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Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Arabisch. «irrttl1Lhrl>ch»a«,r. beiuuentgeldlichrrLi«- strunz in'« H»n« Durch dir König! Pop virrtrljLhrlich 82 Stzr. Einzelne Nummer» 1 Ngr. Inseratenpreise: Für drn Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter„Ei»ge- saudt" die Zeile 2 Ngr. Inserate «erden »«genommen: »i««bendS».Sonn. Sag» -i« Mittag» LL Uhr: MartenstraKe 1». W,»eig. in dies. Blatte H»Lrn ein« erfolgreiche Verbreitung. Auflage: 13,000 Exemplar». Druck und AipeLhom der Herausgeber: tltrpsch sk Reichardt. — Verantwortlicher Redactrur: ÄlllkUS Nekchardt. Dresden, den 20. Septembers — Der k sächsische Gesandte in Wim, Baron v. Kön- «veritz, ist am 15. von einem Schlaganfall mit darauf folgen- Mder halbseitiger Lähmung betroffm wordm. — Ueber die Friedensverhandlungm zwischen Preußm und » Sachsm, die in den letzten Tagen einige Fortschritte gemacht U Haben, theilt die in diesen Dingen wohlunterrichtete Wiener ^.Presse" Folgendes mit: Heute erhalten wir einige Andeutungen Wider den Stand des wichtigsten TheileS der Berhandlungen, »nämlich der Militärfrage Danach soll der Königstein an R Preußen übergeben und die militärische Oberhoheit des Königs > von Preußm durch die Ernennung eine« preußischen Generals » zum Commanbanten der sächsischen Armee zum Ausdruck gebracht U werden. Die Formation deü sächsischen ContingmtS wird ge lindert. Gegenwärtig besteht dasselbe au« 4 Jnfanteriebrigaden »und 1 Caoalleriedivision von 4 Regimentern. Die Infanterie» W Brigaden, ohne Emtheilung in Regimmter, bestehm nur aus M S Bataillon«, nämlich 4 Infanterie-Bataillonen und 1 Jäger- » Bataillon. Diese Einrichtungen sollen nun so umgestaltet wer- I den, daß eine größere Conformität mit dem preußischen Armee- >«orpS erzielt wird. Zu diesem Ende soll, wie wir hören, I unter Anderem eine Vermehrung der Infanterie um 8 bis 9 »Bataillone, der Cavallerie um 2 Regimmter beantragt sein. » Die sächsische Armee würde sofort nach dem Friedmsschluß in > die Heimath abrücken und daselbst verbleib«, also nicht in preu- > ßische oder sonstige fremde Gamisonen verlegt werden. Auch » würde sie außer dem commandirenden General keine preußischen I Offiziere erhalten, sondern vcn ihren eigenm Offizieren com- I mandirt werdm. Vis zur Vollendung der taktischen Umgestal- > tung der Armee, für welche ein Termin bis zum 1. Juli 1867 »vorgesehen ist, soll eine preußische Infanterie-Brigade vonkBa- M»aillonen im Lande bleiben. Den preußischen Truppen wird I die Wahl unter mehreren Garnison-orten, mit Ausschluß Dres- I dm«, und die beliebige Verkeilung in diese Garnisonsorte frei- »gestellt. Alles dies ist indeß noch Gegenstand der Verhand- » lungm, Vereinbarungm sollen noch nicht getroffen sein. U — Auf dem Sächsisch-Schlesischen Bahnhose erregte vor- U gestern Abend ein Mann, der ein Gastwirth aus Bautzen sein 8 sollte, durch lautes, ungebührliches Schreien dm allgemeinen 8 Unwillen des dort versammelten Publikums. Wie wir hören, 8 hatte er vorher ein Tageübillet an eine daselbst anwesende Dame M verschenkt und von derselben später dafür Bezahlung verlangt. M Da dieselbe mit Rücksicht auf seine frühere Schenkung verwei- A gert wurde, so begann er in der ruhestörendsten Weise zu 8 raisonniren und ließ sich weder auf Zureden des Publikums, A «och durch den dort Dienst habenden GenS'darm beschwichtigen, U so daß dem Letzteren schließlich nicht« übrig blieb, als den 8 Mann zu verhaften und abzuführen, tz — Die letzte Nacht mit ihren Truppmdurchzügen auf dem 8 Dresdner Centralgüterbahnhof war die lebendigste. Wohl über » 7000 Mann kämm mit etwas mehr als 300 Officieren mit A dm acht Zügen an. Die Masse der Soldaten war kaum zu D Lbersehen, alle Speisetafeln waren Mann an Mann besetzt und I v» bedurfte einer großen T ätigkeit und Umsicht, Alle zu be- » friedigen, zumal neue Mannschaften beordert warm, ihre Kame rad« zu bedienen. In der Nacht vom 18. zum 19. erschien mit dem ersten Zuge ein Bataillon de» 67. Infanterie-Regi ment», ebenso mit dem zweiten. Der dritte brachte den Stab und ein Bataillon desselben Regiments und das Feld-Ober- Postamt; der vierte das erste und dritte schwere Feldlazareth; der fünfte zwei Bataillone des 48. Jnfanterie-RegimentS; der sechste dm Stab und ebenfalls ein Bataillon desselben Regi ments; der siebente die Feldtelegraphsnabtheilung, und der achte den Stab der 9. Jnfanteriebrigade und ein Füsilier-Bataillon de« 48. Jnfanterie-RegimentS. Wie stark der Truppenandrang > in der letzt« Nacht war, beweist die Thatsache, daß Zug 97 18 Osficiere und 883 Mann brachte, Zug 98 und 99 19 Offieiere und 1080 Mann, Zug 100 18 Osficiere und 240 Mann, Zug 101 23 Osficiere 751 Mann, Zug 102 17 Os- siciere und 616 Mann, Zug 103 13 Osficiere und 97 Mann, Zug 104 14 Osficiere und 806 Mann. In der Nacht vom 17. zum 16. September brachten der erste, dritte, fünfte und siebente Zug je eine reitende Batterie, darunter den Stab; der R zweite den Stab de« Trainbataillons und eine halbe Proviant- I «könne der 7 Division; der vierte ebenfalls eine halbe Pro- viantcolonne derselben Division; der sechste eine Feldbäckerei; ! der achte endlich Branchen de« 4. ArmeecorpS, dabei ein leichtes Füdlazareth der 7. Division und Krankenträger. Die nunmehr «och etwa ankommmdm Truppen werdm nicht mehr hier, son der« auf dem Leipziger Bahnhofe abgespeist. — Innerhalb des Leipzig. Dresdener Bahnhofes wurde vorgestern Abend um 9 Uhr der Bodenarbeiter Riese von hier todtgefahrcn. Mehrere Wagenräder warm ihm über die Brust weggegangen. Der Unfall soll lediglich Riesen allein zur Last fallen. Er war zum Glück unoerheirathet. — — Glaubhaften Mittheilungen zufolge soll der Frieden zwischen Preußen und Sachsm nunmehr wirklich abgeschlossen sein und die Veröffentlichung des Friedensinstruments demnächst bevorstehen. Derselben Quelle zulolge steht die Rückkehr unserer Truppen vom 1. Oktober an in Aussicht. Man spricht von circa 70 Eisenbahnzügen, in denen dieselben zurückbefördert werden sollen. — — Die vor einig« Tagen hier bekannt gewordene Kunde eine« vorübergehenden Aufenthaltes des k. sächsischen Hofes in dem dem Großherzog von Toscana gehörigen Schlöffe Brandeis an der Elbe scheint auf einem Jrrthum zu beruhen. Dagegen dürfte Se. Majestät der König vor der endlichen Rückkehr nach Sachsen ein in unmittelbarer Nähe der Grenze gelegenes Schloß zum einstweiligen Aufenthalt angeboten erhalten haben. — — Vor einigen Tagen fanc des Abends in einem Hause an drr Frauenkirche eine kleine aber originelle Feierlichkeit statt. Man hatte aus Anlaß der Beendigung einer baulichen Reparatur zu Ehrm des Poliers in einer Fensternische das be kannte Genrebild „Wenn die Schwalben heimwärts zieh'n" um geben von strahlenden Kerzen aufgestellt, wobei zur Erhöhung des Effects auch noch einige bengalische Flammm abgebrannt wurden. Das Ganze erregte allgemeine Heiterkeit unter dm Anwesmdm. — Am 17. d. Mts., Nachmittags, wollte allem Anschein nach in etwas angetrunkenem Zustande auf der Chaussee bei Leubnitz der Fuhrknecht Spitzner aus Schnarrtanne auf seinem im Gange befindlichen und mit 800 Stück Mauerziegeln bela denen Wagm steigen, kam hierbei aber zum Fallen und wurde überfahr«. Demselben ist hierbei das rechte Bein und der rechte Oberarm gebrochen, beziehmdlich zermalmt wordm, und wurde er in da» Krankenhaus zu Werdau gebracht. — Die Nacht vorher ist bei einem Excefse auf dem Ungethümschm Tanzsaale in Ruppertsgrün ein Maurerlehrling mittels eines Messerstiches neben dem Schulterblatts im Rücken verwundet wordm. — In Hohenstein sind bis 17. d. 12 Personen an der Cholera gestorben, in Niederhaslau bei Wildmfels seit dem 10. d. 11 Personen, zusammen aber bereits 51, in Vielau und Rosen thal sind der schrecklichen Krankheit 5 und 9 Personen erlegen. — Zur Erinnerung an die großartigm Siege Preußens in diesem Jahre sind preußische SiegeLthaler geprägt wordm. Selbige zeigen aus einer Äite den preußischen Adler, wie er auf allen Thalern neueren Gepräges zu sehen ist, auf der anderen Sette befindet sich das Bildniß des Königs, dessen Kopf von einem Lorbeerkranze umflochten wird. — Zu der am 6. d. vollzogenen Wahlmännerwahl bei der Landtagswahl der Stadt Dresden waren bekanntlich von zwei Setten in öffentlichen Blättern Vorschläge gemacht worden. Die einen gingen von dem städtischen Vereine aus, die anderen trug« keine Unterschrift, waren aber, wie aus ihrer Zusammen stellung leicht ersichtlich, von conservativer Seite veröffentlicht worden. Eine Vergleichung der nach der osficiellen Bekannt machung des k. WahlcommiffarS gewählt« 29 t Wahlmänner mit jenen Vorschlägen ergiebt nun, daß die Conservatioen den Sieg davon getragen haben, denn es sind 168 Wahlmanner aus ihrer Liste und nur 86 aus der de« städtischen Vereins ge wählt worden, während 30 von beiden Seit« und 7 von keiner Sette vorgeschlagen waren. — Dem Vernehmen nach soll die Stelle eines Oberhof- marschalls am hiesig« k. Hofe vorläufig nicht wieder besetzt werden. Dagegen soll das bisher mit derselben provisorisch ver bunden gewesene Oberkammerherrcnamt einer hochgestellten, jetzt noch in der diplomatischen Carriere verwendeten Persönlichkeit übertragen werden. — — Wie bereits aus österreichisch« Zeitungen in hiesige Blätter übergegangcn, überraschte Se. Majestät der Köniz von Sachsm das zu Liebmau b-i Graz befindliche k. sächsische Ca- drtten - Institut und die Artillerieschule mit seinem Besuche am Nachmittag des 15. September. Der König besichtigte die Lo kalitäten mit augenscheinlichem Interesse, unterhielt sich auf das Freundlichste mit dm hocherfreut« Zögling« und ließ sich die k. k. Beamt« des dort befindlichen österreichisch« Artillerie- Instituts vorstellen. Im Gefolge Se. Majestät befanden sich der Oberstallmeifler von Thielau, der Generalmajor von W>tz- leb«, der Major Garten, der Legationssecretär von Watzdorf und der k. Leibarzt 0«-. Ulrich. Nach fast einstündigem Ver weil« trat Se. Majestät unter dem Jubelrufe der Eadetten die Rückkehr nach Graz an. — — Lehrer Wilhelm Rößler in Nöthenbach bei Frauenflein erklärt in der „Lpz. Zettg", er fühle sich in Hinblick auf die jederzeit dem Lehrerstande überhaupt, sow e dem Pestalozzi-Ver eine insbesondere von unserem Königshaus« bewiesene warme Theilnahme, nicht minder aus die von der Staatsregierung den Lehrern zu Thcil gewordene Verbesserung ihrer äußeren L'ge — nicht beruf«, den Colportenr des chm anonym mit dem Bei satze: „Um Verbreitung wird gebeten" — zuzesendetm Schrift- chmS: Wa» wird aus Sachs«? — zu mach«. — Oeffentliche Gerichtssitzung am 19. September. Eine inleressante, aber unerquickliche Scene entwickelte sich heute im Gerichtssaale. Auf der Anklagebank befand sich ein Frauen zimmer, Marie Auguste T eumner, 30 Jahre alt, aus Glauchau gebürtig, seit fünf Jahren in Dresdm wohnhaft, sie beschäftigt sich mit Arbeiten, meint aber, sie wäre nicht dazu gekommen, da sie fast immer eingesperrt gewesen sei. Nach dm Act« ist sie oft weg« Diebstahls, Gewerbsunzucht und Widersetzlichkeit criminell und 36 Mal polizeilich wegen Vagirens, liederlichen Aufliegens und Völlerei bestraft worden. Die Angeklagte be dient sich einer Sprache gegen dir Zeugen, welche den Vor sitzenden, Gerichtsrath Jungnickel, veranlassen, ihr mit Abfüh rung ins Gefängniß und Verhandlung in ihrer Abwesenheit zu drohen. Die Treumner hat ein Mundwerk, wie solches schwer lich bei anderen Frauenzimmern vorgefunden werden möchte, sie spricht mit einer Schnelligkeit, die Erstaun« unter ander« Um ständen erregen würde. Am 25- August d. I. war die Treumner entlasten worden. Am Abende dieses Tages, früh gegen 1 Uhr, fand sie der Wächter Gießner mit einem Herrn auf einer Bank in der Promenade sitzen, sie sagte sofort zu Gießner: das ist mein Bräutigam, da haben Sie mir nichts zu sag«. Auf die Worte des Wächters, daß sie hier nicht bleiben dürfe, und wenn sie nicht ginge, würde er sie arretirm, antwortete sie nur: da» geht Sie nichts an. Gießner vollzog die Arretur und führte sie nach der Beznkswache auf die Gerberstraße. Am Maler- gäßchen angekommen, hat sie sich plötzlich gesträubt, mitzugehen, sie hat angefangen zu schreien, so viel sie konnte, hat geschimpft auf den Wächter, die Personen, welche dem Wächter zu Httse gekommen find, und auch Schimpfreden gegen die Könige von Sachsen und Preußen auSgestoßm, welche auf Antrag der Staatsanwaltschaft zu Protokoll genommen und Gegenstand er neuerter Anklage sein werden. Die Treumner hat sich auf die Erde geworfen, so daß sie von mehreren Person« auf die Wache getragen werden mußte. Bei dieser Gelegenheit hat sie um sich geschlagen und auch einem Träger den Nock zerrissen. Auf der Äezirkswache angekommen, hat sie fortgefahren, sich widersetzlich zv zeigen, sie hat auch hier sich auf den Fußboden geworfm und den Gcndann Schöne geschimpft. Sie wurde endlich ge bunden, auf einen Wagen geladen und in das Pelizeigebäude tranSportirt. Die Angeklagte will von der Widersetzlichkeit nicht» wiffen, sie sei betrunkm gewesen, möglich könne es sein, daß sie sich wiversetzt habe, denn sie sei sehr wuthig und hitzig. Staats anwalt Held beantragt die Bestrafung wegen grober Widersetz lichkett und Beleidigung, welche auch von Setten des Gerichts hofes dahin erfolgte, daß ihr eine Strafe von 6 Monaten Ge fängniß zuerkannt wurde. Tagesgeschichte. Oesterreich. Erzbischof Rauscher in Wien schließt seine» neuesten Hirtenbrief mit dm Worten: „Es giebt bei uns Viele» zu bessern, aber Niemand verzage, Jedermann habe den Much, Das, was er im Innersten als recht und gut ei kennt, laut auszusprechen." Diese Worte könnten allerdings stutzig machen, sie könnten als ein Zeichen groß« Fortschruls gelten, aber, „wenn man'S nicht ein bischen besser wüßte", sagt Mephisto. „Vieles zu bessern", allerdings, z. B. das Concordat, sodann „laut auisprechen"! Man versuche es nur emmal und bald wird es heiß« im Lande: „Ihn schlug« die Häscher in Bande". Prag, 18. September. (Boh.) Die Plünd-rungSscenen der vergangenen Tage nahinen gestern ihren Fortgang. Schon um 10 Uhr Vormittags begann in dem Bahnhofsmagazine, wo die leeren Getreidesäcke ausgcspeichert lagen, das Stehlen; ganze Säcke voll Getreide wurden fortgeschleppt. Die Plünderer, bis jetzt größtentheils aus Weibern und Burschen bestehend, warm dies mal durch viele verwegene Gesichter verstärlt, und sammelt« sich in immer größer« Massen unterhalb des Karotinenthaler Via- ducts. Plötzlich, wie auf ein verabredetes Zeichen, stürzte sich die Menge gegen das hölzerne EmfaffungSgcländer des Bahn hofes, welches theils überstieg«, theils eingerissen wurde, und machte sich über eine Part:e von ungefähr 150 Säcken Hafer her. Die Menge begann sich bereits weiter im Bahnhose aus- zubreit« als eine Abteilung preußischer Soldaten im rasch« Anprall sie zurücktrieb, wobei Manche auf der Flucht über die Brüstung hinabrollt«. Der männliche Theil nahm seinen Weg über die Staketen, die Weiber durch die Oeffnungen derselben. Um halb 2 Uhr Nachmittags wurde eine Wagenladung mit Gerste trotz der Abmahnung eines k. k. österreichiichen Gendar- merieführerS, welcher mit vier Gendarm« am Platze erschien« war, aus dem Bahnhofe geführt. Kaum halte derselbe da» Bahnhoftthor passirt, als die Plünderer in ein Hurrah auS» brachen und den Wagen von allen Setten umringten I» der Nähe der Reiterkaserne drehte ein robuster Mensch die Rabschleife fest und brachte dadurch dm Wagen zum Stillstand. Im Nu schwang« sich einige Burschen unter b.ständigm Hurrahrufm auf den Wag« »no warf«