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,71 Donnerstag. 27. Geptemver L8SS. «Irschemt: «lßttch früh 7 Uhr. Austritt «erde» angenommen: Hi» Abend» v,Gönn- t»,» bi, Mittag» IN Uhr: Martenstra»e 1». W»t«ig. in dies. Blatte Wchenrine erfolgreich« Berbreitnng. «nflage: 13,000 SrrmplKN- A§»»»t«e»t: BiettelMrlichr»«^ bei n»entgeldlicher rie fe rnng in'» Han«. Durch die Skoigl. Post vierteljiihrlich rr Ngr. Einzelne Nummer» l Ngr. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Anseraieupreist: ' stür den Raum rin« gespaltenen Zelle: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile 2 Ngr. Dr»S >md «igachmn der Hrnmegrbrr: Litpsch är Neichardt. - Verantwortlicher Redactenr: Juli«- Aetchardt. Dresden, ^>ett 27. Septemba. — Se. Maj. der König von Sachsm hat den bisherigen BemdestagSgesandten, Geh.-3iath von Bose zu sich berufm und ist derselbe bereit» in Wien eingetroffen. — Am 24. September hat bei prachtvollem Wetter und «lter The lnahme vieler Tausende von Zuschauern auf Hietzin- yrr Flur die Abschiedsrevue der sächsischen Truppen vor S M. dem König Johann stattgefunden. — Sichern, Vernehmen nach hat Ce. Majestät der König von Sachsen vorgestern Schönbrunn verlassen und sich zunächst nach RegenLburg begeben. — Au» Magdeburg ist 'auf telegraphischem Wege die Trauernachricht hierher gelang daß der bisherige k. preußische Generalgouverneur für die sächsischen Lande, Herr General v. Schack, Exe., vorgestern Abend daselbst gestorben ist. — Da» „D. I." schreibt: Die in Breslau erscheinende „Schles. Ztg." enthält in ihrer Nummer 448 in einer Corre- spondenz au» Dresden vom 21. September gelegentlich der Besprechung einer politischen Broschüre folgende Behauptung: „In Dresden hat der Preußenhaß während der Oecupation wahrhaft widrige Orgien gefeiert und feiert sie heute noch." Der Umstand, daß ein sächsisches, in Dresden selbst erscheinen de» Blatt diese schwere Beschuldigung ohne jede Bemerkung dazu weiter verbreitet hat, veranlaßt uns, an die „Schlesische Zeitung" die Aufforderung zu richten, für ihre obige Behaup tung Beweise beizubringen. Es liegt sicherlich ebenso im In teresse des königl. preußischen Gouvernements, als der königl. sächsischen Landescommission, daß in dieser Angelegenheit volles Licht verbreitet wird, und wir haben das gute Vertrauen, daß diese beiden hohen Behörden, falls wirklich derartige „widrige Orgien'^ hier oder anderwärts in Sachsen gefeiert würden, die» nickt ungeahndet kaffen werden. Bis dahin aber, daß die Be weisführung darüber erbracht sein wird, bitten wir, jener Be hauptung der „Schlesischen Zeitung" keinen Glauben zu schen ken, und würde dieselbe, falls diese Beweisführung nicht er bracht werdan sollte, als eine grobe Unwahrheit bezeichnet werden müssen, die bei der damaligen Lage um so schwerer in» Gewicht fällt, als sie auswärts über die Zustände in Sachsen und spectell Dresdens inige Ansichten und Urtheile herbeizusühren geeignet ist, die für die künftige Gestaltung un- serer Verhältnisse von nachtheiligem Einfluß sein können. — DaS 1. und 2 Bataillon des 4. brandenburgschen Infanterieregiments Nr. 24, we'che seit den, 11. d. M. einen Theil unsrer preußischen Garnison bildeten, sind gestern Nach- mfttag per Eisenbahn abgerückt, um über Berlin in ihr frühe res Standquartier Neuruppin zurückzukehren. Da« 3. Bataillon diese- Regiments lag bis jetzt in Leipzig). — Nach der „N. A. Ztg." wird der Ministerpräsident Graf v. Bismarck sich nach Vorpommern begeben und für ei nige Zeit seinen Aufenthalt auf dem Lande dort nehmen. — DaS ministerielle Blatt kommt — den vielfach umlaufenden Zeitungsnachrichten gegenüber — heute nochmals auf den Stand der Verhandlungen mit Sachsen zurück und kann versichern, „daß diese Verhandlungen überhaupt bis jetzt zu keinem Ab schluß gediehen sind, und daß der bisherige Verlauf der beider seitigen Erörterungen noch nicht übersehen läßt, welches Re sultat schließlich erzielt werden kann." — Gestern wurde Se. Excellenz, der kaiserlich russische Gesandte Graf Bludoff au« Petersburg hier zurückerwartet. — Eine sehr friedliche Episode erfreute vor wenig Abenden die Besucher der Medinger Bierhalle an der Sophienkirche. Ein preußischer Soldat trat mit einem ziemlich schwer verwundeten Sachsen ein und unterstützte ihn brüderlich beim Gehen Beide hatten in der Schlacht bei Königgrätz einander gegenüber ge standen und miteinander gekämpft. Der Preuße hatte den Sach sm durch einen Bajonnetstich ins Bein kampfunfähig gemacht und ihn nach langen Wochen hier in Dresden wiedererkannt. Die Freud« des Wiedersehens wurde bei mehreren Töpfchen „Medinger" gefeiert und die Erinnerung an schwere Stunden lebendig gemacht. Es war interessant, den Beiden zuzuhören, wie sie die Einzelheiten ihres blutigm Zweikampfes sich jetzt lachend erzählten, interessant, wie sie sich brüderlich umarmten und küßten; ja der Preuße war so galant, seinem Schlachten- brudex ein Sträuschen zu kausm und es ihm freudig an die Uniform zu stecken. — Daß Schillers Wort nunmehr wahr wird: „Der Senne muß scheiden, der Sommer ist hin" und die rauhere Jahreszeit anrückt, läßt ein flüchtiger Blick von der alten Elbbrücke auf den Sttom sehr bald erkennen; denn schon brechen die Schwimm meister ihre Badeanstalten ab, mit denen sie leider in diesem Sommer nicht die besten Geschäfte gemacht. Das vielfache schlechte Wetter und nebenbei auch die kriegerischen Zeiten hin derten Viele, ihre Hände im Elbflrom „in Unschuld zu waschen". — Seit einigen Tagen giebt ein Virtuose aus einer rie sigen Ziehharmonika in hiesigen öffentlichen Restaurationen im- provisirte Concerte, die sich eines großen Beifalls erfreuen und selbst Kunstkenner enthusiaSmiren. Es ist ein Oesterreicher, dm die diesmal flaue Leipziger Messe genöthigt, in Dresden sein Heil zu versuchen. — In hiesiger Stadt wurde gestern ein Mann aufge- griffen, der aus der Irrenanstalt auf dem Sonnenstein, in der er seit einiger Zeit Aufnahme gefunden, entsprungen war. — Am 22. d. M. hat sich allem Vermuthen nach arS Lebensüberdruß die im 79. Lebensjahre gestandene Hausaus- züglerin B. in Roßwein in ihrer Behausung erhängt. — An demselben Tage wurde der 73 Jahr alte Händler L. aus Zschertau in der Waldung am Albernauer Wege erhängt aus gefunden und vom Gerichtsamt Schneeberg aufgehoben. Gei stesschwäche und Lebensüberdruß scheint der Grund zu diesem Schritte zu sein. — Der bisherige Direktor der Liederhalle im Linckeschen Bade, Herr Nerzes, hat sein Unternehmen aufgegcben und sich wiederum dem Schillerschlößchen zugewandt, wo er bereits heute, Donnerstag, debütirt. — Auf dem zweiten Theater tritt heute als neu engagir- tes Mitglied Fräulein Weirauch aus Berlin auf. Die junge Dame ist dem Dresdener Publikum nicht fremd, da sie schon vor Jahresfrist dieser Bühne angehörte; ihre angenehme Er scheinung, ihr frisches und munteres Spiel, unterstützt von einer angenehmen und wohlklingenden Stimme, befähigen sie voll kommen zu dem Fache der Soubrette, als welche sie jetzt von Neuem gewonnen worden ist Sie wird in den drei Stücken: „Sie schreibt an sich selbst", „Sachsen in Preußen" und „Guten Morgen Herr Fischer" aufireten. — Seit dem Montag Abend ist der Stationsplatz der Blasewitzer OmnibuLlinie, Ecke der Pillnitzerstraße und des Elb berges, durch einen dort nevaufgeftellten Candelaber hell erleuchtet. Wenn auch, wie es scheint, die Omnibusse nach wie vor ihre Aufstellung dort nehmen werden, obschon eine Aufstellung der selben vis o vis zweckmäßiger erscheint, so geschieht doch immer hin dadurch einem Ucbelstande Abhilfe, indem man des Abends in der Dunkelheit beim Halten der Wagen an der fraglichen Stelle in Folge der engen und dabei lebhaften Passage auf dem Trottoir nicht mehr Gefahr läuft, an Pferd und Wagen heran gedrängt zu werden. — Auf der Marienbrücke findet jetzt eine Auswechselung, resp. Verlegung eines stärkeren Gasrohrstrrnges statt, ohne daß deshalb die Brücke dem Fährverkehr entzogen ist. — Der Berliner „Publicist" erzählt folgende Geschichte aus Sachsen, welche, vorausgesetzt, daß die Wahrheit innegehalten und die eigentliche Ursache des Conflictes nicht geflissentlich ver schwiegen worden ist, die Ehrenhaftigkeit unserer Landleute und Lohnkutscher bedeutend herabzusetzen geeignet ist. Es heißt da selbst: „Unseren Touristen, welche die letzten Tage des scheiden den Sommers noch zu einem weiteren Ausfluge benutzen wollen, möchten wir rathen, wenn sie sonst nicht Freunde von unange nehmen und handgreiflichen Belästigungen sind, für j tzt nicht die sächsische Schweiz zum Ziel ihrer Exkursionen zu wählen. In welchem Umfange dort nämlich noch immer die bekannte „Preußenfrefferri" grassirt, docummtirt folgender uns verbürgter Vorfall: Der Sohn eine« Professors an der hiesigen Universität, Herr K., der sich in Begleitung eines Freundes an den dortigen Naturschönheiten erfreute, wollte kürzlich die Bastei besuchen. Die beiden Herren bestiegen in Dresden ein Lohnsuhrwerk, nach dem sie sich mit dem Führer desselben über den Fahrpreis ge- einigt hatten. Auf halbem Wege brach eine Achse und die Fahrgäste konnten nicht weiter befördert werden. Trotzdem zahlten sie bereitwillig den vollen Fahrpreis, waren aber nicht wenig erstaunt, als der Fuhrmann auch noch vollständigen Scha denersatz für die zerbrochene Achse beanspruchte. Natürlich wei gerten sie sich ganz entschieden, diese unverschämte Forderung zu erfüllen, stellten indessen ihre Pässe behufs Feststellung ihrer Persönlichkeiten bereitwillig zur Verfügung. Kaum hatte der Wagenführer aber gelesen, daß er mit Preußen im Streite lag, so eilte er, Alles im Stich lassend, flugs nach dem nächsten, nur einige hundert Schritt emfernten Do>fe und keh.te bald in Begleitung einer Anzahl Bauern zurück, welche mit Dresch flegeln rc. bewaffnet waren. Der Umstand, daß es sich um „Preußen", obendrein aber um verhaßte „Berliner" handelte, war hinreichend gewesen, das ganze Dorf zu alarmiren. Kein Mensch war vernünftig genug, für die Touristen Partei zu er greifen. Dieselben wurden derart mißhandelt, daß der am här testen Getroffene, Herr K, darauf erkrankte und bis zu Ende vergangener Woche das Bett hüten mußte." Wir bringen diese Erzählung mit der dringenden Aufforderung an Diejenigen, welche davon nähere Kenntniß haben, uns den Sachverhalt und die betreffenden Personen an ugeben, damit die Wahrheit ermittelt und etwaige Schuldige zur Bestrafung gezogen werden können. — Fräulein Elvira Kleinjung, welche im vergangenen Winter zu Dresden mehrmals in öffentlichen Concerten sang und hier von der Frau Börner - Sandrini ihre GesanMdung empfing, hat am Stadtlheater zu Würzburg ihren ersten theatra lischen Versuch gemacht. Sie sang die höchst schwierige Parthie der Königin der Nacht in Mozarts „Zauberflöte" mit äußerst günstigem Erfolg und ist nun am Würzburger Stadttheater al» erste Sängerin engagirt. — Im Gewerbeverein zu Großenhain wurde neulich da» Foucault sche Experiment, welches vor wenig Jahren das Auf sehen der wissenschaftlichen Welt erregte, weil durch dasselbe die Umdrehung der Erde um die eigene Achse in schlagendster Weise erwiesen wird, den Vereinsmitgliedern zur Anschauung gebracht. Der Vorsitzende, Dr. Meng, entwickelte mit Hilfe betreffend« Apparate die zum Verständniß des Experiments dienenden Na turgesetze, man begab sich in die Thurmhalle der Hauptkirche; wo durch die Schwingungen eines circa 40 Ellen langen Pendel» den Anwesenden das sichtbare Zeichen von der Achsmumdrehung unserer Erdkugel und somit von der unausgesetzten Bewegung aller Erdbewohner gegeben ward. Die ganze Erscheinung wirkt auf das Verständniß des Beobachters so unwiderstehlich, al» die Ursache selbst ist, durch die sie erzeugt wird, und e» verläßt daher auch der Laie in astronomischen ung mathemathisch-geo graphischen Kenntnissen den Apparat mit der Ueberzeugung, daß — die Erde sich doch bewegt. — Die Leipziger Neujahrsmesse, welche zeither am 27. Dee. begann und mit dem 14. Januar endete, ist mit Genehmigung der Königl. sächsischen Ministerien des Innern und der Finanz« im Einverständniß mit den übrigen Zollvereinsregierungen auf die Zeit vom 2. bis mit 15. Januar jeden Jahres verlegt worden. Das Einläuten erfolgt jedesmal am 2. Januar, da» AuSläuten am 9. Januar. Der Meßzahltag ist der 13. Januar. — In Leipzig sind am 24. September 36 Cholera- todessälle angemeldet worden. — In Zwickau sind vom 24. zum 25. 20 Erkrankungs- und 10 Todesfälle an der Cholera angemeldet worden. Ueberhaupt sind bis jetzt 536 Personen erkrankt, davon sind 290 gestorben, 82 genesen und 163 in Behandlung verblieben. — In Niederhaslau waren bis 24. im Ganzen 276 Personen erkrankt, davon sind 84 gestorben, 164 genesen und 28 werden noch ärztlich behandelt. — In Hohenstein sind bis zum 21. d. M. 34 Erkrankungs- und 12 Todesfälle an der Cholera vorgekommen. — In Glauchau kamen vom 21. bis 24. d. M. 34 Cholerakranke in Zuwachs; in derselbm Zeit starben 18 Personen und 18 wurden als ge nesen entlassen. Es sind nunmehr von zusammen 174 Er krankten 65 gestorben und 54 genesen. — In dem zum Amtsbezirke Adorf gehörigen Dorfe Mühl hausen hat sich ein schweres Unglück ereignet. Am 25. Nacht» in der zweiten Stunde brach in der sog. Köhler'schen Mühle daselbst Feuer aus und legte dieselbe total in Asche. Leid« sind dabei mehrere Menschenleben mit zu Grunde gegangen, indem der Besitzer der Mühle, dessen Ehefrau, ein zweijährig« Knabe und das Dienstmädchen ihren Tod in dm Flammen fanden. Außerdem verbrannte noch der sämmtliche Viehbestand. — In Niederwürschnitz ist am 24. d. M. Nachmittag» in der Scheune des Gutsbesitzers Schubert Feuer entstandm und in Folge dessen dieselbe sammt den ganzm Getreide- und Heu- vorräthen, das mit Schiefer gedeckte Wohnhaus, sowie das Seiten- und Auszugsgebäude, ferner dem Gutsbesitzer Fritzsch« daselbst das Schuppmgebäude, Wohnhaus und die mit Getreide ange füllte Scheune niedergebrannt. Beide Betroffene haben dadurch fast ihr sämmtlichrs, nicht versichert gewesenes Mobiliar, Betten Kleider, Wäsche, Wagen und Ackergeräthe verloren. Dem der Schubert wohnhaft gewesenen Bergarbeiter Meschler verbrannten seine ganzm Habseligkeiten. Fünf Schweine kämm in de« Feuer um. — In der ersten Morgenstunde des 24. d. M. brannte in Folge eines beim Schänkwirth Jährig in Stiebitz auSgebroche- nen Feuers dessen Wohnhaus mit angebautem Kuhstall imd Scheune, sechs Gebäude des Gutsbesitzers Lehmann und zwei Gebäude des Gutsbesitzers Berger daselbst bis auf das Maua werk nieder. Durch heftigen Wind angefacht, verbreitete sich das Feuer so schnell, daß binnen einem halben Stündchen die sämmtliche» neun Gebäude in Flammm standen; natürlich konnte von Mobiliar, Wagen und Ackergeräthe nicht viel ge rettet werden. — Es scheint, al« glaubten viele Bewohner Dresden» nicht an das Herumgehen des CavillerS in der Stadt behus» des AuffangenS der maulkorblosen Hunde. Dieselben könne« aber versichert sein, daß der Caviller reiche Ernte unter dm nicht vorschriftsmäßig uniformirten Vierfüßlern macht. Dah« größere Beachtung der gegebenm Vorschrift! , — Oeffentliche Sitzung des Oberappellation»- gerichts am 26. September. „DaS ist ist der Fluch d« bö,'en That, daß sie fortzeugend Böse« muß gebären." Dies« Worte bewahrheiteten sich an der That, um dermwillm Carl Friedrich Clauß au« Stollberg heute vor den Schranken de» obersten Gerichtshofes des Landes stand. Die Verhandlung fand vor überfülltem Zuhörnraum statt und in d« That war §