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- Erscheinungsdatum
- 1873-06-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187306295
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18730629
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18730629
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1873
-
Monat
1873-06
- Tag 1873-06-29
-
Monat
1873-06
-
Jahr
1873
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AK.» "KW durch dl» ain,-lnk «ullag^il,«» 8nnpl. > Für dl« «ückg-d« einge- sandier Manulcriple . maLt sich dt« Mkdoclioir Vicht verbindlich. Inseraten-Annalime au>. war»: ll»»««u,lvjo und V03I«- in Hamburg, Ber lin. Wien, eclp.ig. Basel, lvreilau, tzrauksurt a. M. — Luck. bl»,«, in Berlin, Leipzig. Wien. Hamburg, »rauksurt a. M.. Miln, chen. — Denk« td La. in Franlfurt a. M. — kr. val»l in Lhemnib. — He il»» Leütl». Laliiu ch tzä, in Pari». Rr. Tageblatt siir Unterhaltung und Geschästsverkchr. , Druck und Eigenthun, der Herausgeber: Ltepsch L NeiÄardt in Dresden. Verantwort!. Redaeteur: Sttltv« Neichardt. AchtzelsiiterJahrgang. r^erawwrrdenMqrikn. grate I» Lnaendimpen di» «».» upr. «onM» dt» Mittag» lii übr. I, Keusladt: grade vlvlter» aasse L btt «bd. 3 Udr. Der Raum einer rin. taailigen Pctttjeil« lallet IS Psg. ikingelandi bi« geile 3 Slgr. Sine Garantie siir da» »tichsitäaiae Srschei» »en der Inserat« wird nicht gegeben. tlu»w<irttge Annonce«» »lullrage van UN» und«» lannlen ginnen u. Per» sanen tnseriren wir nur gegen Pranuineraiivo» Zaüiung durch Pries» marlcn oder Pofteineah- lung. v Silben loslcn I»i, Rar. l!lu«wart,ge kliunen die Zahlung auch »ul eine Dre»dnertzir«« anwetsen. Die Sr»» Mffredacteur: Dr? Ikmll ' Für bnS Feuilleton: H»rt>»ai»i». Dresden, Sonntag, ZS^Juni 1876? Avoimement. Die geehrten auswärtige» Leser der „Dresdner Staate als eine ebenbürtige Größe entgegen zu treten. Die Berliner Discontogesellschaft hat sich bereits der im Courszettel am niedrigsten stehenden Bahnen bemächtigt, hat die Stroußberg'schen Bahnen er Nachrichten" bitten wir, das Abonnement für das dritte worben und übt den dircctestcn Einfluß auf die Halle-Sorau-Gw Onartal 18SS mit SLVr Ngr. ungesäumt erneuern zu wolle», damit wir im Stande sind, die Nummern ohne Utttcrbrcchnng weiter zu liefern. Sämmtlichc Postanstalten des deutschen Reichs und ganz Oesterreichs nehmen Bestellungen aus unser Blatt an. In Dresden abonutrt man (einschließlich des Bringcr- lohns vierteljährlich mit LS'/u Ngr», vci den sächsischen Postanstalten mit LS Ngr. Expedition in Dresden, Marienstrasze IS. Politisches. Lange Zeit war es die Kaiserin Augusla, über welche die Clc- ricalen allerhand Geschichten herumtrugen, die darauf hinausliefen, daß die hohe Frau den jesuitischen Bestrebungen mindestens sehr wohlgesinnt sei. Jetzt kommt die Person des Kaisers Wilhelm selbst an die Reihe. Er wird in den ultramontanen Blättern in der servilsten Weise belobhudelt, auf Parteiversammlungen in einein Grade beweihräuchert, der auf das Grellste gegen den kühlen Ton absticht, in dem seine Majestät bisher besprochen wurde. Es mag wahr sein, daß der Kaiser über die Wirkung der Vismarck-Falk'schcn Kirchengesctze einigermaßen betreten ist, daß zwischen ihm und Bis marck einige Meinungsverschiedenheiten obwalten, aber daran ist nicht zu denken, daß die Römlinge in diese Differenzen sich entschie den, sie erweitern, den Vollzug der kirchenpolitischen Gesetze Hinter treiben und den Kaiser zu einer ultramontanen Politik bestimmen könnten. Soeben hat Letzterer als König von Preußen den Schluß stein für die Ausführung der Kirchengesetze gelegt, indem er die Wahlen in den königlichen Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten vornahm. Die Wahlen hierzu sind mit Vorsicht bewirkt worden, ^ das katholische Bekenntniß hat unter den Mitgliedern dieses Ge richtshofes eine numerisch entsprechende Vertretung gefunden. Alan darf sich zu dem also zusammengesetzten Gerichtshöfe und seinen Persönlichkeiten versehen, daß sie streng das Gesetz aussühren, nicht der Politik und der wechselnden Tagesmeinung zuLiebe ihrenWahr- spruch abgeben werden. Gleichwohl treten die Führer der Römlinge allerorten mit ge hobenem Haupte auf. Ihren Vorkämpfern im Reichstage war gegen seinen Schluß hin der Kamm mehr als je geschwollen; in Oesterreich verwerthen sie den Börsenkrach Geschickteste zu Wahlzwecken, indem sie den Umstand ausbeuten, daß ein großer Theil der Liberalen Gründer und Verwaltungsräthe von solchen industriellen Unternehmungen und Banken sind, deren Sturz Tausende von Menschen an ihrem Vermögen geschädigt hat. In Frankreich aber schifft der Ultramontanismus auf hoher Fluth und mit geschwelltem Segeltuche einher. Seien wir aufrichtig und be kennen wir, daß in Frankreich eine römische Politik einigermaßen berechtigt ist und sich erklären läßt. Die Schrecken und Verheerungen des socialen Krieges, wie sie namentlich bei dem Pariser Commune- Aufstande die ganze gesittete Welt mit Entsetzen erfüllten, haben im Verein mit dem erlittenen Nationalunglück offenbar auch eine Re aktion auf dem Gebiete der moralischen Ideen und Stimmungen, eine Aufrüttelung des Gewissens der Nation hervorgerufen. Ein großer Theil des französischen Volkes fängt an, sich mit dem Ge danken einer nationalen Buße zu beschäftigen. Wäre Deutschland der Schauplatz der Gräuel der Commune gewesen, so würde der Protestantismus eine Einkehr in uns selbst, eine sittlich-religiöse Reform bewirken. Das französische Volk, wesentlich katholisch, faßt die Sache nach seiner Art, nach seinem Charakter auf. Das Traurige dabei ist nur, daß die Früchte dieser sittlichen Einkehr den Ultramontanen in den Schooß fallen. Infolge der ewigen Revo lutionen und der langen Herrschaft einer frivolen Literatur ist in weiten Kreisen dort jeder innere Halt für die Grundsätze und den Bestand der sittlichen und socialen Ordnung, vor Allem für die Achtung und Heilighaltung der Ehe, verloren gegangen oder doch wankend geworden. Wenn nun ein Volk nur die traurige Wahl hat zwischen rettungslosem Sittcnverfalle und der Rückkehr unter das Joch des Aberglaubens — jedoch eines Aberglaubens, der es für Viele nicht ist — so ist eS kein Wunder, daß es den letzteren vorzieht. Für die große Masse des Landvolkes ist ja der Glaube an Rom, den Papst, die Wunder, die Wallfahrten u. s. w. und der Glaube an die Giltigkeit des Sittengesetzes durch eine unzerreißbare Kette von Vorstellungen verknüpft. Das Gleiche gilt von der Frauenwelt. Und die Freigeisterei der Gebildeten wechselt dort mit der Mode. In Frankreich folgt ein Extrem dem anderen; cs lösen sich in der Politik Anarchie und Despotismus ab, in der Religion Unglaube und Bigotterie. So wird gewiß nach einiger Zeit der Voltairianismus, die tödtliche Zweifelsucht, das Haupt erheben, zu- bener, die Märkisch-Posener, die Berlin-Görlitzcr, die Hannover- Altenbcckcr, die rechte Oderufer- und die Rhein-Nahebahn aus. Di rect angekauft hat sie vor kurzem die mecklenburgischen StaatSbah- nen, gegen welchen Schacher keine mecklenburgische Volksvertretung ihre Stimme erheben konnte, da diese Bahnen — Privateigenthum des Großherzogs waren. Mit dem Ankauf der badischen und würt- tembergischen Bahnen ist sie abgeblitzt, in Sachsen ist sie nicht über den ersten schüchternen Versuch hinausgckommen. Wenn aber die Berliner Discontogesellschaft glücklicher als bei diesen drei Staaten fortfährt, solche Macht in ihren Händen zu vereinigen, so wird sie bald einflußreicher sein, als der Chef des vielgerühmten Neichseisen- bahnamts. 5"» Bismarck ist auf sein Gut Schönhausen an der Elbe abgereist. Senden wir ihm dorthin unfern Gruß und Wunsch zur Stärkung nach, aber nicht per Schlepper, sonst traf ihn unser Gruß nicht mehr dort. Denn in den nächsten Tagen reist er nach Varzin, von wannen er nicht vor dem Spätherbste zurückkehrt. Locales und Sächsisches. — Der Professor Bergrath Dr. von Cotta zu Freiberg hat das Commandeur-Kreuz des griechischen Erlöserordcns erhalten. — Die (beiläufig bemerkt, im zopfigsten Amtsstyle geschriebene) Verordnung der Kreisdirection zu Zwickau an den Stadtrath von Meerane, mittelst welcher das Stadtverordnetencollegium von Mee rane aufgelöst wurde, stützt sich auf folgende Vorgänge: Der Vor sitzende dieses Collegs, Meister, hat sich wiederholte Verstöße gegen die gesetzlich festgestellte Geschäftsordnung zu Schulden kommen las sen, hat die ihm gestellte Frist zu seiner Verantwortung nicht be nutzt, ist mit einem Theile des Collegiums wiederholt außerhalb des gewöhnlichen Sitzungslocales, bezichendlich unter Zulassung von dem Collegium nicht angchörcnden Personen, über städtische Angelegen heiten in Berathung getreten. Meister hat dadurch tiefe Zerwürf nisse innerhalb des Collegiums und Störung des geordneten Ge schäftsganges herbeigeführt, die Unzufriedenheit gutgesinnter, der Ordnung zugethaner Bürger erregt, und, wie zahlreiche Kundgeb ungen in den Localblättern erkennen lassen, das Ansehen des Colle giums ernstlich gefährdet. Die Kreisdirection ist nach alle dem zu der Ueöerzeugung gelangt. daßallerdingSdieStadtverordnetenver- und die industrielle Krisis auf das j sammkung, wie sie dermalen noch besteht, durch die fortgesetzten Pflichtwidrigkeiten ihres derzeitigen Vorstehers Meister andauernd in hohem, der öffentlichen Autorität wie dem guten Rufe und In teresse der Stadt nachtheiligen Grade in Parteiung und Unordnung verfallen ist. Nicht verschweigen wollen wir, daß der Darstellung der „Fr. Z." zufolge die Angehörigen der konservativen Partei, die Inhaber der angesehensten, weltbekannten Firmen ihre Unterschrift zu der Petition von gegen 300 nationalliberalen Meeraneser Bür gern, welche um Auflösung des Stadtverordnetencollegiums baten, verweigert haben sollen. — In einem Berliner Blatte hatte gestanden, daß viele Fami lien Berlin verließen, um nach Dresden, Weimar uns Dessau zu ziehen. Darauf hin hat die edle Kreuzzeitung folgende „Warnung vor Dresden" erlassen: „Erstens sind die Wohnungen enorm theuer; leider wird keinem hierher ziehenden Fremden von der lästigen Miethssteuer etwas gesagt. Drei, auch viermal des Jahres wird vom Thaler Miethe ein Silbergroschen erhoben, cs gab Zeiten, wo 13 Pfennige gegeben wurden. Lebensmittel, Dienstleute, Hand wcrker sind ebenfalls so furchtbar gestiegen, daß sehr viele Famili-m das govriesene Elb - Florenz verlassen; man spricht von 500. (st dcm weht fortwährend Ostwind, der bekannt lich nicht der Gesundheit zuträglich ist." So viele Worte, so viele Uebcrtrcibungcn! Freilich wird in Dresden von den daselbst sich ständig Aufhaltenden eine städtische Miethsteuer erhoben; hin gegen kennen wir die furchtbare Schraube der progressiven Einkommensteuer, unter der unsere S.chwestcrstadt an der Spree seufzt, nicht. Daß Alles thcurcr geworden ist, wer will es läugncn ? Wo wäre das nicht der Fall? In Berlin etwa? Daß 500 Fa milien Dresden verlassen soll wohl heißen in diesen Tagen , hat sich die gute Kreuzzeitung ausbinden lassen. Daß aber fortwährender Ostwind hier wehen soll, nimmt uns aufrichtig Wunder. Sollten die Spree-Athener, die den Berliner Wind von Geburt an kennen, nicht sofort wegbckommen, daß hier ein sanfteres Lüftchen bläst? Vermuthlich geht die ganze Kreuzzeitungs-Correspondenz von einem der preußischen Offiziere aus, die, wie wir hören, in Folge vonBau- bank-Speculationen einen tüchtigen Aderlaß sich zugezogen haben und nunmehr ihren Unmuth an unserer guten Stadt auSlassen. Meteorologische Notizen und Andeutung des , Witterungsganges. Meistens fallen Graupeln im Frühjahr, nächst aber triumphirt, und nicht ohne einige Berechtigung, der Cle- Schloßen und Hagel im Sommer. Sowohl Graupeln als auch ricalismus. Das Unglück Frankreichs ist, wie es Jules Favre neu- j Schloßen und Hagel stehen mit atmosphärischen elektrischen Vor- lich ausdrückte, daß es nicht die Reformation durchgemacht hat. Die Russen höhnen ganz gewaltig die Engländer wegen der Schauspiele, die sie dem Schah bieten. Trotz aller großartigen Flottenparaden sei England nicht im Stande, seine Küsten in Indien zu schützen. Offenbar ärgert es die Russen nicht wenig, daß dem diamantenbesäeten Schasfellmützenträger der Aufenthalt in England besser gefällt als in Rußland. Zum größten Finanzinstitut Deutschlands hat sich die Berliner Discontogesellschaft aufgcschwungen. Ihr Einfluß auf den Geld markt ist nicht immer der ivohlthätigste gewesen; sie führte das Bergwerkgeschäft auf den Börsen in einer Weise ein, die ihrem finanziellen Scharfblick alle Ehre, ihren Aktionären volle Kassen ge macht, aber den Börsenschwindel auf's Unerhörteste befördert hat. Jetzt wirft sich diese Kapitalmacht auf die Eisenbahnen, sucht einen Vglichst großen Complex in die Hände zu bekommen und so dem gängen in Verbindung. Die Graupeln bestehen aus Schneetheilchen, sind undurchsichtig und großentheils kugelförmig, sie gestalten sich während des Herabfallens. Die Schloßen und Hagelstückcn haben in der Mitte einen schneeartigen Kern, um welchen mehr oder weni ger zackige Eisthcilchen sich ansetzen. Sie entstehen durch die mit der elektrischen Entladung (Blitz) verbundene Luftverdünnung, welche plötzliche Kälte bewirkt, rasche Verdunstung und sogleich darauf fol gende Verdichtung des Wafferdampfcs zwischen den mit verschiede nen Electricitätcn geladenen Wolken. Vor Gewittern mit Hagel ist große Schwüle bemerkbar, cs wird drückende Hitze empfunden, ohne daß das Thermometer sehr hohe Wärmegrade anzeigt. Man nennt dies physiologische Wärme im Gegensatz zu der physischen Wärme. Die Luftschicht an der Erdoberfläche enthält hierbei sehr viel Waffer- dampf. Bei derartig schwüler Temperatur sind gewöhnlich schon in nicht beträchtlicher Höhe sehr kalte atmosphärische Luftströmungen, in welche die warme feuchte Luft aufsteigt und im Wechsel durch Steigen sich verdichtet und dann durch Fallen wieder verdampft. Dieser rasch sich wiederholende Wechsel verursacht noch nicht die Ha gelbildung, sondern er beschleunigt und verstärkt die Trennung der Electriciläten. Der Hagel hat vielmehr, wie bereits angegeben, in der mit der durch Blitz geschehenden Electricitäts-Entladung verbun denen Luftverdünnung, die mit der Größe der Electricitätsanhäufung sich verstärkt, seine nächste und hauptsächliche Ursache. — In die ser Woche wird zunächst der Himmel großentheils bewölkt sein, eö werden sich wiederholt Gewitterwolken bilden; dann wird die Wind richtung sich ändern und zeitweilig größere Klärung des Himmels bewirken. Larowetrius. — Die letzte uns zugekommene Curliste von Teplitz und Schö nau zeigt wieder ein bedeutendes Steigen derFrequenz. Die Summe der Curgäste stellt sich auf 4644 Personen, die der Touristen und Passanten auf 9889 Personen. — Der Director der Dresdner Pferdebahn, Herr von Stülp nagel, ist aus Südfrankreich (koitiers routs von Loräosux) gestern zurückgekchrt und war, wie uns derselbe mittheilt, seine Reise nicht erfolglos. Die dort vielfach verwendeten Lastpferde bestehen zu etwa 4' aus bester starlsehnigcr Pferde-Race. zu >/- aus Maulchierblut, sind äußerlich von Jemandem, der nicht Kenner ist, kaum von reiner Pferde-Race unterscheidbar. Ein wenig länaer sind die Ohren und der Vau der Beinmuskeln oft weit kräftiger, als die des gewöhnlichen Pferdes. In seinen Bedürf nissen ist dies Thier sehr mäßig, ferner ist es ausdauernd und stark und erreicht seine Laufschnelligkeit die des schwereren Pferdes. Ter Stallmeister Pfaff der Gesellschaft ist mit 11 dieser Thiere, die zum Versuch Hierselbst dienen sollen, von Poitiers nach Dresden unterwegs. — Ter volkswirthschaftliche Artikel der heutigen Sonntags« Beilage enthält den Schluß derjenigen Maßregel, welche der Chef der berühmten König u. Bauer'schen Schnellpressen-Fabrik in Zell ergriffen hat, um einen mächtigen Baustein zur befriedigenden Lös ung des Verhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer herzu stellen. — Beigefügt ist dem Schlußartikel eine Notiz über das Sinken der Materialpreise und Arbeitslöhne im Baugewerbe in Berlin. — In vorvergangener Nacht ist es in einem Hause der Jn- stitutsgasse einem schon eine Woche lang am Delirium tremens er krankten Zimmergesellen — der erst etwa einige 30 Jahre alt ist — Namens Bergmann, gelungen, den Seinigen zu entkommen und sich durch das Trcppenfenster der dritten Etage auf den Hof herabzustür zen. Ein Apfelbaum hielt seinen Fall in Etwas auf, so daß der Unglückliche nicht sofort seinen Tod gefunden hat. Cs wurde zu nächst eine bedeutende Ellenbogenverletzung und ein Oberschenkelbruch constatirt. Der Verletzte ist dem Stadtkrankenhause übergeben wor den. Dergleichen Opfer der Trunksucht sind doppelt bedauerlich, ein mal regt ihr eigener elender Zustand zum Mitleid an und dann geben sie ein gar so trauriges Bild der menschlichen Schwachheit, zeigen gar zu grell und betrübend die Thierheit im Menschen. Daß das Deli rium tromevs namentlich nur durch den häufigen Genuß starker alkoholischer Getränke ivic Branntwein, Rum rc. entsteht, ist bekannt, weshalb dieser entsetzliche Wahnsinn auch meist nur in den ärmeren Volksschichten auftritt, wo eben „Schnaps" getrunken wird. Möge Jedem, der Neigung zum Genüsse des Branntweins hat, immer das Bild eines mit dem Säuferirrsinn Behafteten vor der Seele stehen und ihn, zurufen: Halt ein, sieh hier die Wirkung der unseligen Al koholdünste ! Nur ganz mäßig genossen kann von einer nicht ge rade schädlichen Wirkung gesprochen werden, bei fortgesetztem reich licheren Genüsse ist der Branntwein stets schädlich und führt er auch nicht Jeden in das umnachtcte Reich des Wahnsinns, so zerstört er doch den Körper schlimm genug und greift namentlich die Lungen an, wie denn auch der Tod bei derartigen Kranken meist in Folge von Lungenentzündung eintritt. — Am 26. d. M. feierte in Meißen ein Ehepaar sein 25jäh- riges Ehejubiläum. An sich ist dies nichts so Seltenes, aber was uns über die Leutchen selbst mitgethcilt wird, ist selten. Die Frau ist etwa 10 Jahre älter und hat ihren dcrmaligcn Gatten vordem im Kinderbcttchcn getragen, da sic selbst 10 oder 11 Jahre zählte. Das Kind wird damals nicht geahnt haben, daß der kleine Weltbür ger noch dereinst der Mann werden würde, von dem cs heißt: ,.Er soll Dein Herr sein." Mit dem Tage der silbernen Hochzeitsfeier bezogen sie zugleich ein kleinesHäuschen, welches sie sich nach trüben, sorgenschweren Jahren doch endlich zu erwerben vermochten, und pflanzten in den Garten drei junge Lebensbäume. Von diesen soll der eine das Grab des zuerst Verstorbenen <flS Symbol der Erinner ung schmücken, der andere dem später Sterbenden auf's Grab ge pflanzt, der dritte aber zum Andenken an die beiden Eheleute im Garten erhalten werden; der dercinstige Erbe der kinderlosen Leute soll testamentarisch angehalten sein, den Baum zu pflegen und zu erhalten. Möge es den Leuten vergönnt sein, selbst diese bedeu tungsvollen Bäume noch lange zu pflegen und recht kräftig gedeihen zu sehen. — Die Leiche eines noch jungen Lehrers, eines Herrn Klop- fleisch wurde am Donnerstag auf dem Trinitatiskirchhof zur Erde bestattet. Unerivartct schnell hatte ihn der Tod seinem Wirkungs kreis entrissen, um so ergreifender und weihevoller gestaltete sich die Abschiedsfeier an seinem Grabe. Zahlreiche Kinder umstanden es; der Schule längst entwachsene Jungfrauen hatten sich den Kindern angeschlossen und viele Eltern betheiligtcn sich, selbst der Person des Verstorbenen ganz fern stehende Leute hielten die drohenden Unwetter des Himmels nicht ab, einem Lehrer das letzte Geleite zu geben. Beredte Worte, ani Grabe gesprochen und ernste Gesänge von Leh rern ausgcführt, legten Zeugniß ab von der Werthschätzung, die die Glieder des Standes sich untereinander erweisen. Gerade im jetzigen Augenblick, wo sich die Volksschullehrcr gekränkt fühlen, muß die allgemeine Theilnahme sehr beruhigend wirken.
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