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Nr. *92. zwölfter Jahr-. Donnerstag 1I.JultL8»7. Erscheint: LLgllch früh 7 Uhr. Znserate »lxdru angenommen: ttr Abend-8,Sonn tag» bw Mittag» lL Uhr: Martenstra-e «nzetg «» wef Blatt» guten «tu» erfolgreich« Verbreitung. Auflage: 13.000 *r»u,pl«r». Tageblatt für Unterhaltung M Geschäftsverkehr- Mitredacteur: Theodor Arabisch. Abonnmevt' »ieNeljLhrltchrvNgr. bei nnenlgeldlicher Lie ferung iu'« Hau» Durch dir KSutgl Post -irrteljährlich 22 Ngr. Viuiet», Nummer» 1 Agr Znseratenprerse: Für den Raum ein«? gespaltenen Zeile: I Ngr. Unter „Binge-f laudtt' di» Zeile 2 Ngr. »r»« u»b «i^nchuw »er Hrrau»g«b«r: Liepsch <k Nrichardt« — verautwortltcher Revaereur: Jullu» RrtHartt« »resse«, den 11. Juli. — Die königlich sächsischer Seils zur Pariser Ausstellung > commiitirten Regierungsrath I-)r. Moritz Wich.rer und Ingenieur Max Günther haben vom Kaiser der Franzosen das Ritterkreuz der Ehrenlegion erhalten. — Se. Exc. der Herr Staatsminister von Nostitz-Wall- witz hat sich zur Besichtigung der vereinigten Landesanstalten nach Hubertusburg begeben. — Se. Exc. Herr Staatsminister Ilr Schneider hat das Gerichtsamt Gottleuba und das Ge richtsamt Niesa besucht. 7— Nach einer Mittheilung des Kricgsministeriums hat das Commando des Armeecorps im Anschluß an die auf die Organisation der Landwehr bezüglichen Bestimmungen angeord net, I) daß jeder Reservist oder Landwchrmann ») bei Reisen in das Ausland jedesmal, d) bei Reisen im Jnlande, wenn sie länger als 14 Tage dauern, vorher dem Bczirksfeldwebel Mel dung davon zu machen, und daß letzterer den Erfolg dieser Meldung (Anzeige) schriftlich zu bestätigen hat ; 2) daß, wenn die Reise in die Periode einer großen Landwehrübung fällt, der Bezirks feldwebel sofort Meldung an den Bataillonscommandanten zu erstatten und der Bezirkscommandant alsdann entweder die Ge- ; nehmigung zur Reise zu ertheilen oder solche, falls der Betreffende nach dem statlfindcnden regelmäßigen Wechsel an der fraglichen Uebung theilzunehmm hätte, zu versagen hat; (1) daß, wenn im letzteren Falle besondere Verhältnisse eine Dispensirung des be treffenden Mannes von der Uebung dringend geboten erscheinen lassen sollten, der Bezirkscommandant eine solche Dispensation ertheilen kann, dafern die Bezirksamtshauptmannschafl, an welche sich der Betreffende deshalb zu wenden hat, das Dispensations gesuch zur Berücksichtigung empfiehlt. — Schandau, im Juli. Wenn man schon bei Beginn ! deS Monates Juni in Dresden vielfach hörte, daß das freund liche Schandau dieses Jahr sehr zeitig sich eines zahlreichen Be suchs erfreue, so ist zwar nicht zu läugnen, daß die Anzahl der theils wegen Gebrauch des Bades, theils nur zur Erholung hier auf längere Zeit sich aufhaltende Fremde mit jedem Tage wächst, aber sie hat noch lange nicht ihren Höhepunkt erreicht, denn es stehen noch viele der ebenso bequem als angenehm ge legenen Wohnungen für Badegäste leer, und die Blicke der Quartieroermiether und Hoteliers sehen mit immer gespannterer Erwartung jedem ankommenden Eisenbahnzuge und Dampfschiffe entgegen, welche die längst ersehnten zahlreicheren Miether brin gen sollen, aber oft sind es nur einige flüchtig verweilende Tou risten, die mit denselben anlangen, und dann sieht man die ge bildeten und ungebildeten HotelhauSknechte spöttisch lächelnd oder mürrisch brummend die breiten Achseln zucken und von den Landungsplätzen an der Elbe in die Hotels zurückkehren, wohin sie entsendet wurden, um sich einander die Fremden abzujagen. — Mit dem Monat Juli jedoch wird es lebendiger in Schan dau, dann macht sich das Geschäft, da steigern sich auch hier und da die Preise und die bisher leer gestandenem Quartiere fangen an immer mehr und mehr sich zu füllen, dann kommt das größere Contingcnt der Berliner, aber glücklicherweise nicht mehr so häufig jene brüske aufgeblasene Ctaffe, die hier sonst zahlreicher eintraf, und trotz der langweiligen und sandigen Mark, in der sie leben, hier die Felsen nicht hoch genug, die Abwechslung von Bergen und Thälcrn, Wäldern und Wiesen, Strom und Bächen, Schluchten und Gründm zu gewöhnlich fanden, während eine einzige der vielen hundert zerklüfteten Felspartien, ein einziges Stück Grund der sächsischen Schweiz, wenn es in der Nähe von Berlin oder Potsdam läge, der Wallfahrtsort der gesummten Mark Brandenburg sein würde. Im Juli, dann bringen die Gerichts ferien die Schaaren der Touristen und aus den böhmischen Bädern kehren die Kurgäste zurück und von diesen halten denn hier viele ihre Nachkur oder verweilen auf längere Zeit, um von Schandau aus die nach allen Seiten hin wild-romantische Umgebung zu besuchen. Die Stadt selbst bietet denen, welche wegen körperlicher Schwäche oder in Folge ihrer Badecur anstrengende Touren nicht unter nehmen können, in deren nächster Umgebung eine so reiche Ab wechslung der Scenerie, eine so kräftige aromatische Waldluft, daß eS nur eines kurzen Spazierganges nach der Stadtprome nade bedarf, welche auf die das Kirnitzschthal von beiden Sei ten umschließenden Höhen führen, um die herrlichsten Panora men zu genießen. Was das hiesige Bad betrifft, so überlaffe ich die specielle Beschreibung der Heilkräfte seiner Quellen einer kompetenteren Feder, aber Thatsache ist es, daß in der neuern Zeit sich die glänzendsten Resultate auf das erfreulichste ver mehrt, welche durch den Gebrauch der "Mncralbäder unter Lei tung wackerer Aerzte für Gelähmte, Geschwächte und Dahin siechende erzielt worden sind, und es hat diese Anstalt vorzugs weise für die Frauenwelt eine höhere und gewichtigere Bedeu tung erlangt, so wie aus den entferntesten Staaten Europa's von denen dankend des Schandaucr Bades gedacht wird, die hier Heilung und Kräftigung gesunden. Anerkennung aber verdient auch der gegenwärtige Besitzer des Bades, der dieses »ntcr dem früheren Inhaber immer mehr und mehr in Verfall gekommene Etablissement in seiner inneren und äußeren Einrichtung mit schweren Opfern auf das zweckmäßigste verbessert und vervoll kommnet hat, denn mit Befriedigung trifft der Blick hier über all aus praktische Vorzüge, Ordnung und Reinlichkeit, so wie auf das zur Bequemlichkeit nöthige Comfortable. Dieser Bade- besitzcr könnte von seiner übergroße r Bescheidenheit und seiner Scheu vor der Tagespreise vielen Gewerbtreibendcn, die täglich in den Zeitungen Neclame Mächen, eine starke Dosis ab geben, und behielt immer noch mehr als nöthig wäre; er kann daher hier eine öffentliche Anerkennung seines redlichen Wir kens um so beruhigter hinnehmen, als diese ihm von allen Sei ten aufrichtig gezollt wird. — Die Hotels Schandau s, deren stattliche Fronte nach der Elbe zu sich zeigt, und an welchen geschmackvoll angelegte und durch reichen Blumenschmuck ver schönte Gärten sich befinden, haben außer den zahlreichen Ta gesfremden ihre bestimmten Stammgäste, d. h. eine Anzahl Fremder, welche allein oder auch mit Familie hier jedes Jahr in ein und demselben Hotel wohnen, ein Beweis also, daß sie mit der Bedienung und den Preisen derselben zufrieden sind, auch sind mehrere derselben von Bädecker mit dem bekannten * bezeichnet worden, aber daß vielleicht hin und wieder ein Rei sender überthcuert wird und im Drange der Geschäfte eine zu hohe Rechnung erhält, kommt hier wie überall vor, doch cs läßt sich überhaupt mit den Schandauern ein vernünftiges Wort reden, und die mit den Badegästen und Fremden in Verbin dung stehenden Geschäftsleute sind zu practisch, als daß sie zu ihrem Nachtheile zäh am höchstgeforderten Preise fcsthalten sollten; vergessen muß man aber dab>.i auch nicht, daß hier die Zeit der sogenannten „flotten Geschäststhätigkeit" nur zwei, höchstens drei Monate umschließt. -— Entfernt von den vier ersten Hotels der Stadt und etwas entlegener für den Fremden befindet sich das neu und geschmackvoll hergcstcllte „Hotel zur sächsischen Schweiz", aber obgleich es ebenfalls mit der Hauptfronte der Elbe zuge kehrt aus all' seinen Zimmern einen herrlichen Blick auf das Elbthal gewährt, muß es sehr oft die angekommcnen Reisenden in die näher gelegenen Hotels verschwinden sehen, ehe solche bis zu diesem Etablissement gelangt, welches an Eleganz und Be quemlichkeit von keinem der Ersten übertroffen wird. Aber auch hier hat der Besuch zugenommen, und wer einmal dort logirt, kehrt, zufrieden mit Preis und Bedienung, stets gern wieder in dasselbe zurück. — Hinsichtlich der Privatquartiere Schandaus hört man vielfach äußern, daß diese sowohl, als der Aufenthalt hier theurcr als anderswo sei, doch ist dies durchaus nicht be gründet und kommt eben nur auf eine Einrichtung an. In Loschwitz uuv Blasewitz, Laubegast. Hosterwitz und Pillnitz, so wie in all den Dörfern, nach welchen man sich in der schönen Jahreszeit von dem lärmenden Treiben der Städte flüchtet, zahlt man nicht weniger als hier, denn cs beträgt in Schandau der Preis für ein anständig möblirtes Zimmer mit einer oder zwei Kammern und Küchen- nebst Gartenbenutzung monatlich 8, IO, 12 bis 15 Thlr. und die Aufwartung wird zum gro ßen Theil auch als aufmerksamste und dienstwilligste von der Hauswirthin selbst übernommen. — Was hier zur Annehmlich keit des Aufenthalts mit beiträgt, ist, daß man von Bettlern nicht belästigt wird, und man kann es nur rühmen, daß die Bevölkerung Schandaus und der Umgezend bis in die ärmsten Klaffen eine gern thätige und arbeitsame ist. —HDas Dr. I. bringt über die Auszeichnungen für Sach sen bei der Pariser Ausstellung folgende Erläuterungen: Von den klar« eanconr» gestellten StaatSetabliffements sind an die Spitze gestellt: die k. Porzellanmanfactur in Meißen, das k. Oberbergamt und die k. Gcneralschmelzadministration, das k. Kupferhammerwerk Grünthal. — Den silbernen Medaillen sind hinzuzufügen: F. G. Hcrrmann in Oberlungwitz; Jordan und Timäus, welche nicht unter „Bodenbach", sondern unter „Dres den" aufgcsührt sind. — Den Vronzcmedaillen sind hinzuzu fügen: I. A. Hietel in Leipzig und Werkführer Schindler von Ossius in Waldheim als Cooperateur. — Dagegen haben C. Erdmann in Leipzig und Kluge u. Pöritzsch daselbst nicht die Bronzemedaille, sondern die ehrenvolle Erwähnung erhalten. — Den ehrenvollen Erwähnungen ist ferner hinzuzufügen: L. Grösser in Zwickau.— Die aus derAuöstellung fürllnterrichtszmecke besonders ausgezeichneten Objecte sind folgende: Bronzemedaillen: Codex der Kirchen- und Schulgesetze; von Schnorrs Bildcrbibel; Lübens Na turgeschichte; Ruprechts historischer AtlaS. Ehrenvolle Erwäh nung: H. Lange's Karten; Vogels Atlas; Delitzsch'S Atlas; Steins Geographie; Wiedemanns Bibelerzählungen; BertheltS Lesebücher. — Somit steigt die Zahl der im Ganzen nach Sach sen kommenden Auszeichnungen auf 93, nämlich 6 goldene Medaillen, 29 silberne Medaillen, 30 Bronzemedaillen und 22 ehrenvolle Erwähnungen. — Am vergangenen Sonnabend in den späten Abend stunden hatte ein junger Mensch in ordinärer Kleidung an einem Bäckerladen in der Oberseergaffe einen Zwieback verlangt und auch erhalten, gleichzeitig aber auch gebeten, ihm einen Thaler einzelne Münze gegen einen Kassenschein umzutauschen. Die Verkäuferin war diesem Verlangen auch nachgekommen, aber unvorsichtig genug gewesen und hatte das Cassenbillet eher hingereicht, als sie das Geld weder gesehen noch erhalten, wäh rend der Geldwechsler sich bester vorgesehen, das Billet aus der Hand gerissen und schleunigst das Weite gesucht hatte. — — Wir erhalten folgende Zuschrift „In Ihrem Blatte von gestern bringen Sie eine Mittheilung, die Reise der „Scan- dalia" nach Böhmen betreffend. Dieselbe geht nach eingezogenen Recherchen von der Sängergesellschaft Stahlheuer, Brückner, Leiter, Julius u. Genossen aus. Es ist dies eine leere Erfin dung und muß ich, da ich überhaupt aus der ganzen Rückreise keinen Fuß auf ein Schiss gesetzt habe, obige Herren als ge meine Lügner bezeichnen. Wenn ich die scandalösm Beschimpfun gen, welche obige Herren bereits mir und unö in Prag in anonymen Briefen, wie auch mündlich indircct mit dem gestri gen Referate zusammennehme, so läßt sich nur ein Brodneid in größter Dimension erklären, der zu solch niedrigen Schritten bcsähigt. Wenn obige Herren in Dresden ebenso schlechte Ge schiffte wie in Prag, wo ihnen sogar einmal das geliehene In strument weggenommen wurde, machen werden, so liegt es ein fach nicht am Publikum, sondern daran, daß sie nichts Neues gebracht und sich durch gröbliche Verletzungen und Beschimpfun gen des feineren Publikums wie in der Leitmeritzer Bierhalle in Prag dasselbe von sich gestoßen haben. Wer hungriger sein dürfte, überlaste ich der öffentlichen Meinung Achtungsvollst Joseph Paltel." — In Leipzig waren an den einzelnen Sammelstellen für Lugau bis vorgestern Mittag circa 3379 Thlr. eingegangen, während hier in Dresden bis zu gleicher Zeit die Summe circa 2500 Thlrj betrug. — Auch der dortige Arbeiterbildungsverein hat durch seinen Vorsitzenden Bebel in Anbetracht des entsetz lichen Lugauer Unglücks an die Arbeitervereine im gesammtcn deutschen Vatcrlande einen Aufruf mit der dringenden Bitte erlassen, Geldsammlungen zu veranstalten, um den Hinterblie benen, denen den Vater, den Ernährer wiederzugeben wir nicht vermögen, wenigstens eine Gabe übermitteln zu können, die sie vor noch größerem Elend schützt. — — Durch die vom hiesigen Handelswiffenschaftlichen Ver ein am Sonntag den 14. veranstaltete Extrafahrt nach Chemnitz ist cs den Theilnehmern für den acceptablen Preis von 2 Thlr.' incl. Rückfahrt und Billet zur Ausstellungshalle, ermöglicht, bei directer Hinfahrt ohne Aufenthalt mindestens 6 Stunden länger dort zu verweilen, als dies bei Benutzung der gewöhnlichen Züge möglich ist. Die Theilnahme wird voraussichtlich eins sehr zahlreiche sein. — Aufsehen erregte vorgestern Nachmittag eine Droschke in Poppitz, welche ihren Weg nach dem Feldschlößchen machen sollte. Die Hinterachse mit ihren zwei Rädern blieb mitten in Poppitz stehen, während das Vordertheil unbeirrt weiter fuhr. — Chemnitz, Mittwoch, 10. Juli, Nachm. j2 Uhr^ In Lugau hat man gestern Abend durch die fortgesetzten Ver suche den letzten und unwiderlegbarsten Beweis erhalten, daß der Schacht von unten herauf bis etwa 300 Ellen vollständig gefüllt ist, und die Verschütteten demnach als todt zu betrachten sind. An ein HcrauSholen ihrer Leichen sei vor Zufüllung nnd Wiederaufmachung des Schachtes nicht zu denken. Die bisherigen RettungSarbeiten sind infolge dessen eingestellt. — Seit dieser Meldung von gestern Abend ist bis zur Stunde nichts Neues aus Lugau hierher gemeldet worden. (Dresdn. I.) — Die Reiselust scheint dieses Jahr die Unterbrechung des vorigen Jahres nachzuholcn, die Bäder, Schweiz und Tirol weisen einen überaus starken Besuch nach und der Lindauer Eilzug, welcher für die Saison besonders eingerichtet worden ist, hat in keinem früheren Jahre eine so ansehnliche Frequenz gehabt wie diesmal. — Recht erfreulich ist es, wenn selbst Unbemittelte sich gedrungen fühlen, ein Scherflein für die HülfSbedürftigen zu Lugau beizuiragen. So wurden uns gestern von dem Dienst personal in Braun s Hotel 3 Thlr. 10 Ngr. überwiesen; nröchte dieser schöne Zug eine eifrige "Nachahmung finden. — Das vom "Musikdirektor Trenller gestern angesichts Conccrt zum Vesten der Verschütteten in Lugau ist des un günstigen Wetters wegen bis auf einen später zu bestimmenden Tag verschoben. — Oeffentliche Gerichtssitzung am 8.Juli. (Schluß.) Vor einiger Zeit fand eine Einspruchsverhandlung statt, welche der Kaufmann Ernst Richter gegen einen Bescheid des Gerichtsamtes, nach welchem cr 0 Wochen Gefängniß wegen Fälschung ver büßen sollte, hervorgerufen hatte. Damals wurde die Entschei dung vertagt, weil zwei Zeugen noch abgehört werden sollten. Es handelt sich um eine Quittung über 10 Thlr. Diese be- zcichnete der Gläubiger für falsch, obgleich er zugeben muß, daß seine Namensunterschrift die seinige ist. Die Form der Quittung, ein kleines Stückchen Papier mit ganz gedrängter