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Rr. 100. Bimevuts Iatrß c-rschemt: ««ttch früh 7 llhr. Inserate »erdru angenommen: ttsUbend»S,To«n> lag» bis Mittag» 12 Uhr: Martenstraße IS. Myrig. in dies. Blatt« Wddrn eine erfolgreich« B«rbreitung. Auslage: Exemplar». Somabend, den 10. April 1869. Tageblatt Kr Unterhaltung nnd Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drodisch. Druck und Eigenthnm der Herausgeber: Liepsch öl Rkilhardt. — V<rai,twottlicher Redacteur: Julius Vrklhardt. Abonnement: ; Bietteljahrlich 20 Ngr. bei unentgeldlicherLi«« ferung in'« Hau». Durch die königl. P^Z vierteljähil. 22^ »Ngr. Einzelne Nummrr» 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum ein«! gespaltenen Zetl«: 1 Ngr. Unter „Eing»g sankt" die Zrtl» .1 2 Ngr. Dresden, den 10 April. — I. Maj. die Königin Augusta von Preußen ist ge stern Mittag in Begleitung unseres Königs hier eingetroffen und i»i königl. Schlöffe abgestiegcn. Se. Maj, der König war der Königin bis Priestewitz entgegen gefahren. Bei ihrer An kunft in Dresden wurde die Königin iin Bahnhose von säinmt- lichen Mitgliedern des königlichen Hauses empfangen und von der Generalität und den Spitzen der Behörden chrcrbietigst begrüßt. — Nachmittags 4 Uhr fand bei II. KK. MM. Fa milientafel statt, zu welcher auch Se. K. H. der Erbgroßhcrzog von Mecklenburg-Schwerin und der königl. preußische Gesandte nebst Frau Gemahlin geladen waren. Im Gefolge I. Maj. befinden sich die Oberhofmeisterin Gräfin v. d. Schulenburg - Burg-Scheidungen, die Palastdame Gräfin v. Oriola und der Oberhofmeister Graf v. Nefselrode. — Se. H. der Pinz Herrmann von Sachsen-Weimar ist vorgestern nach Weimar abgeceist. — Dem Obersteiger Gustav Adolph Schlegel bei Ber einigt Feld im Fastenberge bei Johanngeorgenstadt ist aus Anlaß seines fünfzigjährigen Bergmannsjubiläums die zu dem Albrechtssrden gehönge silberne Medaille verliehen worden. — Eine hiesige, durch ihren Wohlthätigkeitssinn bekannte Dame wurde vor einigen Tagen in eigenthümlicher Weise be schenkt. Ein junger Mensch nämlich, der auf ihre Neigung zum Wohlthun speculirte, sandte ihr die Photographie des Präsieenten Grant nebst einem äußerst devot gehaltenen Schreiben, worin er die Dame bat, das Bild des berühmten Generals zu acceptiren und sich vielleicht zu einer kleinen Gegenleistung in klingender Münze bereit finden zu lassen. Leider wurde die Absicht des Bittstellers durchschaut und Ge neral Grant für diesmal nicht honorirt. — — Einem in der "Nähe der Ostraallee wohnhaften Blumen liebhaber ist in der vorvcrgangenen "Nacht ein eben so bübischer als pecuniär empfindsamer Streich insofern gespielt worden, als ihm ein unbekannter Dieb eine große Anzahl der schönsten Nosenbäume aus seinem Garten gestohlen hat. — — Unter den Beamten der östlichen Staatsbahnen er regte eS vorgestern Abend große Foude, als eS bekannt wurde, daß der verdiente OberinGector Tauberth, welcher zur Be- trübniß seiner vielen hiesigen Freunde nächstens nach Zwickau übersiedeln wird, das Dicnstprädicat „Sraars- eisenbahn-Betriebsdirektor" erhallen hat An dieser Freude nahmen auch von den im Bahnhofe anwesenden Gästen alle die Thcil, welche den in weiten Kreisen hochgeachteten Mann kannten und Glückwunsch folgte auf Glückwunsch. — Bei der gestern Vormitlag von der Wohlfahrtspolizei auf den hiesigen Märkten vorgenommenen Revision der Butter wurden 113 Näpfchen zu leicht b-funden und deshalb confircirt. — Auch Dresdens katholische Bewohner werden den mor genden Tag, den II. April, nicht ohne eine besondere Feier vorübergchen lassen. Die hiesigen katholischen Bereine werden die Secundizfeier des heiligen Vaters, die in der ganzen Welt, selbst auf den fernsten Inseln in den Missionen, ein Festtag ist, ebenfalls begehen; so unter Anderen der katholische Gesellen verein Sonntag Abends 8 Uhr im Bereinslokale auf der Neinhardtstraße. — In Lichtenstein hat ein dasigcr Bürger dem Schulfond der Stadt eine Schenkung von 6000 Thalern gemacht und dabei bestimmt, daß von den 301 Thalern jährlicher Zinsen 2üO Thaler zu dein Mehrauswandc, den die erfolgte Schul reorganisation veranlast, ,60 Thaler als Gratisication für zwei Lehrer, die sich durch Fleiß und Tüchtigkeit hcrvorthun, sowie außerdem noch 75) Thaler bereits fällige Zinsen zur Unter stützung bedürftiger Lehrer verwendet werden sollen. — Der alte bekannte herrschaftliche Sitz „WackerbartSruhe" in Niederlösnitz ist neu aus seinen Ruinen erstanden. Die Vorübergehenden, die sonst dort eine ängstliche Stille bemerkten, sehen jetzt dort wieder Wasserkünste ihr Spiel treiben und den ganzen Bau in großer Neugestaltung, den Park verschönert, und bald wird auch der Lenz seine Draperien dem Ganzen «npassen. — Man sieht es sehr häufig, daß Kutscher, welche schwere Lastwagen führen, sich aus Bequemlichkeit auf die Deichsel der selben setzen und wohl auch gar während der Fahrt einschlum- mern. Auf diese Weise ist schon häufig Unglück passirt und erst vor einigen Tagen wieder ist in Evlditz ein 60jähriger Handarbeiter während der Fahrt von der Deichsel herunterge fallen und dermaßen überfahren worden, daß er sofort seinen Geist aufgab. — Ein auf der böhmischen Bahn vorgestern hier ange kommener Fremder legte in der Bahnhofsrestauration seinen Koffer rc. nieder und entfernte sich auf einige Zeit, ohne Je mand mit der Ueberwachung seines Eigenthums zu beauftragen. Bald nach seinem Weggänge kam ein anderer Unbekannter, setzte sich ungenirt neben die Effecten, als ob sie ihm gehörten, ließ sich mit dem Kellner in ein Gespräch ein und verlangte Bier. Nachdem das Verlangte geschafft worben, entfernte sich der Mann unter Mitnahme der Sachen, so daß der Eigen- thümer bei seiner Rückkehr zum nicht geringen Erstaunen sich bestohlen sah. Man vermuthete nun, daß der Dieb sich nach dem Dampfschiffe gewandt habe, weil er mit dem Kellner von seiner Reise nach Böhmen gesprochen. Es ward schnell ein Dienstmann als Führer rcquirirt, der den Bestohlenen nach dem bald abgehendcn Dampfschiffe geleitete; aber kein Mensch erschien, der die vermißten Effecten gehabt hätte, und miß- muthig schlugen die beiden Forscher den Rückweg nach dem böhmischen Bahnhofe ein. Da begegnet ihnen am Eingänge der Schloßstraße ein Mann mit einem Koffer; der Bestohlene lispelt dem Dienstmann zu: „Das ist der meinige; laufen Sie schnell nach der Polizei!" Ein Gensdarm erscheint bald und der Dieb nahm in seiner Begleitung den bekannten Weg, wäh rend der so glücklicher Weise wieder zu seinem Eigenthum Ge kommene nun dem gütigen Verhängniß dankte, daS ihm so bald geholfen. — Uebcr die begonnene Tuchmefse in Leipzig wird von zuverlässiger Seite berichtet, daß bei lebhaftem Geschäft Mode sommerstoffe sehr gesucht sind und wesentlich höhere Preise be zahlt wurden. Spremberger Waare behauptet letzte Frankfurter "Meßpreise, während schwarze Tuche wenig gefragt sind. — Unsere Diebe haben wieder einmal einem Armen das Wenige genommen, was er noch hatte, und dabei so zu sagen, reinen Kehraus gemacht, indem sie am vergangenen Mittwoch Nachmittags zwischen 2 und 3 Uhr in die Souterrainwohnung des Hau'cs Nr. 44 der Mathilvenstraße einbrachen, die von ihren Bewohnern, einem Dienstmann und seiner Frau, die zu gleicher Zeit das Hausmannsgeschäft daselbst mit besorgen, ver schlossen und für den ganzen Nachmittag verlassen war. Als die Aermsten Abends spät vom Tagewerk nach Hause kamen, fanden sie Alles offen und leer; nur die Kleider auf dem Leibe waren ihnen geblieben. Eine Spur der Diebe ist noch nirgends gefunden. — Die Verstärkung der Dresdner Garnison, welche aus dienstlichen Rücksichten am 1. Oktober d. I. erfolgen soll, wird der Stadt Dresden, falls die Verquartierung der Mannschaften durch deren anderweitige Unterbringung in fiscalischen Gebäu den nicht noch durch die erhobenen Gegenvorstellungen abge- wcnvet werden sollte, einen jährlichen Aufwand von mindestens 30,000 Thalern verursachen. Dieser neuen drückenden Be lastung würde nur durch Erbauung einer Kaserne oder durch Leistung eines ansehnlichen Beitrags hierzu ein Ende gemacht werden können. — Die Osterzcit ist die honigsüße, wo die Biene ihren säuern Schweiß hergeben muß. Jndeß Kunst und Natur er leichtern ihr in der Neuzeit das Geschäft, indem auch aus den Trauben eine Art Honig gewonnen wird. So wird jetzt in "Neuwied am Rhein ein sogenannter Brusthonig aus vollkommen reifen, dort gewachsenen Trauben gefertigt, dem ein Decoct der edelsten und heilsamsten Brustkräuter bcigcmischt ist, der durch die Empfehlung der Aerzte als heilkräftig für eine Menge Brust und Unterleibskrankhciten bereits weiteren Eingang ge funden. Für Dresden hat Herr Ferdinand Elb das Depot übernommen. Zu gleicher Zeit empfiehlt sich daselbst ein va terländisches Fabrikat aus Chemnitz, das unter dem "Namen „Bauers deutscher Porter" Chemnitz seinen Geburtsort nennt und die gutachtliche Anerkennung medicinischer Coryphäcn be sitzt. Jedenfalls steht cs dem echten Londoner an Güte gleich, wenn auch der Preis bedeutend billiger ist. Es vereinigt alle Bortheile der sogenannten Malzextrakte in sich, jedoch ist der unangenehme Geschmack derselben hier vermiesen. — Beim Herannahen des Frühlings und der schöneren Jahreszeit erwacht im Menschen die Reiselust. Was Wunder, wenn die Sehnsucht, fremde Länder zu schauen, auch in die Brust eines Prager Jünglings, Schüler einer dortigen Anstalt, einzog Es trieb ihn hinaus in die Ferne, aber leider stand der Inhalt seines Portemonnaies nicht im Einklänge mit seiner Wanderlust. Bereits in unserem Elbflorcnz waren ihm seine Geldmittel ausgegangen. Obschon es ihm hier glückte, eine gut- müthige Seele zu finden, welche sich von ihm anpumpen ließ, so waren die Ergebnisse dieser Anleihe doch nicht der Art, um lange vorzuhaltcn. Ein zweiter „Pumpicr" fand sich nicht, und so blieb unserem Touristen schlüßlich nichts übrig, als sich in die Arme der Behörde zu werfen, die in ihrer bekannten Für sorge für alle hcrbcrgS- und mittellosen Cubjccte, auch ihm ein Asyl einräumte. — Helena-Schubert. Nachgerade fange ich denn doch zu glauben an. daß das Dresdner Theaterpublikum etwas Philisterhaftes hat. Denn wie wäre sonst möglich, daß es selbst durch das Gastspiel einer Laura Schubert nicht aus siincr Altazs-Lethargie aufgerüttelt werden kann? In jeder andern Stadt würde ihr Name ein Magnet sein, welcher Haus und Kaffe füllt, — hier in Dresden spielt sie vor leeren Bänken. Da möchte der Teufel Thcatcrdirector sein. In Berlin hat Fräulein Schubert diese Helena über IbO Mal gespielt und gerade in dieser Operette einen ihrer glänzendsten Triumphe gefeiert. So und nicht anders denke ich mir die Pariser Hortense Schneider, für die Offenbach diese Helena geschrieben hat. Laura Schubert, di« vor acht Jahren hier gastirt hat, scheint sich geradezu verjüngt zu haben: sie ist pi kant vom Scheitel bis zum Schuhbande, eine Helena, die man wie einen Apfel in zehn Scheiben zerschneiden kann, von denen jede Einzelne wieder eine ganze Helena, das geborne onre- ot-ckomi aller weiblichen Reize und reizender Weiblichkeit ist, eine Erscheinung, die nichts gemein hat mit den sogenannten Dutzend-Soubretten, denen bei aller Komik ein Beigeschmack von Langeweile anklebt, welche — bei mir wenigstens! — Sodbrennen erregt. Ich kenne Soubretten, deren hausbackene Schablonen Komik geradezu unerträglich ist. Wäre ich gezwun gen, einen Vergleich zu ziehen zwischen Helena Hänsel und Helena Schubert, so würde ich sagen, daß Letztere zur Erster» sich wie eine Trüffel zur Mohrrübe, wie eine Auster zu einer Pfahlschnecke, wie Patschouly zu Heu-Bouquet verhält. Bei Jener ist fast Alles — Copie, bei dieser dagegen ist alles — Original. Die Frivolität der Erstem verhält sich zur Frivolität »er Letztem wie Kümmel zu Maraschino, wie Nord häuser zu Chartreuse, wie Eßlinger Schaumwein zu Veuve Cliquot. Laura Schubert versteht das Frivole dergestalt zu gaziren, daß es dadurch nur pikanter wird. Man sehe ihre Helena, und frage sich, ob diese Parthie reizender dargestellt werden kann, als durch sie, die ganz und gar dazu geschaffen ist. Man sehe sie gerade als Helena und frage sich, ob ich Recht habe, wenn ich sage, daß sie darin unvergleichlich ist. E. M. Oettinger. — DaS Glauchauer Tageblatt meldet aus Glauchau: Kürzlich sowohl, als am vergangenen Jahrmarkts ist es vor gekommen, daß jüdische Händler aus Berlin hier mit Hssenzeug hausirt und dabei insofern, bei höchst zudringlichem Benehmen, argen Schwindel getrieben, als sie das Zeug hier und da für Buckskin ausgcgeben haben, während es nichts weiter ist, als gedruckter Barchent, der täuschend dem Buckskin nachgemacht ist. Der Preis von 1 Thlr. 10 Ngr. bis 1 Thlr. 20 Ngr., für welchen sie gewöhnlich das Stück Zeug zu einer Hose lot- geschlagen haben, ist nun zwar ein entschieden niedriger und kann Jedem sagen, daß es kein Buckskin sein kann, allein das Zeug ist so schlecht, daß es kaum die Hälfte dieses niedrigen Preises werth ist. Außerdem ist im vorigen Herbste und kurz vor Weihnachten ein ähnlicher Schwindel mit Damen Shawl- lüchern verübt worden, rndem sie solche für gute, rein wollene Wiener Shawltüchcr ausgebotcn und, bei theilweiser Annahme von Waaren in den Kaufpreis, das Stück für 16 bis 20 Thlr: verkauft haben, während sich hinterdrein ergeben, daß die Kette zu diesen Tüchern lauter Baumwolle ist und der wahre Werth eines solchen Tuches höchstens die Hälfte des gezahlten Kauf preises beträgt. J>tzt ist es nun der hiesigen Polizei gelun gen. in einem gewissen Aron Schlesinger und Rudolph Hirsch berg aus Berlin zwei dieser Schwindler zu entdecken und in Folge der zu ihrer Habhaf:werdunz unternommenen Schritte dieselben auf ihrer Fahrt von "Meerane nach Chemnitz bei ihrer Ankunft daselbst zu erlangen. Obwohl dieselben der kriminel len Bestrafung wegen des sich schuldig gemachten Betrugs bei Verträgen dadurch entgangen sind, daß sie durch gewährte Geldenischädigung die Zurückziehung der von den Verletzten gestellten Strafanträge bewirkt haben, jo sind sie doch wegrn des betriebenen unbefugten Hausirhandels polizeilich bestraft und schließlich über die Grenze gewiesen worden. Ihre Auf gleisung und Entlarvung gewinnt darum noch an Werth, weil dieselben die Märkte in den verschiedenen Städten Sachsens frcquentirt unv ihre Schwindeleien jedenfalls nicht blos hier, sondern auch an allen den Orten, in denen sie gehandelt, ge trieben und gewiß schon viele Leute mit ihren Waaren in gleicher Weise wie hier beglückt haben würden. Im Interesse des Publikums unterläßt man daher nicht, auf dergl. Schwind ler aufmerkiam zu machen und vor ihnen und ihren Versicher ungen der Re.llilät ihrer Waaren zu warnen. — Vorgestern Nachmittag gingen auf der Mcißnergaffe ein Paar Pferde durch, die einem Düngertransportwagen vorge spannt waren. Auf dem Palaieplotz trennte sich in Folge eines Anpralls der Wagen in zwei Theile, der Hintere Theil nebst dem auf dem Wagm befindlichen Fasse blieb dort zurück, während die Pferde mit dem vorderen Theil nunmehr ihren Weg über die Maricnbrücke, entlang die Ostra Allee und Pack- holstraße über den Theaterplatz nahmen, woselbst e» einem Soldaten gelang, sie in der Gegend der alten Elbbrückc auf- zufang:n. So ungtstüm der Lauf der Pferde, und so lang die Tour war, die sie durchlaufen, so hat man doch nicht ge hört, daß dadurch Jemand zu Schaden gekommen ist. — — Uebcr ein Eisenbahnunglück auf der Niederschlesisch- Märkischen Bahn am Abend des 6. berichtet die „Schl. Ztg."; Als die Locomotioe zwischen den Bahnwärlerbuden Nr. 28 u. 29 anlangte, stürzte dieselbe von dem b—6 Fuß hohen Fahr-