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Politisches. Selten ist soviel von den Zeitungen aller Länder gewindbeutelt worden, als jetzt. Absichtlich werden eine Menge Gerüchte verbreitet, die sich am nächsten Tage als falsch erweisen. So meldeten bis ge stern die italienischen Journale, daß die Minister ihren König Victor Emanuel bis zur Landesgrenze begleiten und ihn dann allein nach Wien und Berlin reisen lassen würden. Heute erhält diese Lesart durch Wolff's Telegraphen-Bureau eine Zurückweisung in bester Form, denn es wird versichert, das Gefolge des italienischen Königs bei seiner Reise bestehe aus dem Ministerpräsidenten Minghetti, dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten Visconti-Venosta, dem Oberstallmeister Castellengo, dem Generaladjutanten des Königs Bertole-Viale, den Flügeladjutanten dezza Lombardini, Gopone, Medici, della Penne, dem ersten Ordonnanzoffizier Oberst Nasi, dem Leibarzt Adami, dem Chef des königl. Cabinets Commendatore Aghemo, dem Cabinetssecretär Silovich und dem Grafen Po von den Königskürassieren. Diese dichte Wolke von Ministem und hohen Militärs erhebt den Besuch des italienischen Königs bei dm Kaisern Oesterreichs und Deutschlands zum Range eines ausschließlich politi schen Ereignisses. Seltsamerweise verbreitet ein ziemlich obscures, nur wenig Lesern zu Gesicht kommendes Blatt, das „Preußische Volksblatt", die Anschauung: es sei zweifelhaft, ob Bismarck zu der Gastvorstellung der Italiener in Berlin aus Varzin herüberkommen werde, an den Abschluß eines Bündnisses mit Italien sei nicht zu denken. Wir würden dieses Blattes nicht erwähnen, wmn dasselbe nicht als ein Organ gälte, in welchem Bismarck mitunter einen sei ner Blitze leuchten ließe. Wird doch sogar telegraphisch der Inhalt dieses Artikels nach Wien gemeldet. Eine zweite Widerlegung erfährt die vor Kurzem noch einstim mig verbreitete Meldung, daß der deutsche Botschafter in Frankreich, Graf Harry Arnim, nicht wieder auf seinm Posten in Paris zurück kehren solle. Jetzt wird ebenso einstimmig versichert, Graf Arnim werde binnen Kurzem sein Amt in Paris wieder antreten. Wer sich nun noch den Anschein desEingeweihtseins zu geben weiß, versichert, daß Bismarck und Arnim während der militärischen Festlichkeiten Anfang September in Berlin sich versöhnt und ihren Frieden ge macht haben. Eine dritte Gattung von Lügen betrifft den augenblickliche» Stand der Restaurationspläne der Monarchisten in Frankreich. Ge stern noch zwitscherten es alle Sperlinge vom Dache, es sei Nichts mit der Wiedereinsetzung der Bourbonen, die Verlängerung der Ge walten Mac MahonS sei die einzige Rettung — heute warnt man ebenso einmüthig davor, diesen Gerüchten voreilig Glauben zu schen ken. Die „Union" z. B. erklärt, daß das Provisorium mit dem Marschall Mac Mahon an der Spitze ebenso schlimm sei wie das jenige unter dem Herrn Thiers, denn wie dieses würde es nur den Uebergang zu Gambetta oder Anderen bilden. Das legitimistische Blatt giebt der Meinung Ausdruck, wonach der neue Plan des Cl>- binets ein orleanistisches Manöver sein soll, welches bezweckt, den Grafen Chambord und die äußerste Rechte zu Zugeständnissen zu veranlassen. Ganz mit Recht empfiehlt die „Nat.-Z." auf alle Fälle, den Nachrichten über die Fusion und Restauration, welche aus Frank reich kommen, mögen sie nun günstig oder ungünstig lguten, die größte Vorsicht zu widmen. Das Geheimniß und die Täuschung der Menge ist so sehr ein zum Gelingen der Restaurationspläne nothwendiges Element, daß sicher eine große Zahl falscher Nachrich ten zu keinem andern Zwecke verbreitet werden als dem, das öffent liche Urtheil zu verwirren und irre zu leiten. Die Bestechlichkeit der österreichischen Beamten ist weltbekannt. In allen Klassen des Beamtenstandes, des bürgerlichen wie militäri schen, giebt es eine Anzahl Individuen, die ein artiges Stück Geld nebenbei verdienen, indem sie die Zuträger wichtiger Nachrichten aus dem Dienste an Dritte sind. So erhalten die preußischen und russi schen Gesandtschaften in Wien fast täglich Rapporte über alle Vor gänge im auswärtigen Amte in Wien, wenigstens über die Besuche und die einlaufenden Depeschen. Ebenso sind die Kriegsministerien in Berlin und Petersburg vortrefflich über alle militärischen Neuerungen in der österreichischen Armee unterrichtet. Ferner besitzt die feudal-ultramontane Partei unter den Beamten des Verfassungsministeriums zahlreiche An hänger, welche die Minister überwachen und ihnen nach Kräften entgcgenarbeiten, sei es aus Haß gegen den Constitutionalismus, sei es, um sich einen Nebenverdienst zu verschaffen, wobei es dann wohl vorkommt, daß die edlen Seelen beide Zwecke miteinander verbin den. Bei den „Spionen" im Handelsministerium kann von solchen doppelten Motiven nicht die Rede sein, für sie handelt es sich nur darum, den Glücksrittern der Börse eine Steuer aufzulegen. Meh rere Wiener Gründer haben nämlich im Handelsministerium einen förmlichen Dienst arrangirt. Daraus erklärt es sich denn auch, daß sich der Einleitung der Untersuchung in dem Lemberg-Czernowitzer Eisenbahnscandal so große Schwierigkeiten entgegenstellten. Der Handelsminister Banhans sah sich auf Schritt und Tritt von Crea- turen umgeben, die Ofenheim und Giskra mehr gehorchten, als ihm. Die compromittirenden Actenstücke verschwanden und nur mit Mühe entdeckte man einen Theil derselben später in einem Kellergewölbe. Wie wenig sicher sich Banhans unter seinen Beamten fühlt, erhellt aus einer Aeußerung, die er vor einigen Monaten machte, als ihm ein Freund Mangel an Energie vorwarf. „Energie", sagte der Handelsminister, „nützt mir nichts. So lange mein Beamtenperso nal nicht gründlich purificirt ist, bedarf ich vor Allem der Vorsicht. Ich traue Niemanden. Ich bin so weit gekommen, daß ich jedes Schrei ben, das mir zugeht und desse. Inhalt nicht für Jedermann be stimmt ist, sofort verschließe, und zwar fest verschließe, denn sonst ' kann ich sicher darauf rechnen, daß zwei, drei Stunden später gerade Derjenige, der von dem Schreiben nichts wissen soll, davon Kunde er hält. Ist es mir doch während der ersten Zeit meiner Amtsführung rnchr als einmal rorg«!c»mcn, daß Conc-fsii.nStzestH»', dü bei nur ejngereicht waren, sofort Denen mitgetheilt wurden, welche in dem Unternehmen, dessen Concession erbeten wurde, eine unangenehme Concurrenz erblickten." Das Reizendste aber in diesen Bestechungs- Geschichten ist, daß die Wiener Polizei glaubt, auch die internatio nalen Socialdemokraten bestächen einzelne Beamte, um die Maß regeln zu erkundschaften, die gegen die Umsturzpartei ergriffen wür den. Curios ist es jedenfalls, daß mehrere geheime Polizei-Erlaffe in Bezug auf die Socialdemokratie sofort in den Spalten von deren Blättern veröffentlicht wurden. Ueber die Quellen, aus denen Don Carlos, der legitimistische Kronprätmdent von Spanien, die bedeutenden Summen bezieht, die für die Bewaffnung und Erhaltung seiner Armee notwendig sind, war man bisher noch immer im Unklaren. Man begnügte sich mit der Angabe, daß französische Legitimisten und englische Katholiken die Kriegskaffe Don Carlos' füllen. Es sollen nun allerdings von dieser Seite bedeutende Gelbzuflüffe nach den Pyrmäen geleitet wor den sein; einen beträchtlicheren Theil spenden aber, wie versichert wird, einige reichbegüterte Prinzen, die in naher Blutsverwandt schaft zu dem Prätendenten stehen und ein sehr nahe liegendes per sönliches Interesse an einer allgemeinen europäischen Restauration, an einer Wiedereinsetzung entthronter Fürsten haben. Von dieser Seite soll auch wiederholt und eindringlich die Anerkennung der Carlisten als kriegführende Macht urgirt worden sein. In militäri schen Kreisen berechnet man die Summe, welche Don Carlos bereits auf den Aufstand verwendet haben dürfte, auf nahezu hundert Millionen Gulden, da er Waffen und Munition zu den exorbitante sten Preisen bezahlen und seine Parteigänger durch Freigebigkeit in guter Laune erhalten muß. Locales und Sächsisches. — Ihre königl. Hoheit die Herzogin von Genua ist gestern Vormittag halb 9 Uhr zum Besuch an unserm königl. Hofe hier ein- getroffen und von Ihrer königl. Hoheit der Frau Kronprinzessin am Leipziger Bahnhofe empfangen worden. Die hohen Herrschaften fuhren sogleich per Bahn bis Niedersedlitz, um sich von dort aus nach Pillnitz zu begeben. — Dem hiesigen k. Hofe steht, wie schon erwähnt, demnächst auch der Besuch der Frau Kronprinzessin von Jtalim, sowie Sr. Maj. der Königs von Italien bevor. Der Besuch des Königs von Italien wird, wie man hört, eia nur sehr kurzer sein und sich jeden falls nur auf einen, höchstens auf zwei Tage erstrecken. —Se. k. H. der Kronprinz ist am Donnerstag Abend >/z6 Uhr in Begleitung Sr. Excell. des Kriegsministers und einer Anzahl Offiziere mittelst Extrazuges zur Jnspicirung der in dortiger Ge gend stattfindenden Divisionsmanövres nach Rochlitz gefahren und gestern Abend zurückerwartet worden. — Auf unsere Beschwerde über das Verfahren der Finanz hauptkasse bei der Auswechselung von Goldmünzen erwidert das Dr. I. Folgendes: Es hat sich allerdings ergeben, daß in einem Falle, während der temporären Abwesenheit des Vorstandes der Fi nanzhauptkaffe, ein Beamter derselben die Antwort gegeben hat, daß die Finanzhauptkasse bei der Auswechselung von Goldmünzen Silber und sächsische Kassenbillets nicht annehme. Diese Antwort beruht aber auf einer gänzlich irrtümlichen Auffassung der ertheilten An weisung und der betreffende Beamte ist dessen beschicken worden. Zur richtigen Beurtheilung der Sache bedarf es aber noch einer Be merkung. Die Finanzhauptkasse kauft von Zeit zu Zeit größere Summen in Goldmünzen vom Reiche und zwar zu dein Zwecke, um die Reichsgoldmünzen durch Verwendung zu Auszahlungen aller Art nach und nach in Sachsen in Umlauf zu setzen und in größeren Mengen in den Verkehr zu bringen. Das Äus- wechseln einzelner Münzsorten gegen andere ist überhaupt gar nicht die Aufgabe der Finanzhauptkasie, paßt nicht in ihre Geschäftsver hältnisse und hält nur die Beamten von ihren eigentlichen Arbeiten ab. Dazu giebt es genug Geldwechsler hier. Dessenungeachtet hat die Finanzhauptkasie zeither Gesuche um Einwechselung von Gold münzen, soweit deren vorhanden waren, von der richtigen Ansicht ausgehend, daß auch dadurch die Verbreitung derselben im Publicum gefördert werde, nicht zurückgewiesen und dagegen selbstverständlich Silber und Kassenbillets angenommen. Nun ist aber wiederholt der Fall vorgckommen, daßBankierä und andere Personen, welche Zah lungenin Berlin, Bremen, Hamburg rc. zu machen hatten, bei welchen sie nur Gold oder preuß. Banknoten verwenden konnten, großeSummen in Gold—in einzelnen Fällen bis zu 50,000Thlr. —von der Finanz hauptkasie verlangt habm und zwar, wie kein Zweifel war, lediglich aus dem Grunde, um das Agio zu ersparen, was sie bei dem An käufe von preußischen Banknoten hätten aufwenden müssen. Es liegt nun auf der Hand, daß, wenn die Finanzhauptkasie auf der artige Geschäfte — zu denen sie in keiner Weise verpflichtet ist — eingehen wollte, dadurch der Zweck, aus welchem sie überhaupt Gold anschafft, vollständig vereitelt werden würde. Denn dieser Zweck be steht ja einzig und allein in der Absicht, die Goldmünzen im Lande zu verbreiten, und nur zu diesem Zwecke läßt sich der Agiovcrlust der Staatskasse, der durch die Bezahlung des Goldes mit preußischen Banknoten entsteht, rechtfertigen, keineswegs aber darin, einzelnen Personen, die außerhalb Sachsens größere Zahlungen zu leisten Ha sen, einen Agioverlust zu ersparen. Um nun dann, wenn cs sich um große Summen handelt und die Vermuthung nahelicgt, daß dadurch nur das Agio für preußische Banknoten vermieden werden soll, dieser Speculation entgegenzutreten und den dadurch der Staatskasse entstehenden Verlust zu vermeiden, hat der Vorstand der Finanz hauptkasie in solchen Fällen die Zahlung in preußischen Banknoten verlangt. Da sich aber jetzt crgiebt, daß dieses Verfahren mißvcr- tanden und zu öffentlichen Angriffen gegen die Finanzverwaltung ienutzt wird, so hat das Finanzministerium dasselbe abgcstellt und angeordnet, daß das von der Finanzhauptkasie angrhäufte Gold künftig gar nicht mehr gegen andere Münzen in großen Summen ausgeivcchielt, sondern seiner eigentlichen Bestimmung gemäß ledig lich zu Zahlungen verwendet werden soll. Die Auswechselung kleiner Beträge an Privatpersonen gegen Silber, Kassenbillets und sonstiges Papiergeld, welches bei der Finanzhauptkasie überhaupt angenommen wird, soll bis auf Weiteres noch fortgehen. — Nachdem die größer» Divisionsübungen des 12. Armee» corpS in diesen Tagen enden, rücken Sonnabend den 13. dS. die Grmadierbrigade und das Füselirregiment 108 wieder in Dresden ein, die andern Abtheilungen folgen, somit wird die Garnison com» plet und daS Pionierbataillon, welches jetzt den Garnisonsdienst mit dem Stamm der Grmadierbrigade versah, dieses Dienstes ent hoben. Dem Publikum wird hiermit das Angenehme geboten, die beliebten Militärkapellen Ehrlich, Trenkler, Wagner rc. morgen wie der hörm zu können. — In der preußischen Armee hat man vor einigen Tagen schon mit der Beurlaubung der 2—3-dienstjährigen MuitärS be gonnen. Dasselbe wird hier von heute Sonnabend an eintreten. — Die Armenversorgungsbehörde hat testamentarisch ein Ge schenk von 200 Thln. von dem am 14. Juni d. I. hier verstorbenen Generalleutnant a. D. Emst Gustav v. Spiegel erhalten. — Seit unserer gestrigen Mittheilung, hat sich der Stand der Cholera hier nicht verändert; es sind nur noch zwei Cholerakranke im Stadtkrankenhause befindlich. — Wirhaben wenig Ursache, auf das Verschwindender Talmi- Rothschild- und anderer Börsenspekulanten in Wien mit dem Ge fühle zu blicken, daß das Gott sei Dank! bei uns nicht vorkommt. Gestern meldeten wir die erfolgte Zahlungseinstellung der hiesigen Filiale des Thüringer Bankvereins; heute ergänzen wir diese Mit theilung dahin, daß der Director und der Buchhalter dieses Geldin stituts vonDresden abgereistsind — wohin? ist zur Zeit unbekannt. -Vorgestern früh machte der Buchhalter dem Director die Mittheil ung, daß die Filiale zahlungsunfähig sei, und sich die Sache nicht länger hintanhalten lasse. Es wurde rasch eine Anzeige an das t Handelsgericht aufgesetzt, welche der Buchhalter persönlich abgeben! gu wollen erklärte: „Nehmen Sie mich da gleich mit!" erwiderte der Director. Gesagt, gethan. Beide verließen den Schauplatz ihrer bisherigen Wirksamkeit mit dem Schreiben; dasselbe ist jedoch noch nicht abgegeben und wohin sich die freiwilligen Briefträger mit dem Briefe gewendet, weiß zur Zeit noch Niemand. Der Fall erregt in der Geschäftswelt das größte und peinlichste Aufsehen. Noch liegt die Zeit nicht zu fem hinter uns, da die Actien des Thüringer Bank vereins auf 250 Hinaufgetrieben wurden; heute beleidigt mm Je manden, wenn man sie ihm für 12 anbietet. Schlimmer fällt in'S Gewicht, daß die hiesige Filiale noch bis in die letzte Zeit das Pub licum aufforderte, ihm Spareinlagen anzuvertrauen. Es wurden 5 Procent Zinsen geboten. Wie viele Leute mögen da um ih, Geld gekommen sein? Inwiefern sich der Fall zu einer staatsan waltlichen Untersuchung eignet, ist noch unentschieden. — Director Schopfs ist von einer Reise, die ihn u. a. nach Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam geführt hat, zurückgekehrt und hat für den zoologischen Garten neu erworben und mitge bracht: ein Paar junge Kameele, zwei Paare verschiedene Kängurus, ein Paar blauhälsige Kronenkraniche, zwei amerikanische Nachtreiher, zwei amerikanische sogenannte Trompeterschwäne, ein Paar ameri kanische Wachteln, zwei Paare sehr seltene französische Kaninchen, ein Paar gelbschnäbelige Alpendohlen, einen amerikanischen Specht, zwei orangegelbe Kakadus, Angora-Meerschweinchen, indische Tau gen, eine Beo und eine Partie kleiner Vögel. — Der mächtige Aufschwung, welchen Blasewitz in neuerer Zeit genommen, spiegelt sich auch in der Thatsache ab, daß bei dem wachsenden Verkehr zwischen Blasewitz und Dresden resp. Loschwitz und umgekehrt, die Postverwaltung eine Vermehrung des Postver kehrs zwischen genannten Orten hat eintreten lassen müssen. So gehen jetzt täglich 2 Botenposten, eine Vormittags und eine am Abend von Blasewitz nach Loschwitz und zwei von dort nach Blasewitz; auch zwischen Dresden und Blasewitz ist 2maliger Botenpost- und 3mali- ger Pferdebahnpostverkehr. Die Ortsbestcllungen sind auf 4 ver mehrt worden. — Wie einsam, entbehrungsvoll und bitter auch in unserer patriotischen und militärischen Zeit der Lebensabend eines von den politischen Stürmen arg herumgeschlagenen, alten Militär Veteran» sein kann — trotz all' der Hunderttausende, die für Militärzwecke verwendet werden — dafür lernten wir in diesen Tagen einen redenden Zeugen, den hiesigen Veteran Carl Wilhelm Müller, Mit tclgasse 17, kennen. Müller ist 1794 in Penig geboren, 1811 zur sächsischen Armee in das Regiment Prinz Max gekommen, hat als Gardist unter dem Commando des französischen Generals Murat der Schlacht bei Lüneburg beigewohnt, wurde da von den Preußen gefangen, nach der Festung Colberg transportirt, nach einmonat licher Gefangenschaft nach Spandau iibergcführt und später der russischen Armee übergeben, bei welcher er als Ordonnanz bei dem preußischen General Fürst Blücher commandirt war und mehrere Schlachten mit durchkämpfte. Müller wurde bei Auslieferung der Gefangenen in Köln der sächsischenArmee wieder übergeben und diente noch bis zum Jahre 1824 weiter, dann nahm er seine» ehren vollen Abschied. Nach Austritt aus der Armee lernte er die Küpfer- druckerei, war bei dem hiesigen Professor Tirnstret und nach Er blindung desselben bis in das Jahr 1849 in der Arnold'schen Buch handlung thätig. Er hat sich dann in verschiedenen Zweigen zu ernähren versucht und jetzt ist der beinahe 80jährige Greis, den Altersschwäche natürlich an jedem Erwerb hindert, dem bittersten Mangel auSgesetzt. — Bekanntlich war der frühere Redacteur des „Volksstaates", Adolf Hepncr vom Polizciamt aus Leipzig ausgewiesen worden. Trotz dieses Verbotes sich in Leipzig aufzuhalten, ist derselbe an, 10. d. M. daselbst betroffen und in Folge dessen zur Haft gebrachst worden. — Großröhrsdorf ist seit ca. 8 Tagen durch die bei Stolpen und Bischofswerda stattgehabten Brigade-Uebungen mit Militär