Volltext Seite (XML)
m. 143. Fünfzehnter Jahrs. «Ä»t»ü, den r» «at 187« ' --rs«,i»l! r«MH früh 7 Uhr- Anserate »yerdtn «ngcn»mmen: bi« AbendS 8,Sonn tag- bi« Mittag- IS Uhr: Marienstraße 18. Anzrig. in dies. Blatte finden eine erfolgreich« Verbreitung. Auslage: ks,vvv Eren'plare. Tageblatt für Untcrhaltuiig uad Geschäftsverkehr. Mitredactenr: Theodor Drobifch. Druck und Eigenthum der Herausgeber: Eikpsch öc Ntllhardt. — Verantwortlicher Redacteur: Julius Ukichürdt. «terteMMARgr. bei «entgeldluherLie- ftrnng in'« Hau«. * Durch die K-nigl- Post »ierleljähel. A>/,Rgr. > Einzeln» Nummer» 1 Ngr. AnseraleHpreise:^ Für den Stau« einer gespaltene» Zeile: < 1 Ngr. Unter „Eingesandt" dir Zeile 2 Ngr. ^ Dresden, den 23. Mai. , — Der Geheime Negierungsrath I)r. Hülße hat sich nach Berlin begeben, um an den Berathungen der Normal AichungS- «nnmission Theil zu nehmen. — Das „Lüllotin int." scheibt: Das Ministerium des Innern wird sich in diesen Tagen über die Wahl des Platzes für die nette Polytechnische Schule bestimmen. Das Ministerium hat dey Holzhof in der Pillnitzerstraße in Vorschlag, während der polytechnische Senat sein Augenmerk auf die Taubstummen- Anstalt vor dein Plauenschen Schlage gerichtet hat. Weder der eine noch der andere Vorschlag könnte unfern Beifall finden, jedoch müßte die Wahl zwischen diesen beiden getroffen werden, so dürfte der ministerielle Vorschlag den Vorzug erhalten. Der Platz, »bo jetzt die Taubstummen-Anstalt steht, ist von beiden Seiten durch Eisenbahngleise begrenzt und auf der Chemnitzer straße durch enormen Wagenverkehr sehr gestört, was jedenfalls ungünstig auf die nöthige Ruhe bei den Studirenden einwirken muß. Der zu diesen Zwecken geeignetste Platz würde das alte Curländer Palais, vis-L-rw dem Zeughause sein, und sollten die Räumlichkeiten dort nicht ausreichen, der Herzogin Garten. Das Projcct, daS Polytechnikum auf der Wasserstraße zu bauen, ist nie in Frage gekommen. — Bei der Artillerie - Prüfungs - trommrssion zu Berlin sind jetzt die Versuche mit dem gezogenen kurzen eisernen 24 Pfänder beendigt und wird in Folge der überaus günstigen Ergebnisse dieses Geschütz in die norddeutsche Belagerungs- und DefensionS - Artillerie nach der metrischen Benennung als ge- zogene kurze 15 Centimeter-Kanone ausgenommen. Demzufolge werden die 25- und 50pfündigen Haubitzen und die glatten, langen und kurzen 24-Pfünder aus der Artillerie künftig aus geschieden. — In einzelnen Blättern wird immer noch die Behaup tung aufrecht erhalten, daß eine Erhöhung des Pauschquantums »on 225 Thaler pro Kopf des Norddeutschen Bundesheeres in Kurzem gefordert werden würde. Bei dieser Behauptung, schreibt die S. Z , vergißt man ganz und gar, daß das fcstaestellte Pauschquantum nur für ein Provisorium festgestellt ist und daß, wenn dieses vorüber, ein Etat mit Positionen ausgestellt werden wird, wie dies früher in Preußen stattfand. Alle Nachrichten, welche von einer Erhöhung des Pauschquantums pro Kopf der activen Armee sprechen, gehen vor, der irrigen Meinung aus, daß das gegenwärtige Provisorium in Betreff der Aufbringung des Militäraufwandes eine definitive Fest sctzung sei. — Der Vorsteher der Postexpedition in Pyritz, früher Zahlmeister in der preußischen Armee, ist dieser Tage verhaftet worden, weil eine Revision seiner Casse einen Defcct von nahezu 2000 Thlr. ergeben haben soll. — Wenn wir noch einmal auf die mißliche Episode an der Merxmühle bei Pillnitz, und zwar auf die Bestrafung mit einem Thaler Geldbuße Derer, die im dasigen Forste rauchen, zurückkommen, so thun wir es deshalb nur, um dem gerechten Wunsche einen nachhaltigen Ausdruck zu geben, cs möge die Ahndung der genannten Uebertrctung auch eine gleichförmige sein und dabei nicht auf den Rock des Waldfrevlers gesehen »verden. So hören wir von sehr achtbaren, selbstverständlich uns persönlich bekannten Herren, die ebenfalls dein Vcrhängniß anheimsielen und sich eine theure Quittung vom Schönselder Gerichtsamt kaufen mußten, daß ein Militärbeamtcr, der mit seiner Frau in» Wildcwald vor ihnen herging und, was durch Zeugen bekräftigt werden kann, ebenfalls rauchte, von dein be treffenden Quittringslieferanten nur eine höfliche Mahnung erhielt, während in den Portemonnaies der obengenannten Herren eine sehr ergiebige Ausbeute gehalten wurde. Also nur immer Gleichheit vor dem Gesetz. — Die herrlichen warmen Maitage haben die Kirschbäume zum schnellen Abblühen gebracht und die grünen Kirschei» nch men täglich an Größe zu. Nach den gemachten llüahrnchnnln- gen steht wieder eine reichliche Kirschenernte in Aussicht ; an einem kaum fingerlangen Zweige fand man ii» diesen Tagen 15 Kirschen. Auch die theilmeis abgcblühtcn Pflaumenbäuine versprechen wieder guten Ertrag; nur die Aepsel und Birnen bäume blühen nicht so voll wie im vorigen Jahre. Die Wiesen prangen aber in üppigster Fülle, die Saatei» wachsen erstaun lich schnell ii» die Höhe und die Weinberge schmücken sich mit jungem Grün. — Der ii» gestriger Nr. erwähnte, für alle Geschäfts- Inhaber höchst gefährliche Dieb ist: Friedrich Eminerich auü Döbeln, Mützenmacher-Geselle, und arbeitet für Leykauf und Hahn; es ist dieselbe Person, welche vor mehreren Jahren in d<r Wils ruffer Straße beim Kaufmann Neuhof, nachdem er drei Sch össer geöffnet, in dessen Gewölbe von Gensdarmen eurpfangen wurde, welche sich darin versteckt hielten. In die sem Gewölbe war er zum Oestern mit seinen selbstgemachten Instrumenten nächtlich eingedrungen um dort die Casse zu Zländern. Hoffentlich wird es der Behörde gelingen, bei ge nauer Durchsuchung auf Gegenstände zu koinmen, die über andere in setzter Zeit verübte Diebstähle Aufschluß geben. — Ein in einein Grundstück auf der Schillerstraße be schäftigter Gärtner bemerkte ain vergangenen Freitag eine Oeff nung im Erdbodei», die ihm seltsam erschien. Seine Vermuth- ung hatte ihn auch nicht getäuscht. Er grub eiligst nach und stieß auf einen Dachs, der neben einer kolossalen Größe auch noch eine seltene Wohlbeleibtheit zeigte. Der herbeigeeilte Kut scher tödtete den Gefangenen und schlachtete ihn ab. Der Be sitzer des Grundstücks will das Fell präpariren und ausstopfen lassen — Am gestrigen Sonntagsmorgen »nachte sich wieder ein mal ein muthwilliger Bube das grausame Vergnügen der Thier quälerei. Er hatte einer Schwalbe die Flügel und die Füße zusammengebunden, und wurde das Thier auf der Wilsdruffer straße, als es ängstlich auf der Straße hinflatterte, von einein Dienstmann aufgehoben und dein an der Löwenapotheke statio- nirten Gensdarmen übergeben, der die Schwalbe iin Nachhause ablieferte, wo sie von ihren Qualen befreit wurde — Kleider machen Leute! Diese alte Wahrheit wird in der Neuzeit wieder so recht verwirklicht, wie der stille Beobach ter namentlich des Sonntags zu bemerken hundertfältige Ge legenheit hat. Hauptsächlich sind es die Dienstmädchen, die des Sonn- und Festtags mit ihrem norddeutschen Bundesbruder die öffentlichen Garten der Umgegend füllen oder auch in der Woche die öffentlichen Plätze als Kindermädchen in bunter Ro tunde garniren. Namentlich bietet in letzterer -Hinsicht der Bautzner Platz davon ein getreues Bild, unter besten Hollun- derblüthen die dienstbaren Geister Zeneris kommmi recht nette Studien im Ueberputzen ihres eigenen, oft so prosaischen Jch's anstellen lasten, da der gewaltige Chignon, die weite Crinoline nicht fehlen darf, weil ja diese Eva'stöchter ihren mit irdi schen Gütern und 16 Ahnen gesegneten Schwestern nicht nach- stehcn wollen. Den Culminationspunkt von affen,näßigcm Ueberputz erreichte neulich aber an einem Wochentag ein Dienst mädchen, das einen schwer belasteten Tragkorb aris dein Rücken tnig, den Kopf mit gigantischem Chignon bepolstcrt, die anschei nend jungfräuliche Hand mit feinem Glacee überzogen und über das Ganze zur Vollendung der sonderbaren Straßen- und Ar beitstoilette einen blauseidenen Sonnenschirm gespannt hatte, um den Teint nicht durch Sommersprossen und Sonnenbrand verunstalten zu lassen. Dazu gehören Geldmittel, über deren Erwerb oft das Strafgesetzbuch die nöthige Auskunft giebt und sollten die Dienstherrschaften hiergegen ein sehr wohlthätiges Veto einlegen — Der Anblick des durch die Straßen schwankende,» Siechkorbes, erinnernd an „Saphir's stillen Gang," erweckt immer traurige Muthmaßungen und lenkt der Korb selbst die Ausmcrksamkcit Aller unwillkürlich auf sich. Das mar auch an einem der letzten Tage der Fall, wenn auch diesmal diese unerquickliche Langchaise eine weniger traurige Rolle zu spielen hatte. Zwei Arbeiter trugen am Freitag den Siechkorb von» Böhmischen Bahnhöfe her nach der Circusstraße und sammelte sich um denselben eine neugierige Menge, die einen Ver unglückten zu sehen gedachte. Es war aber ein Glückseliger, der darin gelegen und sehr stark illuminirt gewesen. Durch den langen Transport hatte er seinen Rausch ausgeschlafcn und sprang nunmehr fröhlich aus seiner Lagerstätte heraus, sich höchlich wundernd über die Zuschauermenge, die ihn um ringte , wenigstens ließen das seine im Berliner Dialect ge sprochenen Worte: „Na nu? So 'ne jroße Menschenmenge? 's is jräßlich!" deutlich erkennen. Nachdem er seinen beiden Conducteuren einen Gulden verabreicht, empfahl er sich den Umstehenden. — Diese»' Tage ivurde in Glaucha»» ein Weber verhaftet, der seine Geliebte erschießen wollte. Das Mädchen hatte jedoch noch rechtzeitig die Flucht ergriffen. Eine große Menschen menge begleitete den Feftgenommenen nach dem Arresthause. — Oeffentliche Gerichtssitzung am 20. Mai. (Fortsetzung.) Der Plan von James Warburton ging dahin, sich nicht nur Geld soviel als möglich zum Schaden Listers zu machen, als auch ein neues Geschäft zu gründen und dasselbe nrit seinem Bruder Joseph zu betreiben. Daher' seine Kün digung im Jahre 1866. Das neuzubegründcnde Geschäft sollte aber sodann auch so wenig als möglich Anlagckosten ver Ursachen, darum wurden im Laufe des Jahres 1865 und 1866 Maschinen, welche dem Uebigauer Geschäfte gehörten, von dort fortgeschafft, ohne Einwilligung von Liste»', und nach Großen hain gebracht, wo sie an Zschille L Comp, vermiethet wurden, lieber dir Fortschaffung wurde in den Geschäftsbüchern nichts verlautbart. Die Maschinen haben zu jener Zeit nutzlos, weil sie nicht gebraucht wurden, in Uebigau dagelegcn. Joseph Warburton hat den betreffenden Miethvertrag mit abgeschlossen, sich auch bei der Fortschaffung der Maschienen betheiligt. Er will auch hier im Laufe der Untersuchung erst die verbrecherische Handlung seines Bruders eingesehcr» haben und bediente sich in Folge dieser Neberzerigung der Ausdrücke, daß jene Maschinen sein Bruder „gestohlen, gemaust" habe. Zur Zeit der Fori- schaffung der Maschinen will er seinen Bruder James für be rechtigt dazu gehalten haben, »vell er Forderungen an Lister gehabt habe. Die Maschinen sind von Sachverständigen ohne Rücksicht auf etwaige Handelsconjnncturen, sondern chre normalmäßige Benutzung angenommen zu 15,436 Thlr. ge schätzt worden. Angeklagter hält sie nur etwa 1000 Thlr) Werth. Dieselben sind wiedererlangt und später versteigert worden, wo ein sehr geringer Preis, etwa 10)0 Thlr, erlangt worden ist. Im April 1867, als James Warburton in Uc- bigau anwesend war, ivurde das Zerstörungswcrk der Fabrik fortgesetzt. Ein Sonntag wurde sogar dazu benutzt, die Ma schine,» und Maschinentheile aus der Fabrik Herausreißen zu lassen. Joseph besorgte dies, obwohl ihm, wie er sagt, große Angst »nnegeivohnt hatte, weil er der Ansicht gewesen sei, daß etwas Unrechtes begangen würde. Auf persönliche Anweisung James habe er gehandelt. Die Maschinen und dito Theile sind in Dresden bei Löbel untergebracht worden. Ihr Werth beläuft sich auf 8,842 Thlr., während der Angeklagte sie nur 60M Thlr. wcrth hält. In die Inventur sind auch diese Maschinen nicht ausgenommen worden. Während hinsichtlich der Großenhainer Maschinen der Angeklagte Listern, als dieser im Herbst 1867 hier ivar, auf Befragen sofort gesagt hat, wo die Maschinen sich befinden, hat er bezüglich der bei Löbel untergebrachten behauptet, er wisse nicht, rvo sie hingekommen waren und dadurch hauptsächlich Verdacht bei Liste»' erweckt, daß etwas faul in der Fabrik sei, da er doch über den Ver bleib von Maschinen als Procurist Auskunft zu geben in dejj Lage sein mühte. Joseph Warburton »vird in diesen» FoflS der Miturheberschaft der Unterschlagung angeklagt. — Kn nächsten Anklagepunkte erscheint nicht Liste»' Verletzter, sondem der Maschinenfabrikant Wolmsley in England. Warburtm hatte ein Patent in mehreren Staaten Deutfchlands auf besÄst dere Einrichtungen einer Maschine; dieses Patent erstreckte stch aber nicht auf Preußen. Wolmsley fertigte nun solche pateff- tirte Maschinen und lieferte auch drei Stück nach Westphalen. Hinsichtlich dieser drei Maschinen behaupteten die Warburton^ daß ihnen für das Patent eine Abgabe gebühre und verschwie gen dabei, daß sie ein Patent in Preußen nicht hätten. St! beanspruchten für jede gelieferte Maschine 115 Pfd. Sterling — 766 Thlr. 20 Ngr. Wolmsley glaubte, daß sie ein Rech» hätten, sich auch für diese Maschinen das Patentrecht bezahlen zu lassen und bezahlte »hnen die geforderte Entschädigung, o« wohl dieselben nicht berechtigt waren, eine solche zu verfangen Angeklagter bestreitet das Factum nicht, wohl aber," daß ein« Unredlichkeit vorluge. Mit heiterer Miene versichert er de ns Gerichtshöfe: „in England machen wir es so". „Das ist kW schäftSbrauch." „Wolmsley hat ohne unsere ErmcMigunj solche Maschinen gebaut, also muß er uns das Patentrecht be zahlen." Der Vorsitzende versicherte ihm andererseits, daß dich ser Brauch hier in Deutschland nicht gelte, und inan ein solches Gebühren als Betrug ansehc. — Auf einen ähnlichen Han delsbrauch bezog sich der Angeklagte auch in, letzten Falle, wo er der fortgesetzten Unterschlagung angeklagt ist. In Uebigau wurde auf Rechnung von Privaten Wolle gekäinmt. ^ Dir sogenannten Kämmkunden lieferten Rohwolle ab und er hielten Kämmwokle zurück. Die Manipulation auf best Kämmmaschinen ist nun der Art. daß - sowohl Wolle in den Kaminen hängen bleibt, als auch von den Kämmen ab und zur Erde fällt. Diesen Wollabfall nennt man „Waste". Der Procentsatz der Waste richtet sich sowohl nach der Feinheit und sonstigen Beschaffenheit der Wolle, als auch nach den gebrauchten Maschinen. Die Reinigung der Kämme richtet sich dagegen nach der Qualität der gekämmten Wolle, nicht nach der Quantität, so daß auch in den Kämmen Wolle von verschiedenen Kunden zurückbleibt. Es kam» als» niemals genau bestimmt werden, so und so viel Abfall ist hei dem und jenem Kunden vorhanden. In den englischen Fabriken ist es n»n» Sitte und Brauch, daß dieser Abfall den Fabriken bleibt und von diesen verkauft wird. James Warburton ord nete 1862 ein gleiches Verfahr«»» in Uebigau an, obgleich in Deutschland der Abfall den Kämmkunden zurückgegeben zu werden pflegt, »venu man dabei auch willkürlich verfahren muß, da sich der wirkliche Abfall nicht genau fixiren läßt. Trotz Remonstra tionen der Kunden ivurde dieser Brauch festgehalten und der Erlös der Fabrik gutgeschrieben. Auf diese Weise soll die Fabrik eine Einnahme von 13,843 Thlrn. in den Jahren 1862 bis 1867 gehabt haben. Warburton besorgte de»» Verkauf, Frege vereinnahmte den Erlös und buchte ihn im Caffabuche. Dck Angeklagte will nichts Unrcchtes in dieser Zurückbehaltung ge sehen haben, da in seinen» -Heimathlande so verfahren werd^ sonst auch der Känunlohn hätte erhöht werden müssen; zuHtbckk. müsse er freilich, daß an Kunden, die sich beschwert, geschrieben ,vorbei» sei, es gäbe keinen Abgang, die Maschinen »vären so gut, oder der Rückstand sc» wcrthlos. In heutiger Sitzung wttide der Buchhalter Cowling unter Assistenz des Dollmctschers gbgehört, welcher auch bestätigte, daß in England der Wvll-,