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«r 141 Mffzrhnter Jahrg. Sonnabe»», Se« 21. Mai 187«. Erscheint Täglich srkh 7 lyr A«s«rate «rrbra augeuommcu: disLdendSV.So», tag» bi» Mittag« 12 vhr: Marieustra-e 18. L,zeiz ki dies. Blatte -»Len eine erfolgreich« Verbreiting. Anslage: IS,-SV Exemplare. Mitredacteur: Theodor Drodlsch. Druck und Eigenthum der Herausgeber: fkitpsH K Neikhardl. — Verantwortlicher Revacteur: ÄUlkUS Nkichardt. Fbonnement: Vierteljährlich 20 Ngr. bei unrntgeldlicherLie sernng ia'S Hau» Durch die Ikönigl. Post Vierteljahr!. 22>,-Sigr. Einzelne Nummern 1 Ngr Ariseratenprnfe: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Eingesandt" die Zeile 2 Ngr. Dresden, den 21. Mai. — Gewerbeverein. Gestern versammelten sich die Mitglieder des Vereins zur ersten diesjährigen Exkursion im Gewerbehause. Eine von Herrn Rudowsky unternommene Sammlung zu Gunsten des beim Baue verunglückten Mau rerlehrlings Böhme ergab ein ganz günstiges Resultat. Zuerst verfügte man sich in die HolzbearbeitungS. Anstalt des Baumeister Ed. Müller auf der Trabanten- gafse. Hier werden die angefahrenen Stämme durch eine Ma schine vom Wagen gehoben und auf Haufen gebracht, von de nen sie bei Bedarf durch dieselbe Maschine wieder herabgeholt und rveiterbesordert werden. Eine 16pferdige Dampfmaschine, die von 2 Dampfkesseln mit 410 Qu. Fuß Heizfläche ihre Kraft erhält, setzt zwei eiserne Bundgatter in Bewegung, deren treibendes Zeug ganz abweichend von anderen derartigen Einrichtungen, oberhalb angebracht ist und mit welchen man einen Stamm «der ein Bret von 30 Ellen Länge mit 10 Sägen auf ein mal in die betreffende Anzahl Theile zerlegen kann. Ferner bewegt diese Maschine ein eisernes Gatter, mit welchem Stämme zw Balten von 12 Zoll im Quadrat geschnitten werden können, so daß man die Schwarten gewinnt, während beim Behauen die Schwarten in die Cpähne fallen. Auch eine Hobelmaschine wird dadurch getrieben, welche ca. 40 Breter auf 4 Seiten gleichzeitig hobelt und auch dabei die eine oder die andere Schmal seite mit Karniesen versieht. Für jetzige Zeit bei den vielen Bauten, thcuren und seltenen Arbeitskräften für Bau unternehmer sehr wichtig. Mit 2 Tischfräßmaschinen und einer Langfräßmaschine können je nach den augewendeten Ei sen, dein Holze mehrere Hundert verschiedene Facons mitgetheilt werden. Das Arbeiten an diesen Fräsen fesselte die Besucher ganz besonders. Es rvurden Spiegelrahmen in den geschmack vollsten Mustern ausgearbeitet, die erst mit der Schweifsäge vorgearbeitet worden waren. Mit der Hvlzdrehbanl konnten Stricke von 6 Ellen Länge und 20 Zoll Durchinesser abgedreht werden. Die Bmrdsägen, Schweifsägen, fünf Kreissägen und eine Zinkenfräßmaschine waren immer von zahlreichen Lernbegierigen umstanden, welche ihre Bewunderung darüber auSsprachen, wie die Mnschenthätigkeit durch die Niaschinenthätigkeit an Schnelligkeit und Accuratefse übertroffen und, wo es auf die Kraft nur ankommt, immer ersetzt wurde. Wie lange wird es dauern, wird man ,veit mehr Arbeiten diesen Sklaven der Neuzeit -rnvertrauen, um Zeit zu gewinnen für die Arbeiten des Geistes. Hierauf verfügte man sich nach Uebigau, besah die Räume des Schlosses, die große Essig- und die Bleizuckerfabril des Herrn Minus und vereinigte sich sodann in Neudorf, um bei einem Glase Bier den herrlichen Maiabend zu genießen. — Wie der Nürnberger Eorresp. erzählt, sind in ver gangener Woche mehrere sächsische Offiziere unter Führung des Generalstabschefs von Zezschwitz Behufs einer Uebungü und Unterrichtsreise auf die Schlachtfelder des Mainfelvzugs abge- gangsn. — In nächster Zeit soll mittels Schießwaffe eine große Jagd auf Krähen veranstaltet werden, die in den Weißeritz- «u,lagen nisten und alle Singvögel daselbst vertreiben. — In den jüngst vergangnen Nächten sinv wiederholt, sowohl in der Circusstraße, wie in der Zwingerstraße verschie dene messingene Thürklücken gestohlen worden. Bei den viel fachen über diese Art Diebstähle erlassenen Warnungen in ösßmtlichen Blättern ist es wirklich zu verwundern, daß die Diebe inimer noch Käufer für ihre Beute finden. Die Letzteren be-eirken nicht, daß sie sich durch ihr Gebühren einer strafbaren Handlungsweise schuldig machen und im Falle einer Entdeckung sich wohl schwerlich mit der AuSrcdc werden entschuldigen lön nen, daß sie im guten Glauben die Gegenstände erworben hätten, da nachgerade so viel in öffentlichen Blättern und durch behördliche Bekanntmachungen über die hier vorgctommenen Diebereien an Thürklinken geschrieben und bekannt worden ist, daß es wohl fast Niemanden giebt, der von der Sache nicht endlich etwas erfahren haben müßte. — Mit Morgen beginnen iin K. Belvedere die sogenann ten Großen Sonntags-Concerte für die Sommersaison, welche um 4 Uhr ihren Anfang nehmen und bis nach 10 Uhr Abends dauern. Diese Concerte werden stets von Herrn Capellmcister Ehrlich mit der Capelle des K. S. Leib Grenadier Regiments abwechselnd durch Streich- und Janitscharmusik ausgeführt. — Gestern Vormittag in der zehnten Stunde stürzte von einem Neubau in der Pirnaischcn Vorstadt ein Maurergeselle vom Gerüst und erlitt durch diesen unglücklichen Fall außer einem Achselbeinbruch noch einige leichte Verletzungen. Der Unglückliche wurde per Droschke nach seiner auf der Pillnitzcr- straße gelegenen Wohnung geschafft. — Mißmuthig über die geringe Ausbeute seines Netzes >sollte vergangene Mittwoch ein Meißner Fischet den Zug bei Sörnewitz verlaßen, als er nochmals sein Ney auswarf und diesmal nicht vergebens, denn ein 25 Pfund schwerer, 2 Ellen langer Lachs zappelte darin. Im Laufe dieses Frühjahrs sollen in den Fischzügen bei Spaar und Sörnewitz und unterhalb Meißen nur 20—30 Lachse gefangen worden sein, die zum größten Theil den Dresdner Küchen für 18—22 Ngr. pro Pfunv zugeführt worden sind. — Wie wir nachträglich erfahren, soll der von uns Fe stem erwähnte Grenadier des zweiten Grenadier Regiments Nr. 101, welcher durch einen Unteroffizier gefesselt nach hiesiger Neustadt transportirt wurde, ein in Pirna aufgegriffener De serteur gewesen sein. — Vorgestern Abend ist ein Maurer der im Geucke'schen Hofe auf der Annenstraße arbeitete, durch ein Glasdach, auf welches er behufs Ausführung einer Reparatur gestiegen war, durchgebrochen. In Folge dessen stürzte er in den Hof hinab, erlitt einen Bruch deS Schlüsselbeins und mußte mittelst Droschke in seine in der Nähe gelegene Wohnung gebracht werden. — Ein fremder Leinwandhändlcr, sogenannter Prisen Händler, hat unter den bekannten, bereits vielfach veröffentlich ten Manipulationen wieder einmal das Glück gehabt, einen leichtgläubigen Blasewitzer mit einer größeren Parthie Leinwand, die dieser ihm abgekauft, tüchtig auszuschmiercn. — Mit heute nehmen die Sonnabends Eon zerte auf dem Waldschlößchen um 5 Uhr ihren Anfang. — Die Besucher des schönen Friedrichsgrundes bei Pill nitz werden hierdurch mit einer Scene bekannt gemacht, welche zur Wanrung dienen möge. Vergangenen Sonnabend unter nahmen wir eine Partie nach genanntem Grunde und gelang ten bis zur Mcixmühle, woselbst wir wegen zweifelhafter Ge staltung des Wetters wieder umkehrten. Mitten im Grunde begegneten wir dem König!. Oberförster Täger, welcher in Glacehandschuhen am Wege saß und in dessen Nahe der be waffnete Waldwärter sich befand. Da wir weder in der Meix- nrühle, noch auf dem ganzen Wege durch dm Grund eine Warnungstafel bemerkt hatten, so rauchten wie in harmloser Stimmung unsere Cigarre. Plötzlich mußten wir uns von ge nanntem Forstbeamten barsch angeredet hören und zugleich wurde uns in einer Weise, welche die Entrüstung der uns zu nächst befindlichen Besucher des Grundes hervorrief, Ein THaler Strafe abgefordert wegen unbefugten Rauchens. Wir entfernten sofort die Cigarren und versicherten, nirgends eine Warnungstafel gesehen zu haben. Doch in der erwähnten Weise wurde uns klar gemacht, daß es hier keine Gnade gebe. Der Waldwärter zog nun aus seiner Tasche eine Anzahl Quit tnngen hervor, welche von: Gerichtsamt Schönfeld ausgestellt und gestempelt, gleich für diese Fälle vorsichtigermaßen mitge führt wurden; wir mußten ein Jeder den Thaler zahlen und erhielten je eine solche Quittung gratis. Als wir uns nicht etwa gegen die Jnnehaltung des Gesetzes, sondern gegen dm entschiedenen Mangel an mehreren paffenden und in die Augen fallenden Warnungstafeln im Grunde auSsprachen und uns hauptsächlich gegen das barsche Benehmen des Königl. Beamten beschwerten, erfolgte sogar die Arrctur in derselben Weise und wie sich dann heransstellce. nur aus Mißversümoniß der von uns ausgesprochenen Worte von Seiten des Herrn Oberförsters. Ist es reckt, das den Grund besuchende Publikum so zu be handeln? Man erwartet wenigstens an -cm Orte, wo unser leutseliger König seine Sommerrcsidenz hält, eine andere Be handlung. Zudem ist es äußerst wünschenswert!), daß War nungstafeln da angebracht werden, wo sie leicht gesehen werden können, wie es in allen großen Städten an den Orten der Fall ist, wo das Rauchen unterbleiben soll; denn durch den Grund führt ein Promenadenweg, und man denkt durchaus nicht, zumal in heiterer Stimmung daran, -aß man hier nicht rauchen dürfe. Am Eingänge in den Grund wurde uns zwar eine Warnungstafel gezeigt, doch gehört Glück dazu, auf die selbe aufmerksam zu werden. Die geehrte Familie, welche ihre Entrüstung so entschieden dem Herrn Oberförster kund gab und deren Tochter ebenfalls barsch zurückgcwiesen wurde, ersuchen wir hierdurch hostichst, für etwaige weitere Ausdehnung dieses Falles ihre Adresse in der Expedition d. Bl nicdcrlegm zu wollen, um die Wahrheit des hier Gesagten bestätigen zu können. *) — In der vergangenen Nacht hat in einein hiesigen Fabriketablissement auf der Fabrikstraße eine kleine Gasexplosion stattgefundm, bei der glücklicher Weise Menschen nicht ver unglückt sind. Der dadurch verursachte Schade» beschränkt sich auf einige Fensterscheiben, die zertrümmert wurden. — Auch die traurig« Episode von Marathon in Griechen land, wonach daselbst von räuberischen Hellenen vor Kurzem mehrere Engländer gefangen gmommen und weil keine Am nestie, sondern blos Lösegeld von der Regierung bewilligt war, die Unglücklichen auf die schmachvollste Werse ermordet wur- Auch von anderer Seite ist unö noch eine ,olche Stnik- Quittuiig ciiigcsandt worden. rvclci>e die Nr. 10 zeigt, mit dem Vermerken, daß am Sonntag Viele die traurige Ersatzrung machen mußten, aui dem Promcnabcnwcgc iin Mclxgruudc inst einem Ttzaler bestraft zu rvcrden D. Red. den, hat eine photographisch-bildliche Darstellung gefunden, »o welcher die Hoffmann'sche Kunsthandlung, Pragerstraße 6, Proben öffentlich zur Schau gestellt, die dem Inhaber von einem be freundeten Photograph aus Athm mit einem die Bilder näher erörternden Briefe zugesendet sind. Es find daselbst nicht blos die Köpfe der von der Nemesis ereilten und bereits hingerich teten sieben Mörder, sondern auch die Portraits ihrer unglück lichen Opfer dargestellt. Es läßt sich denken, daß diese Bilder, die übrigens pro Stück nur 24 Ngr. kosten, ein sehr zahlreiches Publikum um sich versammeln. — Am Sonntag Abend ist eine Rotte von etwa 50 Mann, darunter eine Anzahl Rekruten aus Thum, in die sogenannte Klatzschschünke in Schlunzig bei Glauchau gezogen, um dort Alles entzwei zu schlagen und den Wirth tüchtig auszuhauen Letzterer hatte indeß von den, Vorhaben Nachricht erhalten, deßhalb Fenster und Ausgänge besetzt, sowie ringsum Posten ausgestellt und Gensdarmen requirirt. Die Tumultuanten, welche den Wirth vergebens gesucht, waren nach den furcht barsten Drohreden unverrichteter Sache eben wieder abgezogen, als die Polizei eintraf. Dieselbe setzte Jenen nach und arre- tirte noch in derselben Nacht acht der Hauptbetheiligten,. unter ihnen den Anstifter. Gegen die Theilnehmer ist vom Bezirks gericht Glauchau die Untersuchung wegen Landfriedensbruch eingeleitet worden. — Am letzten Ziehungstage fiel in die Collection von Carl Dümmler in Löbau der Hauptgewinn von 50,000 Thlr., an rvelchein zwei dortige Lehrer die Freude des Antheils davon tragen. — In Meißen ist nunmehr die Schifffahrt durch die alte Brücke wieder freigegcben worden, nachdem die Hebung dss dort versunkenen Kahnes gelungen ist. — Morgen begeht ein sehr hochbejahrtes Ehepaar sein 50jährigeS Hochzeitsjubiläum. Es ist dies der 72 Jahre alte Federviehhändler Gotthelf Großmann und seine 70 Jahre alte Ehefrau in Medingen. Hat das Schicksal das würdige Ehepaar auch nicht gerade mit irdischen Gütern bedacht, so ist doch das I Glück ihres langen Zusammenlebens niemals getrübt worden — In einer der vergangenen Nächte entwickelte sich bei Gelegenheit eines Tanzvergnügens im Gasthof zu Coswig ein ziemlich bedeutender und blutiger Exceß, der damit endigte, das, ein betheiligter Fleischerburschc aus Zitzschewig auf seinem Heimwege noch im Orte, unweit der Schmiede, von einem Zimmergesellen, welcher bei der Rauferei vorzugsweise activ ge wesen sein soll, mit den, blanken Messer nicht unerheblich m den Rücken gestochen wurde, so daß der Verwundete vorläufig wieder in den Gafthof zurückgebracht und ärztlicher Beistand requirirt werven mußte. — Mitte voriger Woche waren eines Abends in einer Wirth'chaft zu Schönbach unter anderen Gästen der Oeconom Gustav Hauptmann und der Maurer Jäckel anwesend. Es kam zwischen den beiden letztgenannten Personen zu verschiedenen Hänselein,, die aber keineswegs einen ernsthaften Charakter an nahmen. Nachdem nun in der ersten Stunde erst Jäckel, dann Hauvtmann das Lokal verlassen Habei,, ist der Letztere in der Nähe der Wirtschaft von Jäckeln abgelauert und überfallen worden Hauptmann erhielt mit einem Stecheisen (denn ein solches fand man später auf dem Platze' einen gewaltigen Hieb auf den Hinterkopf, dann aber wurde ihm von Jäckeln mit einem 'Messer die Oberlippe durchstochen und der Mund bis zum rechten Ohre aufgeschlitzt. Jäckel ist in Haft genommen worden. (B N.) — Oeffcntlichc Gerichtssitzung am 19. Mai. Die am 9. Mai d I. auf unbestimmte Zeit vertagte -Haupt- Verhandlung gegen Joseph Warburton wegen Betrugs und Unter schlagung nahm heute ihren Anfang, da der Grund der Ver tagung durch den inzwischen erfolgten Tod des Mitangeklagten Frage iveggefallen war. Die Eröffnung der Sitzung verzögerte sich etwas, da in Folge von Entschuldigungen zweier Gerichts schössen erst andere GerichtSschöffcn eingeladen werden mußten. Zahlreicher als gewöhnlich war der Zuhörerraum besetzt. Gegen 210 Uhr wurde der Angeklagte eingeführt; es erscheint ein Mann mit weißem Bart und ebensolchen Kopfhaaren, ruhig, und mit festem Schritt nimmt er seinen Platz auf der Anklage bank ein. Vor ihm nimmt als Vcrtheidiger Advokat Grüner Platz, diesem gegenüber Advokat vr. Stein I. als Anwalt des Verletzten. Als Königl. Staatsanwalt fungirt Herr Roß teuschcr. Ueber seine persönlichen Verhältnisse giebt der An geklagte an, daß er 1815 in England geboren sei, nach vollen deter Schulzeit in Spinnereim als Arbeiter gearbeitet habe, daß er nach Deutschland im Jahre 1851 gekommen sei und in Großenhain bei Listcr k Comp, gearbeitet habe. 1855 sei er in Uebigau als technischer Aufseher bei derselben Finna ein gestellt worden und sei 1856 zum Prokuristen aufgerückt. Der Angeklagte ist vcrhcirathet und Vater von vier Kindern, h,t noch Geschwister, namentlich einm Bruder Namens JameS, der in Eiusiand lebt. Angeschuldigter bekennt sich als vermögen« los. Des Angeklagten Bruder James Warburton hatte durch