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D»es-<«, den 1l Nsvemb«. — Vorgestern har auch Se. K H. der Kronprinz die Neustadt mit einem Besuche beehrt und dabei die dortigen beiden Obelisk« in Augenschein genommen. Letztere werdm heute Abend -um letzten Male erleuchtet sein. — Se. Exc. der Kriegsminister v. Fabrice ist in Beglei tung de» Hauptmann» Winkler gestern Morgen von hier nach Berlin gereist. — Da durch die Resignation des Rittergutsbesitzer» Ru dolph Benno v. Römer auf Neumar! rc., sowie durch da- Ab leben de« Freiherrn Curt Robert v. Welck ans Riesa, ingleichen durch di« in der Person de- Bürgermeister» zu Plaum vorge kommene Veränderung drei Stellen in der Ersten Kammer der Etändeversammlun- zur Erledigung gelangt sind, so hat Se. Maj. der Köntt; zu deren Wiederbesetzung dm wirklichen Ge heimen Rath Grafen Carl Adolph v. Hohenthal auf Knauthain, dm Ritter-ut-besitzer Friedrich Robert Emil Meinhold auf Echweinsburg ernannt und für die zuletzt erwähnte Stelle di« Stadt Meißen bestimmt. — In Folge der Vereinigung de» Herzogthums Nassau mit der Preußischen Monarchie hat der Nafsauische Consul in Leipzig, Herr Wilhelm Dodel, diese ConsulatSfunction nieder gelegt. — Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten, om 9. November. Die heutige außerordentliche Sitzung war hauptsächlich der Erledigung de« Berichts der Verfaffungsdepu- tation über da» Elementarschulwesen hiesiger Stadt gewidmet. Die Tribünen find überfüllt hauptsächlich von Zuhörern au» dem Lehrerstande. Punkt 8 beschäftigt sich mit der Ausbildung der Lehrer und den ihn« gewährt« Gehalten. Die Deputa tion «Mn nicht verschweigen, daß auch hinsichtlich der Ausbil- düng mancher Lehrer e» nicht hier so ist, wie r» sei» sollte. Jn.dM letzten 10 — 15 Jahren hätte mancher jüngere Lehrer Anstellung gesund«, welcher mit der erforderlich« Vorbildung und Befähigung für dm hohen und schwer« Beruf nicht hin länglich ausgerüstet sei. Die Schuld liege an dm Seminari«. Die Seminarordnung von 1857 lehne sich an die preußisch« Regulative an, und der Geist derselben sei getragen von jener orthodoxen Glaubensrichtung, welche ablenkend von der frei« Selbstbestimmung und dem wirklich« Leb«, wie von den großm Grundsätzen unserer Pestalozzi, Dinter, Diesterweg und anderer bewährter Autoritäten, da« exakte, auf strenges Denken «baute Wissen fern zu hatten sucht, um in da» verschwimmrnde Dunkel geistiger Beschränktheit sich zu verlier«. An manche« sächsisch« Seminar würde die Umkehr der Wissenschaft offen gepredigt und insbesondere gegen di« Naturkunde geeifert. Des halb wünscht die Deputation, daß von Seite» der Gemeinde verwaltung ein Antrag an die Staatsregierung, die Reorgani sation der Seminare betreffend, gerichtet werden möge Wa di« Besoldnngtfrage anlang«, so hätte sich «egen de« gering« Gehalte» der unterm Stell« ein Mangel an tüchtig« Lehrern herau-gestellt. Leipzig, Chemni», Zwickau bezahlt« besser. Die Deputation stellt dm Antrag, dm Etadtrath z» ersuch«, auf eine angemessen« Erhöhung der Gehalte zunächst für di« unterst« Stellen Bedacht zu nehmen. Stadt». Hartwig glaubt, daß durch Errichtung eine» eigmen Stadtseminar» die Wünsche der Deputation befriedigt werdm könnt«. Stadtv. Berthelt: Da» Kultusministerium sei für gute Ausbildung der Lehrer besorgt, auch herrsch« eine solche exclusive Glaubensrichtung in den Seminari« jetzt nicht. 0r. Wigard will für den Lehrerstand ein« ganz vorzügliche Ausbildung; je größer diese sei, desto bester für di« Kinder. Lerlan-e man für Theologen Unioersi- tätsbildung, s, könne man auch dm Lehrern solche zu Theil werdrn lasten, dmn di« Schule sei ebmbürtig der Kirche. Stadt». Henker ist gegen Erhöhung der Lehrergehalt«; derselbe zieht ein« Paralelle zwischen jetzt un» früher, um zu zeigen, daß der Durchschntttsgehalt bedeutend verbessert sei. Di« jetzi- gm Geldoerhältniffe der Commun last« eine Erhöhung der Gehalte nicht zu. Wäre die» aber der Fall, dann würde er mehr für «ine Erhöhung der höher« Gehalte, al» der unterm sein, «eil dann Familienväter getroffen würden. Stadtv. Wal ther I. spricht für dm Vorschlag der Deputation und also für Erhöhung der Gehalte der untersten Stell«. Dir. Berthelt: Man möge nicht außer Acht lasten, daß die Unzufriedenheit mit dem Gehalt« eigentlich bei den schon länger fungirenden Lehrern zu sind« sei. Dort müsse eine Verbesserung etntreten, dmn jeder Mensch strebe dahin, Etwas zu erreich« und sor genlos zu leb«. Der Antrag der Deputation auf Reorgani sation der Seminari« wurde gegm 3 Stimm« angenommen, »ährend der Antrag bezüglich der Erhöhung der Lehrergehalte mit Weglassung der Worte „zunächst für die unterst« Stellen" Annahme fand. — I« Punkt 9 ei empfiehlt di« Deputation, daß di« Gemeindeverwaltung dem Elementarschulwes« größere Aufmerksamkeit zuwendm möge, und beantragt, das Collegium »olle den regelmäßigen Prüfung« der städtisch« Schul« seine besondere Beachtung in der Weise zuwenden, daß jede derselben wenigstens von zwei der Schuldeputation nicht angehörendm, nach Befinden durch da» Loo» zu bestimmenden Mitgliedern besucht werde Dieser Antrag wurde einstimmig gutgeheißen. — Unter 8 kommt die Deputation auf Anstellung eines Schul rath» zu sprechen und beantragt, daß nach preußischem Muster dem RathSeollegium ein Schulrath beigeordnet werde. Gegen diesen Antrag spricht Stadtv Berthelt; derselbe macht auf die vielfachen Rachtheile aufmerksam, welche die Schaffung eines Schulraths haben müsse. Conflicte mit dem Localschulinspektor würden entstehen, die Theilnahme der Gemeinde würde vermin dert, die Selbstständigleit des LehrrrstendeS beschränkt werdm rc. vr. Wigard: So lange eine vollständige Trennung der Schule von der Kirche nicht stattfinde, sei er auch gegen das Schul- rathsproject. Bei der Abstimmung wurde der DeputationSan- trag mit 30 geg« 12 Stimmen abgeworfen. — Unter L. kommt die Deputation auf die Betheiligung von Schulmännern an der Schuldeputation zu sprechen. Sie ist mit dem Vorschläge des StadtrathS einverstanden, daß dazu drei Schuldirektoren, au« je einer Abteilung einer, deputnt werden. — Punkt 10 handelt von der Trennung der Schule von der Kirche. Die Deputation beantragt, der Stadtrath möge bei den zuständigen Organ« der Gesetzgebung mit bestimmten Anträgen nach dieser Richtung hin einkommen. Stadtv. Adler erklärt sich dagegen, I)r. Wigard dafür, eben so Schöniger und Lehmann I., welcher in dm An trag aufzunehmm bittet: „nach Maßgabe der hier einschlagen den Bestimmungen der Grundrechte des deutschen Volker Der Deputationsantrag wurde gegen 3 Stimmen angenommen, des gleichen die Lehmannsche Einscha tung. Schließlich wurde der allgemeine Antrag angmommm, daß zur Durchführung der An träge der Stadtrath alle zulässig« und geeigneten Schritte, namentlich auch Vorstellung« an die Staatsregierung wegen nöthig werdender Abänderung« »m Landesgesetz«, thun solle. Referent schließt mit dem Wunsche, daß die angewendete Mühe und Arbeit nicht eine fruchtlose sein möge, sondern als eine be fruchtende sich geltend mache. Alle möge das Bewußtsein trösten, gearbeitet zu haben am Fortschritt de» Menschengeschlecht», dmn Wissen mache frei, gut und glücklich. — Es erfolgte nun die Wahl eine» unbesoldet« StadtrathS. Sofort beim ersten Wahl gange erhielt der bisherige Stadtrath Advocat Welz die Majo rität, indem von 43 eingegangen m Stimmzetteln 31 Stimmm ihm zufielm. — Zuletzt nahm die Einquartierungsangelegenheit noch die Zeit de« Collegium« in Anspruch. Stadtrath Hempel war hierzu erschienen. Es handelt sich hierbei um die preußi sch« Ga-nisonstruppm. Vor kurzer Zeit wurde von Seit« det Stadtverordneten der Antrag des StadtrathS, die preußi sch« Trupp« verdingungsweise unterzubringen und die Kosten verlagsweise aus der Stadtkaffe zu bestreiten, abgelehnt, weil diese Last von der Regierung zu trag« sei. Es wurde dem Stadtrathe angerathm, sich sofort mit der Regirrung ins Ver nehmen zu setzen. Die EinquartierungSbrhörde wendete sich an die Kreisdirection und bat um Verhaltungsmaßregeln. Die Kreisdirection spricht aus, sie könne sich nicht für competent halten, sich in der Verbindlichkeitsfrage auezusprechen und der EinquartierungSbrhörde eine Norm ihres Verhalt«» zu geben, sie hatte aber ihren Vorschlag, verlagsweise die Bestreitung der Verdingung der preußischen Garnison zu übernehm«, für der Sachlage entsprechend. Die Deputation« bleiben b.i ihrem frühe ren Anträge steh«, und beantragen, in Erwägung, daß 1) weder die Stadt als solche, noch die Ansässigen oder Unansässig« ge- setzlich zur Uebernahme der preußisch« Garnison verpflichtet sind, wozu nur und zunächst der Staat als solcher verbunden ist, deshalb die Stadtkaffe nicht emmal zur verlagtweisen Be streitung der preußische« Einquartierungskosten verpflichtet ist, dm Stadtrath zu ersuchen, sofort dar Staatsregierung dm An trag vorzulegm, daß dieselbe die zur verdingungsweisen Unter bringung der preußischen Garnison erforderlichen Mittel entweder baar anweise, «der die Abrechnung auf die der Stadt gewähr- 1m Vorschüsse gut heiße, zum mündlichen Vortrage womöglich morg« eine Deputation, der die Vorsteher und die Vorstände der Finanz- und VerfaffungSdeputation beizuordnen wärm, an die Staatsregierung zu senden, oder 3) wenn der Etadtrath dies ablehnr, eine eigene Deputation an maßgebende Stelle ab- zuordnen. Schließlich wendet sich Referent noch gegen die Stelle der Verordnung der Kreisdirection, welche dem Stadtrath an heim giebt, ohne Befragung der Stadtverordneten vorzugehen. Walter II. betont das Unrecht, welche« die Hausbesitzer erleid« und befürwortet d« Antrag, man erfahre doch endlich, woran man sei. Stadtrath Hempel rechtfertigt dm Stadtrath und bittet, den Antrag desselben «nzunehmm, um dm bedrückten Hausbesitzern Erleichterung zu gewähr«. Protocollant Kaiser spricht scharf -egen die Kreisdirection und vr. Schaffcath geg« den Stadtrath, der offenbar gegen tz 37 der BerfaffunzSurkunde gehandelt habe. Schließlich wird das Deputationsgutachten ein stimmig angenommen und noch zu einer geheim« Sitzung über gegangen. de» - Budisfiar Infanterie, — ES wird uns berichtigend mitgetheilt, daß am Donß nerstag dm 8. November nicht Ihre Maj. die Königin-Witt««? sondern Ihre Maj die regierende Königin Amalie da» Stadt- krankenhauS mit ihrem hohen Besuche beehrt hat. IS — Im Königreiche Sachs« find zur Zeit nachgmannte Städte mit königlich preußischen Truppen belegt: Dresden: Stab der 5. Infanteriedivision, Stander 9. Jnfanterttngade, Stab und drei Bataillone des Leibgrmadierregiment» Nr. 8 (mit Detachirung einer Compagnie als Besatzung der Festung Königstein), Stab der 10. Jnfanteriebrigade, Stab der 5. La» valleriebrigade, Stab und zwei Schwadron« des brandenburg- schm Dragonerregiments Nr. 3, Stab und drei Bataillon« dis 3. GardegrenadierregimmtS (Königin Elisabeth), 3. Fußabthet- lung des brandenburgsH« Artillerieregtments Nr. 3 und 3. FestungSabtheilung des Magdeburgschm Festungsartillerierrgi» mmts Nr. 4. — Leipzig: Stab und 1. und 3. Bataillon de» 6. brandenburgschm Infanterieregiment» Nr. 53, Stab und drei Bataillone des 7. brandenburgfchen Jnfanterieregil Nr. 60. — Chemnitz: Stab und 1. und 3. 3. brandenburgschm GrenabierregimentS Nr. 13- Stab und 1. Bataill», des 5. brandenburgschm regiments Nr. 48, eine Schwadron de» brandenburgschm Dra-- gonerregimmt» Nr. 3. — Glauchau: Füsilierbataillon des 2. brandenburgschm Grmadierregimmts Nr. 13. — Zittau: 2. Bataillon de» 5. brandenburgschm Infanterieregiments Nr. 48. — Reiß«: Füfilierbataillon de» 5. brandenburgschm In fanterieregiments Nr. 48. — Pirna: zwei Schwadron« de» brandenburgfchen Dragonerregiments Nr. 3. — Großenhain: Stab und drei Schwadron« des 1. brandenburgschm Ulanen» regiments Nr. 3. — Wurzm: Füsilierbataillon de» 6. bran- denbmgschm Infanterieregiments Nr. 53. — Riesa: zwei Schwadronen des 1. brandenburgschm Ulanenregimmt» Nr. (Dr. I.) - - - .5^ — Das sogenannte große Loo«, der Hauptgewinn 150,000 Thaler, ist diesmal ziemlich zersplittert in die des« dmen Wohnung« solcher Gewinner eingezogen, welche nicht gerade im Ueberfluffe lebt«. LuS der Collect« von I. Stelzner in Großenhain empfing« ein« Theil daran, gewisser maßen zur Besiegelung der Versöhnung zwischen Preußen und Sachs«, zwei arme Arbeiter aus Preußen, der eine 5000/ dev^' andere 10,000 Thaler. Es war die« das erste Mal, daß der 150,000-Thaler-Gewinn nach Großenhain kam. Ferner er hielten aus der Collecte von I. G. Hirsch in Ebersbach bei Radeburg ein Handelsmann aus Laube und ein kleiner Guts besitzer bei Radeburg jeder ein Sechz hntheil, während au» der Collecte von Pinkert in Rödern bei Radeburg ein Theil nach Rödern und rin Theil nach Ponikau an sehr bedürftige Leute kam. — Die Collect« von Stelzner und Hirsch hattm bereit» in der 65. Lotterie das Glück, die Gewinne von 30,000 40,000 Thlr. an Bedürftige vertheilen zu können. — Die Kaufmann'sche „Scandalia" gab in Brauns Hotel am Donnerstag Abend zum Best« der Abgebrannt« auf der Breitenstraße ein Concert, das ausnahmsweise von einem zahl reich« und gewählter« Publikum besucht war. Diesmal hatte die Gesellschaft ganz neu erfundene, seltsame Instrumente «n- geschafft, die nicht wenig Aufsehen und Humor erregt«, nament lich die Holzpritsche, die b.im Schlittengalopp zur Anwendung kam. Viel Heiterkett erregte das sogenannte Stockflötensolo, da» man hör« mußte, um ein Urtheil darüber zu geben. Die Soli'« auf der Zither, der Violine, der Trommel und dem Cello ging« exaet, eben so die Märsche, namentlich der neue Ealamandermarsch von Bunde — natürlich meist in Humor. Die Gesellschaft hat 36 Thlr. 34 Ngr. eingenommen, abae- liefert SO Thlr. 7H Ngr., jedoch, da sie 13 Thlr. Regiekosten hatte, «och 6 Thlr. 16j Ngr. unter sich dazu gesammelt. — In der vorvergangenm Nacht wurde au» einer Markt- ^ zi- bude ein kleiner Knabe herquSgelangt, der dort Nachtquartier j, halt« wollte, und wie sich später ergab, schon fett mehreren Tag« sein« Elte« mtlaufm war, «eil er eine wohlverdient« Züchtigung erhalt«, die ihm nicht angestanden hatte. — Dem Vernehmen nach ist der Gutsbesitzer in Trachau, in best« Gehöft das neuliche Feuer herauSgekommm, weg« mehrfacher, ihn gravirender Momente, die ihn der Brandstiftung verdächtig erscheinen kiffen sollen, gefänglich eingezogen ward«. — In die Collecte des Herrn Gustav Genei« hier fiel gestern der Haupttreffer von 100,000 Thlrn. auf Nr. 14903 ^ aus der Haupteolleetion de« Herrn Davio Wallerstein. — Die Meinung, daß alte gute Lustspiel« durch Dar stellung immer noch Anziehungskraft auSüben, dürfte sich nach den Eifahrungm deS zweit« Theaters doch nicht bewähr«. Die Zeit ist eben eine andere geword« und die Menschen mit ihr; wa« unsere Eltern und Großeltern entzückte, ringt uns heute vielleicht kaum ein Lächeln ab. Deshalb Hit da» -weite Theater wieder nach der Posse gegriffen und „Namenlos" geht heute zum 38. Male in Scene, hinlänglicher Beweis, daß di« Leute einmal herzlich lach« «oll«. und