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«-.185. zwölfter Jahr- Donnerstag. 4. Juli 1847. Lrschrntt «,N» früh 7 Uhr. ZUserale ««rdeu an-rnommea: SttTbendtst.Eonn- tag» «« Mittass» 1» Uhr: Marienstr«»« IT. W,,ttg t» dies vlatl» D»«rtuk«rf»lgrt>ch« v«rdr«tta»g 13.000 «tettrHSHrNchrONgv bei uuiLtgeldlich« 8t»> srruug tu'» Hau» Lurch die SSutgl Post dtettettätzrltch rr Ngr Ltuielu« Nummer, 1 Rgr Mitredacteur: Theodor -rodisch. bm Her»»«-»b«r: Eirpslh 4k Nelchardt« - Vrraunvonlicher NedaeiE! IulftK Nedhardl, Avseralrupreft-?; ^ Dtr deu Raum »tu«? gespalteueu Z«U«: t Ngr. Umrr^Ltuge- laude" di« A«tt» ' » «V- Lrette», dm 4. Juli. — Der sächs. außerordentliche Gesandte und bevollmäch tigte Minister am k. russ. Hofe, Graf Richard v. Könneritz, hat von Sr. Maj. dem Kaiser von Rußland den St. Annen- Orden erster Elaste erhalten. — Dem zeitherigen Polizeicommistar bei der Polizeidirec- tion zu Dresden, Oberleutnant a. D. Carl Moritz Behrisch, ist unter Ernennung desselben zum Landesanstalts-Direktor mit den, in der vierten Elaste der Hofrangordnung bestimmten Hof range die Direktion der vereinigten Landesanstalten zu Huber- tuSburg übertragen worden. i Wie dem Dr. I. aus Paris unter dem 30. Juni mitgetheilt wird, haben II. KK. HH. der Kronprinz und die Frau Kronprinzessin von Sachsen sich fast täglich mit Besichtigung der Ausstellung beschäftigt, in welcher sie dm dem Königreiche Sachsen ungehörigen Gegenständen besonders eingehende Auf merksamkeit schenkten. Dem diesseitigen Ausstellungscommiffar, Regierungsrath I!r. Meßner, und besten Assistenten, Ingenieur Günther, sowie einzelnm Mitgliedern fremder Commissionen war die Ehre vergönnt, das hohe Paar zu geleitm. Dem Verneh men nach gedenken Höchstdieselben binnen wenigen Tagen Paris zu verlassen. — Die Königin-Wittwe von Preußen wird sich im Laufe der nächsten Woche auf etwa vierzehn Tage zum Besuche an den sächsischen Hof nach Pillnitz begeben und dann von dort wieder nach Schloß Sanssouci zurückkehren. — Chemnitz, Dienstag, 2. Juli, Abends. Die Un- glückscatastrophe zu Lugau bestätigt sich in der traurigsten Weise. Der Schacht, in welchem der Einsturz bei etwa 120 Ellen Tiefe erfolgte, ist über 000 Ellen tief. Die Zahl der verschütteten Arbeiter, welche sich wahrscheinlich 623 Ellen tief in der Arbeitsstrecke befinden, beträgt 103; nur 3 Arbeiter konnten sich retten, ehe der vollständige Bruch erfolgte. Die Verstopfung des Schachtes ist sehr dicht, denn auf der Bruch stelle hat sich Wasser angesammelt. Die Rettung der Verschüt teten erscheint unwahrscheinlich. Entsetzliches Elmd ist durch dieses Unglück über viele arme Familien, die größtenteils zahl reiche Kinder habm, gekommen und schleunigste Hilfe durch Geldsammlungen thut noth. — Mittwoch, 3. Juli, Mittags. In der verflossenen Nacht hat in dem eingestürzten Kohle.- schachte zu Lugau ein sechsmaliges Nachstürzen von Gestein stattgefunden. Die Rettungsversuche werden dadurch leider fast hoffnungslos. Die Noth unter den bettoffenen armen Familien ist sehr groß; gegen 300 Kinder weinen um ihre verschütteten Väter und Ernährer. Hilfe ist von den Nachbarschächten in reicher Menge erschienen, wenn cs nur nicht zu spät wird. Er- harmungswerth ist es, die vielen Weiber und Kinder, Eltern und Angehörigen der unglücklichen Verschütteten verzweiflungs voll herumgehen zu sehen. Mit einem Worte, das Elend ist schrecklich und die Lage wird stündlich kritischer. (Dr. I.) — Das „Chemn. Tagebl" schreibt unterm 2. Juli: Unglücklicher Weise befanden sich zur Zeit des Ereignisses nach den bis setzt möglichen Ermittelungen gegen 104 Bergleute mit einem Stei ger in dem Werke, die, da dasselbe nur einen Förderschacht be sitzt, falls die Unglücklichen nicht theilweise schon durch die Catastrophe gelobtet worden sind, von der Oberwelt abgeschnitten wurden. Da der Schacht im Ganzen über !>00 Ellen Tiefe hat und die erste Arbeitsstrecke, woselbst sich die Unglücklichen wahrscheinlich befinden, 623 Ellen von der Oberfläche entfernt ist, so dürfte die Hoffnung auf Rettung eine sehr geringe sein, um so mehr, als leider auf der fest verkeilten Bruchstelle sich bereits Wasser angesammelt hat. Merkwürdig bleibt der Um stand, daß bei Beginn der Catastrophe noch drei Arbeiter Zeit gewannen, sich zu retten. Dieselben sollen ausgesagt haben, es sei schon vorher ein verdächtiges Knattern der Schachthölzcr von ihnen vernommen und deshalb der mitverschüttete Steiger er sucht worden, sie ausfahrcn zu lassen, was derselbe aber ver weigert habe. Das Weitere wird wohl die spätere Unter suchung ergeben. DaS Hinabstürzen der Masse hat bis heute Abend Uhr fortgedauert, so daß das Schlimmste zu befürch ten steht. — Ein Gesangsjubiläum. Bei Aufführung des Mcyerbeer'schen „Prophet" am vorgestrigen Abend sang,Frau KrebS-Michalesi die große Partie der „Fides" zum hun dertsten Male auf hiesiger Hofbühnc. Es wird aber diese Zahl noch durch Gastspiele auf auswärtigen Bühnen erhöht, und so ist diese Partie, wie wir hören, von der geschützten Sängerin in 120 Vorstellungen zur Darstellung gekommen. Aus diesem Grunde auch das Fertige, Abgeschlossene, die Sicherheit in Spiel und Gesang, wodurch diese Partie zu einer hervorragenden im reichen Repcrtoir der Darstellerin gestempelt wird. — Mit nicht geringer Verwunderung wird von dem be fremdenden Umstand gesprochen, daß die Nachricht von dem leider so große Dimensionen habenden Unglück im Lugaucr Kohlenschachte, das nach Wortlaut des Telegramms vom 3. Juli am Montag Vormittag sich zugetragen hat, erst Dienstag Abend telegraphisch hier bekannt wurde. — Wiederholt haben wir in unserem Blatte das Publi kum vor Schwindlern gewarnt, welche sich irgendwo einmiethen, kurze Zeit im Logis bleiben und dann plötzlich verschwinden, natürlich' nicht, ohne ihren Wirth bestohlen zu haben. Leider sind, wie wir hören, in jüngster Zeit wieder mehrere derartige Fälle vorgekommen; so wird uns mitgetheilt, daß zu einer Fa milie, welche vor wenig Tagen die Vermiethung einer Schlaf stelle annoncirt hatte, ein junger, gutgekleideter Mann gekom men ist, welcher sich ohne Weiteres eingemiethet, gleichzeitig aber auch die allein anwesende Wirthin um die Erlaubniß gebeten hat, in ihrer Stube einen Brief schreiben zu dürfen. Die Wirthin hat diese Bitte gern bewilligt, holt auch sogar, da es an Papier mangelt, dasselbe aus einem Kaufladen herbei, ihren Miethbe- wohner allein im Logis zurücklassend. Leider hat derselbe die kurze Abwesenheit seiner Wirthin benutzt, um aus einer ver schlossmen Kommode die in mehreren Thalern bestehendm Er sparnisse der Familie zu stehlen. Der Verlust ist um so em pfindlicher, da die bestohlene Familie selbst gänzlich unbemit telt ist. — — Vielfach sieht man jetzt die Schaufenster hiesiger Buch handlungen von Schaulustigen umdrängt, welche die Illustration der daselbst zum Verkauf aushängenden Nummern d eS hier er scheinenden humoristisch-satirischen Witzblattes „Seifenblasen" studiren und deren Sinn bis ins kleinste Detail sich klar zu machen suchen. — Die jüngste Illustration besteht in einem Doppelbild unter der Ueberschrift: „Die beiden Helfer beim Auf- und Absteigen", wovon die obere Abtheilung ein zu Pferde steigendes gekröntes Haupt, dem ein Staatsmann den Bügel hält, darstellt, die untere Abtheilung aber einen im Absteigen begriffenen hohm Militär zu Pferde zeigt, dem ein daneben stehender Kürassieroffizier vom hohen Pferde herabzuhelfen strebt. Dahinter sieht man aus dem Thors einer Festung Truppm ausrücken, währmd in der Ferne eine bekannte Figur von der Höhe herab diesen Act durch ein Fernrohr beobachtet. Außer dem brachte das Blatt in letzter Zeit noch einige treffende Piecen, von denen wir andeutungsweise nur die Gedichte: „Doctorhut und Eisenhelm", „Eine Sitzung des Berliner Stadttaths" und „Klapka und Freiligrath" herausheben wollen. — Die Einrichtung der Dienstmannschaften und ähnlichen Korporationen hat Beifall gefunden, denn das Herumlungern der Eckensteher an Wasserttögen und Straßenecken war geradezu widerlich in Dresden. Leider ist diese Unsitte noch nicht völlig gebannt, denn an dem sogenannten Venetianischen Hause am Elbberg kann man noch Zeuge sein, wie eine Art Lazzaroni sich mit Weib und Kind an den Ecken herumdrücken, das Trottoir als Niederlage benutzen und dadurch die Vorübergehenden zwin gen, dasselbe zu verlassen, wollen sich Letztere nicht ganz abson derlichen Redensarten aussetzen, und hauptsächlich mit Anerbie tungen zu Verrichtung von Arbeiten nicht wenig belästigen. Derartige Dinge sind einer Stadt wie Dresden, die von Tag zu Tag zur Großstadt heranrcift, unwürdig und bedürfen der Abhilfe. — Der hiesige Männergesangverein Apollo (früher Sän- gerkreis wird demnächst einer Einladung des Musikoereins zu Aussig Folge geben und nach dort eine Sängerfahrt veranstal ten. Beide Vereine gedenken gemeinschaftlich zum Besten der Hinterlassenen des Tondichters Veit ein Concert zu geben. — Gott segne den Kartoffel- und Zwiebelstand! wird ge wiß ein Jeder ausrufen, welcher Augenzeuge aus dem Neumarkt ist. Dort hält ein Händler mit Kartoffeln und Zwiebeln und verkauft das Pfund Kartoffeln mit 18 Pfennigen, das Pfund Zwiebeln mit 10 Pfennigen. Allerdings sollen beide Natur erzeugnisse aus Italien stammen. — Was mag da eine Fa milienportion für ungefähr acht Mann kosten? — Ein Peitschengesecht entstand gestern Vormittag an der Ecke der kleinen und großen Ziegelgasse. Das Fuhrwerk eines Gasthofsbesitzcrs fuhr in einen Milchivagen, ein dritter, mit Steinen beladener Wagen wollte ausweichen, fuhr aber un glücklicher Weise mit der Deichsel gegen die Steine an der Plumpe, so daß diese zerbrach. Letzterer verlangte von dem Gasthofsbesitzer Bezahlung, und da kein Zureden half, sollte die Peitsche entscheiden. Ob sie hier oder vor Gericht einig gewor den sind, ist nicht anzugeben. — So viel wir bis jetzt erfahren haben, ist durch das Gewitter am vorgestrigen Tage in hiesiger Stadt zwar größe res Unglück nicht passirt, der Blitz hat aber außer den bereits von uns gestern mitgetheilten Fällen auch noch im Hause Nr. 2 der Christianstraßc einen Essenkopf demolirt, ferner im Hause am Ferdinandsplatz Nr. 1 dicht neben der Feueresse in das Dach eingeschlagen, daselbst einen Dachsparren und ein Stuhl band zertrümmert, alsdann in der dritten, zur Zeit unbewohn ten Etage die Decken und Wände beschädigt, dort aber sich ge- theilt und einerseits in der drttten, anderentheils in der zweiten Etage, ohne zu zünden oder erheblichen Schaden anzurichten, seinen Ausgang genommen ; auch im Hause Nr. 24 ü in der großen Ziegelgasse ist ein Schornstein und ein Sparren durch den Blitz beschädigt worden und endlich hat der Blitz noch auf der Vogelwiese eine Stange zersplittert, die dort der zur Zeit hier weilenden Seiltänzergesellschast gehört. — Am Donnerstag den 27. v. M. ist in Schandau eine Magd aus Lichtenhain, die in die Waldstreu gegangen war, bei dieser Gelegenheit von einer Natter, wie hier erzählt wird, in eine Zehe gestochen worden und in Folge dieser Verwun dung am Morgen des folgenden Tages bereits verstorben. ES dürste dieses traurige Ereigniß allen Eltern die dringlichste Mahnung sein, ihre Kinder wenigstens nicht ohne Fußbeklei dung gehen zu lassen, wenn sie ihnen sonst daS Vergnügen gestatten wollen, eigenhändig Waldbeeren zu pflücken. — Gestern Morgen fand in der Neustädter - Garnifonkirche eine militärisch-kirchliche Gedächtnißfeier an die Schlacht von Königgrätz statt. Aus dem Munde des Herrn Pastor Riedel vernahmen die von allen Waffengattungen erschienenen Soldaten weihevolle Worte der Erinnerung, die neu Hinzugetretenen unter ihnen ernste Mahnung, des opferwilligen Beispiels der Treue bis in den Tod stets eingedenk zu sein. Die Mannschaften trugen hierbei dir Paradeuniform, und sei eS erwähnt, daß die Artillerie sich zum ersten Male mit dem Roßhaarbusche zeigte. Das Ofsiziercorps war in allen Chargen bis zu den höchsten hinauf zahlreich vertreten. — Ein Unfall ereignete sich am Dienstag früh im Dorfe Plauen und zwar in der Nähe der Mühlbrücke, an welchem freilich allem Anscheine nach Niemand die Schuld trägt, als nur ein Paar durchgegangene PfeSd-e. Ein Mädchen zog einen Kinderwagen hinter sich her; es rollte nach dem Feldschlößchen, um einem dort beschäftigten Feuermann das Mittagessen zu bringen. In der Nähe der schon genannten Stelle begegneten sie einem Kohlenwagen mit zwei Pferden, dessen Kutscher eben wegen der dortigen Hebung des Fahrwegs hinten daS Schleif zeug anziehen wollte. Er hatte die Zügel an den Wagen ge bunden, die Pferde gingen durch, erwischten den Kinderwagen, überfuhren denselben und das darin liegende 6 Vierteljahr alte Kind und tödteten Letzteres sofort dadurch, daß ihm der Kopf zerquetscht wurde. — Begünstigt vom herrlichsten Wetter stattete am ver gangenen Sonntag der hiesige Militärverein „Kameradschaft", ungefähr 160 Personen, dem Militärverein zu Hohnstein einen Besuch ab. Letzterer hatte einen Führer bis Rathen den Dresdnern entgegengesandt, unter dessen Leitung jene schönen romantischen Punkte, wie der Hockstein und die Wolfsschlucht, besichtigt und begangen wurden. Von Weitem schon tönten die Böllerschüsse der Hohnsteiner über Berg und Thal hinweg und, noch in großer Entfernung von dem hübschen Städtchen, kamen sie mü Musik und Trommelklang den Kameraden zum Empfange ent gegen und führten dieselben auf's dasige Schießhaus, dem Militärvereinslokale, wo nach kurzer Zeit die Militärvereine von Schandau und Neustadt auch eintrafen. Da wurde ge plaudert von Rendsburg und Düppel, von Gitschin und König grätz, von algierischcn und italienischen Feldzügen rc. rc. Beim Abschiede in der sechsten Stunde wurde auf dem Marktplatze die Sächsenhymne noch abgesungen, Musik und Trommel ge leitete dm Bruderverein wieder eine große Strecke, und nach kurzem Abschied und treuem Händedruck schritten die Dresdner aus dem Wege durch das Polmzthal der Station Rathen wieder zu, um mit dem böhmischen Bahnzuge der Heimath Dresdm entgegmzueilen. Wohl eine eigne Wel: blüht um Euch ber. Und milder weht die Lust von Euern Höhen'. Möa' Euer Bund gedcih'n und vorwärts geben Zum Wohl des Gan,"n, sa m Sachsens Ebr ! 1' ? — Oeffentliche Gerichtssitzung am 3. Ju.i. Am 30. Januar d. I. gelangte an die Polizei die Anzeige, daß in der Ahornstraße bei Herrn Thieme ein Einbruchsdieb stahl begangm worden sei und daß 2 Gebett Betten, sowie ein Koffer mit Sachen, namentlich Kleidungsstücken, welche einen Gesammtwerth von 81 Thlr. darstellten, entwendet worden seien. Der Diebstahl war verübt worden durch Anlchnen einer Leiter, Eindrücken einer Fensterscheibe und Einsteigen in die Wohnung der ersten Etage. Der Verdacht lenkte sich auf Friedrich Herrmann Bähr, welcher auch sofort in Hast genom men wurde. Bähr ist aus Meißen gebürtig, kieb Anfangs das Kürschnergewerbc. verließ dasselbe aber bald, da ein aus- lteichender Verdienst damit nicht verbunden war, und wurde Ziegeldecker. Im Herbst zog er mit seiner Frau nach Dresden, in der Hoffnung, mehr Verdienst zu erlangm, arbeitete auch hier wieder im Kürschnergewerbe. Bähr gicbt an, daß seine Frau Alles besorgt und daß er sich um häusliche Angelegen heiten gar nicht gekümmert habe. Deshalb habe auch seine Frau es in die Hand gmnmmen, Geld zu schaffen, damit er nach Amerika auswandern könne, wohin er nach erlangter Stellung seine Frau habe Nachkommen lassen wollen. Die Ehefrau Bähr