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Mcheint: «gltch früh 1 Uhr Avsrralt »nd«n angrn»mm«»i »«» Abend» S.Eonn- tagt dt» 1» Uhr: Martenstras» 1>. A»z«I, t» dt«!. Blatt« A»dm«ill, r>1»lgr«tch« Bobntluiisi Luflag«: A».««»« «s«M-lsN »«WMW«IW»»»»«»«««WW8WVS^^S»S Dresden, dm 30. Octvberl — II kk. HH. der Kronprinz und Prinz Georg haben sich vorgestirn mit dem Früh-Schnellzuge nach Leipzig, und von dorr nach Liebmau zur Jagd begeben — — I K H. die Prinz« sin Amalie ist vorgestern Mittag 12 Uhr von München wieder hier eingetroffen. — II. KK. HH. der Prinz und die Frau Prinzessin Georg nebst hoher Familie haben gestern das Palai» auf der Langenstraße bezogen. — Der Bürgermeister lti. Hertel hier hat den !. preu- ßischen Kronen-Orden dritter Klaffe erhalten. — Oefsentliche Sitzung der Stadtverordneten, am 28. October. Der Stadtrath zeigt an, daß er der Be schwerde der Stadtverordneten in Bezug auf die Verordnung drr Po'lzeidirection, das hiesige Dienstmannwesen betr., beige- treten sei und Bericht an das Ministerium de« Innern er stattet habe. Was den zweiten Antrag der Stadtverordneten betrifft, hinsichtlich der Überlassung der alleinigen Competenz des Dienstmannwssens an die Polizeibehörde, so giebt der Stadtrath ausführlich Mittheilung, was ihn zu dieser lieber- laffung bewogen habe; er hofft, daß nach Prüfung der vorge- brachte»» Gründe das Stadtvsrordnetencollegium davon absehen wird, die Beschwerde an daL Ministerium des Jauern wegen dieser Angelegenheit noch sortzuführen Prof I>r. Wigard weist darauf hin, daß einer von den autorisirten Dienstmann- JnstitutSinhabern seinen Leuten gekündigt habe. „Wenn irgend je wir eine glänzende Beistimmung zu den Anschauungen, die wir vertreten haben, hätten erwarten können, so ist es dieser Vorgang, denn er zeigt Ihnen, meine Herren welche Unsicher heit eine große Anzahl von Dienst oder ArbeilLleuten immer dann unter unü haben werden, wenn sie von einem einzelnen Manne abhängig sind." Auch andere Inhaber von sogenann tcn autorisirten Instituten könnten den Vertrag zwischen ihnen und ihren Leuten kündigen, oder derselbe könnt« durch Tod oder Bankerott aufgelöst werden. „Da« sind alles Vorfälle, -ix, wie ich wenigstens vermuthm muß, der Polizeidirection gar nicht vorgeschwebt haben, denn sonst würde sie unmöglich solche Bestimmungen haben erlassen können, durch welche in kurzer Zeit eine große Anzahl von Arbeitern aufs Trockene geletzt sind." 175 Personen würden jetzt brodloS, eS sei not wendig, daß etwas geschehe, denn es sei eine Gefahr für die Stadt, wenn so viele Personen auf einmal außer Beschäftigung seien. Dieser Vorgang zeige ncht deutlich das Unpraktische und die Unhaltbarkeit dos polizeilichen Regulativ!; nur die B.ldung freier Genossenschaften se» am Platze und würde helfen. Dazu komme, daß man früher alles und jedes Ab- zeichen verboten hätte und jetzt, nach den betrübenden Vor fällen, wieder Kalmuck und eine eigenthüarliche Mützenform gestatte. „So kann eS in unserer Stadt nicht fortgehrn, und ich glaube auch, daß Sie damit einverstanden sein werden, daß diele Willkür, wie sie nun einmal unleugbar in diesem ganzen Polizeiregulatioe und in dem ganzen Wesen des polizeilichen Treibens vor uns liegt, in der Weise nicht sortgehm kann; ich habe deshalb einen Antrag eingcbracht, der so laute!: Die Stadt oerordneten »vollen beschließen: !) unerwartet des über das neueste Communic at des SladtrathL bezüglich dcS Dienst- mannwesenS zu erstattenden Referats der VerfassungSDepu tation ein Gesuch an das Ministerium des Innern unmittel bar und dahin zu richten, daß den der Expreßcompagnie der Zeit angehörenden Dienstmännern gestattet werde, zu einer Dienstmanngenoffenschaft mit Gestattung der Tragung ihrer bisherigen Kleidung und Auszeichnung zulammen zu bleiben, beziehendltch zusammen zu treten; 2) auf die Aufhebung drö polizeilichen Regulativs das Dienstmannwesen betreffend und den Erlaß eines neuen, auf den Grundsätzen der freien Genoffenschaft fußenden Regulativs unter Beschränkung der Polizeigewalt auf das ihr zustehende Maß des AufsichtSrechtS bei dem Ministerium des Innern anzutragen; 3) ingleichen darauf bei demselben Ministerium anzutragen, daß der ver fassungsmäßigen Lande-vertretung ein Gesetz über den Umfang der Befugniffe der LerwaltungS- einschließlich der Polizei-Be hörden und über deren Strafbefugnisse und Gebührenansprüche zur Verfassung« mäßigen Zustimmung vorgelegt werde; 4) ins besondere bei der EtaatSregierung um Erlaß eine» Polizei- flrasgesctzbucheS und einer Polizeistrafprozeßordnung auf ver fassungsmäßigem Wege zu bitten, und 5) den Stadtrath zu ersuchen dahin unverweilt wirken zu wollen, daß die Sicher heitSpolizei wieder unter seine Verwaltung zurückgelangt." Gegen Antrag «ab 1, der sofort zur Berathung und Beschluß fassung gestellt wurde, erhob sich Stadt». Walter; derselbe be dauerte zuvörderst, daß in das Materielle der Sache j tzt ein- gegangen würde, dies sei gefährlich, er warne daher, sich in das Dienstmannwesen zu mischen, denn wie man sich jetzt der rothen Dienstmänner annehme, müsse man dann sich auch der gelben und blauen annehmen, wenn ähnliche Vorkommnisse ei,»treten würden. Dem Vernehmen nach hätten auch die an deren JnstitutSinhaber gekündigt, das Regulativ sei demnach illusorisch, dtnn Niemand mache Gebrauch davon. Man solle den praktischen Weg betreten; da« Ministerium solle Männer au» den verschiedensten Kreisen zusammenrufen und mit Ent- wersung eines Regulativs betrauen, dann würde Etwa» ge schaffen werden, was sich bewähren würde. Schmidt I. tritt dem Anträge Wigards bei und weist darauf h n, baß die Dienstmänner der Expreßeompagnie bereits Schritte gelhan haben, um zu einer freien Genoffenschatt zusammen zu treten. Itr. Spieß ist gegen den Antrag und hält die Stadtverord neten nicht für berechtigt, für die rothen Dienstmänner in der Weise einzutreten; wenn nun diese die Intervention des Col legiums anzunehmen sich weigerten ? Redner bedauert diesen Antrag, wie er denn auch sagen müsse, daß in den Tagender Unruhen ihm Aeußerungen zu Ohren gekommen wären, daß die Stadtverordneten nicht ganz ohne Schuld wären, daß es so gekommen, wie eS geschehen sei, manche Aeußerung hätte damals verm eden werden können Dir. Fröhner hält den Antrag für den einzigen Ausweg, aus einer total verfahrenen Sache herauszukommen. Henklrr hält die Parteinahme für einen Thell der Dienstmänner für sehr gefährlich und außer der Competenz des Collegiums liegend; Ado. Hrncl: so lange nicht eine Gefahr für die Stadt entstünde, dürfe man sich nicht in d»S Innere der Dienstmannsrage mischen. Or Schaff rath hält den Antrag für richtig und annehmenSwerth; übrigens könne er seinen Unwillen gegenüber der Aeußerung des Ur. Spieß nicht unterdrücken, als ob die Stadtoeiordneten an den letzten bedauerlichen Ereignissen irgendwie Schulv seien, er de. dauere es, wenn Ur. Spieß nicht mit Energie diese ganz un würdige Verdächtigung und Verleumdung zurückgewiesen habe. Nicht die Stadtverordneten seien Schuld, sondern die Schuld falle auf Diejenigen, welche nach unserer Ueberzeugung gegen Recht und Gesetz gehandelt hätten. Linneman hält den An trag für unpraktisch und zu weit gehend; er beantragt zu sagen, e» solle das Ministerium ersucht werden, das Dienftmann- regulativ bi« auf Weiteres zu fistiren. vr. Spieß erklärt, daß er die vorhin referirten Aeußerungen nicht theile. Nachdem Dr. Wigard seinen Antrag zu Gunsten des Linne- mann'schen zurückgezogen hatte, wurde dieser mit 49 gegen 7 Stimmen angenommen und die Anträge 2 —5 an die Ver- faflungsdeputation zur Prüfung verwiesen. — Da? Gutachten des Nauraths Henoch über die Versorgung Dresdens mit Wasser ist eingegangen und wurde vertheilt Soviel aus drr Inhaltsangabe des Vvrsitzenden (die Druckschrift selbst wurde den ZritungS-Berichterstaltern nicht mitgetheilt) zu entnehmen war, beantragt Herr Henoch die Ausschließung des Prießnitz- und Nödergebieis. Der Stadtraih wird nächstens definitive Beschlüsse in der Wafferkrage fassen. — Auf der Tagesordnung stand die Wahl der letzten, am l. Januar 1869 zur Erledi gung kommenden Stadtrathsstelle. Für diese hatte die Wahl- dcputation drei Stadtverordnete vorgeschlagen: die Herren Seyffarth, Friedrich und Pctzold. 60 Stimmzettel gingen ein und 33 Stimmen erhielt Herr Gürtlermeister Seyffarth, 16 Herr Petzold und 10 Herr Friedrich. Der Gewählte nahm mit herzlichen DankeSwo-ten die Wahl an bankte für das ge schenkte Vertrauen und versprach, mit seinen schwachen Kräf ten daS Vertrauen rechtfertigen zu suchen und für daS Wohl der Stadt besorgt zu sein, möge es Neu-, Anton-, Friedrich- odrr Altstadt gelten. Derselbe empfing sodann von allen Setten die herzlichsten Glückwünsche. — Den Hilfslehrern» Böhme und Müller wird die AmtSprobe erlaffen. — Auf Anregung der Stadtverordneten hat der Stadtrath das Psand- lelhwesen regulirt und ein Regulativ erlassen, worin den Wünschen des Collegium« in der Hauptsache Rechnung getra gen wurde. Adv. Kayser erstattet darüber Bericht und em pfiehlt dem Collegium, es bei der Mittheilung des Staltraths bewenden zu lassen Das Collegium nahm diesen Antrag ein stimmig an. — Bekanntlich hatten die Stadtverordneten auf Antrag mehrerer Neustädter Mitgtteder den Stadtraih ersucht, dahin zu wirken, daß die Anlegung der Poudrettenan statt im Prießnitzgrunde aus sanitätS- und woh'fahrtSpolizeilichen Grün den unterbleibe. Der Etadlrath hatte errviedert, eine Vorstel lung beim Ministerium nütze nichts, da die Sachverständiger sich dahin ausgesprochen hätten, daß nach dem Gewerbcgcsetze kein Grund vorliege, die Errichtung dieses Etablissements zu verweigern. Die VerfaffungSdeputatto.r (Referent Ado. Kayttr) hält dafür, daß die Umstände so liegen, daß zur Zeit bei der Entschließung de» Stadtraths Beruhigung zu fassen sei. Ge gen diesen Antrag tritt Adv Krippendorf ganz entschieden aus, er schildert die Lage der Bevölkerung den Sachverständigen gegenüber; alle Leute könnten sagen: „eS riecht", der Sachver ständige sagt aber: , eS riecht nicht", so sprechen die Behörden auch auS: „eS riecht nicht!" Warum errichte man die Anstalt nicht auf der anderen Seite, wo die Soldaten rxerciren, son dern wolle sie dahia setzen, wo die Natur in schönster Fülle vorhandm sei, und in einer Gegend, wo leidende Menschen Gesundheit und Erholung suchten? Gregor, Nenner, Prewche schließen sich Dem an und namentlich maHt Letzterer darauf aufmerksam, daß bei heftigem Regen wohl auch da» Wasser der Prießnitz durch die Ausflüsse verunreinigt werden könnte. Schmidt l und Walter, der sich den Platz angesehen, stimmen mit der Deputation. Bei der Abstimmung wird der Deputa tionsantrag mit 37 gegen 20 Stimmen verworfen und der von Adv. Krippendorf neu eingebrachte Antrag, den Stadtraih wiederholt zu ersuchen, mit allen Mitteln sich dafür zu ver wenden, daß die Poudrettenanstalt von der Nähe der Priest- nitzthaleS fern gehalten werde, mit 41 gegen 1b Stimmen angenommen. — Große D'.Scussion erregte ein Postulat von 500 Thlr. zur Verbreiterung der zwischen der Lüttichau- und Ferdinandstraße liegenden Strecke der Fahrstraße an der Bür gerwiese. Lebhaften Tadel sprachen namentlich Krippendorf, Grüner gegen den Stadtraih aus, daß er die Correetion der Anlagen der innern Bürgerwiese nur stückweise vornehme, und bezweifelten die Nothwendigkeit derselben, während der Refe rent, Anger, Henklrr die Nothwrndigkeit, nachdem bereits in einer Hälfte die Correetion vollendet sei, vertheidigten; so, wie jetzt, könne eS nicht bleiben, das sähe aus, als wenn man nicht könnte, oder wie sich Stadt o. Anger ausdrückte, die Sache gleiche einem Manne, der sich schön anziehen wolle, aber es nur bis zu einem Frack mit einem Schöße! bringe. Der Antrag der Deputation, die Bewilligung auszusprechen, wurde mit 2ö gegen 23 Stimmen angenommen und der einstimmige Beschluß gefaßt, den Stadtrath zu ersuchen, in Zukunft, wie im vorliegenden Falle unterlass«», worden, projectirte Bauten nicht stückweise, sondern in ihrem Zusammenhänge vorzulegen. — 8j Uhr brach der Vorsitzende die öffentliche Sitzung ab, weil noch ein wichtiger Gegenstand für die geheime Schung vorliege. — Gewiß finden sich am Resormationkfest, am histori schen 31. Ociober auf den meisten Familientischen die wohl schmeckenden, allbekannten ResormativnLbrodchen vor — aber wohl selten wird Jemand die EntstehungSursache ihrer Form, wie ihres Seins überhaupt wissen. In Bezug auf die erster« sind wir im Stande zu documentiren, daß die Form der Bröt chen eine niedergetretene Bischofsmütze vorstellen soll. Sinn bildlich ist die gebackae Darstellung zwar eine originelle, aber eine ziemlich annähernde. — Vorgestern Abend wurde Musikfreunden daS Vergnü gen zu Theil im Saal d:S Hotel de Saxe die erste Soiröe für auLgewählte Claoier-, Violin- und GesangSmustk eröffnet zu sehen. Die Unternehmer: Herr W. v. WasielewSki und F aulem Marie Wieck, tragen im Kreis; ihres Wirkens be reits einen io geachteten Namen, daß man nur Vortreffliche« erwarten kann. Kommen noch Gesangskräste hinzu, wie sich dieß schon vorgestern ergab, werden wir nicht versäumen, in Kürze davon Notiz zu nehmen, denn es kann einem Referen ten nicht zugcrnuthet werden, hierbei phnstologisch-analomische Excursionen und mustlaiisch ästhetische Fragen in Verbindung .u bringen. Ueber eine Tsnschöpfung wie Sonate für Piano sort; und Violine (Op. 96 6-äar von Beethoven), hat die Zeit gerichtet. Mit ihr wurde die Soiree eröffnet, wo sich beson ders die gediegene und seingebildete Technik der Claviervirtuo- sin Frl. Marie Wieck kund gab. Usberall zeigte sich ihr ton- volleS und abgerundetes Spiel mit der ruhigen Klarheit de« Ausdrucks die aus den Effect Verzicht leist t und in höherer Kunstaufgabe ihre Lösung sucht. In gleicher Harmonie fleht ihr Herr v. WasielewSki zur Seite, welcher durch sein schönes, zartes Geige.rspicl auf genußreichen Eindruck bedacht ist, wr» er ganz besonders durch den Vortrag der Violmsonctte von Biber (bearbeitet von Ferd. Davids bewährte. Höchst erfreu liche Fortschritte im Gesang zeigte Fräulein Maris Chmelick, weiche eine Cavaline aus Noisius „Scmtramis" sowie zwei Lieder von Fr. Schubert und R. Sch »mann zu G.hör brachte. Wenn ich junge Sängerinnen sehe, die im Gefühl ihrer Fähig keit an die Schöpfungen großer Mtt'ier herantreten, so möchte ich ihnen immer zurufen: „Ziehe deine Schuhe aus, denn dar Land, worauf du siehst, ist heilig!' Und dieses nur, um sie zur Ueberzeugung zu führen, daß ihnen der Componist in den starren Noten ein gebundenes Leben übergicbt, daS sie mit dem Hauche des Geistes zu einer leb.mvollen Gestaltung freimachcn sollen. Der Genius aber wagt und im Wagen selbst liegt schon eine Kraft. Wenn das Vollbringen auch noch nicht Alles leisie!e, so stimmen wir hier nrchgehendS dennoch in den Beifall ein, welcher der jungen anmulhigen Sängerin vielfach zu Theil wurde. Nur bitten wir dieselbe, immer bestrebt zu sein den Aristotelischen Ausspruch: „Da» Herz hat auch seinen Antheil am Tone!" nicht so ganz bei ihren Vor trägen zu vergessen, das wird ihr frommen für jetzt und alle Zeit. — Wenn wir in der Geschichte unseres deutschen Vater landes sechshundert Jahre zurückgehen, so geschieht eS, um ei nes schändlichen Doppelmorde» zu gedenken, der ein der Kö» nigSkrone Unwürdiger, Carl von Anjou, Königeroberer de» schönen Neapel, an zwei Sproffn hochedler deutscher Fürsten-