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- Erscheinungsdatum
- 1872-02-29
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187202292
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18720229
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18720229
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1872
-
Monat
1872-02
- Tag 1872-02-29
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Monat
1872-02
-
Jahr
1872
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, A«st««n aus d«« <^«ibün« d«« ^»Mltte« eingesunben, VM d«« Berathung der Beschwerden au» Strehlen über da» Verbot, zwischen dem großen Garten und Strehlen zu bauen, beizuwohnen. Mü freudchtwchlenden Gesichtem sah man sie gestem die Land- h«m»trepp« wieder hinuntersteigen, denn ihre Beschwerde wurde gegen 9 Stimmen für begründet erachtet. Ueber diese ganze Sach« hatte Abg. Ludwig einen sehr gründlichen und außerordent lich gemäßigt gehaltenen Bericht erstattet. Da» Hauptinteresse der Sitzung nahm eine Rede des Ministers von NostitzWallwitz in Anspruch, die so tiefgreifend und durch die Noblesse, in der sie gegeben wurde, so befriedigend wirkte, daß Abg. Ludwig auf da» Schlußwort verzichtete und erklärte, daß, wenn die Negierung so vorgehe, wie jetzt der Minister gesagt, man ihr da» volle Ver trauen entgegcnbringen müsse, daß sie auSfichren werde, was Gesetz und Recht im Lande verlangen. Wir tommen auf diese, für da» ganze Bauwesen und die Baupolizei in Sachsen wichtige Erklärung zurück. Wahr ist jedenfalls das Eine, das; cs für die gesundheitliche Zukunft Dresdens bedenklich sein wird, wenn der ganze große Garten einmal zugebaut würde; denn was man heute der Gemeind« Strehlen erlaubt, kann man, wenn Dresden so fortfährt, in 10 Jahren nicht den GcmeindenGruna und Strießen verbieten und schließlich steckt der ganze große Garten in einem Häusermeer und die freien gesunden Luftströmungen aus dem Elbthal und den kiefernbestandcnenBergen der sächsischenSchweiz können nicht mehr unverschlechtert in die Stadt selbst gelangen. UebrigenS hat sich der Strehlener Gemeinderath (wenn auch noch > nietz offiziell dem Ministerium gegenüber^ bereit erklärt, das Ar.'al zwischen dem großen Garten und der Fortsetzung derWiener Steaße nur villenartig kbauen zu lassen, keine Fabrikanlagen zu dulaen und nicht in geschlossenen Häuscrmasien zu bauen Wir hoffen, daß der Gemeinderath in Strehlen diesen Vorsatz auMhrt. — in diesen Tagen zur öffentlichen Sudscrlptien ge kommene Actlen-Unternelnncn der H o lzstosf - nnd -L» o11 - pappensavrik L i »i »i r i tz - S t ei» a an der Ctzcm- nitz - Riesaer 2 taatöbatzn nimmt einen sein günsligen Rnmng. denn obwohl die öffentliche Sntzsenptie» erst am G strigen und Heutigen vollzogen werden sollte, in koch sehen ltac io bedeutende Theilnalnue groncr Capital istcn rege ge worben, batz, da ein greiser Ftzcil tco »ue Ftzir. tzc-! tragenden Grundcapitalö bcrcitö fest überiiemmen worrcn, eine, Neberzlichnung in gewisser AuSsicl't steht. Das Gutachten' eines ehrenwerthen Inonsiriellen und SaGverständigcn, deS > Herrn fterd. Flinich in Leipckg, der in selehcn Dingen eine Capacität genannt werden tauu. stellt dem Uiilcrnclnneu eine' recht gutcRentc in 'Auösicht. Die Lage der Haben in > brillant. Hinreichendes, reincö Wasser und volzreici-e Gegend! sind Hauhtbedürfiiisse und üherrcich verhauten. Go läfft siel' die weit billigere Wasserkrait anwendcn und die Dampikta't! sistiren. was für die Betriebsmittel von großer Wichtigkeit ist. s Das ganze Project tragt — wie ven berichictcuen cempe- tenten Stimmen verlautet — taö Gepräge des Reellen und I Soliden. — Der „Fr. Anz." berichtet: Der bereits l 2 Jahre lang! in der Ncumühle zu Oberschöna als Werksührer fungirende ä>l Jahre zählende Ehregoll Würzner wurde am vorigen Dienstage von dem gongbiven Zeuge der Mühle erfaßt und im wahren > Sinne des Wortes nvisRen den Kammrädern zermalmt, so daß sein Tod augenblicklich erfüllt sein muß; denn die durch den un regelmäßigen Gang des Werkes aufmerksam gewordenen, außer halb des Mühlraumes sich befindlichen, aber schnell herzucilenden Gehilfen hatten Mühe, den zerfleischten Körper aus den Rädern zu entfernen. — Am 20. d. stürzte in Treuen i. V. derKlempnermeister! G. F. Horbach von seiner zwei Stock hohen Scheune herab auf! die harte Tenne und starb nach wenigen Stunden an der erlitte- > nen Gehirnerschütterung. — Am 22. sind in Eichgarben bei ! Zittau die Wohn- und Nebengebäude des Gutsbesitzers I. E. I Sch sie und des Gartenn chrungsbesitzers E. G. Zeutsch nieder-! gebrannt. — Am 22. stürzte in der Scheune des Gutsbesitzer I Müller in Kämmerswalde bei Saida der Kneckit Dittricb aus Nassau vom Kornboden auf die Tenne und starb in Folge dessen ^ bald daraus. — Oesfentliche Gerichtssitzung am 23. Februar.! Der wegen Diebstibls angeklagte Ernst Morin Donath aus Ren- ^ w'rsdors begab sich im Tecember vor. I., nachdem er nur erst > kurze Zeit vorher aus dem Arbeitshaus, wo er die vierte Dieb- stahlSstrafe verbüßt, entlassen worden. aberinalS aus nächtliche! Ausflüge. Der Angeklagte.' g'ebr an, dies sei nur geschehen, uni in einem wärmeren Raume zu schlafen, in seiner Dachkammer im Rennersdorfer Armenhaus.' sei es so sehr kalt gewesen, als Lagerstätte habe er ein Strohlager und nur eine alte Decke, kein Bett zum Zudecken gehabt und würde, wenn er Jemanden um j Nachtlager gebeten haben würde, ihn doch Niemand behalten haben. Der Frierende, welcher schon einige Tage arbeitslos ge-! wesen, promsnirte nun am Abend des O.Decembcr nach dem eine halbe Stunde entfernten Ungersvors und versuchte sichalsNacht- gast in der im Wohngebäude des Gutsbesitzers Garte befindlichen Gesindestube einzuquartieren. Schon hatte der Eindringling den! Fensterladen geöffnet, als er von dem Gutsherrn, welcher oben zun, Fenster heraussah, verscheucht wurde. Donath ging nun zn dem nicht weit entfernten Mehlig'schen GutSgehöfte, wo ihm nach Zerbrechen zweier Fensterscheiben das Eindringen in die Gcsindeftube ungestört gelang. Nachdem cr einige Stunden da selbst geschlafen, wähnte er sich in Folge eines wahrgenommenen Geräusches gefährdet und verließ eiligst sein Nachtquartier;! im Fortgehen nahm er ein altes wollenes Halstuch, welches auf dem Tische gelegen und ihm als Kopfkissen gedient^ mit sich fort. Noch war die kalte Nacht nicht' vorüber, der Schlafstältenbesucher begab sich nun noch einmal zu dein Garte'schen Gehöfte, wo er auch eine Fensterscheibe ein drückte. Zum Einsteigcn ist es nach der Aussage des Zeugen Garte auch diesmal nicht gekommen, da wahrscheinlich der wach same Hund eS verhindert habe ; der Angeklagte dagegen will ein gestiegen sein und auch in dieser Gesindcstube einige Stunden geschlafen haben. Schon am zweiten Abend darauf wiederholte der Nachtwanderer seinen Besuch auf die ihm eigene Weise bei dem genannten Gutsbesitzer Garte. Doch diesmal begrüßte der Hausherr in eben nicht freundlicher Weise den nächtlichen Gast, in welchem er seinen Arbeiter, der in letzter Ernte vier Wochen bei ihm gearbeitet, erkannte und hielt ihn — fest. Tie Staats anwaltschaft (Assessor k)r. Hartmanns und die Vertheidiaung (Adv. Fränzel) legen dar, daß der Schwerpunkt in Beantwort ung der Frage liege: „Ist der Angeklagte eingestiegen, um nur zu nächtigen? ^ Im Bejahungsfälle würde ihn nur eine geringe Strafe treffen. Erstere kann jedoch nicht zu dieser dcm Angcilag- ken günstigen Annahnt« g^WDM, sondiM Hilkk d«n Strafantrag aufrecht, wonach dem Angeklagten Auchthau» droht. De»v«r- theidiger» Anschauungen sind wett milder. Da» Schöffengericht, unter Vorsitz des Herrn (SerichtSrath Einert, verurtheilt den An geklagten wegen im wiederholten Rückfälle verhangenen schweren vollendeten und versuchten Diebstahls unter Annahme mildern der Umstände zu 2 Jahren und 6 Monaten Gefängniß und 3jährigen, EhrenrechtSverlust. — Tagesordnung für die 45. öffentliche Sitzung der Zweiten Kammer, Donnerstag, den 29. Februar 1873, Vor mittags 10 Uhr. 1) Bericht der zweiten Deputation (Abthei lung V.) über das Königliche Decret Nr. 31, eine Nachbewilli gung für den Bau des physikalischen und des mineralogischen In stituts der Universität Leipzig betreffend. 2) Bericht der ersten Deputation über das Königliche Decret Sir. 32, wegen eines Gesetzentwurfs zu Ergänzung und Abänderung des Gesetzes, die Errichtung der LaiideSoulturrciitenbaiik betreffend. 3. Bericht der vierten Deputation über die Beschwerde des Gasthofs- und BrauereibesitzcrS Balduin Pfeil in Weinböhla, die Zurückzahlung von Grundsteuern und Kosten betreffend. — Angekündigte Gerichtsverhandlungen. Don nerstag, den 29. Fcbr., finden folgende EinspruchsverhandlungS- teriniiie statt: Vormittags 9 Uhr wider Johann Heinrich Eduard Tamieberg hier, wegen Unterschlagung. — 9^ Uhr Johanne Christiane verehel. Berndt hier, wegen Betrug. — 10'/« Uhr in Privatllagsachcn Hugo Knof's wider Friedrich August Schubert in Wilsdruff. — UM/^ Uhr, Rügensiube Anna Marie Müller wider Robert Schreiter hier. — 11'/? Uhr, unter Ausschluß der Oeffentlichkeit, Privattlagsache Auguste Earoline verehel. Eckel- niann wider Carl Heinrich Buschmann in Leipzig. Borsitzender: Gerichrsrath Or. Müller. ...«1 »» .» F DH» MH» Mb» VTHGH fW MV MUlU» vTMH ^ vor meinen Augen die göttliche Lehre: Liebet eure Feind«: euch nun auf, so bald al» möglich^mit mir zusa viererlei zu beten. Zuerst beten wir fttr dte Bekehr«»» d» tun»in der, von denen ich eben sprach, und daß Gott unserem Bad Homburg, 25. Febr. Der hier erscheinende „TaunuSbvle" bringt die Niittheiinng Berliner Blätter, daß der in die AttentatSgeschichke verwickelte Posiner Domherr Kozmian gesanmielle Pcierspfennige in Homburg verspielt habe, und fügt bei, derGenannte sei allerdings zwei Mal hier gewesen und habe die Spielbank besucht. Cr sei hier mit einem Begleiter ausge treten, in dem man „vielleicht" den Attentäter gegen den Reichs kanzler vermulhen dürfe. Er habe im Hotel de France gewohnt, bei seiner ersten Anwesenheit Geld gewonnen, das zweite Rial aber verloren; seinein äußeren Austreten nach habe inan übri gens keinen „hohen geistlichen Würdenträger" in ihm vermmhen tonnen re. Da alle Wege nach Rom fuhren, gehl gewiß auch ein solcher über Homburg, lind daß der Herr Prälat nicht ver lieren, sondern die Peterspsennige vermehren ivollte, ist wohl ohne Zweifel. — K. »ruß wegeil dieser Spielgeschichte jetzt eine geistliche Strafe verbüßen.) Paris, 24. Februar. Die Blätter blicken mit Wehmuth auf das heutige Dalum und llagen, daß Franlreich in den letzten vierundzivanzig Jahren nicht mirvoran, sondern zurückgekonnnen sei: 1>M8 habe man doch wenigstens tue 'Republik als'definitive Staatsform erklärt, wahrend man jetzt nur eine provisorische 'Republik habe, „welche", uni mit der Franee zu reden, „weniger durch ihre eigene Kraft, als durch die Schwache und Zerfahren heit der Parteien bestehe". Was sei jetzt im Werke? Die Einen wollen das Land auf 1852 zurückführen, die Anderen 1848 fort setzen, noch Andere auf 1830 zuruckgehen, wieder Andere bis 1K14, bis zu den Geueralstaaten von 1789, bis zur reinen Mo narchie, wie sie selbst Franz I. und Heinrich lV. nicht zuträuincn wagten: alle diese Schatten, diese Gespenster seien in Bewegung, machten Manifeste und trieben einen Wirrwarr, wie ihn niemals eine 'Nation gescheit habe. Der Jndependance Belgc wird über dis Stimniung in Paris geschrieben: „Unilare Besorgnisse, dumpfe Gerüchte von Staatsstreichen, unerklärte und doch nur zu erklärbare Furcht vor der nächsten Zumnst, dringendes Ver langen nach Ruhe und Wiederaufnahme der Arbeit, der Pro dultion und des Wohlstandes, das ist es, was gegenwärtig die Mehrzahl der Franzosen oder vielmehr des ganzen Landes er füllt. Las Verlangen, die Arbeit der Herstellung in Angriff zu nehmen, wird durch die Keckheit der Ränkeschmiede und durch die Umtriebe der selbstsüchtigen Parteien gelähmt." An das Gelingen der bonaparüslischcn Wühlereien glaubt dieser Berichterstatter nicht; „denn besoldete Journasisten, Kammerherren ohne Amt, Acmtcrjägcr auf Halbsold, verschruvele Abenteurer, einige Polizei- lente auf der Gasse, einige Frauenzimmer, welche sich vor sicheren Zuständen fürchten: das ist der Generalstab dieser Partei, wenn es nickt die ganze Partei ist. ... Einer der alten Stannngäste des Eafs de la Paix auf dem Boulevard der Insel Elba, des jetzigen bonapartisüschen Hauptquartiers, ein Mann, der einen in der Partei bekannten Namen führt, machte kürzlich die freche Aeußerung: Franlreich wird uns wieder nehmen, weil wir ver derbt genug für dasselbe sind." Nom, 21. Februar. Zu einer Anzahl von Gläubigen, welche im Vatikan Audienz hatten, um den Papst in seiner Ge fangenschaft zu trösten, sprach derselbe folgende Worte: „Dies ist der Stand der Tinge heut' zu Tage: Der Teufel ist zur Revo lution gekommen und hat ihr gesagt: wenn Du Dich zu meinen Füßen legst, will ich Dir diese Reiche, diese Herrschaften, diese Provinzen geben. Nicht zu Italien allein ist der Teufel gekom men, sondern auch zu andernLändern undOrten, und man kennt diese Länder sehr genau. Ja, der Teufel kam und der sakri- legische kirchenschanderische Palt wurde abgeschlossen, ja nur zu gern wurde er acccptirt. Es wurde ausgemacht, daß die Revo- ! lution Herrin dieser Halbinsel sei unter der Bedingung, die Kirche ! zn verfolgen, zu mißhandeln, ihre Diener zu verfolgen, Schlech tigkeiten und Jmnwralitat mit vollen Händen überall zu ver- s breiten .. . O, daß ich doch die Mission Leo's des Großen ge habt hätte, welcher sich Attila gegenüber stellte. Hätte ich diese Mission gehabt, so wäre ich vor die Revolution getreten und vor die Revolutionäre und hätte gesagt: Haltet ein, ehe ihr den Fuß in die Mauern dieser heiligen Stadt setzt, bedenit mit mir einen Augenblick die Folgen dieser tempelschünderischen Occupation und dann erst besteigt das Eapitol, und wenn Gott eS erlaubt, so wer det ihr cs ja besteigen — aber werdet Ihr davon irgend welchen Gewinn haben ? Ihr werdet Gewalt haben zu zerstören, nicht anfzubauen, Ihr werdet tonnnen, um innerhalb dieser heiligen Mauern jedwedes Unrecht zu begehen, um die Straße zu bereiten für die fürchterlichsten Geißeln, die auch Erich strafen werden, und Ihr werdet das Opfer Eures Ehrgeizes sei». Heiliger Gott! ich spreche nicht aus Haß so, es ist mein heißer Wunsch, daß auch der Nation, von der sie kommen, und zum Vorthell de» heiligen Stuhles. Und beten wir auch, daß die 'Maßregeln, di« getroffen werden, der 'Nation selbst zum Vortheil« gereiiben mögen, und daß sie sich erinnert, daß es unmöglich ist, ohne Gott »u regieren» Drittens betet für die Katholiken Deutschland»- welche noch treu und ihren Pflichten ergeben geblieben sind gegen-» über der grausamen Opposition, die sie erdulden. Endlich betet für die Ausbreitung der Kirche über die gestimmte Oberfläche der Erde. — Che ich Euch verlasse, erthcile ich Euch den apostolischen Segen rc." — Diese Anrede hielt der Papst in sehr erregter Stimmung. : London, 27. Februar, 'Nachmittags 3 Uhr. Soeben pas- sirt der Festzug nach dcr St.Paulslirchc, wo der Dankgottesdienst für die Genesung des Prinzen von Wales abgehalten wird, Tra^ falgar-Square. Den Zug eröffnete der Wagen der Königin, in welchem sich außer derselben der Prinz und die Prinzessin von Wales befanden. Der Lord-Kanzler, sowie der Sprecher des Unterhauses hatten sich dem Zuge angeschlossrn. Die Straßen,' durch welche sich der Zug bewegt, sind auf das Festlichste ge schmückt; eine zahllose Menschenmenge begrüßte die Königin, so wie das prinzliche Paar mit begeisterten Zurufen. Bisher ist nirgends die geringste Unordnung vorgefallen. DaS Wetter ist gut. Kaiser Napoleon sah der Abfahrt des Zuge» au» einem Fenster des Buckingham-PalasteS zu. (Dr. I.). 1 Köttisilichrs Hoftheater. Wenn der Theaterzettel unserer Hofbühne dicht hinter dem Personalverzcichiiis! der Darsteller einmal die Bemerkung macht: „Zwischci'.altsmusik findet heute nicht statt", so ist dieß immer als ein Telegramm, als ein Rapport, als eine Keilschrift vom Hoslheater-Eassirer zu betrachte», welche einfach sagt: das Orche ster geräumt! ausverlausteö Haus! — In wenig Tagen ist dieß viermal hinter einander geschehen. An dem Platze, wo Tag» vorher noch die alte Baßgeige stand, saß ein schönes Fräulein, weil die Direktion das Colophonium der Humanität walten und ihr für einen Thaler fünf Neugroschcn noch ein Plätzchen ange deihen ließ. Wo sonst die Trompeten schmetterten, saß ein schweigsamer Landtagöabgeordneter. An der Stelle der Parti tur, wo rings herum die Geigen sich in Harmonien wiegten, da wiegte sich ein Ehignon, eine blonde Haartour; wo früher in sei nem musikalischen Beruf der Klarinettist seinen Schnabel halten mußte und das Fagott schnarrte, da flötete eineßsüße Mädchen- stiinme. Ursache dieser Umwälzung war einzig und allein da» Gast spiel von Friedrich Haase, welches der berühmte Künstle« vorgestern Abend mit der Rolle de» C rommw ell in dem Rau- pach'schen Schauspiel: „Die Royalisten" beschloß; jene Par^ thie, ivo er uns den herrischen, bigotten und von Ehrgeiz erfüllten Protektor mit einer Wahrheit darstellte und in Hinblick auf seine früheren Rollen, welche so große Gegensätze bilden, sich als ein wahrer Proteus zu erkennen gab. Von den 102 Theaterstücken, welche Ernst Naupach geschrie ben, voic denen die Berliner Hofbühne im Zeitraum von zwanzig Jahren allein 85 zur Aufführung brachte, wie ich e» in einem Gespräch mit dcmDichter selbst aus seinem Munde erfahren habe, ist dieses vieractige Schauspiel keines der bedeutendsten. Wie ein nur aus sich selbst Bewegendes die Grundbedingung jeglicher Le- benScrscheinung ist, so fehlt diesem dramatisch gegliederten Körper die eigentliche Seele. Crommwell allein kann sie nicht ersetzen, ob gleich ec den Kern des Stückes bildet; die übrigen Charactere, vielleicht nur mit Ausnahme der Lady Windham und ihreSSoh- nes, sind blaffe Figuren, von denen man mit Goethe'» „Faust" sagen kamt: „Allen, Allen, ist das Dasein so gelind." Vielfach unbelebte Sccncn drehen sich um die Flucht CarlStuartS U. von England und der Schein begeisterter Frömmigkeit mit Sentenzen und Bildern aus dem Buch aller Bücher, namentlich im Mund« des Harrison und des Webers Habakuk, wirken nicht selten ko misch. Die anderen Parthieen sind nur Episoden; kein Schau-' spicler will Schatten sein, deshalb hier und da weniger Kraftauf wand und Erlahmung. Dem Vernehmen nach hat dieß Schau« spiel nahe an vierzig Jahre an unserer Hofbühne geruht, Fried rich Haase war sein Lebenswecker und nach einem solchen Kunstgenuß, wie er uns durch eine ausgezeichnete Darstellung von dem Gast gegeben wurde, darf dasbewegte, dankbare Gemüty sich nicht allzuscharfer Beurtheilung des Stückes, wie einzelner Darsteller hingeben. Daß die Seelenbcwegung großer, mit Macht erfüllter Hel« den und Staatsmänner immer mehr nach innen gerichtet ist, daß das Ausbrausen und Donnern nicht ihre Sache, wie richtig er kannte dies der Darsteller des Cromwell. Die nach außen stre bende Kraft eines herrschbegierigen Geistes wie die in sich selbst versinkende Contcmplation des GemütheS in den Monologen^ dies Alles kam trefflich zur Geltung in der Verkörperung einer dämonischen 'Natur. Welch' ein tiefes Eindringen in die geheime Werkstatt dieser historisch-dichterischen Gestalt, diese» General- Enpitäns der Republik von England. In seinen Augm, wo oft das Weiß hervorglänzt und den bigotten Machthaber verkündet, an dessen Körperseite links das Blutschwert und recht» da» Gebetbuch hängt, e« ivird dem Zuschauer unheimlich bei solcher Anschauung. Ja, so muß der Mann gewesen sein, der England, Schottland und Irland unter die Oberhoheit des Parlament» brachte und mit Kronen spielte, jene goldenen Reife, denen der Mittelpunkt der Ruhe fehlt, während er solche sich selbst zum Schrecken Aller bewahrt. In solcher Gestalt und Geistesform denke ich mir den Gcßler in Wilhelm Tell, den Alba in Egmont. Wir sehen eilt Herz, dessen Eis nimmer zu Thränen schmilzt, und die athemlose Menge im weiten Zuschauerraum bewundert diesen Darsteller, der jetzt als Tyrann und vor wenig Tagen als Har- leigh, Marsan oder Dorfrichter Adam erschien. Blumenspenden und Lorbeerkränze sielen während und nach dem Spks hK
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