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- Erscheinungsdatum
- 1870-06-10
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-187006103
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18700610
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18700610
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1870
-
Monat
1870-06
- Tag 1870-06-10
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Monat
1870-06
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Jahr
1870
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mapn erhob Einspnich, und versuchte yeuie vergebe»»- seine Uüfchuld an der Theilnahme d«L Diebstahl» nachzuweisen denn der Gerichtshof erkannte auf Bestätigung des ergangene, Bescheids. — Der Arbeiter Gottlob Friedr. Hentzschel in Dcu den ivar beauftragt worden, de», dasigen Bergarbeiter Köhle >6 THIr. 14 Ngr. Arbeitslohn zu überbringen, übergab aber in "Abwesenheit oesselben de; Chef,au Köhlers, I Christiane Caroline ein.» THaler iveniger und diese, welche den Betrag des Arckeilö .hiies nicht kannte, nah», es auch unbedenklich an Natürlich Harte sich die Lache bald auf und sie erzählte den Borfall ihren Bekannten. Hentzschel erfuhr dies; und verklagte die Köhler mit der Behauptung, ihr die 16 2hlr. 14 Ngr. richtig überliefert zu haben, kam aber doch kurze Zeit darauf zu ihr. gab zu, daß die Luche wahrscheinlich auf einem Jrrthu»; be ruhe, auch es möglich sei, daß er den Thaler selbst verloren haben könne. Er habe sie nur deshalb verklagt, damit er nick» das Amt der Auszahlung der Arbeitslöhne an die Bergarbeiter verliere, und bat sie schließlich dahin zu wirken, daß die Sache vertuscht werde u. s. w. Da die Köhler durch vereideie Zeugen, welche bei der Auszahlung zugegen gewesen waren, »aclnvics, daß sie nicht mehr als >5, ThlpZ 14 Ngr. empfange», so wurde sie sreigesproclen und Hentzschel zur Bezahlung der Kosten verurtheilt. Aus den von ihm erhobenen Einspruch, bestätigte das Bezirksgericht heute das ergangene Erkenntnis;. — Bon dem Erfolg des Einspruchs Joh. Friedr. Leinerls und Ge nassen in Pillnitz gegen den hiesigen Bezirksarzt Oi. Psaff ist. da sowohl die Verhandlung als die Publikation des Bescheids unter Ausschluß der Oeffenllichkeit geschah, etwas Nalxres nicht zu berichten. — Angckündigte Gerichtsverhandlungen. Heute Freitag, den 10. Juni, Bormiltags 9 Uhr, Hauptverhandlung wider Friedrich Gustav Meißner aus Großröhrsdors, wegen Betrugs bei Vertragen. Vorsitzender: Gerichrsralh Einert. Wien. 8. Juni. Gestern hielt die „deutsche Lehreraer saminlung" zur Wahl des Bureaus eine Sitzung ab. Gewählt wurden: Hoffmann aus Hamburg zunr Präsidenten, Bobies aus Wien und Berthelt aus Dresden zu Vicepräsidentcn. Ben der heutigen ersten Hauptversammlung hielten der Bürgermei ster Felder und der Sectionschcf im Unterrichtsministerium, o. Czcdik. die Begrüßungsreden, welche der' Präsident der Per saminlung, Hoffmann, erwiderte. (Dr. JO Nom, Z. Juni. Ein Eorrespondent der „Köln. Ztg." crtirt neben den Aeußerungen verschiedener Bischöfe auch die jcnige eines amerikanischen. „Ich bin ein Republikaner;" ries er den Konzilsvätern zu, „und verwerfe den Absolutismus im Staate wie in der Kirche. Meiner Ansicht nach ist der König für das Land da, nicht das Land für den König. Und so denke ich auch, daß der Papst für die Kirche, nicht die Kirche für den Papst eingerichtet ist." — Daß nach dem gewaltsamen Schluß der Debatte die Annahme der Unfehlbarkeit erfolgen wird, ist zweifellos. Um die Proteste der Minorität scheint man sich nicht viel zu kümmern. Gumbinnen, 3. Juni. 'Der „Bürger und Brnsrd." schreibt: „Der bekannte Kasfernbekchrer Wangemann war zum Missionsscste nach Gumbinnen gekommen, nicht um hier Kaf fern zu bekehren, sondern um von Frommen und Neugierigen wenigstens iäOO Thlr. zur Bekehrung eines Kaffern los zu machen. Die Neugierigen waren in großer Zahl anwesend, um die von ihn; ausgestellten Löwenschädel, Kaffernkeulen rc. zu sehen. In der Predigt erfuhren wir. daß das Wort Got tes eine ganz besondere Kraft habe, daß es cindringe, nicht als wenn mit einem Hammer ein Stein zerschmettert werde, son dern — Wangcmann hat es selbst bei einem Kaffer» beobachtet — wie Fett oder Oel. mit dem ein Leder getränkt wird. Durch und durch geht es. Ob ein Kaffer wie das ciitgeschmicrte Le der auch gedehnt wird, erfuhren wir nicht, waren auch nickt neugierig, der uns der ganze Vergleich widerlich erschien! Dann erfuhren wir. daß das Gebet in Afrika eine besondere Kraft habe. Als Beweis wurde Folgendes den Gläubigen mitgctlzeiit. Ein Missionar, ob Wangemann selbst, verstanoen wir nicht, kniet in seinem Garten und betet. Ein Kaffer springt über den Zaun, schleudert seinen Svicß nach ihm und er geht links vorbei. Ter Missionär betet weiter, der Kaffer holt seinen Spieß und schleudert ihn abermals aus ihn. Er stiegt rechts vorbei. Der Missionär betet weiter und der Kaffer flicht von Entsetzen gepackt davon Das Ende gefällt uns nicht. Wenn einmal Wunder erzählen, dann ordentlich. Der Kaffer müßte vor Entsetzen gleich bekehrt sein, dann wäre es noch was. Eiire Geschichte von einem Kaffernübersall und einer in den Wochen liegenden Missionärssrau nahm Herr Wangcmann trotz der vielen in der Kirche anwesenden Schüler und Kinder gar keinen Anstand von der Kanzel herab zu erzählen, wir — ver schiveigen sie lieber, da die Staatsanwaltschaft sonst vielleicht mit Recht Veranlassung zu einer Anklage wegen Verletzung der Sittlichkeit gegen uirs finden dürfte. Wie viel Geld aus un serer armen Provinz nach dem Kaffcrnlande entführt, können wir nicht angebcn." * Eure O rd cnsgeschich te. Vor einer Reihe von Jahren haue Krausnick, der Oberbürgermeister von Berlin, unter Anderen auch den dortigen Kaufmann Friedrich Reumann seuicr Verdienste als Stadtverordneter wegen zum rothen Adler orden vierter Eiasse vorgeschlagen, und auf seinen Einfluß ver trauend, diesen schon im Voraus von der ihm ^vorstehenden Auszeichnung vertraulich unterrichtet. Die in "Berlin sich ans haltenden neuen Ritter werden zum Ordensfeste eingeladen, um die Dekoration persönlich in Empfang und an dem großen Gala Diner Dl,eil zu nehmen. Mit Rücksicht auf dies ihm de kannte Cercmoniel bestellte sich Neumann sofort nach dein von seinem Gönner erhaltenen Winke einen neuen courmäßigen Anzug mit besonderer Anweisung, das ocrhängnißvolle Knopf koch auf die bevorstehenden Verhältnisse einzunchren So aus gerüstet, sah er ivohlgemuth der Einladung entgegen. Allein der letzte Abend vor dem Ordensfeste verstrich, und Neumann gab, als er sich zu Bette legte, zmn Schrecken seiner Fra» Eilten Befehl, ihm an; nächsten Morgen das festliche Gewand bereit zu legen, denn — er war nicht besohlen, sein Ritter träum vernichtet, sein Vertrauen auf die Plackt des Oberbürger meisters erschüttert. Mit Unrecht, der Orden war ihm wirklich zugcfauen, er kam nur um etmge Tage zu spat tn seine Hände. Das war aber folgendermaßen rugegai^cn. Für Berlin gehört oer Name „Neumann" in dieselbe Kategorie wie „Müller" und .Schulze". AIS dalwr der Hfffourier aus dem Hofmarschall amte die Liste der zu»; Ordensfeste Einzuladenden erhielt und c-arauf auch „Friedrich Neumann, Kaufmann" las, war er ge- nöthigt, zur Feststellung dieser so unzureichend angegebenen Persönlichkeit erst noch iveitere Forschungen im Adreß Kalender aiizustellen. Dort füllten die Neumänner eine ganze laiige Seite: das schien dem Fourier gerade genug, er wandte deß halb nicht um, sonst lßitte er seinen "Mann als vereinzelten Nachzügler binter der Fronte noch angelroffcn. Unter den Neumännern in Reih' und (Ried entdeckte er denn auch endlich einen Friedrich Reumann Dieser war als Viktualienhändler" bezeichnet, indeß der Fourier, ein Sohn unserer höflichen Zeit, die jeden, der irgend welche Waare umsetzt, „Kaufmann" nennt, wurde durch den aus der Einladung-Kiste angegebenen Eharaller um so weniger zweifelhaft, als er ihn für eine zarte Rücksicht auf den neuen Ritter hielt. Er versügie sich also in die Wob nung des glücklich Entdeckten. Daß diese in der „Paddengasse" lag, ein Boden, dem für gewöhnlich keine Ritter zu entwachsen pflege», machte ihn gleichfalls nicht stutzig, bei Hose gewohnt man sich schnell auch an Außergewöhnliches, und er glaubte selbst dann noch an keinen Jrrlhum, als er sich in der einfachen Häuslichkeit eines „Budikers" erblickte. Eine bejahrte Frau nah»; in Abwesenheit ihres „"Alten" die Einladung anS den Räuden des Fouriers entgegen. Zur Stunde des Ordenssestes sahen »un die Dhürhüter des Weißen Saales nicht ohne Schreck und Staunen eine merkwürdige Erscheinung kecken Schrittes auf sich zukommen. Ein (Reis war es, der mit seinem Alts zuge längst veischollenen Zeiten anzuhören schien; ein solcher Frack mit so hohem Kragen und so unendlich langen, beäug fügend schnullen Schößen, diese schwarzen Strumpfhosen nebst den darüber reichenden kurzen Stiefelchen sind im neunzehnten Jahrhundert nie coursähig gewesen; man hält also den Inhaber an, indeß die vorgezeigte Einladung läßt ihn in den Saal ge langen. Dort erregt inmitten der glanzenden Versamnllung der gcmüthliche Alte nicht geringeres Aufsehen. Es bilde,; sich neugierige Kreise um ihn. Man forscht, wenn gleich zarter, als draußen, auch innen nach seiner Legitimation, und findet sie auch hier mit nicht geringem Befremden völlig in Ordnung. Alles zerbricht sich den Kopf über die besonderen "Verdienste dieses Alten, der nach seinen; Aenßeren alle;höchstens zu de»; im Saale nicht zugelassenei; „Allgemeinen Ehrenzeichen" befähigt erscheint. Einzeln bei Namen aufgerufen, ziehen die neuen Ritter bei seiner Majestät vorüber, sodann werden ihnen die Orden von den Hosbeainten angeheftet. Als unser Budiker dem Throne sich nähert und einige in seiner Tan; mid Aa; standsstunde erlernte lKerbeugungcn zun; Besten gicbt, wird auch der König auf diesen sonderbarsten aller „Ritter :c." aufmerk sinn und erlheilt seiner Umgebung den Befehl, nach Namen und Stand desselben sich zu erkundigen. Dies geschieht, trotz alledem aber bleibt der Zusammenhang unaufgeklärt. Es wird nun nachgeforscht, wer diesen verdienstvollen Unbekannten vorgeschla gen, und in Folge dessen Krausnick herbeigcholt, allein selbst Krausnick kennt ihn nicht. Dagegen vermißt er den ihn; wohl bekannte,; Stadtverordneten und Kausmann Friedrich Reumann, und das Mißverständniß kommt so zu Tage, Des Königs Humor liebte es außerordentlich, derartige Ccenen auszubeulen, und er wünschte nun zu wissen, wofür denn eigentlich der Victualienlzandler aus der Paddengasse den Orden erhalten zu haben glaube. Dieser war leicht treuherzig geinacht und erzählte den ihn geschickt Ausfragendcn, anfangs sei er nicht weniger als seine Alle über die ihn; zugedachte Ehre erstaunt gewesen, dann habe er sich die Sache aber doch erklären können. Den letzten Winter nämlich habe es stark gefroren, und wären daher die Hciuscigenrhümcr angewiesen worden, die Rinnsteine immer offen zu erhalten. Jeden "Morgen sei cs nun sein Erstes ge wesen, die Hacke in die Hand zu nehmen, und habe ihn wegen dieses Eifers der Polizeidic-ner mehrfach auf offener Straße be lobt und den Nachbarn als Muster ausgestellt, und so glaube er, daß nrin auch der König ihn für sein unermüdliches Eis hacken belohnen wolle. "Plan kann sich leicht vorstellen, wie sich der joviale Monarch über diese biedere Einfalt höchlichst bc luftigte. In seiner humanen Weise befahl er, den guten Bürger beim Diner und diesen ganzen Tag in seinem Wahne zu be lassen. Am nächsten Morgen aber solle sich ein Hosbcamter zu ihn; verfügen, chm den Zusammenhang erklären und den Orden wieder abnehmen mit der Beruhigung, er werde, wenn er nächsten Winter n; seinen Bemühungen um die 'Rinnsteine sort- fahrc, das allgemeine Ehrenzeichen erhalten. * Heß, last' Dich köpfen! Eine Erinnerung aus meiner Jugendzeit. Der alte Großherzog von Hessen, Ludwig 1.. der aus der hohen Säule in Darmstavt steht und gebückten Hauptes aus das Gewimmel der Haupt und Residenzstadt herabsicht, ließ sehr viel köpfen, und besonders gern in meiner Vaterstadt Gießen, zu deren Gerichtsbezirk das sogenannte Hinterland gehörte, welches jetzt an Preußen abgetreten worden ist. früher aber nebst dein Vogclsberge einen Hauplschlupsivinkel für allerlei in den Zwanziger-Jahren umherstreisendes Gesindel bot. besten Verwilderung aus de» Kriegszeiten hergelcitet wurde. "Rock- ganz dunkel erinnere ich mich einer ganzen Familie, eines alten Schäfers „nt zwei Söhnen und zwer Neffen, die an einem Tage „abgethan" wurden. Sie hatten in einer wilden Schlucht in der Cnback zwischen Gießen und (Radcnbach den Postkarren überfallen, der vierteljährlich die Steuer-Erträgnisse aus dem Hinterlande nach Gießen brachte, den Postillon und den Gendarmen, der den Karren begleitete, geknebelt und das Geld größtenkheils in der Nähe vergraben, so daß cS später wiedergesunden wurde. Blut war bei den« Angriffe nicht ge stoffen — die Familie aber wurde geköpft, und zivar mit aus nehmender Geschicklichkeit von den, Scharfrichter Hofmann von Frankfurt, der weit und breit in der Gegend berühmt war. Hosmann hatte Medizin studirt, duzte sich mit meinem Pater, den er jedesmal besuchte, wenn er „Geschäfte halber" nach Gießen kam, und war überhaupt ein feiner, wohlwollender und heiterer Mann, der gerne Geschichten von dem alten Chirurgen Langenbeck in Güttingen erzählte. In den Ferien Halle der alte Langenbeck ihn; und einigen Kollegen Privatsümden ge geben und Hosmann behauptete, der „"Alte" hätte an einer kunstgerecht „cwgeputzten" Lerche »lehr Freude gehabt, al» «k der gelungensten Operation. Die einzige moralische Wiektneg, di« ich von diesen öfter wiederholten Schauspielen beobachtete, zu denen alle Welt hinauszog auf den „Trieb", war die, daft die Bevölkerung mehrere Tage lang fein Fleisch essen konnte' Deshalb waren auch die Metzger die eifrigsten Gegner tter Hinrichtungen, und Hofmann tultivirte die Bekanntschaft mit meine»; Vater wohl mit aus dem Grunde, weil dieser bei den Fleischern, die ihn sännntlich „Herr Vetter'" nannten, in hohen, Ansehen stand. I»; klebrigen dislulirte »um nach dein Schau spiele nur zwei Dinge: die Haltung des Hingerichteten und die Geschicklichkeit des Scharfrichters. "Von weiteren moralischen Wirkungen habe ich niemals eine Spur gesehen. Die Äl> schrc-ckuiuzs Theorie sch-'en mir schon in meinem Knabenalter sehr unbegründet. Hofmann behauptete immer, es sei möglich, im Augenblicke der Hinrichtung den Bernrtheilten zu rette;; und ihm eine andere Personlichleit zu substituiren. „Niemand," sagte er, „von dei; Tausenden, die ui» das Schasfot stehen, fiel» den Schlag fallen. Im Augenblicke, wo das Schivert jn der Lust blitzt, wendet sich Jeder univillkürlich ab oder schließt wenigstens die Augen, und wenn »ran diesen Moment benützte, so könnte man durch eine Versenkung den Verurtheilten ver schwinden lassen, ohne ihn, >vel>e gclhan zu haben." Ich fand dies später in anfsallender Weise bestätigt. Eiire in Bern mit den; Schwerte Hingerichtete Weibsperson wurde zu physiologischen Versuchen sogleich aus die Anatomie geliefert. Wir sairdei; an der Leiche zwei Hiebe der erste war zu tief gegangen, das Schivert hakte das Brustbein getroffen — de; zweite Streich erst l»atte den Kopf wirklich von; Halse getrennt. Niemand von den Tausende» voi; Zuschauern hatte bemc-rkt, daß der Scharsrichter zweimal geschlagen hatte! Doch zu meiner Ge schichte. Ein "Mörder, Namens Heß, sollte „abgethan" werden Nun lebte damals in Gießen ein beliebter Geistlicher, der Kirchenraih Engel. Klein, dick, rund und gesund, walzte er seine Existenz durch die Wogen der Popularität, die er durch eine hohe Tenorstmuiie, kräftige Schläge auf die Kanzel und eine,; gewissen pausbäckigen Humor gewonnen hatte. Er sprach den Greßcner Dialekt mit seltener Vollkommenheit, hatte für Jeden ein freundliches Wort oder einen "Witz, trank dei Hoch zeitei; und Kindtauscn nur so viel, daß ihn der Küster noch mit Anstand nach -Hause bringen konnte, hielt viel aus Lutheri Tischreden, die er bei diese,; (Riegeichcileir gerne in ihren saf tigsten Stellen zu cilirei; pflegte, und ivae ein abgesagter Fecnd von aller Muckerei und Pietisterei. Als ihm einst ein frommer Kandidat der Theologie eine Probepredigl gebracht hatte, in welcher unendlich viel vvm Teufel die Rede war, der als rin brüllender Löwe umhergehe und suche, wen er verschlinge, gab er ihm das Manuskript mit den Worten zurück! „Sie rst ganz gut, aber (mit den; Finger aus das Wort Teufel beutend) das Kerlchen wolle,; wir lieber weglassen! Wir können ohne den Racker fertig werde,;!" Engel bereitet.- gewöhnlich die Ver urtheilten zum Tode vor. Diesmal aber, bei Heß. hatte er das Geschäft eine»; Anderen überlassen müssen und konnte nur den Zug zur Richtstätte begleiten. Heß benahm sich sehr «n geberdig. Er rauchte während des ganzen Weges, stvollte, oben angelcrngt, die Pfeife nicht weglcgen, sich die Hände nicht binden lassen, kurz, machte, wie der Kcrchenrath später erzählte, „einen Teufel Randal", schimpfte den Pfarrer, der ihn; zuredete, einen Esel über den anderen, überschrie dei; Trommelwirbel, ballte die Fäuste gegen dei; Henkersknecht, stieß dei; Stuhl mit den; "Fuße um, daß er fast vom Schasfot kollerte, so das; das "Volk schon zu murren anfing und gegen das Gericht, die Spitzen der Be hörden und den Scharfrichter böse Worte fielen. Da, im Augenblicke de; höchste,; Gefahr, zog der Kirchenrath mit kräf tigen; Rucke seinen Kollege,; am Talar zurück und trat vor den wütheuden Verbrecher. „Heß," sagte er, die Fäuste ballend dies war seine Lieblingsbewegung, besonders wenn er begütigen wollte', „Heß, was machst Du für Sache,;? Sei vernünftig! Geh', Heß, lass' Dich köpfen! Thu' mir den Gefallen! Lang dauert es nicht! Es ist gleich fertig! Du kannst doch nicht ver langen, daß der Hosmann Deinetwegen umsonst von Frankfurt hieher gekommen sein soll! Die Sache muß doch ein Ende haben. Tbu' mir die Schand nicht an, Heß! Lass" Dich köpfen! Komm Heßchen, komm, lass' Dich köpfen!" Heß wurde sanft wie ein Lamm, ließ sich von Engel, der ihn beständig mit den Worten „Lass' Dich köpfen!" auf die Schulter tätschelte, zum Stuhle führen, leistete keinen Widerstand beim Binden und ließ sich köpfen. Ich weis; nicht, ob die Kinder' jetzt noch in Gießen „Köpfchens" spielen, aber damals geschah es, — die ganze Ge schichte wurde dramatisch aufgesührt, und je mehr Heß wüthete und je eindringlicher Engel sein „Lass' Dich köpfen" wiederholte, desto größer war das Vergnügen. Die Geschichte fiel mir ein, als ich die Verhandlungen des norddeutschen Reichstages las. Heß Laster will sich nicht köpfen lassen. Lass' Dich köpfe«, Laslcrchen. rust der national-liberale Engel. Sei vernünftig! Soll der Bismarck deiner,vegen umsonst von Varzin daher ge kommen sein? Die Sache muß doch ein Ende habe;;! Thu' nur den Gefallen, Laskerchen, lass' Dich köpfen! Genf, Ende Mai 1870. Karl Vogt. * Die Dorfgemeinde Schönwalde bei Mährisch Neustadt wurde letzthin mit einer Jesuitcnmission beglückt. Die Herren Patres predigten für gesonderte Stände, und gab es da auch Juiigfrauenprediglei; bei geschlossenen Thüren, zu denen Män ner keinen Zutritt hatten. Ob man sich über die Qualifika tion, welche zun, Eintritt berechtigte, auch gewissenhaft über zeugte. darüber schweigt die Fama! Die Controle mochte aber nicht strenge gehandhabt werden, denn während de»' Predigt trafen sich Lehrer und Ortscaplan auf dem Chore, wobei Letz terer dem Ersteren wegen verletzter Diskretion Vorwürfe inachte. Was die Jesuiten den „Jungfrauen" gepredigt haben, ist nicht bekannt geworden, die „Jungfrauen" wenigstens wollen cs' nicht sag"'- * Schreckliches Duell. Ein schreckliches Duell kin Finstern wurde von zwei Bürgern in Monticello, Kansas,' ausgcsochten. Einer war mit eine»; Revolver und der Andere mit einem Messer bewaffnet. "Rach kurzer Zeit hörten die in; Nebenzimmer Han'cndei; einen Schuß und als sie hierauf in das Ducllzimnier erntraten, lag der eine der Duellant«»» erschaffen und der andere mit durchschnittene,n Halse todt i»si Blute.
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