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Tageblatt für Politik. «Asl ^6.«»« Eie°w? Nuln-allm«. tzesiljäslsonkchr, BSrseiikMk. Iremdenlille. Dresden, 1888. VH. öpieaell »aiser Wilhelm. ..Hofnachr«chten.Abreist desKönigsTDÜrchttis- des Kroii^ü?M n Rudolf, Landtagsnachrichten. Kranfl,eck des ^Kaisers, Ordnung deS TauerzugeS. Kunstnachrichten. i okklkUg, LV Ar** tÄv«L»e Hss Kcrifovs. „Bom Vater kommt mir, was ich Euch enthülle" — So sprach der Herr. So könnt st Du, Kaiser, sagen, Dem in dem Glanz von goldenen Erdeutagen Bei Herzensdemuth eisern auch der Wille. Du gabst dem Volk der höchsten Güter Fülle —» Heut* wirst vom Volke Du zu Grab* getragen; Dem besten Mutterherzen, das geschlagen, Gesellt das Deine sich in Grabes Stille. Du hast s vollbracht! Der Friede war Dein Sehnen. Einst war das Blut der Kitt, heut* sind s die Thränen» Um Dich geweint, die Deutschlands Stämme einen. Kein fester Band: Als es begräbt mit Schmerzen Heut* jeder Deutsche Dich in seinem Herzen, So bleibst Du bis an*s Ende aller Welten bei den Deinen! Fra«, Aopprt-VUfold», Noch rinmal «hebt sich die Todt«,klage um den entschlafenen Kaiser, laut und feierlich. Heute tritt der edle Herrscher, den die Heldenlaufbahn von Sieg zu Sieg gefühlt, die letzte Wanderung an in die stille Klause. Und wie lo Vieles im Leben Kaiser Wilhelms außerordentlich war, so ist es auch sein Leichenbegängniß. Eine Trauerseicrlichkeit wie die, welche heute sich vom Berliner Dom bis zum Charlottenburger Mausoleum bewegt, hat die Welt noch nicht gesehen. WaL ist gegen sie die Uebersührung der Asche Napoleons von St. Helena nach dem Jnvalidendom in Paris? Ein militärisches Prunkstück, von und vor einem theatralisch angelegten Volke aufgesührt. Kaiser Fried rich Rothbarts Gebeine liegen in Syrien am Meeresstrandc. eilig verscharrt von dem bedrängten Äreuzsahrerheer der Deutsche», als der greise Helden kaiser inr Flusse beim Baden ertrunken war — die Volkssage lieh ihn seitdem im Knsfhäuser schlummern, bis Kaiser Weißbort die Sehnsucht des Volks nach der Wiedererrichtung der Kaiserhcrrlichkeit erfüllte. Seitdem wächst der Roth- bart Kaiser Friedrichs nicht mehr um den sleinenien Tisch: den Kaiser Weib bart aber bettet das deutsche Volk in eine märkische Fürstengrust. um die keine Raben mehr zu fliegen brauchen. Kaiser Friedrich Nothbart seinerseits hat 1165 die Gruft seines großen Vorgängers und des Begründers der deutschen Kaiserwürde. Karls des Großen, öffnen lassen, nachdem derselbe daS Jahr vorher auf sein Begehr vom Papste heilig gesprochen worden war. Kaiser Karl der Große schlief seit 811 im Dom zu Aachen. Kaiser Rothbart fand seinen Ahnen auf einem marmornem Throne sitzend, im Kaisermantel, das Schwert an der Seite, aus den Knieen die Bibel. Kaiser Wilhelm liegt im Sarge dahingestreckt, in der schlichten Uniform seines ersten Garderegi- mcnts, in daS er. ein noch nicht zehnjähriger Knabe, eingetreten war. „Ta liegt Deine Uniform", sagte ihm am Neujahrstage 1807 sein Vater. ,Da an Deinem Geburtstage vielleicht keine Gelegenheit sein wird, Dich ordentlich einzukleiden, weil Ihr nach Memel müßt, so ernenne ick Dich heute schon zum Offizier." xietzt, 81 Jahre später, hat man ihn in die Uniform jener Kern- trup>>e der Heere der Hohenzollern ordentlich eingckleidet, ihm aber nichts mit gegeben, als die Orden und Denkmünzen, die er sich auf dem Schlachtfelde selbst erworben. Weiter in der Geschichte rückwärts schreitend, stoßen wir aus das schauerlich-erhabene Leichenbegängniß Alarichs. Die Gothen leiteten den Buscnto ab, um in seinem Flußbett den großen König zu begraben und dann die Gewässer über sein Grab rauschen zu lassen. Wir gedenken heute noch der Vollständigkeit halber der Bestattung Julius Caesars. Es gehört der Geschichte an, wie sich unmittelbar an Caesars Tvdlenseier der Kamps um die Herrschaft im Weltreiche und blutige Bürgerkriege anknüpften. Wie anders heute. Kaiser Wil helm hinterläßt ein geeinigtes Reich, einen anerkannten Erben und die Aus sicht auf dauernden Weltfrieden. Höchstens könnte man, was die Pracht der Leichenfeier anlangt, die Ueber'ührung der Leiche Alexanders des Großen von Babylon nach Memphis in Egypten zum Vergleich hcranziehcn. Die Ucbcr- ftthrung erfolgte zwei Jahre nach dem Tode des jugendlichen Alexanders nrit einer unermeßlichen Pracht; etliche Zeit später brachte man die Leiche nach der von dem großen Herrscher gegründeten Stadt Alexandria und setzte sie in einem eigens erbauten Tempel bei. DaS Reich aber, das Alexander in drei Erdtheilen gegründet, löste sich schon in seine Bestandtheile auf. Wie lange wir auch unter den größten Herrschergestalten der Erde suchen mögen, nirgends finden wir eine, deren Leichenbegängniß den Vergleich out der heutigen Trauerfeier bestünde. Wohl erblickten wir in jener Heldcnrcihc Einige, deren Wasfentl-atcn den Kriegsruhm nnsereö Kaisers Wilhelm über strahlt, oder die ailsgedehnterc Reiche gegründet haben. Aber ein so gegen alle Stürme von außen und Gefahren von innen gefestetes Reich wie das Kaiser Wil Helms hat Keiner von ihnen hinierlassen. Auch seinen Ahnen, den großen Friedrich, übcrtras er darin, daß er das Werk seine» Lebens zinn Abschlüsse brachte, während nach dcni Tode Friedrichs das deutsche Vaterland zerrissen und innerlich ver feindet blieb. Worin sich aber das heutige Leichenbegängniß von allen anderen unterscheidet, das ist zweierlei: in der Theilnahme deS weilen Erdenrunds und in der aufrichtigen Herzlichkeit der Volks trau«. Früheren Geschlechtern, hätten sic einen Fürsten wie Kais« Wilhelm als Zeitgenossen erlebt, wäre es unmöglich gewesen, jo gleichzeitig ihre Gefühle zu bekunden. Erst das Zeit alter der Elcktricität ermöglichte es. aus allen gesitteten Völkern, die den Erd ball bewohnen, sie mögen einer Rasse angehören. eine Hautfarbe tragen und sich zu einer Religion bekennen, welche immer es sei — in derselben kurzen Spanne Zeit ergreifende Zeugnisse der nämlichen Empfindung nach der Stätte der Trauer zu senden. Erst das Jahrhundert der Eisenbahnen brachte cs fertig, binnen tvenigen Tagen Vertreter aller europäischen Fürstenhäuser hinter deni kaiserlichen Traucrzug zusammenzuführen und einen Sarg mit Lorbeeren, Palmen und Silberkränzen aus Moskau wie aus Lissabon zu bedecken. Ihr schier endlos wallender Zug zeugt am besten von den gewaltigen Fußspuren, die der Gang deS kaiserlichen Helden über unsere Erde zurückgc- lassen hat. Sie alle, auch die. welche einst die Schärfe seines Schwerts ge troffen, wissen, daß sie hinter dem Sarge eines Friedensfürsten einherschreitcn. Die 17jährige friedliche Regierung des Kaisers, als Oberhaupt des von ihm herrlich gegründeten Reichs, bat vielleicht noch mehr zu seinem Ruhme beige- tragen, als seine glorreichen Liege und wird ihm wahrscheinlich von der Ge- ^ schichte dereinst noch höher als sic angerechnet werden. Die weltgeschicht- ! liche Bedeutung des Friedensbundes, den Kaiser Wilhelm gestiftet und seinen ! Nachfolgern als köstlichstes Vermächtniß hinterlassen hat, wird künftig in noch > stärker als in der Gegenwart hervortreten. Dos Gefolge der kaiserlichen Helden- ! leiche aber setzt sich nicht bloS aus Kronenträgem» Thronanwärtern und Fürsten- löhncn zusammen — auch die Liebe des Volks giebt dem Vater des Vaterlandes das letzte Geleite. Ungleich den meisten der obenerwähnten Herrsch«, die von ihren eigenen und den unterworfenen Völkern zitternd verehrt wurden, fft Kaiser Wilhelm wirklich geliebt worden. Sein eigenes Volk liebte ihn wahr haft schwärmerisch, fast abgöttisch könnte man sagen. Weit üb« die Grenzen seines Reichs trat dieses Gefühl hervor, sobald sein thcurer Name genannt wurde. Auch das ihm grollende Frankreich versagte ihm wenigstens nicht Ehrerbietung. Au seinem Sterbetage sind nirgends Ausrufe laut geworden, wie etwa die, mit denen die Berliner und Potsdamer nach dem Tode des menschenicheu vereinsamten, grämlichen Friedrichs des Großen murrten. Ein ganz eigener Zauber des Liebenswürdigen und Ritterlichen umfloß Kais« Wilhelms hohe Gestalt. Die Majestät seiner Würde wurde durch die Milde seines Wesens verklärt. Der gütige Himmel hatte außer vielen herrlichen Gaben auch als eine der schönsten die Heitnkeit des Gemüths am den kaiser lichen Greis gehäuft. Sic erleichterte chm die Pflichttreue, in welcher er un übertroffen dasteht. Ihn schmückten auch noch als kostbare Juwelen die Neid losigkeit und die Treue gegen seine Waffengcfährtrn und Ratbgedcr. Kein Zug von Undankbarkeit entstellte sein edles Haupt. Ein unsterblich^ Denkmal hat sich seine schöne Menschlichkeit durch die kaiserliche Botschaft gesetzt, durch die er, der mächtigste Fürst der Erde, sich als Hort der Schwachen annahm, um durch Gesetze der Billigkeit die Ungerechtigkeiten des Schicksals zu mildern. Sovielc große Thaten, so viele edle Charaktcrzüge vergißt ein Volk nicht und man kann in Wahrheit sagen: ein ganzes Volk begräbt weinend 'einen Barer. Ein IhatenreichrS Leben wird heute in der Todrenbrmmer zu Charlotten- bürg cingeiargt. Von den Tbürmen Hallen die Twuenckläge der Glocken, von den umflorten Trommeln rasseln die Wirbel, lustzerrrißcnde Gewcbrialven knattern, die Kanonen donnern ihre» Trauersalut, bintrr dem Sarge schreiten die Fürsten, Prinzen, Abgesandten, Vertreter des RerckStags und dn großen Städte durch ein meilcnlangeS Spalier — al'« das erhabenste des heutigen Tages ist doch die herzinnige Trau« der Hunderllau'ende. die entblößten Hauptes und feuchte» Auges den Sarzz vonibeinogen seden. der die st«blühe Hülle Kais« WühelinS birgt. Fahre wod>. edler Fürst ' L 8.