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- Erscheinungsdatum
- 1876-02-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187602017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18760201
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18760201
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1876
-
Monat
1876-02
- Tag 1876-02-01
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Monat
1876-02
-
Jahr
1876
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«MM« »S,N« ft«, I». Ad»»« l»»r»ntt>»rell »i,N,l1itl>» sich » Mart so Pf««„»urch »t. Hk>»el. «iummirn ri>t>t»e. >uIl«,.Sg000«r»l AL» »I« N»ck,,»« «ki»«« >»«»«», M,n«Icri»r, znft«»t»»-«nn»»»» ««» »ttirr»l o-< r«^,« i» -amdur», Uer- lk>, wikN, Leivri». Baskl, Bretlau, tzranliurto. M. — Kol. tlo«» in lücrltn, >«»«>». vitn, ÜLmIiurg, "r-iikfurt, M-, MN», k». — viod« K c». In «Ilffutt 0. M. — »«. «I»« in «hemnl». — ll». »«in,«» c», In von». Tageblatt siir Politik, Unterhaltung u Dnrck und Eige.rthum der Herausgeber: lLiepsth Reikhlkrstt in Dresden Verantw. Nedacteur: Friede. Gocdslhe in Dresden yolrrol» »nde» «,««»» «l«««r I» anarnom«»» bt» Ad. k» Ubr, Ssnnt«»« dt» Milt»,« iL Udr. In !R«uU»dl: »rot« kiolier- gajle S dl» Siai^m. l U»r. — Der Mo NM «In« een- IpLlttaen ipetlit«ll« >5 Pfge. Mnnelandt dt» geile 20 Psg, *1nr «aranlte silr »«» «dchlltaglge aNchel» «n der Jnleraie Wik» nicht gegeden. «luiwilrtige «nnancen» dlustriige von un» >md«« kannten Firmen und Per sonen inseriren wir nur gegen Priinumer and o- gadluna durch Briel- marle» oder Polietnia!,- lung. Acht Silben koftin 15 Pfae. Inserate iUr die Montag» < Nummer »der nach einem Jesttag- »>e Pelttjeil« 2» PI»i. Nr. 38. Eimttidr«i»mzWer Jahrgang. Mttrrdatteur: vr. Liutl Für daS Feuilleton: L.u«ivi« iinret»»»»». Dresse», Dienstag, 1. Februar 1876. Politisches. Beendet ist nunmehr im Reichstage die zweite Lesung der Strafgesetznovelle. Ruhigere Tage dürften den Aufregungen der letzten Sitzungen folgen. Schon der Sonnabend brachte eine wert- lich« Abspannung. Der Sohn und der Sch,vager des Grafen Arnim saßen ziemlich vergeblich in einer NeichStagSloge; die Ver handlung über den Arnim-Paragraphen ging glatt vorüber und ver lief ohne besondere Episoden. Auch der Flügcladjutant des Kaiser« und die Attaches mehrerer auswärtigen Gesandten warm in ihren Logen Zeugen einet rein sachlichen Erörterung. Nach einer knappen Stunde konnte man dem Kaiser und Kanzler mittelst deü HauStele- graphen in ihre Cabinete berichten, daß der Compromißvorschlag, an dem di« Abgg. Marquardsen und Schwarze gezimmert, mit t79 gegen 180 Stimmen angenommen war. Die Elerikalen ent hielten sich des Wortes, da sie, wie sie privatim erzähltm, weder ein Interesse hatten für Bismarck, noch für Arnim sich zu echuuffiren; sie stimmten ebm einfach gegm die Erfindung eines neuen Ver> brechen«, wenn e» auch nur von höchsten Diplomaten begangen wer den kann. Während auf diese Weise der 'Nebenbuhler BiSmarck'S noch nachträglich im Wege eines besonderen Paragraphen gezüchtigt wurde, saß der glücklichere, siegreiche Gegner, Bismarck, immer noch nervengeprickelt daheim im Krankenzimmer. Vielleicht heiterte ihn die Kunde von dem glücklichen Unter dachbringen des Arnim-Paragraphen ein wenig aus und tröstete ihn für die empfindlichen Niederlagen, die seine Politik fast in ununter brochener Folge bei den Strafgesetzverhandlungcn in» Reichstage er litten hatte. Nicht einmal die Strafverschärfung gegen Geistliche drang durch, welche Schriftstücke, die den öffentlichen Frieden ge fährden, verbreiten. LaSker, der Präsident v. Forckenbeck und noch zwei Nationalliberale schlugen sich auf di« Seite, welche e« für eine Verletzung der Gleichheit vor dem Gesetz erklärt, wenn der Nock des Verbreiters eine Strafbarkeit begründen soll. Verbreitet Jemand ein strafbares Schriftstück, so mag man ihn nach Gesetzen, die für Alle gleichmäßig gelten, bestrafen; aber deshalb, weil er ein Geist licher ist, soll man ihn nicht härter an die Parabel nehmen, als z. B. den Colportcur eine« aufreizenden rothen Manifestes. Diese Bestim mung fiel denn auch mit 4 Stimmen Mehrheit; so gut wie einstim mig aber fiel der neue Haß- und Verachtungsparagraph. Für den selben trat einzig der extra dazu au^Darmstadt nach Berlin ge dampfte hessische Ministerpräsident Hofmann auf. Aber die Excellenz von der Darm machte an der Spree ihre Sache recht ungeschickt. Der Präsident v. Forckenbeck mußte ihm einen höflichen OrdnungS- blitz zuschleudern, weil er dem Reichstage zu verstehen gab, daß die ser dir (reactionairen Bismarck-) Paragraphen nicht gründlich genug prüfe. Unbarmherzig wurde die Darm-Sxcellcnz von den Abgg. Hänel und LaSker auseinandergenommen und damit eine ganz aus gesuchte Verkümmerung der Rede- und Preßfreiheit Deutschlands abgewehrt. Excellenz Hofmann aber hätte besser gethan, nicht sich und seinen Staat Hessen um den Ruf der Frcisinnigleit zu bringen! Wo kommt die Daseinsberechtigung der Mittclstaatcn hin, wenn sich ihre leitenden Minister zu Vorkämpfern der härtesten Strafbestim mungen gegen die Presse und das VercinSrecht aufwerfen und die „Verhöhnung von Staatseinrichtungen und deren Sträslichmachung" mit Paragraphen verfolgen, die an die traurigsten Zeiten der 'Reak tion in Preußen mahnen? Wollen sich denn die Mittelstaaten den bis dahin wohlbegründeten 'Ruf mit Gewalt verscherzen, daß in ihnen die bürgerliche Freiheit besser geborgen sei, als in dem großen Nachbarlande? Hätte doch die Darm-Exccllenz sich nicht durch die Lorbeeren locken lasten, welche die barrikaden-kampflustige Rede des preußischen PolizeimrnisterS v. Eulenburg TagS zuvor diesem Sprecher um die Schläfe gewunden hatte. Doch diese thörichte Philippika gegen die Socialdemokratie verdient noch eine besondere Besprechung, die wir uns für morgen verspüren. Heute gedenken wir noch des großen ungarischen Staatsmannes, vcm soeben ein dankbares Vaterland die letzten Ehren erweist. Die an Anbetung grenzende Verehrung, welche Franz Denk genoß, war eine wohlverdiente. An der Grenze zwischen Orient und Occident zum Wirken berufen, hat Franz Deak, ein Vollblut-Magyare, wie er im Buche stand, aber ein hochbegabter edler Mann, cs verstanden, seinem Vaterlande eine hohe Stellung in Europa, freilich auf Kosten Oesterreichs und der Deutschen, zu verschaffen. Begeistert durch die parlamentarischen Vorbilder Frankreichs und Deutschlands, einen Royer-Collard und Benjamin Constant, wie einen Rotteck, Welker und Uhlarrd wandelte er die Fcudalverfassung Ungarns in eine moderne konstitutionelle um; er ist der Schöpfer der jetzigen Staats verfassung Oesterreich-UngarnS, des Dualismus, der freilich jetzt in allen Fugen kracht, für Ungarn aber unendliche Vortheile gebracht hat. An der Größe seines Verdienstes hat Dcal'ö weises Maßhalten nicht den kleinsten Antheil. Bescheiden lehnte er alle Ehren und Titel ab, er blieb der einfache, nrit geringen Mitteln auökommcnde Patriot, der keinen Lebensberuf hatte, als seinem Vaterlande zu nützen. Ministerpräsident konnte er wiederholt werden, er zog cs vor. prunkloser Abgeordneter zu bleiben und wenn ein Scheelsüchti ger behaupten wollte, daß der Ehrgeiz Deak'S in der Popularität, die ihm seine Einfachheit sicherte, größere Befriedigung fand als in Titeln und Orden, daß die Huldigungen, die ihm sein König, der Adel und das Volk ununterbrochen darbrachten, ihm vollen Ersatz für alle Pracht und Herrlichkeit der Erde gewährten, so ist nur zu wünschen, daß ein solcher deakistischer Ehrgeiz in allen Nationen recht viele Nachfolge finde. Deak starb vielleicht zur rechten Zeit: das Schiff seines geliebten Ungarlandes steuert in einem klippenreichen Gewässer, wo ein Leck leicht zu holen ist. Eben jetzt tritt an Oesterreich-Ungarn eine wichtige Frage heran. Montenegro'« Fürst hat sich bekanntlich der Oberleitung des Auf stande« in der Herzegowina bemächtigt. Aber sein erstes Debüt war unalücklich genug. Er glaubte sich stark genug, dm. Türken in einer offenen Feldschlacht die Spitze zu bietm, wurde aber dabei ge hörig geklopft. Gleichzeitig fand ein anderes Gefecht nahe der See lüfte statt. Die Insurgenten wollten ein türkisches Lager bei der Hafenstadt Klek stürmen, wurden aber zurückgewiesen, vorzugsweise deshalb, weil mehrere türkische Kanonenboote in österreichisches See gebiet dampften, um von dovt aus in das Gefecht einzugreifen. Ob wohl nun Grenzverletzungen auf dem JnsurrectionSschauplatze sehr häufig schon vorkamen, siegt doch hier ein so starker Fall vor, daß Oesterreich sich nicht wie bisher mit einer einfachen Abbitte in Con- stantinopel wird begnügm dürfm. Locale» «ud Sächsisches. — Se. Maj. der König hat am 29. Januar im Poisen- walde bei Wilmsdorf, Dippoldiswalde, einer Treibjagd beigewohnt. Da der Barfrost jeden Tritt der Schützen hörbar machte, so gingen schon beim Anstellen der Letzterm die 'Rehe, auf welche namentlich gejagt werden sollte, zurück. Die Ausbeute konnte daher nur eine geringfügige sein und e» ergab die Strecke nur 1 Neh, 2 Füchse und 15 Hasen. Da mit Ablauf vor. Monats die großen Jagden beendet sind, so ist diese Notiz für jetzt auch die letzte. — Dem Untersteuereinnehmer Johann Christoph Spranger ist die zum Verdienstorden gehörige Medaille in Gold, und dem Hof meister auf dem Rittergute Rüdigsdorf, Gottfried Wagner, die sil berne Medaille vom Albrcchtsorden verliehm worden. — Mitunter sagen sich im Reichstage die Abgeordneten recht starke Dinge. So hatte am Freitag, ehe der unglückliche Kautschuk- Paragraph ziemlich einstimmig abgelehnt wurde, welcher dieSchmäh- ungen von StaatSeinrichtungm und dergleichen behandelte, der Abg. vr. v. Schwarze Namen« der Freiconservativen erklärt: er werde bis zur dritten Lesung des Strafgesetzes eine veränderte Fas sung de» Paragraphen in Vorschlag bringen, obwohl er glaube, daß der Staat jetzt bereit» durch das bestehende Strafgesetzbuch genügend geschützt sei. Nach vr. v. Schwarze kam der Abg. Windthorst zum Worte, und dieser rief unter allgemeiner Heiterkeit aus: der Abg. v. Schwarze thäte gewiß bester, ordentlich in der Justizcommission zu arbeiten, als den utmützen Versuch zu machen, diesem traurigen Paragraphen für die dritte Lesung eine neue Fassung zu geben. Windthorst ist im Reichstage wegen seines SarkaSmuS wie seiner Grobheit gefürchtet. E» ist übrigens bekannt, daß Abg. v. Schwarze einer der fleißigsten und gewissenhaftesten Arbeiter in der Justiz eommission ist. — Mit heute tritt der Oberlandforstmeister, Kammerherr von Kirchbach, in den wohlverdienten Ruhestand, nachdem derselbe seit 15 Jahren an der Spitze VeS sächsischen Forstwesens gestanden und durch Fortschreiten mit den Zeitverhältnissen dasselbe in alter Blüthe erhalten hat. An seine Stelle tritt der bisherige Director der Forst-Einrichtungs-Anstalt, Oberforstmeister Noch, mit dem Titel Landforstmeister als Referent in das Finanz-Ministerium ein, nach dem der Director der k. Forstakademie zu Tharandt, vr. Judeich, in Rücksicht auf das Bestehen genannter Hochschule, diesen ehrenvollen Ruf abgelehnt hatte. Seine Majestät hat dagegen die Verdienste des Letzteren durch Ernennung zum „Geheimen Forstrath" aner kannt, während die Studirenden im Verein mit den Bürgern Tha- rands ihren Dank für das Verbleiben an der Akademie durch euren solennen Fackelzug kund gegeben haben. — Schon schmückt sich der Saal des Gewerbchauses, um morgen und übermorgen Nachmittag seine gastlichen Räume dem Wohlthütigkeitsbazar freundlich zu erschließen. Zimmermann und Tischler, Tapezirer und Gärtner rühren unter künstlerischer Lei tung die fleißigen Hände, die Bauten lentstehen zu lassen und zu dekoriren, in denen die reich hcrzugeströmten Gaben sich der kauf lustigen Menge anbieten sollen. In der Mitte des GewerbchauS- saales wird sich ein phantastischer LooStempel erheben. Hier wird Gelegenheit sein, sich Anteilscheine aus den Erwerb eines oder meh rerer der Tausende von Gewinnen zu verschaffen, welche opferwillige Gemüther dem Bazar zur Durchführung seiner edlen, humanen Zwecke zur Verfügung stellten. Baumwollene Regenschirme und werthlose Holzschnitte ü In, Schillerlotterie hat Niemand zu befürchten Nur an dem LooStempel kann man Loose erwerben, was auf mehr fache Anfragen über Loose nach auswärts hier gleich bemerkt sein mag. An derselbigen Stätte soll am Schluffe des 2. Tages noch eine Auktion vorgcnommen werden, die nicht etwa die unverkauften Ausstellungsobjekte bieten wird, sondern sürwelche bereits im Voraus mehrere Kunstgegenstünde und werthvollcObjecte reservirt sind. Um den Loostenipel herum bauen sich zwölf verschleime Vcrkaufsläden auf; nicht etwa einfache Tannenreisigbuden, sondern Etablissements, die dem Charakter der in ihnen verkauften Maaren entsprechen; so z. B. werden in einem thüringer Bauernhause thüringische Holz schnitzwaaren feilgebolen. Die Verkäuferinnen aber gedenken sich, der Carncvalzcit entsprechend, in dem Nationalkostüm derjenigen Ge gend zu präsentiren, deren Erzeugnisse ihre zarten Hände ausbictcn Ein reiches Buffet wird für Erfrischungen aller Art sorgen. Fügen wir noch hinzu, daß daü Eintrittsgeld in sehr verständiger Weise auf nur 50 Pf. festgesetzt ist, daß, wie in jedem soliden Geschäft, d>e Vcr- kaussgcgcnstände mit festen Preisen ausgezeichnet sind (so daß Nie mand gezwungen ist, über den Span zu zahlen und Jedermann auf ein größeres Geldstück herausbekommt), so erscheintdieMcinung, daß mit dein Wohlthätigkeitübazar ein glücklicher Griff gethan sein wird, wohlbegründet. Der königl. Hof wird dem Unternehmen seine per sönliche Theilnahme schenken und der Beifall des Publikums scheint einem so solid fundirten Unternehmen, das noch mancherlei artige Ucberraschungen bieten dürfte, für die beiden Ausstellungstage? Mittwoch und Donnerstag, gesichert. — Aus Chemnitz schreibt man uns: „ES ist kaum zu fassen, mit welcher Verdutztheit die Bevölkerung jene andauernden Folgen aufnimmt und sich fortgesetzt still gefallen läßt, welche als sich stei gernde Calamitäten für den gewerblichen und industriellen Erwerbs-Verkehr «ingetreten sind, seit der Umsturz der hierfür bisher geltenden Geld- und Credit-Verhältnisse nach und nach voll zogen ist und seine ruinösen Wirkungen sich in totaler Geschäfts« losigkeit auf der einen und Zahlungsunsicherheit auf-der andern Seite geltend macht, je mehr die neuen Experimental-Gesetze der NcichLrcgierung durch praktische Einführung in's Volksleben sich als das bewähren, als was die Praktiker der Volkswirthschast durch Petitionen und Proteste sie im Voraus bezeichnet haben. Di« immense Schädigung, welche die Volkswohlfahrt Deutschlands durch die leichtsinnige Principicnrciterri, diesen Erb« und Erzfehlcr deutscher Gründlichkeit und Superweisheit seiner leitenden politischen Parteien, erfährt, kann und wird man überall da finden, wo man in's praktische Erwerbsleben der Bevölkerung Deutschlands hinein sieht und zivar da am meisten, wo diese Bevölkerung in leichter Uebersichtlichkeit dicht beisammen wohnt, wie in unserem Erzgebirge. HauS für Haus zehrt die Klage über Mangel an Arbeit an ihren Bewohnern und deren Gesundheit, und wenn hier die Socialdemo kratie Boden an der jugendlicheren Wählerschaft in der Richtung auf neue Reichstagswahlen in reichlichem Maße findet, darf eS wahr haftig nicht Wunder nehmen. Sieht doch Jeder mit fester Ueber- zeugung ein, daß es im einigen deutschen Reiche nicht schlechter werden kann, als es seit seinem Bestehen bis jetzt nach und nach ge worden ist. Eine Folge zieht die andere nach sich und wie weit es bei solcher Bedrängniß noch kommen kann, wer mag das Voraus sagen? Daß Krankheiten eintreten und ihren Druck auf das Menschengcmüth mit geltend machen, kommt mit hinzu; ein Restau rateur bei Chemnitz verlor in wenig Tagen seine sümmtlichen vier Kinder, er schloß seine Bude zu und überließ sich dem Schmerz über sein Schicksal ohne Sträuben! In der größten Stadt unseres Ge birges, „Chemnitz", diesem überaus fleißigen und betriebsamen Orte, dem sächsischen Manchester, welches mitten in der dichtesten industriösesten Bevölkerung Deutschlands, unserem Sachsen liegt, ist eine solche Lähmung der industriellen Geschäftsthätigkeit eingetreten, daß die Stadt Arbeiter zu Tausenden beschäftigen muß, welche jetzt im Winter nrit ganz ungewohnter Beschäftigung ihren Unterhalt in kärglichster Weise beschaffen müssen (früher mit 10 Pf. pro Stunde, jetzt mit 8 Pf.), ich sage in kärglichster, wenn man sie mit der frühe ren Lohnwcise vergleicht, wie sie in gesunder Zeit hier geltend ist. In den größten Fabriken ist fast die Hälfte der Arbeiter entlassen und die andere Hälfte arbeitet von früh V»9—12 Uhr und Nach mittags von 1—4 Uhr. Ein größerer dortiger Kaufmann ver sicherte mir, daß die Lebendigkeit des sonstigen beweglichen Ge» schästsverkchrS dort sich auf das gleiche Niveau reducirt habe, wie es im Jahre 1852 gewesen sei, wo er sich in Chemnitz etablirt und woher er das Bild noch ganz lebendig vor sich habe I Die leitende Führerschaft des Reichstags mag nach Schlesien und nach Sachsen gehen und da die Folgen ihrer politischen Experimental-Wirthfchaft suchen. Die ReichSgesetzcs-Fabrik will den Schwindler treffen, der in der Milliardenzcit das Geld benutzte, wag die Finanz-Agentur der Reichsregierung ihm aufdrängte und mit Hilfe der zu liberal dehnbaren Gesetze derselben cxcentrischen Gesetzgeber jenen Schwin del in Scene setzte, wie er nach und nach bei der Passivität der Neichsrcgierung epidemisch wurde. Statt den Schwindler zu treffen, ruinirt man damit Alle; denn so gewiß wie wir jetzt eng um uns den Ruin schon sehen, so gewiß verbreitet derselbe sich rveiter, wenn man nicht bald einlenkt und Nachhilfe und Abhilfe von allen Seiten her beizuführen sucht. In dieser so getragenen Mißstimmung der be- zcichneten Bevölkerung des gcbirgischen EentralpunkteS Chemnitz brachte das dortige Tageblatt dieser Tage einen kurzen Bericht über die Verhandlung der Eisenbahn - und Finanz - Deputationen unseres sächsischen Landtages, welcher wahrhaft wie ein So,menblick in finsterer Nacht wirkte und in Aller Munde wie ein besonderes günstiges Ereigniß besprochen wurde. Es schien als ob man sich freue, daran zu erkennen, daß endlich die Nothwendigkcit durchge drungen sei, in der Volkswirthschast nicht mehr ideal zu expcrimen- tircn, sondern praktisch zu curircn, wo es so sehr Noch und an der Zeit sei. Alan knüpfte die Hoffnung an das hier im Kleinen zu Tage tretende Verständniß für Abhilfe, cs werde dies Verständniß endlich auch im weiteren Kreise, im größeren deutschen Vaterlande durchdringen und die phantastische Wirtschaft der eitlen Experimcn- tal-Politiker, der Camphausen, Bamberger re., endlich zu Schanden machen und Aenderung schaffen, die die Nation statt zum Ruin, zu der Wohlfahrt führen werde, die das deutsche Volk als praktischen Erfolg nach seinen Heldenkämpfcn in Wahrheit erwarten konnte. Dieser Bericht, welcher diesen Hoffnungsstrahl in Chemnitz erzeugte, enthält den Beschluß der tagenden Finanz-Deputationen, „der Ne gierung dringlich anzucmpfehlen, die für das Eisenbahnwesen nöthigcn Betriebsmittel in dem eigenen, engeren, von Noth heimge suchten Vaterlande anfertigen zu lassen" und diejDeputations- Mitglieder dürften diesen Tag gewiß roth im Kalender anstreichen. Viele Segenswünsche sind ihnen zugegangen und wenn man solche Momente als Motive für NeichLtagswahlen benutzt, wird man nicht in Verlegenheit kommen, Strafgesetz-Paragraphen gegen die Social demokratie zu beantragen. Das Volk hat wohl Verständniß für die ihm zugewendete Fürsorge, sie muß nur praktisch sein und zu Reellem führen, nicht unpraktischer Expcrimentalwuth entspringen. — Am vorigen Sonnabend ist ein Maschinist in der Eisen gießerei und Maschinenfabrik von Rost L Comp, am Rosenweg, Namens Sparing, beim Verladen von Material auf Eisenbahnlowrps zwischen die Puffer zweier solcher Wagen, die im Gange waren, gerathen und dadurch erheblich, namentlich an der einen Schulter, ge quetscht worden. Man hat ihn nach seiner Wohnung in dem benach barten Dorfe Döltzschcn geschafft. — Am Sonntag Mittag hatte ein Kutscher, Namens Hauschnick, auf dem Centralbahnhofe das Unglück, daß seine Pferde plötzlich wild wurden, durchgingen und er dabei zwischen den von den Thieren gezogenen Rollwagen und den Perron gerieth. Er wurde dabei so erheblich gequetscht, daß man ihn nach dem Stadtkranken- ' ' " fite. Hause schaffen muß
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