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Rr.16«. Fünfzehnter Jahrgang. Erscheint: rss«ch früh 7 Uhr. I- Inserate ' weiden augenommeu: l dirAbendött.Lonn- i tags bi« Mittag» rr Uhr: i Marienstraßk 18. Anzeig in dies. Mal« ^ sinken eine rrsolgreiche " Brrbreittinz. Auslage: i.tS,VOV Exemplare. MnnerMg, »e« s. Innt 187« Tageblatt für Untcryalttuig und Geschäftsverkehr. Milrcdaeteur: Theodor Drovlsch. Druck und Eigeirthum der Herausgeber: Altpslh ^ Reich lirdt. — ^Verantwortlicher Rcdacteur: JullUS Reichttrdt. J-Vsnnement: Vierteljährlich SONgr. bei muulgeldlicherLie- »fkimW io'v Hau«. .-Durch die Königl. Post ^vierleljLhrl L2>x-Rgi. . : Einzeln« Nummern ^ 1 Nqr., Inseratenpreise: , Aiir den Raum einer gespaUeveu Zeür: l Ngr. Unter „Eingesandt" di« Zeile 2 Ngr.. Dresden, den 9. Juni. — Die seitherigen Hilfsarbeiter nn Finanzministerium, Finanzrath Traugott Bernhard Heymann und Finanzrath Oswald Erhard Römisch, sind zu Geheimen Finanzrüthen er nannt worden. — Während des Landtags von 1848, berichtet die „D. A. Z", wo Rewitzcr Präsident der 2. Kammer war, wurden, wie üblich, eines Tages die Präsidenten und Berschenden der Ausschüsse zur königlichen Tafel gezogen. Das Hoflager befand sich in Pillnitz und das Dampfschiff sollte sämmtliche Geladene, unter ihnen auch den damaligen Kronprinzen Johann, dahin führen. Ein kleiner Defekt an der Maschine verursachte jedoch plötzlich einen Stillstand. Da tritt der Kronprinz an Rewitzcr heran, klopft ihn auf die Schulter und beinerkt lächelird: Herr Rewitzcr! Jetzt könnte uns die Fortschrittspartei aus der Per kegenheit helfen. — Das Dr. I. berichtet, daß dem Marienbergcr Eisen bahncomitö und dem Eonsul Wcndt in Berlin die Concession für eine Chemnitz Kommotauer Bahn, untci Berücksichtigung einer Zweigbahn nach Llbernhau bis jetzt noch nicht ertheiltist; dagegen sei dein Marienbergcr Coinitö die Concession für eine von der Chemnitz Freiberger Staatsbahn bei Flöha abgehende, im Flöhathal bis Pockau und von da das Pockauthal hinauf über Maricnberg nach der böhmischen Grenze zu führende Eisenbahn, und für eine gleichzeitig zu erbauende Zweigbahn von Pockau bis Olbernhau, unter der Voraussetzung zugesichert worden, daß der Mchwcis der nöthigen Mittel bis zum l. Juli dieses Jahres erbracht, und den übrigen gestellten Vorbedin gungen bis zum l. August dieses Jahres genügt werde. — Die Dresdner Zeitung erzählt aus Dresden folgenden Vorfall aus dein Militärleben: „Die Freiwilligen eines hier garnisonirenden Infanterieregiments exercirten am heißen >!0. Mai von früh 7—11 Uhr ohne Pause und Nachmittags von 2 -6 Uhr wieder ohne Pause. Andern Morgens begann das Exerciren wieder um 7 Uhr. Bei diesem Exerciren nun muß ten die jungen Leute, mit vollem Gepäck belastet, sich auf dem Bordcrtheile des Fußes erheben und so, gleichsam schwebend, «ine halbe Stunde stehen. Natürlich ging das über die mensch liche Kraft. Die Wackelnden aber wurden angeschrieen: „Still stehen müßt ihr lernen, und wenn ihr alle drausgeht'." Die natürliche Folge war daß andern Tags die größte Hälfte der also Behandelten unfähig zum Exerciren war." Die Stadt Greiz baut für das für den 24. bi» 26. Juli projcctirte Fest des uoigtländischen Sängerbundes eine schöne, geräumige Festhalle. Die kürzlich erwähnten Correspondenzkarten, deren Em sührung vom I. Juli ab wirklich erfolgen wird, sind offene Karten, etwa von der Größe der Postanweisungen; in den Vordruck auf der Vorderseite wird die Adresse geschrieben, die Rückseite kann zu schriftlichen Mittheilungen jeder Art benutzt werden. Auf diese Weise wird der Briefbogen, das Colwert and die schleppende Briefschreibart entbehrlich; die Mittheilungen können mit telegraphischer Küne abgesaßt und aus das rein Sachliche beschränkt, auch mit Bleistift geschrieben iverden. Das neue EommunicationSmittel eignet sich daher auch namentlich für Miltheilungen auf Reisen und im Stadtpostvcrkchr. Der bisherige Portosatz bleibt hiernurch unverändert. — Die Herren Musikdirektoren Pusfholdt und Wagner haben mit ihren Chören die beliebten Doppel Eonccrte in dieser Saison wieder ausgenommen und hatte sich das erste Eoncert im Großen Garten eines sehr zahlreichen Besuche» zu eiffreuen. Heute findet das zweite Couccrt im Schillerschlößchcn statt. — Im König!. Belvedere wird heute bei hoffentlich gutem Wetter die vor acht Tagen wegen ungünstigen Wetters unterbliebene brillante Illumination des Etablissements, verbunden mit großem Eoncert die IluuG voläa Dresdens versammeln. — Ein sauberer Fahrgast, wie er glücklicherweise Weise selten vorkommt, der aber auch in seiner traurigen Situation immer ein gewisses ..suvoir vivre" innc hielt, bestieg dieser Tage mt der katholischen Kapelle am Bautzner Platz eine eben daher kommende Droschke und gab als Ziel jene Verhängnis;- volle Hausflur auf der Landhausstraße an, über welcher die bc kannte Nummer 9 verzeichnet ist und in welche schon mancher getreten ist, der getreu nach „Dante" alle Hoffnungen auf lange Zeit hinter sich lasten mußte. Hier fuhr der Kutscher vor, der Insasse stieg aus, ging durch das Haus und den langen Hof und klingelte an der dunklen Pforte, dem „Eingänge zur Ruhe": denn auch er hatte sich an diesem Tage zu stellen und eine mchrmonatliche Gefängnißstrafc anzutrctcn. Das Eigenthümliche bei der Sache ist aber das, daß der Fahrgast an ein Bezahlen seiner Fuhre nicht im Geringsten dachte, son dem es dem Kutscher überließ, sich von dem betreffenden Ge fängnißporticr die Trauermähr erzählen zu lasten, daß der „Heimgegangene" nicht wicderkchre und eü ihm auch nicht da rauf ankomme, ob er wegen der Prellerei um 5 Ngr. Droschken- ^axe, zu welcher der Kutscher noch aus eigenem Beutel einen Neugroschen Brückengeld geliefert, noch ein Paar Tag länger' hinter Schloß und Riegel über „Freiheit, die ich meine" Nach denken müsse, oder nicht. Es war. ja nur seine Absicht, den „letzten Gang" elegant zu machen. Gestern früh fand auf dem Altmarkte vor dem Rach Hause eine Frau eine Umhängetasche, welche die Summe von ziemlich acht Thalern in verschiedenen kleineren Gcldsorten enthielt. Da der Verlierer augenblicklich nicht aufgesunden werden konnte, übergab die Frau die Tasche einem hinzu- gekommenen Gendarmen. — Man fragt unter Dresdens Lehrern verwundert an, wie es komme, daß die Besoldungserhöhung aus volle 6 Mo nate an die Easse zurück zu zahlen sein soll; eine um so auf fälligere Maßregel, als der Pensionsbeitrag bei auch nur .'Ml bis GX> Thlr. Gehalt 4 Procent betragen sollte, also unter Umständen bei diesem niedrigen Gehalte 12 24 Thlr. betragen kann. Und dies ist erst die Pensionstasse von Mitgliedern, eines Standes, welche nach statistischen Ausweisen nächst den Aerzten durchschnittlich die kürzeste Lebensdauer haben. Ob man sich wohl zum Lehrberufe drängen wird? Ob man eü wohl den Lehrern verdenken kann, wenn sich ihr Blick aus an derc Plätze als Dresden richtet? — Von der Postverwaltung des norddeutschen Bundes sind "Anordnungen getroffen worden, um in diesem Ressort eine Verminderung der Vielschreiberei und eine Vereinfachung des amtlichen Formcnwesens zu bezwecken. So meldet die Kreuz zeitung. Wie wir hören, haben zu diesem heilsamen Entschluß, der die Einnahmen der Post erhöhen wird, die Wahrnehmungen mit beigetragen, welche der Bundesobcrpostdirektor I)r. Stephan bei seinem vor 14 Tagen geschehenen Aufenthalt in Sachsen in Betreff der früheren sächsischen Postcinrichtungen gemacht hat. — Al» künftigen Theatcrdirektor in Leipzig nennt man den königl. preußischen Opernregisseur Herrn v. Strantz mit immer größerer Bestimmtheit und schwankt nur noch darin, ob sein Eompagnon, der bekannte Bühnenkünstler Friedrick, Haase, oder der englisch-preußische Schauspieler Berndal, der allerdings außerhalb Berlins nirgends bekannt ist, sein wird. — Das Internat auf den Scminarien ist aus den Land ragen vielfach angegriffen worden. Es wurde nun beim Be ginn des ncum Schuljahres den Seminaristen der beiden oberen Klassen gestattet, das Internat aufzugeben, außerhalb des Se minars Ouartier zu nehmen und als Externen an dem Unter richte Thcil zu nehmen. Jedoch haben von den 41 Semina risten nur 7 und zwar Dresdener, die ihre Eltern noch haben, von dieser Erlaubnis; Gebrauch gemacht. — Einem Ou ckit zu Folge feiert am 20. d. Mts. einer unserer verdienstvollsten Männer in unseren Mauern sein 50- jährigcs Dienstjubiläum. Es ist dies der Königl. Wasscrbau- direktor Lohse. Derselbe wird aber, wie man hört, diesen Jubeltag in stiller Zurückgezogenheit im Bade Teplitz verleben. — Der Postplay nimmt in neuester Zeit eine immer größere Eleganz in Bezug aus Bauten und Schauläden an. Das kennzeichnet namentlich sich in erstcrcr Beziehung an dem des Herrn Haubold gehörigen Hotel zum .Mollmen Ring" an der Ecke der Marien- und Annenstraße. Die neucrbauten Marquisen bieten nicht blos einen imposanten Anblick, sondern gereichen auch jenem Rayon zur schönsten Zierde. Besonders interessant erscheint das Ganze am Abend, wenn Garten und Marquisen in reicher Beleuchtung strahlen, unter welcher sich ein lebendiges Leben entwickelt, da auch kulinarische Genüsse und die Gaben Gambrinus' eine mächtige Anziehungskraft aus üben. Ucbcrhaupt ist das Hotel nunmehr vollständig renovirt, denn außer einem neuen, geräumigen Speisesaal haben auch die Fremdenzimmer einen eleganten Comfort erhalten. — Ein Landslcischer war am vergangenen Sonnabend nach Dresden gekommen, um für seine Kunden einen fetten Feiertagsbraten hier einzuhandeln. Der Letztere war auck, bald in der Gestalt eines stattlichen, fetten Hammels acquirirt und wurde derselbe von dem Fleischer seinem Knechte nnt der Wei sung übergeben, den Todeskandidaten nach dem hcimathlichen Dorfe zu kutschircn Kaum hatte sich jedoch das Elescknrr in Bewegung gesetzt, als sich zu dem Kutscher ein sprachfertiges Individuum gesellte und denselben bald dahin zu bestimmen wußte, in einem Neustädtcr Gasthause einstweilen auszuspannen, um vorerst mit ihm die Sehenswürdigkeiten der Residenz zu bewundern. Beide Freunde hatten schon mehrere Wirtschaften durchwandert, als sich noch ein Dritter dazu gesellte. Das Triumvirat sprach nunmehr dem edlen Gerstensafte so fleißig zu, daß der Knecht bald in einer Wirthschaft sanft einschlum mcrte, sich um seinen Schöps nicht weiter kümmerte, endlich aber, als er wieder erwacht und ihn abholen wollte, den Stall leer fand und zu seinem Schrecken erfuhr, daß der Hammel von seinen Begleitern entführt und, wie sich erst später ergab, zu Gelde gemacht worden war. Wie nöthig es ist, Kindern, sobald sie sprechen können, den Namen ihrer Eltern und deren Wohnung einzuprägcn, zeigt der Umstand, daß vorgestern Abend Spaziergänger in der Nähe des sogen, letzten Hellers einen 5jährigen Knaben trafen, d'er sich verlaufen hatte und über den Namen und Stand seiner Eltern nicht die geringste Auskunft zu geben vermochte. DaS .Kind wurde mit in die Stadt zurückgenommen und hier ge lang es, den Batcr desselben, welcher in größter Herzensangst sein Kind in der inneren Stadt gesucht hatte, zu ermitteln. -— In Bezug aus den Vorfall in der katholischen Schule aus der kleinen Schicßgafsc geht uns von dem -Hausmann des Königl. Kuffenhauses, welcher das etiva l l Jahr alte Schul kind aus seiner mißlichen Lage in der Schlotte noch die Er klärung zu, daß die Oeffnung des Brettes eine ziemlich große war, so daß wohl auch ein Hincinfallen möglich sei, da bei der Rettung sogar eine breite Leiter hindurchging und da noch Raum übrig blieb. Das Mädchen ist übrigens seines beschränk ten Perstandesvermögens wegen erst mit dem 8. Jahre in die Schule geschickt wenden. — Gestern Aeüh traf ein Wächter aus der Tharandler- straße einen jungen Rlann, welcher in anspruchslosester Toilette bestehend aus Hemd, Unterhosen, Socken und Hut, scheinbar eine Morgenpromenade machte. Durch eingehende Befragung des Spaziergängers stellte es sich sehr bald heraus, daß derselbe von einem Tanzsalon heimkehrend, irgend ein kühles Plätzchen für sein Nachtlager angesehen und sich daselbst des größten Theils seiner Kleidungsstücke, sowie seiner Uhr entledigt hatte. Glücklicher Weise sind diese Gegenstände einem ehrlichen Finder in die Hände gefallen, wodurch der Eigenthümer wieder in ihren Besitz gelangt ist. — Mittelst Einsteigens durch ein offen gestandenes Fenster in eine Parterrewohnung auf der Antonstraße ist in diesen Tagen dort eine größere Anzahl von Danienklcidern entwendet worden. Vorgestern Mittag hat sich aus den Scheunenhöseu ein dort wohnhafter Eiscnbahnarbeiter in seiner Wohnung er hängt. Soviel wir hörten, soll ihn eine längere Krankheit und dadurch hervorgerufener Lebensüberdruß zu diesem Schritte ver anlaßt haben. — I« Betreff des -Herabsallenü einer Decke in einem Hause der Zahnsgasse ist von Seiten der Behörde Erörterung angestellt worden, wobei sich hcrausstellte, daß zwar einige Bretter in einem Gange von der Decke herabgefallen sind, einige sonstige Gefahr aber nicht vorhaitden ist. Einen seltsamen Beweis von Mutterliebe zu ihrem Kinde lieferte eine junge Frau ani Mittag des vergangenen Freitags auf dem Bahnhose in Freiberg. Die sehr anständig gekleidete Dame hatte einen ungefähr ll Jahr alten, hübschen Knaben bei sich, als sie den Wagen dritter Klaffe verließ und den Perron entlang ging. Der Kleine wollte aus unbekannten Gründen nicht ganz willig folgen und weinte dabei jämmerlich, was zur Folge hatte, daß die Frau seinen Mund fest zuhieft und außerdem noch einige Püffe als Sccundiz lieferte. Doch die Kindcrdreffur wurde zum allgemeinen Aerger noch insofern fortgesetzt und potenzirt, daß, als die Mutter wieder den Wa gen bestieg, sie den Rücken des Knaben mit voller Faust bearbeitete bis ihr endlich der herbeigekommene Oberschaffncr in sehr dccenter und gerechter' Weise zu verstehen gab, diese Behand lung eines Kindes scheine in ihrer Jugend und Unerfahrenheil höchstens eine Entschuldigung zu finden. DaS Publikum stimmte vollständig nnt der Bemerkung des menschenfreundlichen Beamten überein. — In Löbau nmßte ein Gestellungspflichtiger, welcher, wie die Sächsische Zeitung meldete, sich absichtlich weigerte, seiner Militärpflicht zu genügen, realiter citirl werden. Ob derselbe ausgchoben wurde, wird nicht gemeldet; gebessert wird er in diesem Falle durch seiueu uuzeitigen Trotz seine Lage nicht haben. — Am 2>. Juni, Abends in der 10. Stunde, brach xn Kirchberg in dem Räumen des Oberbodens in einem -Hause an der Cchneeberger Straße Feuer aus. Die niassive Bauart des Hauses und der nächsten Häuser, die Anstrengungen der Feuer wehr und die gänzliche Windstille wurden die Ursachen, daß das Feuer blos auf das eine Haus beschränkt blieb. Das niedergebrannte Haus sollte am 4. Juni leider noch zwei Menschenleben kosten, denn während des Wegräumens von Brandschutt stürzte ein Drandgiebel aus die Arbeiter und ver schüttete 4 Männer. Einer davon starb nach wenig Stunden an den erhalteitcn schweren Kopfwunden, und ein zweiter wurde erst am ersten Pfingstseicrtag todt aus den über ihm aufge- thürmten Ziegelsteinen gezogeir. Ein dritter und vierter Ar beiter liegen schwer, wo nicht hoffnungslos, an ihren erhaltenen Llceletzungen darnieder. — Oeffentliche Gerichtssitzung am 7. Juni. Nicht Leichtsinn und Genußsucht, wie es so oft bei Angeklagten der Fall ist, hat den heutigen Angeklagten auf die Anklagebank geführt, sondern wie er angiebt, die furchtbare Noth, die bei chm in seiner Familie geherrscht hat. Letzteres bestätigt auch der Polizeibezirksinspector durch amtliches Zeugniß. Die An klage geht aus ausgezeichneten und einfachen Betrug, welche