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Veuh verzierte« Elüchaß, deffen Inhalt jener edle Sthemwnn rst, den die Gerlachsche Weinhandlung auf der Moritzflraße ihren alten Verehrern so kräftig credenzt. Ein Bachu«, wie er leibt Und lebt, besteigt daö Faß und schwingt den gefüllten Becher über das „Reich des Weines". Reizende Winzerinnen in na tionalem Kostüm, heimathtscheinlich nach Loschwitz ortSgehörig, begleiten den BachuS und kredenzen in eigens dazu angeschafftm Tulpen (gläserne Schoppen ä I, Vater Rhein) das perlende Naß den bachanalischen Unterthanen. Hierzu läßt die Kapelle des Stabstrompeters Wagner ihre schmetternden Melodiken durch die Winzerfestfrrude schwärmen und es dürfte sonach der Sonn tagnachmittag auf dem Linckeschen Bade zu einem amüsanten sich gestalten. — In dm amtlichen Blättern ist die Liste über die am 25., 26. und 27. Juni 1667 auSgeloosten vierprocentigen StaatSschuldenkassenscheine von den Jahren 1852,1855, 1858, 1859 und 1862 enthalten. Dieser Liste ist auch eine Ueber- ficht der in früheren Terminen auSgeloosten, bisher noch nicht zur Einlösung gelangten Scheine, deren Verzinsung be reits aufgehört hat, beigedruckt. Durch Zählung und Zu sammenstellung dieser in den verschiedenen Terminen auSgeloosten Scheine ergiebt sich nun folgende Hauptzusammenstellung: Zahl derunerhoben Lapital- Die Die bereits verloren gebliebenen Scheine betrag da» Aueloosung gegangenenZinsei, )U ico von ersolqte: betragen bis mit lltzlr. Thlr. zusammen Ende Juni 1867 S r,e I. Serie U- Thlr. au, Termin Thlr. l 10» Johanni 1861 11 22 1 18 2,300 Neujahr Ie62 10 460 6 10 4.600 Johanni . 9 828 3 24 3,'.«00 Neujahr 1863 8 621 35 5.000 Johanni . 700 7 40 7.500 Neujahr 1864 6 900 9 39 8,400 Johanni _ '» 810 8 71 11.100 Neujahr I8H5 4 88- 19 85 18,000 Johann, . 1.080 23 118 23.300 Neujahr 1866 2 1332 49 232 47,700 Johanni . 1 951 128 679 131,900») 8,228 *) Dcn diesen zur Ait noch »»erhobenen Kapital.» betragen li M.i'en, welche täglich verloren gehen: It Thlr. 19 Ngr. i>a Ps. — Ein sechs Jahre alter Knabe, der vorgestern eine kurze Zeit unbewacht in der Nähe der Annenstraße am Weißcritz- mühlgraben spielte, fiel dort in das Wasser, wurde aber, nach dem er bereits eine ziemliche Strecke fortgeschwommcn war, von einer Wäscherin in fast besinnungslosem Zustande noch recht zeitig vom Tode gerettet. — — In Eythra bei Zwenkau hat am Montag Abends halb 7 Uhr der Blitz den bei offenem Fenster im Bett liegenden früheren Handelsmann Winkler, einen ehrwürdigen 60jährigen Greis getödtet, und zwar ist der Blitz zum Fenster, an wel chem das Bett gestanden, hereingefa^cn und hat dcn alten Mann erschlagen, ohne irgend einen Schaden an dem Bett an zurichten. — Aus einer lebhaften Gcwerbsstadt Sachsens wird uns von einem seltenen Vermächtniß berichtet. Ein Handelsherr hat in seinem Testamente, welches jetzt nach seinem kürzlich erfolgten Tode geöffnet worden ist, gesagt, daß er öffentliche Anstalten, Kirchen u dergl. nur mit geringen Kapitalen bedacht habe, ein mal, weil solche zu erhalten'Sache des Staates und der Ge meinde sei, welche dafür ohne Ansehen der Person Jedermann Steuern auferlegten, und dann, um nicht in den Perdacht zu kommen, als habe er durch einen übertriebenen Pietätsact sich nach seinem Tode noch einen Namen zu machen versucht. Öf fentlichem Dankesnachruf von Seiten der Behörde hat er sich, als eine blose herkömmliche Förmlichkeit, verbeten. Das Haupt- leggt besteht dagegen in einer Summe von I«',000 Thalern, «:lche in Raten von 200 und 300 Thalern an eine Anzahl brave und arbeitsame, arme Handwerker, welche der Erblasser nach eigener Beobachtung ausgewählt hat, vertheilt werden sollen. Dem Grabe des edlen Dahingeschiedcnen wird es nicht an un- geheuchelten Thränen fehlen und sein Andenken den vielen Fa milien, deren Glück er begründete, heilig blechen. — Herr Kaufmann Stülken, Inhaber des Hamburger Etablissements, der in der ersten Etage des Bazars auf der Badergaffe sich dadurch bereits dem Publikum empfohlen, daß er stets für den Gourmand und dm Familientisch im engeren und weiteren Kreise das Neueste, Beste, Nahrhafteste und Schmackhafteste geliefert, hat neuerdings aus Italien über 100 Centner Kartoffeln kommen lassen, die allerdings ein sehr gutes Ersatzmittel für unsere in der jetzigen Jahreszeit so seifigen und weniger nahrhaften Kartoffeln sind. Der Centner wird mit 5 Thlr., das Pfund, das etwa 25 Kartoffeln faßt, mit nur 15 Psg berechnet. Um dem größeren Publikum den Kauf zu erleichtern, hat Herr Stülken eine besondere Verkaufsstelle in bequemer Weise auf dem Neumarkt eingerichtet. — Oeffentliche Gerichtssitzung am 1. Juli. Die für 9 Uhr festgesetzte Einspruchsverhandltmg erledigte sich durch Zurücknahme des Antrages. — Die zweite ist gerichtet gegen F. Wießncr aus Niederhäslich, welchem wegen beendigten Bersuhs eines ausgezeichneten Betrugs vom Gerichtsamt Tha randt eine viermonatliche Gefängnißstrafe zuerkannt worden war. Im Herbst 1865 kam zum Gutsbesitzer Schirmer in Somsdorf ein junger Mensch in den zwanziger Jahren und brcchte einen Brief vom Kalkwerksbesitzcr Wolf, in welchem Schirmer gebeten wurde, für gelieferten Kalk den Betrag von 5 Thlr. 18 Ngr. dem Ueberbringer zu geben. Schirmer siel dies auf; er war zwar Wolf Geld für gelieferten Kalk schuldig, aber weder waren die LieferunzStage, noch die Quantität und der Preis des Kalkes richtig angegeben, er verweigerte daher die Zahlung. Als nun später der NechnungSführer des Wolf mit der Rechnung kam, erzählte er diesem den Vorfall. Dieser bezeichnet- sofort dcn Handarbeiter Wießner als den Thäter, denn dieser sei ein arbeitsscheuer Mensch, der cs mit Mein und Dein nicht gewissenhaft nehme, auch sei die Handschrift des ihm von Schirmer übergebenen Briefes und der Rechnung die des Wießncr. ES kam zur Anzeige und Untersuchung. Wießner leugnet entschieden, er wisse von Nichts, bleibt auch dabei, alt das bei seinem Vater Vorgefundene Petschaft als dasjenige vom Gericht ihm vorgelegt wird, mit dem die Versiegelung des Brie se« unzweesethasr stattgefunden Hab«, und al« ihm da« Gut achten de« Sachverständigen vorgehalten wurde, welche« sich be stimmt dafür ausspricht, daß, nachdem noch andere von Wießner herrührende Schriftstücke zur Vergleichung Vorgelegen halten, der in Frage stehende Brief und die Rechnung von der Hand WiehnerS herrühren. Der Gutsbesitzer Schirmer hat allerdings dm Angeklagten nicht ganz bestimmt al« den Briefüberbringer recognoscirt, die Haare seien verschieden gewesen, die Gestalt und da« Alter stimmten. Das GerichtSamt Tharandt nahm dm Schuldbeweis für erbracht an und belegte dm Angeklagten mit der oben angeführten Strafe, gegen welche er Einspruch erhob. Staatsanwalt Held hält den Angeklagten für dm Autor der Schriftstücke und dm Zweck, sich dadurch einm widerrecht lichen Vermögensvortheil zu verschaffen, für unzweifelhaft. Die Strafe sei mit Rücksicht auf die zweimalige Rückfälligkeit deS Angeschuldigtm nicht zu hoch, und deshalb beantrage er Be stätigung des Bescheides erster Instanz, welche auch vom Be zirksgerichte ausgesprochen wurde. — In Potschappel im Hause de« Fleischermeisters Reinfeld gab es im August vorigen Jahre« einm argen Scandal. Bereit« am 8. August entstand zwi schen Reinfeld und einem Miether, dem Kohlenfahrmann Weinhold, Streit. Der Sohn eines dort ebmfav« wohnenden Handarbeiters Hcinike hatte gegen die Katze des Weinhold Un- gebührniffe verübt; Weinhold setzte ihn zur Rede, da kam Rein- feld hinzu und cs kam zu Thmlichkeiten. Weinhold behauptet von Reinfeld zuerst angegriffen zu sein, während Reinfeld be hauptet, daß dies von Weinholo geschehen sei. Als Thatsache stellt sich heraus, daß der herbeigerufene Gmsdarm Weinhold in dessen Stube blutend und mit zerrissenen Kleidern fand. Aerger ging eS am 15. August zu. Weinhold zog aus, die bei den Handarbeiter Schulze und Meißner halfm be* *n Umzuge. Wrinhold und Reinfeld wcmn überein gekommen, daß bis zur Bezahlung de« MiethzinseL eine dem Weinhold gehörige Kom mode dableibm solle. Als nun Schulze und Meißner auSräum- tm, soll die Ehefrau Reinfeld auf sie geschimpft habm. Ferner sollen die Beiden nicht sofort die Stube der Reinfeld verlassen haben, obwohl sie dazu ausgesordert wurden, dann soll der l 7 jährige Reinfeld hinzugekommm sein und Meißner mit einem sogenannte» Krummholze auf dm Kopf geschlagen haben, daß dieser fast besinnungslos geworden sei. Aber auch Frau Rein feld hat einm Schlag auf den Kopf erhaltm, daß sie geblutet und eine 2 Zoll lange Quetschwunde davon getragen hat. Sie >ehauptet, das habe Meißner »der Weinhold gethan, während diese sagen, der junge Reinfeld habe wie rasend um sich ge schlagen und dabei auch seine Mutter getroffen. ES fanden nun gegenseitige Denunciationen statt. Das Gcrichtsamt Döhlen er kannte bei dm vielen unaufgeklärten Widersprüchen nur auf Exceß gegm Reinfeld und Weinhold wegen des Vorfalls am 8. August auf I Thlr. und 2 Thlr. ur.d gegen Meißner und Frau Reinfeld am 15. August auf je l Thlr., sodann aber gegen Reinfeld jun. wegen Körperverletzung auf 2 Thlr. 20 Ngr. und wegen Exceß auf 10 Ngr. Strafe. Schulze wurde sreigesprochen. Alle erheben Einspruch. Staatsanwall H-ld halt dafür, daß die Strafe gegen Reinfeld jun. wegen Exceß auf Grund tz. 3 der Ausführungsverordnung wegzufallen habe, und daß sich frage, ob dajs Bezirksgericht kompetent sei hinsichtlich der Strafen gegen Reinfeld sen. uiid Weinhold wegen des Vorfalls am 8. August, da rein polizeiliche Vergehen angenommen wor den sind, ein Erkemitniß abzugeben; geschähe dies, so beantrage er hier, wie in den andern Fällen, Bestätigung. Von Seiten des Bezirksgerichts wird erkannt, daß hinsichtlich des ersten Falles eine Jncompetcnz stattsinde, indem dieser Fall vor die Verwaltungsbehörde gehöre, im klebrigen sei der Bescheid erster Instanz zu bestätigen, aber 10 Ngr. Strafe für Reinfeld jun. habe auf Grund der von der Staatsanwaltschaft angezogenen gesetzlichen Bestimmung wegzufallen. — Am 4. Mai fand ein Verhand lungstermin in der Bagatellabtheilung statt, in welcher !>r pk,I. Lohße als Kläger und Kaufmann Kellner als Beklagter fun- girten, str Kersten war als Bevollmächtigter de« Beklagten er schienen. Hier hat nun l)r Lohße Beleidigungen gegm Or. Kersten ausgesprochen und diese in der Fortsetzung des Termins am 1l. Mai erneuert. Aber auch gegen dm Kaufmann Kell ner gestattete sich vr. Lohße beleidigende Worte, indem er ihn mit denselben Namen belegte, wie Iie Kersten, denn sonst würde Kellner den k r. Kersten nicht zum Bevollmächtigten genommen haben, auch äußerte I»r. Lohße, Kellner befinde sich in abfallen der Nahrung. Beide trugen auf Bestrafung an. Nr. Lohße wurde zu 15 Thlr Geldstrafe, event. 2 Wochen Gefängniß verurtheilt. Gegen diesm Bescheid erhob Kaufmann Kellner Einspruch, dem die Strafe zu wmig dünkt, er trug auf Frei heitsstrafe gegen Or. Lohße an. i)r. Lohße war im Termin persönlich erschienen und bemerkte, daß er die Worte: Kläger befinde sich in abfallender Nahrung, nicht in beleidigender Ab sicht gesprochen habe, sondern im Hinblick auf Thatsachen in Kellners Lebm. Der Gerichtshof erkannte auf Bestätigung deS ersten Bescheids. — Angekündigte Gerichtsverhandlungen. Den 8. d. M. finden folgende Verhandlungsterinine statt: Vormit tags 9 Uhr Privatanklagsache des Gemeindevorstandes und Ortsrichterö Müller in Drüben wider dm Gutsadministrator Carl Heinrich Pfretzschner in Deuben; 9) Uhr wider den Kauf mann Carl Wohlfahrt hier wegen Nöthigung ; lOj Uhr wider Johanne Sophie veriv. Krause in Deuben wegen Anstiftung zu Unterschlagung und Partirerei; lOj Uhr wider den Kaufmann Ernst Richter hier wegen Fälschung; Vorsitzender Gerichtsrath Ebert. — Dm 9. d. M. Vormittags 9 Uhr wider Henriette Therese Schnurpel von hier wegen Diebstahl; Vorsitzender Ge- richtSrath Ebert. lOj Uhr wider Johann Gustav Petzold von hier wegm Landfriedensbruch; Vorsitzender Gerichtsrath Gross. — Dcn 12. d. M. Vormittags 9 Uhr wider Friedrich August Werner und drei Genoffen; Vorsitzender Gerichtörath Boost. Tag-Sgeschichte. Paris, 2. Juli. Die Aufregung, welche in Folge der Erschießung des Kaisers Max entstanden, ist groß. Man lhut zwar noch immer, als hoffe man, daß sich die Depesche nicht bestätige, aber Ne bezüglichen Mittheilungen des „Moniteur" ! sind selbstverständlich nur darauf berechnet, die öffentliche Bi ei- x nung vorzubrreitm. Bereit« verlautet, daß d« Hof nach der Abreise de« Sultan« auf 21 Tage Trauer anlegen wird. Man kannte hier die Trauerbotschaft schon seit Sonntag; aber man verheimlichte sie, weil man dem gestrigen Fest« keinen Eintrag thun wollte. Doch verließen noch vor demselben der Graf und die Gräfin von Flandern Pari«. Der Kaiser theilte dem öster reichischen Botschafter di« Bestätigung der Todesnachricht wäh rend der gestrigen Ceremonie mit, worauf dieser mit sei»«« Gattin sofort dm Jndustriepalast verlieh. Herr Thier«, der morgen über M.xico das Wort ergreifen wollte, hat seine Rede über diesen Gegenstand vertagt; er wird blos über die Finanz- Angelegenheit ohne besondere Berücksichtigung Mexicos das Wort, ergreifen. Paris, Freitag, 5. Juli. Der „Moniteur" sagt: Der Tod des Kaisers Maximilian von Mexico wird officiell bestä tigt. Diese Ermordung wird allgemeine« Entsetzen erregen und die infame Handlung des Juarez drückt der Stirn deS Vertre ters der mexikanischen Republik ein unvergängliche« Brandmaal auf. Diese Verurteilung aller Nationen ist die erste Züchtig ung einer Regierung, an deren Spitze ein solcher Mann steht. Der Kaiser hat eine 30tägige Hoftrauer angeordnet. Berlin, Freitag, S. Juli, Mittag». Se. Maj. der Kö nig hat sofort nach Eingang der Nachricht vom Tode de« Kai sers Maximilian von Mexico ein eigenhändiges Condolenzschreiben an dm Kaiser von Oesterreich gerichtet. Gestern wurde aus Anlaß dieses Trauerfalles eine vierwöchentliche Hoftrauer ange-- ordnet. (Dr. I.) Nom. In Rom erfolgte am 29. Juni unter dem Ge läute aller Glocken, dem unausgesetzten Kanonendonner vom Castel San Angela herab und dem Absingen von Lobhymncn durch Tosende von Stimmen die Heiligsprechung der „25 Glaubenshelden". Die dabei aufgewendete Pracht übersteigt alle Vorstellungen. * Kaiser Maximilian stand im 35. Lebensjahre, daö er an» 6. Juli vollendet haben würde, wenn nicht ein verhäng- nißvolleS Schicksal seine glänzende Lebensbahn unterbrochen hätte. Als Erzherzog wandte Maximilian seine Thätigkeit wesentlich der österreichischen Marine zu, die unter seinem Commando einen bedeutsamen Aufschwung nahm und dm Grund legte zu der Tüchtigkeit, die sie sowohl 1864 als im vergangenen Jahre an den Tag gelegt hat. Am 27. Juli 1857 mit der geist vollen, gegenwärtig gleichfalls persönlich von einem schweren Unglück heimgesuchten Prinzessin Charlotte von Belgien vcr- mählt, wußte sich Maximilian als Gouverneur der italienischen Provinzen Oesterreichs in diesem und dem folgmden Jahre, wenn nicht die Zuneigung, doch jedenfalls die Verehrung der dem Hause Oesterreich unversöhnlich entgegenstehenden Lombarden zu gewinnen. Seit dem Feldzüge von 1859 hatte sich der Erzherzog rom politischen Leben zurückgezogen und lebte aus seinem Schlosse Miramar bei Triest ausschließlich den Wissen schaften und Künsten, bis das Votum des mexikanischen Volks ihm am 10. Juni die Krone jenes Landes übertrug, welche er am 10. April annahm, hierauf in seine Staaten abrciste und am 12. Juni 1864 seinen Einzug in die Hauptstadt Mexico hielt Von jenem Zeitpunkte an war das Leben des Kaisers eigentlich nichts mehr als ein fortgesetztes Ringen mit Elementen, die, durch jahrzehntelange Mißregierung entfesselt, jevey Ge danken an geordnete staatliche Zustände, an eine mächtige, dauer hafte Negierum s.zewalt auf's erbittertste bekämpften Der Kaiser versuchte es, diesen Gegnern auch dann noch die Stirn zu bie ten. als er, allein in der ihn umdrängenden Fluth der Leiden schaften, in seinem Mulh und seinem männlichen Charakter die einzigen, letzten Stützen seines Unternehmens erblicken konnte; er siel endlich als ein Held, und damit erhält eine Episode der modernen Geschichte ihren Abschluß, deren volles Verständniß wahrscheinlich erst später« Geschlechtern ermöglicht sein wird. * Kaiserin Charlotte, die Tochter des verstorbenen Königs der Belgier, Leopold die Gemahlin des unglücklichen, jenseits des Oceans erschossenen Kaisers Maximilian, befindet sich immer noch in einem traurigen Zustande der GeisteSzerrüt- tung, sodaß die Aerzte an einer vollständigen Heilung verzwei feln. Alle Bemühungen der letztem gehen nur dahin, jeden sclbstthätigen Gewaltschritt unmöglich zu machen, denn die Exal tation ist bis zum höchsten Grade gesteigert. Die Kaiserin trägt sich mit dem Gedanken, daß ihr Gemahl nicht mehr am Lebm sein lönne, seitdem man ihr, in der Absicht, durch eine heftige Erschütterung auf ihr krankes Gemüth einwirkm zu können, von seiner Gefangmnahme unverhohlen Bericht erstattet hat. „Ich weiß es, er ist ermordet," erwiedert sie auf jeden Trost grund, jeden Versuch, noch einen Funken von Hoffnung anzu- sachen, — „ich kenne die Natur seiner Gegner!" Diese trau rige Ueberzeugung, die sich, wie man weiß, vollständig bewahr heitet, hat eben jene Exaltation erzeugt. * Selbstmord eines Greises. Dieser Tage über- brachte ein Bursche dem evangelischen Pfarrer zu Mohac» in Ungarn eine Reisetasche und einen Regenschirm mit einem Schreiben folgendm Inhalts: „Ew. Ehrwürden! Während Sie diese Zeilen lesen, bin ich nicht mehr unter den Lebenden. Mein sündiger Leib wird zu finden sein im evangelischen Gottesacker. Neben mir wird man auch einen sechsläufigen Revolver finden-^ derselbe ist 60 Gulden werth und bitte ich von dem Erlös des selben meine Bestattung decken zu wollen. Meinen Körper möge man in einen Sack nähen oder in einen Sarg von un gehobelten Bietern legen. Auf meinem Grabkreuz möge die Inschrift angebracht werden: Norbert Szoyka, pensionirter könig licher Direktor aus Nezsnyo, endete als Selbstmörder am 30. Mai 1867. Ich bin Gatte, doch nicht Vater. Ich habe mein Weib über mein LooS verständigt und falls dieselbe über meine mit diesem Briefe überschickten Habseligkeiten nicht verfügen sollte, so bitte ich Em. Ehrwürden, selbst darüber bestimmen zu wollen." Als man in Folge dieses Briefes auf den Friedhof hinaus eilte, fand man den unglücklichen Briefschreiber in der That daselbst als Leiche mit zerschmettertem Haupte. Die Mo tive des Selbstmords erscheinen um so unerklärlicher, als der Unglückliche bereits im vorgerückte:, Alter stand; er war ein Greis, dessen Tage ohnehin bereits gezählt schienen.