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Rolle* *daS zahlreich versammelte Theater-Publikum über- «u» entzückt hat. — Oeffentlichs Gerichtssitzung am 15. Mai. Unterschlagung ist der Gegenstand der heutigen Hauptverhand lung; angeklagt ist einer selchen Eml Friedrich Herrmann Schmidt, gen. Kraunitz, 21 Jahr alt, ehemaliger Laufbursche beim Bankierhause Albert Kuntze hier. Schmidt ist bereits mehrfach bestraft, und ist am 26. November 866 nach Ver büßung einer neunmonatlichen Arbeitsbausstrafe nach Dresden zurückgekehrt. Der Angeklagte hatte insofern Glück, als er für ^ den l. Januar 1867 als Laufbursche vom Herrn Bankier Kuntze engagirt wurde, ohne nach seiner Vergangenheit gefragt zu werden, nur ein Zeugniß vom Jahre >861 diente als Un terlage, dem Schmidt hinzufügte, die übrige Zeit sei er bei sei nen Eltern gewesen. Die böse Lust erwachte aber bald. Am 2. Januar trat er in den Dienst, und bereits am 5. Januar verübte er das Verbrechen, waS ihn heute aus die Anklagebank geführt hat. Schmidt hatte unter anderen Beschäftigungen auch Wechsel cinzucassiren. Am 5. Januar erhielt er Vormittags 4 Wechsel zunr Jncasso. Ein Wechsel lautete auf 65 Thaler 26 Ngr., zahlbar von Herrn Kaufmann Richter, ein anderer auf 20 Thlr., zahlbar von Herrn Kaufmann Kourmousi, und zwei auf je 515» Thlr., zahlbar von der Firma Weigel und Zeeh. Die ersten zwei Wechsel erhielt Schmidt nicht sofort ausgezahlt, während >030 Thlr. von Weigel und Zeeh ihm zur Rückgabe an Kuntze ausgehändigt wurden. Schmidt lieferte das Geld aber nicht ab, sondern floh, zunächst nach Leipzig, dann nach Berlin, und will die Absicht gehabt haben, über England nach Amerika zu gehen. Tie strenge Paßeontrole in den Häfen hinderte ihn daran, und so ging Schmidt nach Ber lin zurück und lebte dort herrlich und in Freuden, gab viel Geld mit Damen aus, so daß die Polizei sagt, seine Ver schwendung habe Aussehen erregt. Am >5. Februar erfolgte seine Verhaftung und von den mitgenommenen 1030 Thalern fanden sich noch 15 Thlr. 15 Ngr. vor. Auf Befragen giebt Angeklagter an, daß er in die Hände von Spielern gefallen sei, die ihm an einem Abende 800 Thlr. abgenommen hätten. Staatsanwalt Held beantragte in kurzen Worten die Bestra fung, hinzufügend, das; er sich außer Stande sähe, einen Mil derungsgrund anzugeben. Adv. Händel siel die undankbare ^ Aufgabe zu, den Angeklagten zu vertheidigen und es blieb ihm . nichts übrig, zur Milderung der Strafe anzuführen, als auf die fj günstige Gelegenheit hinzuweisen, welche den Angeklagten zum Verbrechen geboten gewesen sei. Schmidt erhielt drei Jahre vier Monate Arbeitshaus. — In der für 11 Uhr angelegten Hauptoerhandlrmg sieht ein junger Mensch von 19 Jahren auf der Anklagebank, der seit seiner Confirmalion wegen Cigenthuniö- verbrechen bereits 5 Mal im Gefängnisse und darunter einmal ^ in der Dauer von über 1 Jahr gesessen hat. Auch heute Han ^ delt es sich um zwei Diebstähle, von denen der eine ein ein- i facher und der andere ein ausgezeichneter ist. Am 12. Marz d. I. aus dem Gefängnisse entlassen und in seine Heimath Seidnitz gewiesen, kam Friedrich August Kruschwitz bereits ,-un nächsten Tage wieder nach Dresden, angeblich um Arbeit zu suchen. Acht Tage darauf verübter Kruschwitz den ersten Dieb stahl zum Schaden des Kutschers Donath. Das Haus der Ober- seergasse, wo Donath seine Sachen hatte, war dem Angeklagten bekam t, und dieser benutzte die Gelegenheit, Donath 2 Paar Hosen und eine Jacke aus der unverschlossenen Stube zu ent wenden. Ein Paar Hosen sind verkauft und nicht wiedererlangt worden, während das andere Paar und die Jacke auf dem Ge richtstische liegen. Der Werth der gestohlenen Sachen beträgt 3 Thlr. > 5 Ngr. Den ausgezeichneten Diebstahl beging er am nächsten Tage zu Schaden des Kellnerlehrling s Graf, Prager- straße Nr. 1. Er kannte ebenfalls die Localität in diesem Hause, stieg vom Dache auS in die verschlossene Kammer und stahl daselbst zwei Paar Hosen und ein Paar Schuhe. Diese Gegenstände sind zum Theil wiedererlangt worden. Staats anwalt Held beantragt auf Grund der Geständnisse die Be strafung, welche auf acht Monate zwei Wochen Arbeitshaus lautete. — Angekündigte Gerichtsverhandlungen. Heute Vormittags 9 Uhr wider Christian Gottlieb Eisold aus Öber- spaar, wegen Diebstahls, Betrugs und Unterschlagung. Vor sitzender Gerichtsrath Jungnickel. — Morgen den 17. d. M., Vormittags 9 Uhr wider Friedrich Aug. Riedel, wegen Dieb stahls. Vorsitzender Gerichtsrath Gross. — Hauptgewinne 5. Classe 71. königl. sächs. Landes- Lotterie. Ziehung am 15. Mai. S'.Ol'O Tblr. Ar. 6.386. 20 090 Tblr. Ar. 68816. 2066 Tblr. Nr. 675387. 1066 Tblr. Nr. 2917 9932 10161 10177 12332 13162 I69S5 19983 29367 32032 32395 31119 39010 16172 46929 53512 56521 K5Z82 7l0>0 79195. 406 Thlr. Nr. 1260 1900 2555 1517 11567 12295 16369 16431 20856 25147 27201 31719 32982 35825 35994 38076 10082 41301 15111 15877 15915 18261 51927 591II 61781 62117 62319 66167 67191 70795 71913 73129 71179 71622 77116 78<268. «66 Thlr. Nr 1921 2872 2996 3806 >5097 5278 5910 652.3 22433 25091 28285 33193 35216 36160 3681t 13014 19678 53635 57857 58803 59199 60720 6-573 63113 6,6300 67503 6>38I9 71879. 166 Thlr. Nr. 1932 1715 5923 5113 6118 6501 7824 8005 8802 8393 9261 13267 13727 13380 13611 16965 16151 17683 17611 19150 19786. 26828 23571 23673 21115 21759 25524 26122 26974 -26391 26809 26,883 27659 27731 28981 29819 29105 29303 30742 31850 3,081 32062 33257 330,2 33326, 3111t 31529 3586,0 36159 36059 3--16,1 38119 39155 39219 39125 10X85 41789 11916 41-25-1 4-2306 12578 13660 13530 41735 15112 15010 45828 17196 48909 19775 19I5I 51601 52880 53156 53371 53399 56159 56280 57293 57I6I 57833 0,718 62693 63096 63616 63513 63178 6316,3 H4239 656,27 65176 6.5171 8890 1 69113 6,9779 69321 69839 70916. 70306 71925 7136.3 716,91 71207 71627 72854 72208 73984 74712 75135 75286 70,75 79250. TageSgeschichte. Luxemburg, 8. Mai. Ter gestrige Remicher Markt bot gegen Abend das Bild einer großen Schlacht, die mit einigem Blutvergießen endigte. Schon am Sonnabend, den 4. Mai, i begannen auf der Luxemburger Seite die Vexationen preußischer Unterthanen dadurch, daß man Personen, die in Remich überall identificirt sind, den Paß absorderte, und einen Preußen, ob gleich er sich auf die Anwesenheit eines luxemburgischen Bürger meister« berief, verhafte« wollte, well er die Brücke überschritten k Pappenheimer — dal PuLUW. immer da« ALbrymen i sehr streu, hatte ohne einm Paß. Montag Abend begann der Streit in dem Hause eine« Wundarztes in Remich. Die Preußen zogen sich, da der Streit durch Schimpfreden auf Bismarck rc. begann, zurück. Ein gewisser G. v. B. schritt friedlich über die Brücke, sein zehnjähriges Kind an der Hand; diesseits angekommen, überfielen »hn die Luxemburger mit dem Rufe: „Auf ihn, der ist ein Preuße". M und Cr. schlugen dem Manne mit einem Instrumente zwei bedeutende Wunden in den Schädel, daß der selbe zusaminensimk und durch den herbeigerusenen Arzt aus Perl mußte verbunden und die Wunden zugenäht werden. Als diesseits befindliche Preußen dies sahen, wollten dieselben helfen; aber die beiden Anführer gebehrdeten sich nicht wie Menschen und es entspann sich ein allgemeiner Kampf. Bon einem Manne aus Remich hätte man Intervention erwarten dürfen, aber derselbe schritt ermunternd an der Spitze einer Eolonne dieser Aufrührer über die Brücke und warf eigenhändig, zum Scandal aller Anwesenden, die ersten Steine auf die Preußen und kämpfte mit, bis auch er verwundet sich zurückziehen mußte. Tein dort anwesenden preußischen GenSdarmen ging es nicht viel besser, er bekam erhebkiche Steinwürfe. Ein Remicher Gensbarm, derselbe, welcher Sonnabend die Paßvexalion unter nommen hatte, siel wie leblos unter den Schlägen seiner eige nen Mitbrüder zusammen, und in einer halben Stunde bethei- tigten sich ungefähr 2000 Menschen an dem unerhörten Cra- wall. Erst um 9 Uhr Abends endigte der Streit, als beide Theile sich ermattet hatten. Biele Menschen haben tiefe Kopf wunden davon getragen und es war wirklich schauderhaft zu sehen, wie sich die angetrunkenen Preußenfresser zuletzt an Frauen und Kindern vergriffen, um ihre Lust deS Kampfes zu kühlen. Hoffentlich wird die Behörde gegen eine so kolossale Schmach, die dazu unter Verletzung der Grenze stattfand, auf daS Strengste einschreiten, sonst könnte kein Landsmann mehr ohne Lebensgefahr ferner in das Gebiet der Remicher Brücke treten. Wie wir hören, sind bis jetzt diesseits 17 Personen als an starken Kopfwunden leidend ermittelt. Tr. Ztg.) Luxemburg, >2. Mai. Die Nachricht aus London, das; die preußische Garnison die Festung räumen werde, hat, wie voraus zu sehen war, allgemeine Bestürzung verursacht. Das Luxemburger „Wort" und der „Eourrier" suchen heute die Ein wohnerschaft nach Möglichkeit zu trösten und ihr vorzurechnen, daß die Opfer an Wohlstand, welche die Stadt allerdings würde bringen müssen, am Ende doch wohl nicht so gar ungeheuer sein würden. Das „Wort" z. B. meint, 200,000 Francs höchstens werde der Ausfall betragen, den man jährlich zu er leiden hätte, wenn die Preußen hier nichts mehr verzehren; da werde aber wohl das ganze Land, das ja jetzt durch seine Neu- tratitätsstellung einer „glänzenden Zukunft" entgegen sehe, sich an dem Opfer, welches in seinem Interesse die Stadt bringe, betheiligcn. Dasselbe erwartet der „Eourrier" und schlägt vor, die Kasernen und sonstigen militäriichen Gebäude in Fabriken und industrielle Etablissements zu verwandeln. Paris, ll. Mai. Der heutige „Moniteur" meldet: Der Kaiser hat bestimmt, daß alle Unterofsiciere und Soldaten aus der Jahresklasse >860, welche der activen Armee angehören, sowie die Eapitulanten, welche innerhalb der Zeit von jetzt bis zum 3>. December dienstfrei werden, unverzüglich in ihre Hei math entlassen werden. Italien. Der Verzicht des Königs von Italien auf vier Millionen seiner Eiviltiste ist doch nicht so ganz uneigennützig, wie es aus deu ersten Blick schien; denn Victor Emanuel hat gleichzeitig in einem Briefe an Natazzi den bescheidenen Wunsch ausgedrückt, das Land möge nun doch auch seine Privatschulden von sechs Millionen übernehmen. Natürlich wird das geschehen; allein wenn der llv «olsmuomn schon jetzt Schulden contrahirte, so wird er cS bei vier Millionen Einkünften weniger erst recht thun, und die nachahmenswerthe Einschränkung wird sich schließ lich als ein einträgliches Diskontgeschäft Herausstellen. — Im klebrigen schmeichelt man sich in Italien mit der Aussicht, als sechste europäische Großmacht anerkannt zu werden. Königliches Hoftkeater. Dienstag, am 14. Mai. 0. — Der Barbier von Sevilla, komische Oper von Nessini. — Rosina, Fräulein Asminde Ubrich, Kammer sängerin, als Gast. — Das beste Urtheil über jede Kunstleist ung ist der Genuß, den wir mitnchmcn und nachempfinden. Wenn wir von Henriette Sontag oder Jenny Lind sprechen, so rauschen die Geister ihrer Leistungen noch lange uns um Geist und Ohr, und eingedenk noch so mancher trefflichen Darstellerin der Nosina wird man mehr als je veranlaßt, Parallele zu ziehen, wenn eine neue Kraft erscheint, welcher der Nuf der Gediegen heit rühmlich vorangeht. Wer, wie Referent dieses, im Lauf der Jahre so viele Rosinen gesehen, welche den Gährungsprozeß der Kunst durchgcmacht und nun als Heller, geläuterter Opfer- weiu am Altar der Kunst erschienen, dem ist jedenfalls das Recht verliehen, einen strengeren Maßstab anzulegen. Bielfach trat uns der Name Ubrich schon in Theaterzeitungen entgegen und irgendwo wurde darauf ein Gewicht gelegt, daß die Sängerin zuletzt in Paris ihre Studien vollendet habe. Mit dem nach Parisgehen blendet man den Laien, denn nur allzuoft hat sich erwiesen, daß der Aufenthalt daselbst nichts gefruchtet und auf manche junge Sängerin man daS Sprüchlein anwenden konnte, welches heißt: „Es flog ein Gänschen über den Rhein und kam als Gikak wieder heim". Doch, kommen wir nach dieser kleinen Abschweifung zur Sache und auf den verehrten Gast zurück, dem durchweg hohe Anerkennung gezollt wurde und dies mit vollem Recht, wenn man die virtuos geschulte Stimme von Fräulein Ubrich in Betracht zieht, eine Stimme mit so eigenthümlich bezauberndem Timbre, wo zarte Ansprache und seltene Gleichmäßigkeit in schönster Vereinigung zu finden. Vorzüglich ist die technische Ausbildung auzuerkennen, Leichtigkeit und Correctheit in der Coloratur, sein nüancirt, musikalisch, im Vortrag natürliche An- muth und ihr Triller meisterhaft. Im zweiten Act benutzte Fräulein Ubrich den Bacio-Walzer von Arditi und Bolero von Verdi als Einlage. Letztere bildete den Schluß der Oper und zeigte sich als weniger wirksam, da hier — ich kenne meine Brillantfeuenverkr erwartet. Mr müßten un« s,,, die Sängerin nicht noch so ein Bravourstück in p-tio geh haben sollte und auf ein stürmische« Dacapo gefaßt war, wie eS anderwärts zu geschehen pflegt. In solchen Dingen ist aber das Dresdner Opernpublikum noch viel zu solid, es genießt sein Vergnügen im Innern. WaS das Spiel anbelangt, so hielt die Gastin sehr in den Grenzen, Alles äußerst decent, es fehlte mitunter an Wärme, an der Munterkeit, an der keck-naiven Laune, womit z. B. Frau Jauner-Krall so trefflich zu wirken versteht. Im Gesang steht ihr Letztere freilich nach und noch mals sei solchem das volle Honneur erwiesen. Ein Gleiche« Herrn Dettmer als Figaro. Er bot Allen in dieser Nolle eine Ueberraschung, und eS ist nicht zu viel gesagt, wenn er in dieser, abermals auS Gefälligkeit übernommenen Parthie den eigentlichen Darsteller, Herrn Degele, in den Schatten stellte. Sein Spiel war ausgezeichnet und selbst sein Gesang deS Rüh mens werth, indem andere Sänger diesen Figaro viel zu tragisch nehmen. Für den Grasen Almaviva war ebenfalls als Er gänzung Herr Rudolph eingetreten und wußte derselbe seiner Ausgabe sich mit Geschick zu entledigen, was ihn berechtigte, mit an der Hervorrufen Theil zu nehmen, mit denen die Oper be ehrt wurde, welche unter Direktion des Herrn Kapellmeister Rietz wacker in Scene ging. * Hunderttausend Thaler für einen Kuß. Die französische Zeitung „Le Droit" erzählt die nachstehende Geschichte, die bei einer deutschen Stadt vorgekonnnen sein soll. Der Land pfarrer G. in der "Nähe derselben besah einen einzigen Schatz, seine liebenswürdige Tochter Veronica. Ein junger Maler be warb sich um ihre Hand; Veronica liebte ihn, der Vater aber wollte seine Einwilligung zu der Heirath nicht geben, weil der junge Mann F. nichts als seinen Pinsel besaß. Dagegen empfahl er ihr als Bräutigam einen seiner Schulkameraden, einen Kaufmann, der sich seit mehreren Jahren von den Ge schäften zurückgezogen hatte; er war häßlich, brachte dem jungen 'Mädchen aber die eifrigsten Huldigungen und die reichsten Ge schenke. Veronica wußte nicht, ob sie beide annehmen sollte, als eines Tages ihr Vater ihr ein kostbares Kästchen als Ge scheut des Bewerbers brachte, das von guten Steinen funkelte, Bonbons und ein Franlfurter Lotterielooü enthielt. Sie mußte das Gescheut annehmen und den Geber als Bräutigam aner kennen. Den andern Tag aber wurde derselbe krank und zehn Tage darauf starb er ; einen Monat später gewann daS Lotterie loos 100,000 Thaler. Veronica war nun reich; der junge Maler erhielt wieder Zutritt in das Haus, und die Geliebte wurde endlich seine Frau. Noch waren die Flitterwochen nicht vorüber, als er von dem Stadtgerichte die Aufforderung erhielt, den Erben deS verstorbenen Kaufmanns D. ein gewisses werth- volleS Kästchen und den Betrag eines Lotterielooscs zurückzu geben. Es kam zum Proceß, und F. wurde zur Herausgabe vcrurthcilt. DaS Appellationsgericht aber, an welches die Sache kam, glaubte nach dem alten Herkommen entscheiden zu wüsten, das unter Ander», bestimmte, die Geschenke, die der Bräutigam der Braut gebe, würden das Eigenthum der Letztem erst dann, wenn sie einen Kuß dafür gegeben. Madame Veronica F. wurde also aufgefordert, zu erklären, ob sie dem alten Kauf mann einen Kuß gegeben hätte. 100,000 Thaler für das Ge- ständniß eines Kusses, eines einzigen Kusses? Wie viele Frauen würden wohl dem Beispiele der Madame F. folgen, welche die 100,090 Thaler lieber verlor und noch dazu die Gerichtskosten bezahlte, als einen Kuß gestehen wollte, den sie wirklich nichts gegeben hatte. * Berlin. Aus Znaim wird einem Wiener Blatte ge schrieben: Der Knecht des Großbauers H. W. in dem benach barten Orte A. ging die vorige Woche in, Aufträge seines Herrn in die Scheune, um für die Pferde Futter zu holen. Der Haufe, von dem er das Heu nehmen sollte, war zur größeren Hälfte bereits im Monate Juni nach der ersten Heuernte ein geführt worden, hatte ursprünglich bis an die Decke gereicht,, war aber jetzt schon bis auf eine geringe Menge zusammenge schmolzen. Der Knecht griff mit beiden Armen in daS Heu, um eine recht große Menge zu erfassen. Schon seit längerer Zeit war aber Allen, welche die Scheune betreten hatten oder an derselben vorübergcgangen waren, ein penetranter Geruch ausgefallen. Der Knecht spürte, als er die Hände mit dem Heu in die Höhe hob, den Geruch in erhöhtem "Maße, und zugleich glaubte er seine Hände mit einem fremden Gegenstände in Be rührung gebracht zu haben. Er blickte auf die Stelle, wo er das Heu aufgehoben hatte, und erschrak über den Anblick, der sich ihn, hier darbot, so sehr, daß er in das HauS zurückstürzte und dort bald besinnungslos, mit der Hand nach der Scheune weisend, zusammensank. Der Bauer nahm einen andern Knecht mit sich, und Beide begaben sich, mit Prügeln bewaffnet, da sie einen Dieb vermutheten, in die Scheune. Beim Eintritte strömte ihnen starker Leichengeruch entgegen, und als sie an das Heu herangetreten waren, bemerkten sie den in hohem VerwesungS- zustande befindlichen Leichnam eines preußischen Soldaten in voller Rüstung mit der Pickelhaube beim Kopfe und den Säbel an der Seite. Das Zündnadelgewehr steckte etwas abseits im. Heu. Von den Kleidern des Todten befanden sich nur noch einzelne Fetzen in erkenntlichem Zustande, alles Andere war bereits der Fäulniß erlegen. Die Haupthaare lagen einige Schritte weit weg und sind dem Leichname vom Knechte, als er in das Heu griff, wahrscheinlich mit den Händen abgestreift worden. Die Leiche wurde alsbald vergraben und das ringsum gelagerte Heu verbrannt. Bezüglich des rätselhaften Tode« des Preußen nimmt man an, daß der Soldat gleich nach seiner Ankunft in A. wegen heftiger Choleraschmerzen sich in daS Heu. verkrochen, Krämpfe bekommen habe und verschieden sei. Als dann war die zweite Heuernte vor sich gegangen und daS Heu in der Scheune doppelt so hoch aufgehäuft worden, wodurch inan um die Leiche eine fast lustdichte Umhüllung gebildet hatte. Der Knecht des Bauers, welcher die schreckliche Entdeckung machte, war dadurch so sehr erschüttert worden, daß er in ein heftige« Nervensieber verfiel und am folgenden Morgen bereits eine Leiche war.