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«rr 189. »ier;eh«1er Jahrß. Erscheint: «glich früh 7 Uhr. Inserate wrrdc» angr»omi»en: »t«Abe»d»S,Lonn. tag» bi» Mittag» 1L Uhr: Martenstraße 18. Nn,«ig. ta dies. Blatte find»» eine erjolgretchr Berdreitmig Auslage: LV.««» Exemplare. Donnerstag, de« 8. Jnli 18SS' Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Modisch. ^bo«ne»e«t- Vierteljährlich ANgr bei uneutgeldlicherLit' serung in'« H„» Durch die König!. Post Vierteljahr! 22> ?Ngr Einzelne Nurnmern 1 Ngr Inseratenpreise.- Für den Raum eine? gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Eiiigciandt" dte Zeile L Rgr. Druck und Eiqenlhum der Herausgeber: Litpsch öc Neichnrdt. — Verantwortlicher Nedacteur: InlttlS Reilhar-t. » Dresden, der, 8. Juli. — Der k. bairische Consul Gottwalt Ludwig Hesse h er hat den russischen St. Stanislaus - Orden dritter Klasse «Men. — Die beiden Or mast. Johannes Clemens Steinbrück und Friedrich Paul Käppler sind zu Assistenzärzten mit Se- LvndelieutenantSrana im SrnitätS-CorpS ernannt worden. — Der hier beglaubigte und in Berlin wohnhafte königl. rvürttembergische Gesandte, Kammerherr Freiherr v. Spitzem» berg, welcher vorgestern in Dresden eingetroffen und im Hotel Bellevue abgestiegen ist, wurde gestern von Sr. Maj dem Kö nig in besonderer Audienz in Pillnitz empfangen und sodann zur königl. Tafel gezogen. Dem Vernehmen nach wird Baron Spitzemberg sich einige Tage hier aufhalten. — Mit der bereil« gemeldeten Abreise I. M. der verw. Königin von Preußen ist der Fremdenbesuch am !. Hoflager in Pillnitz bis auf Weitere» beendet, und dürste selbiger erst mit Ankunft der Frau Herzogin von Genua nach vollendeter Badecur zu Schwalbach erneuert werden. Voraussichtlich wird sich die Frau Herzogin einige Zeit bei ihren hohen Eltern un seren Majestäten aushalten. Man vermuthet, daß der Prinz Thomas von Savoyen, ihr Sohn, von England aus hier mit seiner Mutter Zusammentreffen wird. Der Prinz Thomas hält sich in England zu seiner Ausbildung auf. Darüber, daß er noch immer als Prätendent auf den spanischen Thron in Aus sicht genommen ist, verlautet sitzt nichts mehr. — — Wir erwähnten neulich schon der nach den Feldacten des sächsischen Generalstabes bearbeiteten Geschichte deü Feld zugeS 1866, namentlich in Bezug auf den Antheil, den das k. sächsische ArmeecorpS daran gehabt und gaben vorläufig eine kurze Erörterung des Inhaltes des sehr elegant ausgestalteten, 406 Seiten exclusive der Beilagen enthaltenden VucheS. Wenn wir auch zugeben müssen, wie mit Berücksichtigung des Um standes, daß das Ganze eine amtliche Arbeit ist, die Leclüre für dm Laien eine weniger p kante sein kann, so darf man dabei jedoch keineswegs verkennen, daß ba» Buch interessante Episoden, die einen tieferen Blick in die Entwicke lung der rasch aufeinander folgenden Ereignisse werfen lassen, genug enthält. Der L ser wird darin bis ins Detail über die Aufstellung und Formation des ArmeecorpS und mit dem Rückzug der Armre auS Sachsen nach Böhme , in der Zeit vom 16. bis 24 Juni bekannt gemacht, er überschreitet im Geist« am 18 Juni in dm frühen Morgenstunden mit dem Gros und der Reserve des ArmeecorpS auf der Straße von Pirna nach Teplitz die sächsisch < böhmische Grenze, sieht früh 7 Uhr bei Hellendoif die Truppen an 8:. Majestät dem Ko ng vorüberblsi iren und dann den Monarchen, ihnm folgend, zu Pferee mit den Worten: ,Nun dmn, in Gottes Namen" dm vateiländischen Vorm auf längere Zttt verlassen. ES folgen Sann die Operationen an der Jser vom 2.6 bi» 29. Juni mit dem Treffen bei Gitschin am letzteren Tage, femer der Rück zug auf die Hauptarmes nach Königgrätz am 80. Juni und 1. Juli, endlich die entscheidende Schlacht bei Königgrätz selbkt mit ihren Vorgängen und nächsten Begebenheiten. Die selbst für dm Laim interessanteste Episode sind wohl die einzelnen Details übe, die Strapazen und mühevollen Märsche der säch sischen Truppen bei ihrem Rückzuge v m Schlachtfelde Ob gleich der Rückmarsch bei der M.hrzahl dir neben dem säch fischen Corps marschirenden österreichischen Truppen in der Nähe von Königgrätz ein sehr ungeregelter, zum Theil aufge löster wurde, so gingen unsere Truppen dennoch in fester, taktischer Ordnung und ruhigen Schrilles bis an die Elbdcsilcm zurück Angefeuert durch die Ossiziere, widerstanden die Ba taillone dem Andrange d-S St'vmeS der zurückgehendm Massen, der sie oft zu durchbrechen drohte, und namentlich über diese Begebnisse spricht sich das Tagebuch eines Osfiziers in sehr interessanter Weise folgendermaßen auS: „Das Bataillon mar schierte, als wir in die Ebene gegen RoSnitz hinabsiiegen, scharf geschlossen und in bester Ordnung ; doch sollte der Marsch nicht lange unbehelligt bleiben. Hintrr dem Walde (von Brschtsa, stießen österreichische Colonnen aller Waffen zu unS, die zwar in gleicher Richtung, aber ohne di« Ordnung, die wir hielten, zurückgingm ES rntstand ein Drängen und Pressen, bald von rechts, Kalo von links, bald von beiden Seiten zugleich, welches e» außerordentlich schwer machte, Ordnung und Zu sammenhang zu erhalten, zunächst aber die Möglichkeit aufhob, mit d:r breiten Front d?r grschloss.ncn Colonne fortzukommen, so daß wir alle Vorthkile, welche diese Form für die Führung bietet, aufgeben und in den Flankenmarsch übergehen mußten. Die Situation ver'chlimmerte sich mit jedem Schritt , die Masse der OesUrreicher nahm immer mehr zu und dis Ordnung der- selben immer nuhr ab; Dörfer beengten dcnW.g, die Haufen preßten sich durch die engen Gassen, durch Hecken und Gärten, Schwärme führe, loser O-sterreicher stopften sich in jede zufällig entstehende Lücke. Jede Uebtrsicht ging verlorm. Es sollie aber noch schlimmer kommen. Es entstand plötz ich ein wirrer Lärm mit Geschützfeuer un erwischt und eine Colonue öfter rcichischrr Reiterei warf sich aus unS, nicht viel anders, als od sie den Feind vor sich hätte. Wo sich nur irgend eine Lücke fand, brachen die Retter zugSwcile durch die Infanterie- colonnen, überall Verwirrung verbreitend, und wo sich keine Lücken boten, suchten sie dieselben mit Gewalt zu brechen. Der Charakter regelloser Flucht prägte sich immer mehr au». Bali wogten wir nur noch in einem Meere von Menschen, Pferden und Geschützen hin, in dessen auf- und niederschlogenden Wellen wir jeden Augenblick urirterzugehen droheten. Hierzu gab uns daS in ziemlicher Nähe hörbare Grschützfeuer die sichere Er wartung. daß der Feind uns dicht auf den Fersen folge und jeden Augenblick glaubte., wir, daß nun die Granaten ver heerend in diesm wilden, widerstandslosen Strom einschlagen würden und, wenn sie ihre Änte gehalten, die preußische Reiterei erscheinen müsse, u» den Rest zur sicheren Beute zu machen. Es war für uns, die wir nicht gesonnen waren, uns selbst aufzugeben, eine furchtbare Lage; bald wurde die Com pagnie in eine lange Linie auseinander gerissen, Kalo ballte sie sich zu einem breiten Klumpen zusammen. Und doch machte eS die Ausdauer und die Pflichttreue unserer braven Leute immer wieder möglich, auf da» fortwährend laute Rufen der Offiziere und Unteroffiziere die Züge und Eompagniem wieder zu sammeln, so daß auch j tzt noch das Bataillon nur auf Augenblicke getrennt werden konnte und mitten in der grenzen losen Verwirrung ein Ganzes bildete, welches sich von der ringsum herrschenden Auflösung nicht anstccken ließ." — In Bezug auf den gestern erzählten Unglücksfall bei Laubegast berichtet uns der dortige Fährmann, daß die Mutter des ertrunkenen Kinde» nicht im Kahne, sondern auf dem Fährbrahm (Fähre) übergefahren ist, während ihre drei kleinen Kinder a« Ufer bei einem Handwagen zurückblieben. Auf welche Weise das Kind nun ins Wasser gekommen und er trunken ist, kann man noch nicht mit Bestimmtheit sagen. — Am Sonntag früh verunglückte in Chemnitz, jedenfalls in Folge eines Krampfanfalle», beim Wasserholen die Ehefrau des Bleich Besitzers Nörer in dem durch das Röder'sche Grund stück führenden Wassergrabm und wurde todt aus demselben gezogen. Alan fand eine der Wasserkannen am Orte des Un glücks vor. Der Eheinann, über den Verlust seiner Frau wahrscheinlich in eine verminderte Zurechnungsfähigkeit versetzt, wurde in Folge seines Zustandes unter Aufsicht gestellt, hat sich derselben ab«, vergangene Nacht entzogen und seinem Leben an der nämlichen Stelle, wo man seine Frau todt aufgefunden hat, ein Ende gemacht. Drei noch unerzogene Kinder beklagen den Verlust ihrer Eltern. (CH. T) — Durch Eröffnung der Eisenbahnlinie DreSden-Chemnitz hat sich nicht nur ein bedeutender Personenverkehr von der bis herigen Tour Dresden Riesa-Chemnitz abgewandt, sondern auch der Frachtenverkehr geht jetzt meist auf der näheren Eisenstraße, der alten ReichLstraße nach dem Südwesten. Auf der Leipziger Bahn hat sich naturgemäß die Frequenz ansehnlich gemindert, was schon daraus ersichtlich, daß dort eine nicht unansehnlich« Zahl von Expedienten als überflüssig verabschiedet worden und meistens in die Bureaux der östlichen Staatsbahnen übergetre- tcn sind. Deutlich zeigt die» der letzte Ausweis der Leipzig- Dresdner Essenbahn, der eine Mindereinnahme von über 120,000 Thalern für die ersten fünf Monate d. I. nachweist, was für das ganze Jahr bei gleichen Verhältnissen ein Minus von nahezu 800,000 Thalern ergeben würde. Sicher ist so nach anzunehmen, daß die Aktionäre der Leipziger Bahn nie mals mehr so hche Dividenden beziehen werden, wie dies in verflossenen Jahren fast regelmäßig der Fall gewesen, deren neue Linie Dresden-Döbeln Leipzig diesen Ausfall nicht zu er setzen scheint. — Der heute als Arnold in Rossini s Tell zum ersten Male hier auftretende Herr Kammersänger Nachbaur von Mün chen wird außerdem noch, wie wir hören, in der Titelrolle des Postillon und als Walther von Stolzingen gastiren. Herr Nachbaur, erst vor Kurzem vom König von Württemberg we gen seiner ausgezeichneten Leistungen decorirt, zählt jetzt unbe dingt nach Wachtel zu den besten Tenoristen der Neuzeit, seine Stimme ist unstreitig eine der schönsten. — D.r Streckenwärter, dem vor einigen Wochen aus dem früheren Albertsbahnhvf, während er dort an einem Gleise eine Beschäftigung verrichleie, die Beine überfahren wurden, so daß ihm ein Fuß sofort abgelöst werden mußte, ist im Ctud-krankenhause gestorben. — — AuS Anlaß der Cxttafahrt in die Schwei,, deren Termin nun immer näher rückt, sieht man jetzt in oen hie sigen Kunsthandlungen zahlreiche Schweizer-Ansichten, vorzüglich schöne Photographier», Karten, Pläne re. zur Schau gestellt. Nebenbei sind „Berlepsch" und „Bädecker" an der Tagesord nung, die einen Hauptartikel in der mannichfachen NeiseauS- rüstung bilcen. — ES machen sich Stimmen laut, daß in auswärtigen ! Blättern schon oft etwa« über Dresdner Vorkommnisse zu « lesen sei, wovon hier Niemand etwa» w.sse. Dabei bemängeln sie die irgendwo m lesende Angabe, daß die angrenzenden Dörfer Blasewitz, Strehlen, Räcknitz, Strießen rc. von der wachsenden Stadt beinahe umringt wären und meint, damit habe eS bei der Mehrzahl der genannten Orte noch gute Wege. Wer aber hier lebt und sich öfter die Mühe nimmt, der Stadt Ausbreitung zu verfolgen, wird die mitgetheilte Notiz für gar nicht so unwahr Halen, da tatsächlich die Re sidenzstadt mit jenen Dorsschaften zusammenstößt und bald ein Ganzes bilden wird. — Auf dem von Beschwitzschm Rittergut« Sornitz bei Meißen ist am Sonnabend Nachmittag Feuer entstanden, durch welches eine Scheune nebst angebautem Schuppen mit dem aus Heu und Strohvorrätherr, sowie au» Wag n, Schlitten, land- wirthschaftlichen Maschinen rc. bestehenden Inhalte verzehrt worden ist. Die Scheune ist zur Zeit, als das Feuer auSge» brachen, verschlossen und der größte Theil der Bewohner de» an den Friedensrichter Strrger verpachteten Rittergutes vom Hasse abwesend gewesen, so daß man sich die Ursache des Feuers nicht erklären kann. Es waren übrigens bald zahl reiche Spritzen und hilfreiche Hände vorhanden, die der wei teren Verbreitung der Flammen Einhalt thaten. — Aus der Srestraße werden die Vorübergehenden vor einem Schaufenster zu einem solchen Appetit gereizt, daß ihnen in aller Wahrheit daS Wasser im Munde zusammen läuft. In dem Schauladen von Flachs Nachfolger dreht sich nämlich eine Gan», im Gebratenwerden begriffen, ohn» Ende fort und fort an dem mechanischen Bratenwender, der sich selbst bewegt und für Hotel« und HauSwirthschaften kein unnützes Utensil zu sein scheint. — In Gövernitz bei Großenhain ist in der Nacht des 1. d. M da» der verrhel. Naumburger gehörige Wohnhaus nebst angebautem Schweinestall ein Raub der Flammen ge worden. Man vermuthete gleich Anfangs, daß da» Feuer in Folge absichtlicher Brandstiftung durch dritte Hand entstanden sei und e» hat sich auch Tags daraus bei dem K. Gerichts Amte Großenhain eine unbekannte Frauensperson, die sich für eine gew Körner au« Geithain auSgiebt, freiwillig eingefunden mit der Erklärung, daß sie da» fragliche Feuer absichtlich und aus Bosheit angelegt habe. Diese Frauensperson ist darauf hin in Gewahrsam genommen worden und eS wird sich bezüg lich ihrer Schuld oder Unschuld das Wettere wohl Heraus stellen — So sehr von vielen Seiten bedauert wird, daß in diesem Jahre so viele junge Sachsen als Soldaten tüchtig ge- fanden worden find, so sehr erfreulich ist es wiederum, daß sich der Gesundheitszustand in unserm Vaterland« derart ge hoben hat, daß nur Wenige vom Militärdienste zurückgewieffn werden mußten. Sicher trägt daS in immer wettere Kreise sich verbreitende Turnen nicht wenig dazu bei, ein kräftiges Geschlecht heran zu bilden. In Dresden besonder» turnen auch viel Damen, unter ihnen viele verheirathete Frauen und auch eine Großmutter. — Johanngeorgenstadt. Am 28. Juni ereignete sich hier der seltene Fall, daß eine ganze Gemeind« — auß- gepfärrdet wurde, nämlich die hiesige Braugemeinde. Der Grund dieser Execution liegt darin, daß Seiten der Landet - mobiliarversicherung daö Kühlschiff im alten abgebrannten Brau hause als durch den Brand unbrauchbar geworden, namhaft entschädigt worden ist. Gleichwohl haben die Vertreter der Braugemeinde dieses alte, entschädigte Kühlschiff ausbessern lassen und im neuen Brauhause wieder verwendet. Daraufhin forderte die Landesmobiliar Versicherung, wie verlautet, eine« Theil der geleisteten Entschädigungssumme zurück, konnte aber bi« zur Stunde nichts erhallen und griff zu diesem, wahr-- 1 chemisch wirk amen Mittel. — Leffentliche Gerichtssitzung am 7. Juli. Zar heutigen Hruptv rhandlung sind zahlreiche Zeugen vo ge laden, namentlich Maurer und Stemmetzm. Dieselben sind meistens durch zwei Diebstähle verletzt welche durch Ausräu mung einer Arbeitsbude am böhmischen Bahnhof und einer dergleichen an der KönigLflraße auSgeführt wurden. Gestohlen wurden namentlich Ardeitsröcke und Schürzen. Der Ste rr- metzmcister Flügel hatte eine Werkstatt am böhmischen Bahn hof, gegenüber dem Circus , die Werkstatt war umzäunt und eS wurde die Zugang?thür Abends regelmäßig verschlossen. Der Eingang konnte dann nur entweder durch U bersteigen der Planke oder durch Erbrechen des Schlrsi-'S erfolgen. Am 26. April, Montags, früh fanden die zu ttrer Arbeit zurück- kehrenden Arbeitsttutc, daß sie seit Sonnabend Abends bestoh len waren. Dem einen fehlte eine Schürze, cin.m andern ein Rock, einem Dritten Stiefeln mit Holzsohlen rc. mit eine« Gesammtwerth von 3 Thlr. 17 Ngr. Am 28. April erfolgt« die Arretur Andreas Kubitz, der schlafend in der Näh« des Annenfriedhosts von Polizeibeamten getroffen wurde und «ran fand bei ihm eine Schürze, welche von den au» der Werk- stattsbud« a« böhmischen Bahnhofe gestohlenen Sachen her-