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- Erscheinungsdatum
- 1869-07-01
- Sprache
- Deutsch
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id501434038-186907018
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id501434038-18690701
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-501434038-18690701
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Dresdner Nachrichten
-
Jahr
1869
-
Monat
1869-07
- Tag 1869-07-01
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Monat
1869-07
-
Jahr
1869
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seltsamen Gebir-Slande«, a!« herrlichsten Gewinn davon eine »»oergingliche, freundliche Erinnerung heimtrogend l — Au« der Tharandter Gegend. Die Aussichten der ^jährigen Ernte sind bi< jetzt sehr günstig; in dem Roggen schief bereits schon längst der Wind fline wogen ken Wellen, und wkyn warme Wirterunz ein.ritt, eilt es schnell seiner Reife entgegen Gerste und Wetzen, durch den kehren durchdringenden und gerade nur rechten Zeit ne tretenden Ge vittrr regen in ihrer Entchi^kelung gestärkt, zeigen vteicnortS durch ihren sä nrarzg'ünen Anblick die innewohnende Fri che und Kraft Daffllde ist über den 'Hzfer zu berichten, dem der obenangefiihrte Gewitterregm ganz besonders zu Statten kam. Welch traurigen Anblick ge währten diese Fluren zu ebenderselben Zeit verflossenen IahreS! Die Felder waren durch die ununterbrochene Trcckenheit, die volle elf Wochen währte, der letzten Feuchtigkeit beraubt, da« Getreide blieb selbst in der besten Feldlage um die Hälfte in seinem Wachsthume zurück und reiste vor der Zeit RapS ge dieh gar nicht, so daß als unausbleibliche Folge die Umarbeitung desselben geschehen mußte Dergleichen verdorrte der Klee, diese für daS Hornvieh unentbehrliche Rührung, bis zur Wurzel; woher es auch kommt, daß in hiesiger Ge.eud in diesem Jrhre äußerst selten ein Kleefeld von nennen«werthem Bestände an- Mtreffm ist. Nur die Kartoffeln, die der anhaltenden Dürre, jedenfalls in Folge ihrer reichen Seifte und der bedeutenderen al- um andere Feldfrüchte liegenden Erdhülle Trotz geboten, waren durchschnittlich vorzüglich gerathcn. Bis jetzt stehen die Feldfrüchte sehr erfreulich. wozu die gelind aufgetroffenen Ge witterregen daS Meiste beigetragcn, und cs schönt sich das Wort zu bewahrheiten, ein gewiiterreiches Jahr ist ein frucht bares. Möge nur der Himmel auch fernerhin unsere Fluren vor jeder schädlichen Einwirkung bewahren! — Leffentliche Sitzung des Schwurgerichts, am ?0. Juni. Schon vor Beginn der heutigen Verhanrlung füllten sich die zum Zuhörerraume führenden Treppen mit Personen, welche der heutigen Verhandlung anwohnm wollten. Eämmtliche Plätze des Zuhörerraums wurden besetzt und auch «in großer Theil der nicht aukgeloosten Geschwornen blieb als Zuhörer im Verhandlunzssaal anwesend. Diese zahlreiche Be- thriligung hatte ihren Grund in dem Umstande, daß zum ersten Male ein politischer Prozeß vor den Geschwornen verhandelt wurde, eine Ankiaze wegen Vorbereitung des Hochoerraths gegen den Norddeutschen Bund Den Gegenstand der Anklage bildet ein in Nr. 2l (vom 23. August 1868) deS hier in französischer Sprache erscheinenden Bulletin international ent haltener Artikel welcher die Überschrift iMmunzu,' eöiuriile trug. In diesem Artikel war Bezug genommen worden auf baS deutsche Schützenfest in Wien und auf die Begeisterung, welche dort geherrscht Hab«; diese« Fest ha^e den aus allen Punkten Deutschlands herbei gekommenen Schützen Gelegenheit gegeben, ihre tiefen Antipathie«» gegen Preußen und dessen neueste Schöpfung zum Ausdruck zu bringen; Graf Bismarck schreckte vor Nichts zurück, und die preußische Regierung boffe, durch Terrorismus zur wirklichen deutschen Einheit zu gelan gen; in Preutzen herrsche eine reactionäre Bewegung, die sich ohne Zweifel über Deutschland mit Ausnahme von Ocsterr reich und Württemberg verbreiten werde. Es Heist dann in dem fraglichen Artikel nach der Übersetzung des verpflichteten Dol metscher-: „Die Völker Deutschlands befinden sich sonach in großer Gefahr; nichts kann sie retten, als ein Krieg, d. h. ein Krieg, welcher die Vernichtung der Herrschaft der Hohenzollern zum Zweck hat, weil es in Europa keinen Frieden und in Deutschland keine Freiheit giebt, so lange diese Dynastie auf einem deutschen Throne sitzt." ES wird weiter darauf hinge wiesen, daß die Bekämpfung der Militärmacht dieser Dynastie außerordentliche Kräfte und Mittel erfordere, man wünsche nicht, daß das Ausland intervenire, sondern man glaube, daß ba« deutsche Volk stark genug sein werde, die Soldaten des Despotismus zu bekämpfen und zu besiegen. Wenn aber Bis marck, diesen Fall vorgesehen habend, ein Bündniß mit dem Lutlande, mit Rußland und Italien schließe, so könne man auch Frankreich um Hilfe angehen. Namentlich die oben an geführten Worte sollen eine Vorbrrevung zum Hochverrate gegen den Norddeutschen Lund enthalten Der Angeklagte Carl August Gottlob v . Otto Walster, 34 Jahre alt, aus Dresden gebürtig. Journalist, vermögenslos, seitdem ihn die Preußen 1866 in Wiesbaden .überfallen" und nach Ehrcn- breitst-in geführt und dann 9 Monate in Braunschweig inter- nirt hätten, bekennt sich nicht schuldig des chm zur Last geleg ten Verbrechens. Derselbe bekennt sich zur Abfassung und Veröffentlichung des in Frage stehenden Artikels. Ter Gedanke der Vorbereitung des Hochoerrath» gegen den Norddeutschen Bund habe ihm ganz fern gelegen, er Hab« nur vcn den Hohen zollern gesprochen und nur die Gefahr geschillert, welche für die deutschen Völker au« den Bestrebungen der preußischen Negierung erwüchse, und in Betracht gezogen, was in solchem Falle ge schehen könne, geschehen werde und solle; er habe nicht gesagt, da» und das müsse geschehen und gethan werden, er habe nicht zum Kriege aufgefordert, sondern nur vom Verteidi gungskriege gesprochen, nicht einen Angriffskrieg im Auge ge habt; er habe nicht die Vernichtung des norddeutschen Bundes, oder der preußischen Monarchie betont, sondern die Vernich tung der Macht der Hohenzollern. Sodann, wie könne ein Blatt, welches seinen Verhält«,ssen nach einen beschränkten Le serkreis habe, die Vernichtung eines Bundes »orb:rei!e>., den 860,600 Bajonette stützten? Durch eine solche Anklage werde dem norddeutschen Bunde der schlechteste Dienst geleistet, denn eS werde dadurch dargethan, daß er durch daS Geringste in seinen Grundvesten erschüttert werden könnte Der Ange klagte schließt seine Erklärung, daß er. es möge kommen, was da wolle, immer die Wahrheit sagen werde. Von Seiten der Verlheidicuog M» Fräazel) wird sodann auf die mangelhafte Uebersetzung deS Artikels vom verpflichteten Tollmetscher auf merksam gemacht, de'silbs babc dis schärfsten, für den Arge k agt n ungünstigsten Ausdrücke gewählt, so sci nt mit . Verni dtuvg", während es doch ar-ch . Schwächung", ,.De- » müthigung' bezeichne, >»ii8?.inco mit .Herrschaft", wägend eS j doch bei weitem mehr „Macht" „Stärke" bezeichne, übersetzt Warden. Weitere Fragen wurden nicht gestellt, cü wurde da- ! her die B meikaufnahme geschlossen und der Geschworenenbank, - die heute aus Rittergutsbesitzer Echterm'yer aus Cunnersdorf, ' Kaufmann Weigand von hier, GuUbrsitzer Schuhmann au« l Seidnitz, Rittergutsbesitzer Ludwig au» Neustruppen, Ritter- gukSbeütz.r Perl aut Glaubitz, Ri<tergutsb»sih,r Schaffer aus Jahnishausen, Kaufmann Reh, Photograph B-ockmann, F'bri kant Rost, von hier, Friedensrichter Barth auü Rad»beul, Nit- tergutsb<!,tzer Baron Palm aus Linz und Schuldirectör a. D. Nr. Nichttr gebildet wurde, vom Gerichtshof die Frage vorge- , legt: , M der Angeklagte schuldig, durch Abfassung und Vr- öffent' cbung des in Nr. 2l, vom 21. Avg. l868 im , Bülletin interna'ional" enthaltenen Artikels unter der Uebrrschrift „tllirom»!»«' xoireralo'' ein« Handlung vorgenommen zu haben, welcher zum Zweck diente, einen gewaltsamen Angriff gegen die V-rfassung dcö norddeutschen Bunde» in der Absicht vor- zubereilen, um diese Verfassung in ihren hauptsächlichen Be- stanotheilen aufzuheben?" Staatsanwalt Roßttuscher bezeich net als Kernpunkt, die Frage, in welcher Absicht ist die Ab fassung und Veröffentlichung deS Artikels geschehen. Dis Absicht könne nicht zweifelhaft sein, der Angeklagte habe selbst die Tendenz des „Büllelin international" dahin definirt, es solle die irt rnationale Idee gegen Preußens CäsarismuS ver teidigen. Die T.ndenz d S Blattes sii also keine Preußen freundliche, sondern eine Pr ußen feindliche. Das Bestreben des Angeklagten, dem Artikel die Färbung einer harmlosen p litischen Betrachtung zu geben, fli mißlungen. Der Per- fasser habe seiner und seiner Partei Ansicht bei den Lesern Geltung verschaffen wollen, er habe von einem Kriege ge sprochen gegen dis Dynastie der Hohenzollern, der die Ver nichtung derselben zum Zwecke habe. Da nun die Dynastie der Hohenzollern identisch sei mit vem norddeutschen Bunde, so habe der Verfasser auch mit einem Kriege gedroht, der die Vernichtung d-s norddeutschen Bundes zum Zwecke habe. Des halb bitte er die Geschworenen, dir Frrge zu b>jähen. Adv. Fränzel vei sichert zuvörderst, kr ine politische Rede halten zu wollen, er wolle aus juristischen Gründen bew-.isen. daß die Verneinung der Lchuldfrage von den Geschworenen zu ge schehen Hab«. Unter dem Beifall deS Publikums, da- wieder holt vom Präsidenten an die Unstatthaftigkeit von Beifalls oder MißfallSbkzeigungen in diesen: Saale aufmerksam gemacht wurde, erörtert der Herr Verchsioigcr mit gewohnter Gründ lichkeit, daß an den norddeutschen Bund gar nicht gedacht wer den könnte derselbe sei nicht erwähnt, die neueste Schöpfung Preußens seien auch die Annr xionrn gewesen, Preußen sei an- g-gnffm, aber Preuß.rrS Köniz habe erklären lassen, daß er einen Antrag auf B strasung wegen Bedingung nicht stellen lasse; scdann müsse aus dem Wortlaut res Artikels gefolgert werden, daß der Verfasse.- an einen Angriffskrieg gegen Preu ßen nicht gedacht habe, der Kri g solle nur angenommen wer- den, rwus !iot'.k>»l«>ro»8 Io combat. nicht begonnen. Redner hofft zuversichtlich, daß die Geschworenen die Schuldfrage ver neinen werden und schließt mit folgenden Worten: „Sollten Sie die Frage verneinen, nun, meine Herren, dann verur- theilen Sie mich gleich mit, denn ich gestehe eü offen, ich bin so weit noch Sachse, ich bin so weit noch Deutscher, daß ich nicht will borusfisicirt sein, ich will dem norddeutschen Bunde angchörig sein; ich betrachte den norddeutschen Bund aber nur als eine Abschlagszahlung auf das ganze große Deutschland. Die Farben sckwarz weiß roth n özen eine Abschlagszahlung auf schwarz roth gold sein, ab>r preußisch, schwarz-weiß mag ich nicht werden, daS hat unter den dermaligen Verhältnissen mit seinem Deficit und mit seiner Hierarchie und schwarzem Jnnkerthum für mich zu wenig AnKck ndet." Auch der An geklagte unterwari die Rede der Staatianwattschafl einer bit teren Kritik. Nach längerer Berathung erklärten die Geschwo renen duich ihren Obmann Schuldirectör Or. Richier den ttn- geklagten für nicht schuldig, worauf der Gerichtshof den Ange klagten freisprach. Tagesgesckichte. Berlin, 30. Juni. Der Ministerpräsident Graf Bis marck hatte gestern eine längere Unterredung mit dem russischen Reichskanzler Fürsten Gortschakoff. Graf Bismark wird heute Abend nach Varzin abreisen. — Der König empfing heute Nachmittag den russischen Reichskanzler Fürsten Gortschakoff, dessen Abreise erst heute Abend erfolgt. Graf Bismarck ver abschiedete sich gleichfalls bei Sr. Majestät. Der König reist, wie jetzt definitiv bestimmt, am 8. Juli nach Bad Ems. Die „Prov. Torrcsp " schreibt: Gras Bismarck wünscht in unum gänglicher Rücksichtnahme auf seine Gesu.rdheit in Erfüllung fernes Berufs soweit Erleichterung, als daS Stratsintereffe dies irgend gestattet. Graf Bismarck dürtte demgemäß für nächste Zeit und bis zur ausreichenden Wiederherstellung seiner Ge sundheit von den Geschäften des Vorsitzes im Staatsministerium beurlaubt werden. Die Leitung der Bundesangelegenheilen führt Graf Bismarck in bisheriger Weise fort. (Dr. I.) Berlin, 29. Juni In dem zu Pelplin erscheinenden polnisch-kirchlichen Wochenblatte „Pielgrzym" schildert ein in der Nähe der neuen Bahnlinie Thorn Insterburg stationirter Geist licher das trübe Nothstandsbild einer Eisenbahnarbeiterfamilie; ein Bild, wie eS Ostpreußen im sogenannten Nothjahre wohl schlimmer kaum auszuweiscn vermocht hat Der Seelsorger schreibt: „Behuf» de» letzten Tröste« gerufen, trete ich in eine der zahlreichen Erdhöhlen und finde dort mit dem Tode rin gend — s, welch' ein schauerlicher Anblick — auf einem Lager au« wenig morschem Stroh ein Weib; neben ihr, auf dem selben Lager, zwei völlig nackce Kinder, ein Stückchen trockener Brodkruste nagend; am Rauchfange ebenfalls zwei Kinder, nur mit zerlumpten Hemden bedeckt, sich an Kohlen wärmend. Um die heilige Wegzehrung einstweilen hirrzulezcn, fand ich in der ganzen Lokalität nur einen mit Bietern versehenen, in die Erde geschlagenen Pfahl, welcher als Tisch diente Der Vater war schon eine Woche früher g«storben Wem sollte das Herz» nicht bluten beim Anblick so rueler Noth? Es warm dort überhaupt nur Verwaiste." Daß der Geistliche hier die nackte Mah heit geschildert Hot, läßt sich schon g'a-rbe.2; une'.klärl'.ch erscheint es uns aber, wie in unserem cwilisirtm La? de solche Dinge Vorkommen können. So meint der ,,Graud Gesellige"; er kann sich solche Erscheinungen mit der „Civilisatwn' nicht zusammcnreimen. Rom. Ein ausführlicheres Telegramm aus Rom, vom 26. Juni, giebt den Inhalt der vom Papste im Consistorium gehaltenen Ansprache folgendermaßen an! Der heilige Vater bedauert da» neue, der katholischen Kirche sehr feindliche Gesetz, welche« in Floren» veröffentlicht ward«» ist und welche« ^>ie Geistlichen der Mrlitäraushebung unterwirft. Nach so viele« anderen Unternehmungen gegen die Kirche, ihre Prediger und ihre Güter fehlen rhm die Worte, um diesen letzten Angriff zu tadeln; auch lobt er die italienischen Bi chofe, weil sie gegen diese« Gesetz prolestirt haben. PiuS IX erklärt, daß der Ka» tholicikmiiS v»n sehr großen Nebeln und Schäden in Oesterreich und in Ungarn heiwg-sucht wird. Dis Nachrichten aus Spa nien betrüben ihn Die russische Negierung fährt fort, die Krche zu verfolgen uno verjagt die Büchöfe fast albr Spren gel, w.il sie den Befehlen deS Statthalters J:su Ckristi Ge horsam leisten wollen Man hindert sie daran, aus dem russi schen Reiche hinaus zu gehen, selbst wenn der Nutzen der Kirche es erfordert, und man erschwert mehr und mehr die Verbind urigen der Gläubigen mit Rom. Der Eifer und die Festigkeit, die von den Bischöfen für die Vertheidigung des KatholiciSmuS entfaltet werden gegen den Unglauben, trösten dm Papst in seiner Bekü»rm:rnlß und er hofft, der CleruS (niedere Geist lichkeit) rverde dein EpiScoptt (den Bischöfen) nachahmm. Der souveräne Papst kündigt schließlich dm Feinden der Kirche an, daß da- Gericht Gotte« gegm sie schrecklich sein wird, und er empfiehlt sodann an. den Himmel zu bitten, daß er die «er- irrtm Menschen wieder auf den rechten Mg zurückführen und daß er überall der Kirche dm Sieg verleihen möge. Madrid, 29. Juni Infolge der Verwerfung der bean tragten Einführung der Schutzzölle durch die Cortes ist eine theiliveise Umgestaltung des Ministeriums wahrscheinlich. Wie es heißt, würden aber Prim (Ministerpräsident und Kriegs- minister) und Topete (Marine- und Colonialminister) ihre Stellungen behalten. (Dr. I) * Vom Herzog von Montpensier. Von dem spa- ni'chen Krsnprätmomten, dem Herzog von Montpensier, er zählt Alton Shee, der demokratische Expair von Frankreich, in seinen „Erinnerungen" folgende Geschrchte, die uns einm tie fen Blick in die Misere des Hofleben« thun läßt. Es war am 24. Februar 1x48 und in den Tuilerien herrschte große Verwirrung. Louis Philipp hofft- noch immer, der Abdankung sich entziehen zu können und durch Zugestäncnisse den Sturm zu beschwichtigen, der gegen sein Schloß heronbraufie. Die Königin war in Thränm aufgelöst un beschwor ihn, nicht zu wanken; Bugeaud rieth zum Widerstande, die Prinzm schwie gen, nur der Herzog vsn Rkontpensicr, der jüngste von Allen, der für die Krone seiner Dynastie, also für seine eigene mit fürchtete, drang mit der unanständ gsten Heftigkeit in seinen Vater, abzudankm. Gira din trat in den Saal und rief: „Alles ist verlorm, Sire, wenn Sie nicht abtreten!" Die Königin rief: (Alton Shee erzählt al« Augen und Ohren zeuge) „Nie, nie, «ein Gemahl! Ziehm Eie dm Untergang der Schande vor. Ein König von Frankreich darf nicht als Memme vom Throne scherden ' Der Greis kämpfte mit sich selbst, Nemours blieb stumm; die Wittwe von Orleans, die schmer ensreiche arme Helme, schluchzte und war hysterischen Krämpfen nahe. Da schob Montpensier seinen Bat-r heftig an den Schreibtisch, packte ihn bei den Schultern und schrie: „Unterschreiben Sie, Srre, sonst sind Eie verloren und wtr Alle. Ha)M Sie denn dm Verstau» verloren?" Der alt» König ward furchrbar bleich. Er nahm die Feder und schrieb langsam, mit großen Buchstaben, ohne zu zittern, die Abdank ung nieder. Als er fertig war, beugte sich sein Sohn gierig forschend zu ihm hinab, um den Inhalt de« verhängnißvollm Blattes zu lesm, da ergriff der König die noch tinten- gesüllte Feder sti ß sie heftig Montpensier ins Gesicht, so daß dasselbe ganz schwarz wurde uns schrie: „Eienrer, bist Du jetzt zufrieden? ' Da« obe- citirte Werk ist überhaupt reich an zeitgenössisch n Skizzen von hohem Interesse. Der Verfasser lebte lange an dem Hofe des „grimm n Nicolas" in Peters burg und erzählt die frappantesten Gesch'.cht n von dies«* „MemnonSsärrle des Despotismus". Emma: wohnte Alton Shee einer Revue bei 20 Grad Kälte bi. Dr Kaiser war schlecht gelaunt und sagte zum comrnandirenden Genera': „Wie sehen die Kerle wieder aus! Wie sitzm ihnen die Röcke, Laßt sie lieber nackt gehen!" Und auf der Stelle commandirte der gehorsame Diener: , Die Kleider ab!" Und der 20 Grad Kälte standen die „treuen Moskowiter?" einen freilich kurzen, aber sehr merklichen Morrunt lang da. wie sie Gott geschaffen. Der Kaiser lachte und ritt von dannen Ferner erfahren wir, wie gehorsam nicht nur Generäl«, sondern auch „hohe Civilrsten" dort sind. Im Winterpalais rvar großer Hofball. Der Ge neral-> Jatenvant der kaiserlichen Vergnügungen hatte einen Schnitzer gemacht und es war irgend ein Coliüon mißglückt. Dieser Herr war Mitglied der „höchsten Rangktasse" und mit allen Titiln und Ordm ge'chrnückt, natürlich auch Excellenz. E» zitterte vor der Absetzung, aber NicolauS war gnädig. Er dictirte dem Vergeßlichen als Straf«: „Von 1 Uhr Nachts an, wo der Ball zu Ende war, bis Morgens 6 Uhr ganz allrin im Saal auf und ab zu gehen und zu sagen: „Ich din ein Esel! Ich bin ein großer Esill" Und die Excellenz that da« gewissenhaft und zeigte dadurch, daß sie wemger Esel als — Hund war. * Au« Nosenthal in Kurhessm wird ein Vorfall berich tet. der sich auf einem in der Nähe gelegenen Dorfe ereignet hat und davon Zeugnitz ablegt, bis zu welcher Überspannung die Gemütber durch eine fanatische Geistlich! it erhitzt werden können. Ein junzer Bursche, der einer extremen kirchlichen Richtung schon längere Zeit anbirrg, wollt« ,n der Nacht vom 14 Juni eine Vision gehabt haben, in der ihm der Teufel leibhaitig dm Auftrag gegeben habe, seinen Vater umzubringen. In einer -weiten Vision ruft rhm Christus zu: ärgert dich deine rechte Hand, so haue sie ab und wirf sie von dir. Der Burscke gebt in die Küche, nimmt ein Hackmesser und haut sick die rechte Hand ab. Als der >)>. H zur ärzrlichen Hilfe h-rveigerufen wurde, fand er die abgehau-.ne Hand auf dem Tisch? liegend. * Per Kabel zurückgcholt. Der Kassircr eines Frankfurter Bankiers, welcker jüngst mrt 70,0 Gulden durchging, wurde in Amerika (New -Vor!) abgesaßt und besmocr sich schon auf der Heimreise.
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