSdenwn sein Le! voll K sich ckgen und zu widureu. gen nach ha aw» den welch' war. maa llch ngsvoller H ,.._S und unennüdli de« Verein, dessen ^o fand er dennoch ZeÜ und e auf anderen Gebieten zu bethä- em Wohl« feiner Berusügenossen er Presse" ist eine seiner Schops- aS er dies«« Verein war, wie er zu blühendem Leben, lebung er ihm Schöpfer und eS nach Verdienst an^u- Fernschreib- und Aernsprech-Berichte vom 1. Januar. Berlin. Die aus Anlaß der Jahrhundertwende angcord- uete» Feierlichkeiten am kaiserlichen Hose begannen am Splvester- abend um l>V« Uhr mit einem Gottesdienst in der Kapelle des König!. Schlosses. Ter prächtige Rundbau in festlicher Beleucht ung. der mit Pflanzen delorirtc Altar, die glänzende Versamm lung, die Gala-Uniformeu und Ordensbänder der Herren, die Cour- Robeu der Damen mit ihren langen schweren Schleppen und weißen Schleiern hatten sich schon oft hier zu einem farben prächtigen Bilde vereinigt, und doch war cS, als ob die un gewohnte Stunde dem Ganzen ein eigenes, erhöht feierliches Gepräge gegeben hätte. Allerdings war die Zahl der Anwesende» größer als sonst. Waren doch die Botschafter und Botschafter innen, die Missionschefs und Militärattaches mit ihren Gemahl innen erschienen — unter ihnen auch die Vertreter Chinas, Japans und Persiens — und hatte» mit dem Reichskanzler und den BundeSrathsbevollmächtigtcn rechts vom Altar Platz genommen, während die Prinzen aus souveränen neu-fürstlichen Häusern, die Ritter des Ordens vom Schwarzen Adler, geschmückt mit der Kette desselben, die Generale und Admirale, die Kommandenre der Gardetruppcn und der Leilnegimenter. die aktiven und die ehe maligen StaatSministcr, die Präsidien der parlamentarischen Körperschaften, die Räche und Kammerhcrren den übrigen Raum füllten. Vor dem Altar hatte die Geistlichkeit Ausstellung genom men, auf der Galerie der Kvklcck'sche Bläserchor und dcrDomchvr. Die Hofchargcn, die Kabinetscheis, das Hauptguartier. die Gefolge hatten sich in den anstoßenden Sälen versammelt. Pünktlich er schienen unter Vortritt der obersten Hoschargen die Majestäten. Der Kaiser, in großer Generalsunisorm, mit der Kette des Ordens voni Schwarzen Adler, führte die Kaiserin Es folgten die Prinzen des Königl. Hauses und die hier anwesenden Prinzen souveräner alt-fürstlicher Häuser, voran Prinz Georg von Sachsen, der Kronbrinz, Prinz Friedrich Leopold, Prinz Friedrich Heinrich und Prinz Joachim Albrccht mit den Prin zessinnen. Den Schluß bildeten die Umgebungen und Gefolge. Der Gottesdienst begann mit dem Bortrag von Psalm 180. Aus Gemeindegesang uud Lithurgie folgte die Predigt des Generalsuper intendenten V. Dryander, der über den Dovpeltert: „Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit" und,,Es ist in keinem andern Hell, ist auch kein anderer Namen den Men schen gegeben, darinnen sie sollen selig werden" sprach und den dankbaren Rückblick aus den gewaltigen Aufschwung, den unser Volk im verflossenen Jahrhundert erlebte, mit dem hoffenden Aus blick in die Zukunft verbannt. Inzwischen war im weißen Saale, dem Throne gegenüber, der im Schmuck der deutschen Farben prangte, die Schkoßgarde-Compagnie mit der Fahne aufmarschirt. welche, als die Maiestäten von der Kapelle her in feierlichem Zuge nahtm. daS Gewehr präsentirte. Kaiser und Kaiserin nahmen vor den Stufen des Thrones Aufstellung. Links neben dem Thron« standen die Prinzessinnen, rechts die Prinzen. Nachdem Oberhof marschall Graf zu Eulenburg das Zeichen zum Beginn der Gratu- erster Vorstand e» seit der lationSeour gegeben, defilirten die erschienenen Damen und Herren. Dienstag, 2. Januar . Viele ivurdcn vom Kaiser und auch von der Kaiserin mit HauA schlag und huldvollen Worten beehrt. Berlin. Ter Neujahrs-Morgen hüllte Berlin i» euren Rebe! ein. der kaum die nächsten Gegenstände erkennen ließ. Tie^alte Schloßkuvvel verlor sich in unbestimmten Umrissen »nd die Töne des Chorals „Lobet den Herren, den mächtige» König der Ehren", den die Kapelle der Garde-Kürassiere um 8 Uhr von ihrer Galerie herab blies, hallten nur gedämpft zu den Ohren der Lauschendes. Dann kam eS heran wie Donnerrollen, im Nebel wogte eine dunkle Masse, aus der die Gestalten einzelner Reiter herausragtc». Tic Spicklcute der 2. Garde-Jiifanterie-Brinadc mit der Regimcnu- mnsik der Garde-Füsiliere, das große Wecken exekuiirend. von be rittenen Schukmannichaften geleitet. Eine zahlreiche schaulustige Menge hatte sich eingesnnden und nmiänmte bald ivie eine Mauer den Lustgarten und den Platz am Zeughaus bis zu den Linden hinunter, soweit derselbe dem Publikum freigegeben war. Tie Polizeimannschaften hatte» es nicht immer leicht. Ruhe und Ord innig aufrecht zu erhalten. Zudem dauerte es länger als sonst, bis die schauinst der Menge befriedigt wurde, denn erst gegen l I Uhr rollten die Wage» der Feldmarschälle und konimandirenden Gene rale heran, welche vom Kaiser ini Pfeilcrsan! zur Gratulation em psaugen wurden. Auch Gcneralfeldmarschcill Gras Plumenthal war unter ihnen. Inzwischen begannen die Truppen der Berliner Gar nison Anfstellnng zu nehmen, vom Dcnlmal Friedrichs des Großen bis zur Schloßbrücke standen sich ihre Reihen gegenüber, alle Trup pen zu Fuß. Die Leib-Compagnie des I. Garde-Regiments mit Grencidicrmützen und die Leib-Eskadron des Regiments Gardes du EvrpS mit fliegenden Adlern mit ihren Musikkorps, holte» die lor- beergeichmückien Feldzeichen ous dem Schlosse ab, der Prcußen- marsch uud der Pappenheimer Manch schmetterten durch den Nebel. Beide Abiheilungeir nahmen im Lustgarten Anfstellnng. Die Kaiserin mit den Prinzen August Wilhelm und Oskar und der Prinzessin Victoria Luise begab sich in O-spcinnigem Galawagen mit Borrcitern nach dem Zcughause, um der dortigen Feierlichkeit von de» Feusteru des l. Stockwerks aus zuzuschauen. Der Kaiser, der Kronprinz, die Prinzen Eitet Friedrich und Adalbert, das Baud des schwarzen Adlerordeus über dem Mantel, gefolgt vo» den Herren des HauptauartierS. erschienen zu Fuß aus Portal IV. der Kaiser begrüßte die Fahnen-Couipaguie und Standarten-ESkadrou und ichritt daun nach dem Zeughaus, von den Hochrufen des Publikums geleitet. Im Lichlhof des Zeug hauses. der mit Guirlaudeu uud Fahuenarrangements geschmückt war, hatten sich die Prinzen des Königl. HaweS und die au- wcseudcn Prinzen regierender deutscher Häuser eingesunken, ferner die Generalität, die scemdhcrrlichen Offiziere. Ossiziersabordnungen der betheiligten Trnppenabtheilungen :c. Ans der Plattform vor der Ruhmeshalle, zu der die schöne doppelte Freitreppe emporführt, war ein Fetvaltar errichtet, ihm zur Seite standen der evangelische und der katholische Jeldprobit der Armee und die Militärgeistlich- keit von Berlin. Aus den Stufen der beiden Trevve» fanden die Jahnen uud Standarten mit den Fahneuoffizieren Aufstellung, ein malerisch aufgebautes Bild. Die Feldzeichen trugen bereits die vom Kaiser verliehenen Bänder und Spangen. DaS Trompeter- corps deS 1. Garde-TragoncrregimentS leitete die Feier mit dein Tedcum ein. Fcldprvbst Richter nahm die Neu-Weihung dei Fahnen und Standarten des Garde-Corps vor, indem er die Feld Zeichen für das neue Jahrhundert segnete, das Niederländische Dankgebet machte den Schluß, während vom Lustgarten her , Salntichüsse ertönten. Der Kaiser hielt hierbei folgende Ansvrache: „Ter erste Tag deS neuen Jahrhunderts sieht unsere Armee, d. h. unser Volk in Waffen um seine Feldzeichen geschaart vor dein Herrn der Heeresschaaren knieend, und wahrlich, wenn irgend wer besonderen Grund hat. sich heute vor Gott zu beugen, so ist > - unser Heer. Ein Blick aus unsere Fahnen genügt als Erklärung, deuu sie verkörpern unsere Geschichte. Wie sanb das vergangen Jahrhundert bei seinen! Anbruch unser Heer? Die glorreiche Armee Friedrichs deSGroßen war auf ihren Lorbeeren eiugeschlafeu. im kleinlichcn Detail des GamaschendieusteS verknöchert, von alter: schwachen kliegsuntüchtigen Generalen gesührt, ihr Offizierskvrp fördernder Arbeit entwöhnt, in Luxus und Wohlleben und thörichtcr Selbstüberhebung verkommen. Mit einem Wort, die Armee war ihrer Aufgabe nicht nur entwachse», sie hatte sie vergesse», icbw c war die Strafe des Himmels, die sie ereilte und die unser Best traf. In den Staub ward sie geworfen, Friedrichs Ruhm verblich, ihre Feldzeichen waren zerbrochen. I» den sieben langen Jahre > schwerster Knechtschaft lehrte Gott unser Volk sich aus sich selbst besinnen und unter dem Druck des Fußes eines übermüthiqcu Eroberers gebar unser Volk aus sich heraus den hehrsten Gedanken, daß es die höchste Ehre sei, im Waffendienste seinem Vaterland c Gut und Blut zu weihen: die allgemeine Dienstpflicht. Mein Urgroßvater gab ihr Form und Leben, und »euer Lorbeer lröiile die neu erstaudene Armee und ihre jungen Fahnen. Ihre eigent liche Bedeutung jedoch gewann die allaemciue Dienstpflicht crn durch unseren großen dahiiigegangencii Kaiser. In stiller Arbest entwarf er seine Reorganisation unserer Armee trotz des Wider standes, den Uiwerstand ihm setzte. Die siegreichen Feldzüge krönten jedoch sein Werk in nie geahnter Weise. Sei» Geist er füllte die Reihen seines Heeres ebenso wie sein Gottvertrauen dasselbe zu unerhörten Siegen hinriß. Mit dieser seiner eigenen Schöpfung führte er die deutschen Stämme wieder zusammen und gab uns die langersehiite deutsche Einheit wieder. Ihm danken wir cs. daß kraft dieser Arince das Deutsche Reich Achtung gebietend seine ihm bestimmte Stellung im Rathe der Völker wieder einnimml. An Ihnen ist es min, meine Herren, auch im neuen Jahrhunder! die alten Eigenschaften zu bewahren und zu bethätigen, durch welche unsere Vorfahren die Armee groß gemacht haben: Einfach heit und Anspruchslosigkeit im täglichen Leben, unbedingte Hin gäbe an den Königlichen Dienst, volles Einsetzen aller Kräfte des Leibes und der Seele in rastloser Arbeit an der Ausbildung und Fortentwickelung unserer Truppen. Und wie mell, Großvater für Win Landheer, so werde auch ich für Meine Märine unbeirrt in gleicher Weise das Werk der Reorganisation fort- und durchführen, damit auch sie gleichberechtigt an der Seite meiner Streitkräslc zu Lande stehe« möge «nd durch sie das Deutsche Reich auch im Auslande in der Laar sei. den noch nicht erreichten Platz zu errianaen. Mit beiden vereint hoffe ich in der Lage zu sein, mit festem Vertrauen auf Gottes Führung den Spruch Friedrich Wilhelm 1. wahr zu mache«: „Wenn man in der Welt etwas will decidiren, «ill eS die Fcker nicht machen, wenn sie nicht von der ton» d«S Schwertes souteniret wird." Der Kaiser gab nunmehr die Parole („Königsberg-Berlin") aus, nahm die Rapporte der Leib-Regimenter, Leib-Kompagnien und Leib-ESkadrons, sowie militärischeMeldungen entgegen und begab
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