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Dresden, den 31. August. — Oeffentliche Sitzung der Stadtverordneten am 39- August. Zwei Hausbesitzer der Eschenstraße verweigern dm Adjacenzdeitrag für ausgeführte Herstellung der Eschen straße, und da die Verpflichtung zweifelhaft ist, so will der Etadtrath die betreffende Summe auf die Stadtkaffe überneh< mm. DaS Collegium beschließt, die Sache durch die Verfas- sungSdrputation prüfen zu lassen. — Von Seiten de» Etadt- bauamt» wird angezeigt, daß sich Straßenpflaflerreparaturen auf der klemm Plauenschengaffe und auf dem Dippoldiswal- daerplatze nothwendig machen, daß aber die im Haushaltplane angesetzte Summe schon verausgabt sei; e» wird daher eine Bewilligung um 150 Thlr. nachgesucht. — Die Rechnungen für das neue am KonigSbrückerplatze gelegene EchulhauS wer den zur Prüfung eingereicht und es ergiebt sich, daß der Ge- sammtaufwand 87,394 Thlr. beträgt und das früher bewil ligte Berechnungsgeld um 3062 Thlr. überschritten ist. Beide Postulats gehm an die Finanzdeputation. — Auf der Tages ordnung befanden sich zuvörderst zwei Nachpostulate de» Stadt- ralhs; da» eine betrifft 652 Thlr. zu Chaussirung und bez. Wiederherstellung der Wachsbleichgaffe, das andere 188 Thlr. Mehraufwand für die Asphalt-Trottoirs an der Westseite des AltmarkteS; über beide erstattet Stadtv. Rietz Bericht. Die Be, willigung wird vorgeschlagm und genehmigt und ebenso wird hinsichtlich des ersten Punktes die Erwartung ausgesprochen, daß rechtzeitig mit solchen Nachpostulaten vor das Collegium getreten werdm möchte, und beim zweiten wird dem Sradt- rathe zu erkennen gegeben, daß ein Mehraufwand wohl zu vermeiden gewesen wäre, wenn die Legung des Trottoir« zu paffender Jahreszeit auSgesührt und wenn hinsichtlich der Flucht linie der Voranschlag gmau entworfm worden wäre.— Ueber ''«in stadträthlicheS Postulat von 930 Thlr. zu Erbauung eine« Schuppens für die Reinigungsapparate der Altfiädter GaS- fabrik berichtet Stadtv. Walter 11. und empfiehlt die Bewil ligung, da zu Unterbringung der 4 NeinigungSapparate ein Local nöthig sei. DaS Collegium trat einstimmig dem Vor schläge bei. — Nachdem die Jupification über die Rechnungen de« Aufwandes bei der Kirchen- und Schul xpedition und der Sportelkaffe derselben Expedition ausgesprochen wordm war, nahm das Collegium die Vorschläge der Wahldeputation hin sichtlich der Besetzung der zeither von Herrn 1)r. Stübel ver- walteten Functionen bei den ordentlichen, außerordentlichen und gemischten Deputationm entgegen. Da« Collegium genehmigte den Vorschlag und wählte Herrn Stadtv. Adv. Grüner zum Mitglieds der Deputationen für Bildung von ParochialauS- schüflen, für Reorganisation der Kinder befferungSanstalt, für Errichtung einer Markthalle, für Verlegung des Schlach Hau se», für Reorganisation de« stadträthlichen Rechnungswesen» und für bessere Verwerthung der communlichen Grundstücke auf der Breitestraße. — Ebenso deputirte das Collegium auf Vorschlag der Wahldeputation Herrn Kaufmann Wi-demann in die Deputation für Prüfung der Exigibilität der Abgabenreste und genehmigte die Vorschläge derselben Deputation hinsichtlich der Btldung der für die bevorstehende Landtagsabgeordneten- wähl zu errichtenden Wahlausschüsse, und erhob dabei einstim mig zum Beschluß, die von der Wahldeputation vorgeschlagene Erwartung auszusprechen, daß die nach dem verfassungsmäßig nicht aufgehobenen Verfassung«- und Wahlgesetze vom 15 No, vember 1848 noch bestehende Volksvertretung ehebaldisst ge wählt und rinberufen werde. — siür die Petitionsdeputation erstattete Stadtv. Knöfel Bericht über BürgerrechtSaufnahme- gesuche u. s. w. Den Anträgen des Referenten wurde von Sei ten de» Collegiums Statt gegeben — Zum Schluß fand noch eine geheime Sitzung statt. — Bei der am 13. August erfolgten Hebefeier de» auf der Nordstraße gelegenen Gebäude« der „Deutschen BekleidungS- akademie" sprach sich außer Herren Direktor G. ». Müller, welcher namentlich auf die inhaltschweren drei Monate der Bauzeit diese« Gebäudes „in welcher sich ein ganze» Stück Weltgeschichte abgewtckelt" hinwies, auch ein schätzbarer Vertre ter der Wissenschaft, Herr »r. Vater, der eS gut und redlich mit dem Gewerbestande meint, über den Zweck der Akademie und de« Gebäude« au«, und schloß mit den Worten: „Dieses Hau« ist glücklich so weit vollendet; wa» menschlicher Geist und menschliche Hände vermochten, ist geschehen und wir kön nen nur noch wünschen und hoffen, daß dem hohen Zwecke diese» Gebäudes der Segen des Allmächtigen nicht fehlen möge. Ich rufe deshalb der deutschen Bekleidungsakademie den alten akademischen Segensspruch zu: >iv»t. Hörest, oreseatl Sie möge leben, sie möge blühen, sie möge wachsen! — Hieran schloß der Redner noch Folgendes: „Die heutige Feier darf jedoch nicht vorübergehen, ohne eine» Festes zu gedenken, wel che«, ebenfalls von tiefer Bedeutsamkeit, vor Jahresfrist nur wenige Schritte von dieser Stelle entfernt stattfand: gedenken Sie de« ersten deutschen Sängerfestes zu Dresden. Obwohl nicht in directer Verbindung mit der heutigen Feierlichkeit, hat sich dennoch ein schöner Verknüpfungspunkt gesunden, welcher jene unvergeßlichen Tage auf sinnige Weise mit dem bedeu tungsvollen Heute verbindet. Derselbe echt deutsche Sinn, welcher diese» HauS begründet, bewährte sich auch auf dem Dresdner Cängerseste und vereinigle die über die ganze Erde zerstreuten Deutschen, um, eines Sinnes, auch die Stimmen im mächtigen Gesänge zu vereinigen. Sie kamen auch nicht mit leeren Händen, sondern suchten d s Fest durch schöne und sin nige Gaben zu verherrlichen; so hatten denn auch deutsche Brüder im fernen Ungarn den in Drerden versammelten San- geSknüdern eine herrliche Gabe zugedacht. Die Ungunst des Schicksals wollle e« jedoch, daß dieselbe nicht an ihre Adresse gelangte. Der Zufall hat es nun gefügt, daß diese schöne Festgabe deutscher Brüderlichkeit jetzt ihrer Verborgenheit ent rissen worden ist und mit Genehmigung der Geber da» heutige Fest verherrlichen und als zeitgemäße Erinnerung an das Dresdner Sängerfest dienen soll. Zur näheren Erläuterung gestatte ich mir, Ihnen den darauf bezüglichen an Herrn Di rektor Müller gerichteten Brief des Vorstehers deö deutschen Gesangvereines zu Weißkirchen im Banate Vorzügen: Ban. Weiszkirchcn, 17. August 1865. „Werlher Herr! Als im ver flossenen Monat der Cbormeister des hiesigen Gesangvereins, Herr M. Rooacek. daS große Sänzcrsest in Ihrem schönen Dresden besuchte, beabsichtigte ich und der Präses des Vereins, Herr A. Bandl, unserem Vertreter M Novacek zur Ve> her, lichung seines Auftretens ein Quar tett von Wcißkirch ns ureigenster Compofition mitzug ben und die ge eignete Aufführung dessen Ermessen zu überlassen. Wie Sie auS bei liegendem Rccipisse ersehen, ging nun besagtes Quartett in einer Kiste wvhlvcrpackt unler der Adrcue: „An das lobt. Fest-Coinito des ersten dculschcn SängerbundcsfcsteS, sür Herrn M. Novacek aus Ban-Weiß- kirchen, in Drerden," am 19. Juli franco als Eilgut dahin ab, langte aber zu unicrem größten Leidw sen, da mit de» ..Schicksal« dunklen Mächten" eben so wenig, wie mit dem „BctriebSwelen der löbl- Slaats- bahn" ein „ewiger Bund" sür prompt Einhüllung der rejp. Verpflich tungen zu siechten ii», bis 25. Juli, den Tag der Abreise unseres Chor- messterS von Dresden, daselbst nicht an und ruht höchst wahrscheinlich veischollen und vergessen in den dunklen Hallen irgend eines Magazins. Das kann aber und darf nicht das Schictsal der feurigen Jünglinge, die den sonnigen Hügeln Weißkirchcns entsproßtcn, sein; vergessen wer den und veroeiben ist schrecklicher, als das gewöhnliche Schicksal des Genies, verkannt zu weiden. Es geht deshalb meine Bitte an Sie, weither Herr! Sich der Verwaisten anzunehmen, bewehrt mit der bei liegenden Karle energische Recherchen nach dem Aufenthaltsorte des malheurösen Quartetts zu unternehmen und beim glücklichen Ausfindcn derselben entweder ini Kresse Ihrer Nusscbußgenosien, »der der von Ihnen erwählten sachverständigen Gesangcsbrüder ein fröhliches Aus- erstchen feiern und eingehender Prüfung unierziehcn zu wollen. Latz die beiden Tenore (hier, zum Unterschiede von anderen Quartetts, die äßcren Herieni mit ihrer lieblichen einschmeichelnden S inime S:e nicht überl sten und Sie vielleicht durch die vcrhaüene Gluth erst nachträglich überwältigen, dafür lasse ich Sie sorgen, aber für dir beiden Basse muß ich um Ihre Nachsicht bitten; zu jung und unerfahren isie sind noch kein Jahr der Kelter de» Lebens entstiegen), um die Kunst, in jeder Lage des Lebens sich würdig zu repiäicntiren, erlernt zu haben, ist cs möglich, daß sie durch das Mißgeschick auf ihrer Reise, wie alle Bassisten, den herberen Grundton ihres Charakters über die angebore nen süßeren 'Melodien tönen lassen — doch Sie kennen ja Bassisten und bcwnderS die Deutschen I Tritt auch dann und wann das Herbe hervor, ein edles Herz, ein feuriges Blut haben sic Allel Sind Sic mit der Prüfung zufrieden, so denken Sic dann auch der deutschen Brüder, die im fernen Süden, wo die brausenden Fluthen der Donau den Felsenwall, das eiserne Thor, welches den Orient vom Occident scheidet, durchbrochen haben, sich nicht nur das deutsche Herz bewahr ten, sondern auch die edle, vom Rhein hierher verpflanzte Rebe hegte» und oft schon mit ihrem Blute pflegten; dcnken Se dann auch dcr Männer, die vor Jahrzehnten, im «etriede und Gewoge dcr empörten Völkcrfluthen, mit den Waffen in der Hand Achtung dem deutschen Namen errungen und gleich dem Felsenstrande im Meere der Lrondung Trotz boten — cs ist vi lleicht ihr Blut, d»s Sie trinken! Achtungsvollst C A. Bandl." Erfüllen wir also dm Wunsch unserer deutschen Brüder, welcher dem heutigen Tage eine doppelte Weihe verleiht und gedenken wir bei ernster Zeit auch einer schönen Vergangenheit Um dieser letzten Aufforderung nachzukommen verließ die Ge sellschaft, nachdem von Seilen der Geladenen auch den Spre chern noch ein Hoch gebracht worden war, unter Führung deS Henn Dlrector Müller die Platform und begab sich nach dm reizenden Parkanlagen der angrenzenden, dem Letzteren ange- hörigm Waldoilla. Unter dem weiten Dache eines gewaltigm, offen« Pavillon« war die Festgabe der deutschen Brüder au« Ungarn aufgestellt; dieselbe bestand aus vi r wahrhaft giganti schen Flaschen de» edelsten Ungarweines, taffen vier verschiedene Sortm auf dm prachtvollen schwarz roth-goldenen und weiß grünen Etiketten mit erstem und zweüem Tenor und erstem und »weitem Baß bezeichnet waren, also, in sinniger Weise auf die eigentliche Bedeutung der Gabe hindrutend, ein Quartett vorstellten. Dem Willen der Geber gemäß war denn auch eine Anzahl Sänger eingeladm wordm und ein Mitglied de« enge ren Festausschusses de« vorjährigen Dresdner Sängerfestes, zu gleich Seeretär desselben und Redacteur der Sängerfest-Zeitung, Herr Gerichts - Actuar Schwertfeger, erhob sich mit dem ersten Glase de» edlen Wein» und deutete in geistvoller Ansprache an die Versammelten dm innigen Zusammenhang de» heutigen und de« vorjährigen Feste« an. Da« höchste Bestreben der Kleidcrmacher wie der Sänger sei auf die Schönheit der Form und Darstellung gerichtet und so sei es auch eine gerechtfertigte und eine glückliche Idee, die edle Gabe deutscher SangeLbrüder am heutigen Tage in Empfang zu nehmen und die ernste, be deutungsvolle Feier eines gelungenen und höhere Tendenzen verfolgenden Unternehmens mit der Erinnerung an frohe und unvergeßliche Tage zu verbinden. Ebm diese Erinnerung und der ernste Kontrast der Gegenwart veranlaßten darauf Herrn Direktor Müller zu einer Parallele über Cons.qumzm, über sonst und jetzt. DaS Feuer deS Quartetts entflammte bald die ohnehin gehobene Stimmung der Anwesenden und die bald allgemein gewordene Fröhlichkeit, veredelt durch das Bewußt sein von der Bedeutung der Feier, machte dieselbe zu einem wahren Festtage. — Der „Dramatische Verein" hat dm neulich bei Gele genheit einer theatralischen Vorstellung von Frl. Ulrich gespro chenen und von Herrn Adv. LeSky verfaßten Prolog in Druck gegebm. Der Ertrag ist für denselben Zweck, wie die Vorstel lung selbst es war, sür die Hinterlaffenm Gefallener unsrer Armee bestimmt. Die Verkaufsstellen sind außer dm Expedi tionen der hiesigen Blätter „Dr. Journal", „Constitutionelle Zeitung" und „Dr. Nachrichten" die Buchhandlungen von Türk, Werner (Schönfeld'sche) und Höckner. — Die Conzerte auf der Brühlschen Terrasse, ausgeführt von der Laade'schm Kapelle, unter Leitung des Herrn Musik direktor Gustav Franke, erfreuen sich einer regen Theilnahme, da sowohl für ein reichhaltiges Programm gesorgt ist, als auch die Kapelle selbst nur Gutes leistet. Die Conzerte finden jeden Abend statt und sammelt sich auch außerhalb des Etablissement» eine große Zuhörermenge, deren sogmannte „Stehsitze" aller dings entreefrei sind. — In der Nacht vom Donnerstag zu Freitag wurde auf der Pillnitzerstraße, vor der Thür einer Restauration, die Ruhe dadurch gestört, daß ein vor einen mit vielen Insassen belade nen Korbwagen gespannte Schimmel Kunstreiterstückchen auf der Straße und dem Trottoir machen mußte. Die Bitte um Ruhe Seitens einiger Anwohner wurde nur mit vollem Lachen aus genommen und selbst der Nothruf „Wächter" nicht beachtet. Könnten solche Kunstproductionen nicht lieber zu einer solchen Zeit stattfinden, wo die Anwohner sich schnellere Hilfe verschaf fen könnm? — Heute wird dem Alerander - Grenadierregiment im Saale der Tonhalle in Neustadt noch ein Festbill bereitet. Die Trup pen verlassen zum Sonnabend Dresden und ist dir- daher zu gleich ein Abschiedsball. Dem Ball geht ein Concert vorher, da» von der Kapelle der Regiments cxecutirt wird. — Wie dem Dr. I. mitgetheilk wird, sollen die Arbeiten zur Anlegung von weiteren Befestigungen (am rechten Elbuser) heute beginnen. Ob die Ausführung derselben nach dem ur sprünglichen, oder nach einem modificirten Plane erfolgen wird, ist abzuwarten. — Die Berliner Gerichtszeitung meldet, daß soeben ei« falsche preußische Banknote von 100 Thalern zum Vorschein gekommen sei, die auf photographischem Wege hergestellt und sehr gelungen sei. — — In Betreff der unbekannten Frauensperson, die nach unserer gestrigen Mitteilung ein todteS Kind zu einer hiesigen L-ichenwäscherin gebracht hat, geht uns die Notiz zu, daß die selbe in der Person einer in der Nähe von Dresden wohnhaft« Stickerin ermittelt worden ist. — — Auf der Königsbrückerstraße wurde an einem der ver gangenen Tage ein anständig gekleideter, unbekannter Herr be obachtet, der au« einem dort befindlich« Pferdestalle heraus trat, sich schüchtern umsah und sofort daS Weite suchte. Ein dortiger Hausknecht, dem der Herr bedenklich vorgrkommm, stellte alsbald fest, daß eirem im Pferdestalle eingestellt« Pferde eine Parthie Haare aus dem Schweif herausgeschnitten wordm war, und veranlaßte in dcr Meinung, daß diese Verstümmelung deS Pferdes jedenfalls nur der fragliche unbekannte Herr bewirkt Hab« könnte, dessen Verfolgung, In der Nähe der Scheunen höfe wurde derselbe eingeholt und im Besitz der Pferdehaare auch noch angetroffen. Nachdem man ihm dieselben abgenom men und festaestellt, daß man es mit einem vormaligen HauS besitze« am Viaduct zu thun hatte, ließ man ihn vorläufig laufen. — — Da« k. preußische Artillerie-Depot macht zu Vor beugung von Mißverständnis bezüglich des Abholm» der Waffen bekannt, daß sämmtliche Privat« ihre an verschiedenen Ort« abgegebenen Waffen nur im Zeughause zu der in der erst« Bekanntmachung angegebenen Zeit abzuholm Hab«. — Am Mittwoch Abend in der acht« Stunde kam auf der Böhmisch« Bahn der langerwartete Loeomotioenzug au« Oesterreich hier an; eS war ein großer Theil der Locomotiven mit Tendern, welche vor dem Einrücken der Preußen von hier fortgeichafft wurden, und gingen dieselben sogleich auf ihre ver schieden« Bahn« über. — Zur Speisung der in den nächst« Tagen in größer«