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Er. ISS. J»hrg««g. «Frfcheink. Täglich früh 7 lltzr Anftrate wird«» angenowme»: «ieAbeudsll.Sonn» tag« bi« Mittag« IL Uhr: MartenstraSe 18. Anjcig ,n dies. Blatte staden eine erselgreich« Brrbreitnng. Ausiagr: 19,000 Exemplare. Doimerftag, M S. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobifch. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Litpskh Neikhardt. — Verantwortlicher Redacteur: ÄullUS Nkichardt. ^öou«ei»»t»t1: Vierteljährlich 20Ngr. bei uaenlgeldlichert'ir- seruug in'« Hau«. ! Durch di« König!. Post vierttljähil. 22^Rgr.^ Einzeln« Nummern i I Rgr. Anfnatenpreis«: Für den Raum ein«« gespaltene» Aetter^f l Ngr. Unter «Singesandt^ di« Zeit« S Rgr. Dresden, den 2. Juni. — Se. Majestät der König hatten die zeitherigen Asses soren bei der Generaldireetion der Staatseisenbahnen Gottlob Georg von Nostitz und Jänckendorf und Ewald Alexander Hvffmaun zu Directionsräthen ernannt, auch dcni Finanzrath bei der Generaldireetion der Staatseisenbahnen Max Maria Freiherrn von Weber die erbetene Entlassung aus dem Staats dienste bewilligt. — Außer dem Hauptmann Reyher ist auch der Haupt mann v. Kirchbach vom sächs. Generalstabe zur Dienstleistung beim großen Generalstabe zu Berlin befehligt worden. — Nom .Herrn General - Staatsanwalt I)r. Schwarze geht uns die bestimmte Versicherung zu, daß die Nachricht von seiner Anstellung im Königl. Preuß. Staatsdienste völlig un begründet ist. — Die freireligiöse Bewegung gewinnt fortwährend an Ausdehnung. So fand am vergangenen Sonntage wiederum eine zahlreich besuchte Volksversammlung in Zschicdgc im plan enschen Grunde statt, in ivelcher Robert Knösel aus Dresden das Thema „Was suchen wir?" unter dem Beifall der An wesenden im Geiste der Vernunftrellgion beleuchtete. — In Dresden sind früher wiederholt Personen aufge .sucht, die für im Morgenlande eingeäscherte christliche Kirchen u. s. w. Geldsammlungen veranstaltet haben. Neuerdings lesen wir in englischen Blättern, daß in London zivci derartige Sammler, angeblich Nestorianer Priester aus Persien, aufge treten sind und für von den Kurden niedergebrannte christliche Dörfer Geld gesammelt haben. Dian scheint aber in London der Sache näher nachgeforscht und gefunden zu haben, daß die angeblichen Priester wohl mehr für sich, als für die angegebe nen milden Zwecke gesammelt haben. Auch sollen nach Angabe der beiden in London ausgetretenen Sammler noch Andere ihres Standes auf den Continent gegangen sein, um daselbst gleiche Sammlungen zu veranstalten. In London hat man ihnen das Handwerk dadurch gelegt, daß man die Sammlungen für verbotene Bettelei angesehen und den Priestern deren Fort sctzung bei strenger Strafe verboten hat. »-*— — — Aus guter Quelle geht uns die Nachricht zu, daß die gestrige Mitthcilung über Vorlegung einer Bundesstrafprozeß ordnung an den nächsten Reichstag mindestens verfrüht ist, vielmehr der Preußische Justizminister I)r. Leonhardt auf dem letzte» Reichstage offiziell erklärt hat, daß dieses Gesetz wahr scheinlich erst dein übernächsten Reichstage vorgelegt werden soll. Ebenso unrichtig ist in allen ihren Theilen die Nachricht, daß dem nächsten Reichstag eine Vorlage über einen Eassationshof des norddeutschen Bundes gemacht iverden soll. Hiermit erle digt sich von selbst die Mittheilung, daß hierzu die sächsische Negierung den Anlaß gegeben habe und daß dieser Eassations hof in Berlin seinen Sitz erhalten soll. — Aus der Dlasewitzer Straße ereignete sich ain Dienstag, und zwar am Spätabcnd ein sehr trauriger Fall. Noch auf Blascwitzcr Revier bemerkte der Qmnibuskutscher, daß mitten auf dem Wege ein Hindernis; seiner Fahrt entgegen trat. Anfangs an einen provisorischen Steinhaufen glaubend, bog der Kutscher, den keine Schuld übrigens trifft, aus, lenkte aber, da die Finsterniß stark war, ivieder auf die Mitten des Fahrweges ein und überfuhr dabei direct einen quer über der Straße liegenden unbekannten Mann. Der Kondukteur ließ Hallen, konnte aber, da er zu richtiger Zeit am Elbberge ein treffen muß, nicht länger warten und that seine Schuldigkeit insofern, als er den Unglücklichen auf die Seite schob und dem nächsten nach Vlascwitz fahrenden College» davon Anzeige machte. Was aus dem Schwerverletzten geworden, wissen wir zur Zeit noch nicht. Doch soll sich ein Arzt im Raucheoupc' befunden haben, dein der Vorfall angczeigt wurde, der aber cS nicht für nölhig fand, auSzusteigen und seine Schuldigkeit zu thun, weil der Schauplatz der traurigen Katastrophe zum Blase nutzer Rayon gehört. — Eine Thierguälcrei im großartigen Maßstabe, wie wir sie nicht selten auf größeren Transporten von Vieh aller Art leider zu bemercken Gelegenheit haben, gab am Dienstag solches öffentliches Jlergeruiß gegen Abend 0 Uhr auf der Ostra-Allee, daß sich das mitleidige Publikum gcnöthigt sah, in's Mittel zu legen, jedoch in bedauernswerthcr Weise ohne Erfolg. Es hielt auf der genannten Passage ein zwcispänniges Fuhrwerk, das durchweg mit einer großen Menge von Hühnerkäsigen beladen war, deren krähende und gackernde Insassen wohl längere Zeit die nöthige Nahrung, sowie des Wassers entbehrt haben muß ten, es war dieß an ihren vor Durst geöffneten Schnäbeln deutlich zu erkennen. Ihr Drängen durch die Holzstäbe bot einen erbarmungswürdigen Anblick. Sechzehn Stück davon ge lang es auch mit aller Mühe, zu entkommen aus dieser nicht benridenöwerthen Gefangenschaft. Sic flatterten freudig in die benachbarten Zwingerpromenaden und in die nächsten Gärten hinein. Elf Strick wurden wieder eingefangen und auf's Neue ewgepscrcht zu neuer Qual uud Marter, während die andern glücklicher waren, ihre Spur war verloren. Das Murren des Publikums war ein lautes und gerechtes. Ein Herr, der selbst über die Brutalität empört war, drohte mit der Anzeige beim Thierschutzverein, indeß, es gelang dem Kutscher, sich eiligst da von zu machen. Das war freilich eine verfehlte Manipulation. In solchen Fällen ist Jedermann aus den; Publikum proviso risches Mitglied des Thierschutzvereins. Es bedurfte hier nur einfach des Herbeiholens eines beliebigen SicherheitS- oder Wohlfahrtsbeamtcn, um die Persönlichkeit des Kutschers zu recognosciren. Das Weitere hätte sich dann schon von Seiten der Behörde und des Thierschutzvereins gesunden. — Pfingstbrief. Das Pfingstfest naht und mit ihm die Lust zum Reisen und zugleich für gar Viele die Nothwen- digkeit, irgend einen Eurort auf längere Zeit zu besuchen. Da gilt denn aber in beider Hinsicht gar oft das Wort des Dich ters: „Warum in die Ferne schweifen!" Denn wir im lieben Sachscnlande können auch ohne großen Geld und Zeitaufwand manch' schönes Stücklein Erde, manch' liebliche Frühlingsland schaft in der Nähe finden; und Mancher ist schon von weiter Tour mit leerem Geldbeutel zurückgekommen und hat sich dann später, die Hand auf's Herz! im Stillen gesagt: Schöner war es nicht, als bei unS im -Heimathlande! Und so ist es auch mit den Eurorten. Es werden oft thcure Curorte verordnet und mit schweren Opfern wird ihr Besuch möglich gemacht. Und vaterländische Quellen hätten es wohl auch gethan, ja in gewisser Beziehung vielleicht noch eher. — Wenn es nun in neuester Zeit Sitte geworden ist, gar Vielen, welche der Stär kung und Erholung bedürfen, nicht specifische Mineralquellen, sondern nur die Luft- und Diätkur anzurathen, so liegt es sicher nahe, aus vaterländische Orte aufmerksam zu machen, welche als Sanaterien im weitesten Sinne zu betrachten und welche ganz geeignet sind, Leib und Seele zu erquicken, dabei aber den Vortheil haben, daß weder eine kostspielige, ermüdende Reise, noch ein vertheuerter Aufenthalt unliebsame Zugaben sind. — Wer je nach der sächsischen Schweiz fuhr, und das freundliche Städtchen Wehlen an der Elbe sah, hat sich ge wiß des anheimelnden Zaubers nicht erwehren können, den der freundliche, nette O-rt schon von Weitem, noch mehr aber beim Durchpassiren, nach dem romantischen Wehlencr und Ottowaldcr Grunde, ausübt. Und Stadt Wehlen (zum Unterschiede von Dorf Wehlen, welches auf der Höhe liegt) ist nicht blos für den Touristen bei flüchtigem Besuche wegen seiner pittoresken Lage von Interesse, — eS hat auch für einen längeren Auf enthalt für Gesunde und Genesende so viele Vorlheile, daß man sich nur wundern kann, wenn cs nicht zur Zeit der Sai son vom großen Strome heimgesucht wird. Doch darin liegt eben ein Vortheil mit. Aber doch halten schon in den letzten Jahren eine Anzahl Familien aus Dresden und Leipzig dieses liebliche Asyl bezogen und selbst für den bekanntesten Arzt des letzteren Ortes wurde vor'in Jahre ein Unterkommen gesucht. -- Freilich giebt cs hier keine Eurtaxc, kein Promenadcngeld zu zahlen, aber Spazierwege giebt es nach den schattigen Grün den und nach den sonnigen Höhen, je nachdem man Bedürfniß hat. Freilich giebt eS nicht Hotels mit hochklingcnden Namen und der Ankommende wird nicht durch eine Schaar Ober und Unterkellner in Empfang genommen, auch spricht die GasthosS- bcdienung nicht französisch und englisch, aber dafür findet man beim Abschiede auf der Rechnung auch nicht Posten von zwei felhaflem Charakter. Freilich giebt cs leinen Eursaal und keine tadle ck'Iiöte. Aber für sehr civile Preise bekommt man in zwei Gasthöscn ein schmackhaftes kräftiges Mittagessen. Freilich existirt nicht die Nolhwendigkcit einer großen Toilette für Herren und Damen, aber dafür findet man eine herzliche Geselligkeit, die durch den biederen Typus der Bewohner WchlenS wescnt lich gefördert wird. Dazu ist man von Wehlen aus im Stande, in kürzester Frist die schönen Punkte der sächsischen und böh mischen Schweiz in Tagesparlieen zu besuchen der wundervolle Weg nach der Bastei ist eine angenehme Morgenprvmenadc. Und wer ein lebendiges Bild ganz in der Nähe haben will, der darf sich nur in den schattigen Garten der Dampfschiffhalle oder unter eine der Veranda's an der Straße setzen — und fast in jeder Stunde des Tages wird er wie in einem Kadei- lescop die ankommenden Fremden, die voll Wehlen aus zu Fuß, zu Roß und per Trage die Schweiz besuchen, in buntem Wechsel vor seinen Augen vorüberziehen sehen. — Es giebt in Wehlen nicht bloS in beiden Gasthösen, sondern auch in meh reren Privathäusern hübsche Wohnungen. Und was für Manche eine besondere Beruhigung sein dürste: es ist ein Arzt am Orte, dessen Geschicklichkeit durch seine in weitem Umkreise in Anspruch genommene Thätigkeit documentirt ist. Und seit Kurzein befindet sich auch eine Apotheke in Wehlen, aber nicht blos für die Kranken, sondern auch für die Gesunden. Denn der Herr Apotheker verabreicht rechts der Hausflur die Mix turen und auf der andern Seite — diverse Weine und Biere. — Wer also für sich oder eins der Seinen auf einige Tage oder Wochen einen lieblichen Frühlings oder Sommcraufent- ^halt sucht, der nehme sich einmal die Mühe, einen Ausflug nach Wehlen zu machen. Und wenn er sich dort umgeschaut und nach allen Seiten hin orientirt hat, dann wird er sprechen: Hier ist gut sein! Hier laßt uns Hütten bäum! — In Coburg erschoß in voriger Woche aus dem Militär- schießplatze ein Portepeefähnrich einen Sergeanten. Zu mehre ren aufgestellten ungeladenen Gewehren hatte der betreffende Sergeant auch das seinige gestellt, welches noch geladen war, aber mehrmals versagt hatte. Der Fähnrich, der wahrscheinlich an den Gewehren etwas Nachsehen wollte, ergriff unglücklicher Weise das des Sergeanten, legte auf denselben an und schoß ihm mitten durch die Brust, so daß der Tod augenblicklich er folgte. — — Aus dem Königl. Belvedere der Brühl'schen Terrasse ist schon seit langer Zeit und zivar mit dem Erwachen der Natur ebenfalls ein lebendiges Leben erwacht, das um so frischer wird, jcmehr mir uns in die Saison hineinleben. Dir „Ornnckos 8oir6o8 mu.8i«>ke3 ölö^nntzo8"> welche schon in den früheren Sommern so vielen Beifall fanden, von der Elite Dresdens besucht wurden und auch in diesem Jahre ihre An zugskraft ausüben sollen, beginnen mit heutigem Tage unter Lei tung des Herrn Musikdirektor Ehrlich mit der vollständigen Kapelle des LeibgrenadierregimentS. Den Schluß des Abends bildet eine brillante Illumination des ganzen Belvederes, ein schließlich des Gartens und der Seitenräume. Bekanntlich ge währen diese flammenden Illustrationen vom Belvedere selbst wie von der Brücke und den Usern aus einen reizenden, feen haften Anblick. Die heutige Soiree, die um 6 Uhr beginnt und um l 2 Uhr endet, wird Herr Ehrlich vorzugsweise durch Potpourri's und Soli's interessant machen, die Solovorträge des wackeren Dirigenten sind als virtuos bekannt. Herr Marschner wird derartige Soireen die ganze Saison hindurch jeden Donnerstag veranstalten. — Wie wir von gut unterrichteter Seite hören, wird die beabsichtigte Jubelfeier des 250jährigen Bestehens der sächsischen Artillerie, welche für den 15. Juli projectirt sein sollte, nicht stattfinden, da die historischen Untersuchungen der Vorgeschichte der Artillerie cineStheils ergeben haben, daß bereits vor dem Jahre 1620 cS sächsische Artilleristen gab, daß andrerseits aber die gedachte Truppe nicht fortwährend bestanden hat, viel mehr erst bei der Errichtung eines stehenden Heeres durch Ehursürst Johann Georg III. im Oktober 1682 in der Stärke von einer Compagnie definitiv eingeführt worden ist. Im Monat Ok tober 1882 würden daher sowohl das Artilleriecorps, als auch die übrigen älteren Formationen der sächsischen Armee» das Leibregiment natürlich ausgenommen, erst auf eine 200jährigc Vergangenheit zurückblicken können. — Da nunmehr das norddeutsche Strafgesetzbuch an die Stelle des sächsischen tritt, so wird sich bei allen Beamten, Ad vokaten und denjenigen Privatpersonen, die mit den Gerichten in Strafsachen zu thun haben, ein ziemlich starker Bedarf an Exemplaren des Strafgesetzbuchs Herausstellen. Man kündigt auch schon zwei verschiedene vom Generalstaatsanwalt v>. Schwarze bearbeitete Ausgaben an: eine Handausgabe mit Er läuterungen 20 Bogen stark zu k Thlr. und eine größere mit ausführlichen! Eommcntar, 36 Bogen stark zu 2 Thlr. 20 Ngr. k)r. Schlvarze war bekanntlich Präsident derjenigen Commission von kriminalistischen Capacitätcn, welche der Bundeskanzler im vorigen Jahr zusammenberufen hatte und auch der Reichstag wählte ihn zum Vorstand der Strafgesetzcommission. Er hat in beiden Eigenschaften einen hervorragenden Antheil an dem Strafgesetzbuch genommen und unser Land verdankt es ihm, daß iir den meisten Stücken das Bundesgesetz in Harmonie mit dem bisherigen sächsischen LandcSgcsctz gesetzt werden konnte. — Das Programm zur Extrafahrt nach Thüringen ist nunmehr erschienen und giebt den zahlreichen Touristen, die sich zu diesem schönen Ausflug vorbereite», Näheres an die Hand. An der Spitze das Bild der Wartburg, die allein schon einen Besuch Thüringens werth ist, erläutert das Programm eine Anzahl beliebter Touren, notirr die billigen Fahrpreise u. s. iv. und hebt als besonderen Vortheil hervor, daß man durch Benutzung dieser Extrafahrt dem an Pfingstsonntagen herrschenden großen Andrang an den Eisenbahnen schon zeitig entrückt werde. Der Anschluß zur Industrie-Ausstellung nach Cassel dürste besonders für Gewcrbtreibende ein hervorragendes Interesse haben. — Mehrere Tage hindurch hat sich in Wien eine Betrü gerin herumgetricben und bei vornehmen Leuten Gelddarlehne erschwindelt, die sich für die bekannte Schriftstellerin Marlitt, Verfasserin der Goldelsc u. s. w. auSgcgeben hat. Nachdem die Presse ihrer Betrügerei Erwähnung gethan, ist die Dame aus Wien verschwunden, uud wollen wir nur wünschen, daß sie nicht versuchen möge, den Schauplatz ihrer Industrie nach Dresden zu verlegen, wenigstens wollen wir durch diese Mil theilung auf sie aufmerksam gemacht haben. — Das „New Parker bcllctrist. Journal" schreibt in einet seiner letzten Nummern: Ein alter Leser in Baltimore liefert uns folgende dankcnswerthe Aufschlüsse über den dort lebenden