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«Ist« Jahrs. Gormfas s« August 1816. t. «Frscheini: «glich früh 7 Uhr. Inserate «verdrn angenommen: »i« Abends«,Sonn, tag» bi» Mittag» 1L Uhr: Martrnstraße Ist. Anzetg. in dies. Blatte Duden eine erfolgreich« Berbreitung. Auflage: 18,000 Sxanpl««. Abonnement: vierteljährlich 2« Ngr bei unentgeldlicherLie» serung in'» Hau« Durch die Nönigl Post vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummern 1 Ngr. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeit« 2 Ngr. Druck u»d EigaZhum der Herausgeber: Etkpsch st Netlhardt. — Verantwortlicher Redactrur: Julius Nefchardt. Dresden, den 26 August. — Am 22. vor. M. war ein großer Theil der k. sächs. mobilen Truppen auf den Feldern bet Hetzendorf in der Nähe von Wien aufgestellt, um die Kriegsdecorationen vertheilen zu sehen, die an eine Anzahl tapferer Offiziere und Soldaten un serer Armee in feierlicher Weise auLgehändigt werden sollten. Diesem Acre gin en eine Messe, dann ein Choral („Befiehl Du Deine Wege") und eine Feldpredigt des Feldpropstes der säch sischen Truppen. Oberkatccheten 0r. ttt. G. Fricke von Leipzig, voraus Diese Predigt liegt jetzt gedruckt vor. vr. Fricke hat folgende Psalmworte zum Ausgangspunkte seiner begeisterten Ansprache gewählt (Psalm 18. V. 30, 33, 34, 35, 36): „...Mit Dir (Herr) kann ich Kriegsvolk zerschmeißen und mit meinem Gott über die Mauer springen ... Gott rüstet mich mit Kraft ... und macht meine Füße gleich den Hirschen ... Er lehrt meine Hand streiten und lehrt meinen Arm einen ehernen Bogen spannen ... und giebt mir den Schild Deines Heils und Deine Rechte stärkt mich; und wenn Du mich de- müthigst, machst Du mich groß." — Der 22. Juli ist der Tag der Marie Magdalene. >)r. Fricke machte aus diesem Umstande eine glückliche Anwendung auf die derzeitige Lage der sächs. Armee. Er betonte das leuchtende Beispiel der Marie Magdalene, dieses Werbes voll Hoffnung und Muth, wie er eS nannte, dieses Herzens groß im Ausharren und Hoffen, das aus dem Tode zum Leben, aus der Trauer zum frischen Muthe, aus der Niederlage zum Siege, in des Herrn Kraft sich empor- -erungen hat. Wenn ein Weib — sagt Fricke — aus Char- freitagsschmerze zur Ostersiegesfreude sich erhebt : wie sollten es Männer nicht, die in Christum, dem aus dem Tode zum Leben .für uns hindurchgetrungenen. stehen? Wie sollten sie eS heute vor Allem „nicht, wo die zerschossenen Fahnen auch vom Femde anerkannter Tapferkeit uns umwehen und wo unter dem Ge leite unserer Gebete die Ehrenzeichen vertheilt werden sollen, , die Eure auch im Unglück leuchtende Tapferkeit sich errungen hat? Die Feldpredigt behandelt dann in drei Theilen des „christlichen Streiters Siegesfreudigkeit trotz Niederlage." Wir heben aus der trefflichen kleinen Predigt nur noch eine Stelle des Schlußworts heraus, wo er betet: „Last' alle Kämpfer als Streiter Deines (GolteS) Rechts und lass' die Kämpfenden nie vergessen, daß sie Brüder sind!" — Nach fünf Jahren! Ein hiesiger junger Mann wohnte, als er noch in dem Kreuzschuljugendflügelkleide durchs Leven ging, bei seiner Mutter und schlief in einer Kammer, die «r mit einem jungen Manne theilte. Der Sohn Wilhelm suchte sich ein k.eines Taschengeld dadurch zu verschaffen, daß er Privat stunden in den Elementargegenständen in der Stadt gab, und so hatte er sich seit etwa achtzehn Monaten das kleine Sümm chen von 20 Thalern gespart, das er wahlweise in Kassenscheine umgewechselt und im Portemonnaie warm und sicher stets bei sich trug. Wilhelm war kein Kopfhänger, sondern ein kreuz fidel» Bursche. Eines Tages war sein Schlafcollege auögezogen und die Mutter hatte einen Fremden eingenommen, was Wil helm erst merkte, als er spät Nachts nach Hause kam und sah, daß aus dem andern Bette anstatt des früheren milchweißen Gesichts plötzlich ein I'rwald von Schwarzbärtigkeit sich über das Helle Kopfkissen asSzweigte. Da er dessen Vergangenheit nicht kannte, so traute er ihm nicht und suchte sein Porte monnaie mit den 20 Thalern an einem für den Fremden uner gründlichen Platze zu verbergen. Wilhelm fand, trotzdem er sehr stark vom Arme des edlen Gerstensaftes umfangen war, einen unergründlichen, aber sonderbaren Platz. Als er am Morgen erwachte, wüthete ein gräßlicher Katzenjammer in den Knochen- hohlen seines KopfeS und hatte daher alle Erinnerungen an den Platz, wohm das Geld versteckt war, vertilgt. Wilhelm suchte und suchte, schließlich tröstete er sich mit dem traurigen Ge danken, er habe das Geld verloren — und sagte nichts. Wil helm machte sein Abiturientenexamen, studirtc auf der Universi tät das las und uvla,, sah sich auf der großen Vogelwiese der Kant'schen Philosophie auch etwas um — und kehrte, mit vie- len Centnern Gelehrsamkeit beladen, in« elterliche Hans zurück, wo Alles noch so wie früher war. Eines Morgens bat ihn die Mutter, er solle ihr doch helfen, das alte Sopha, das wohl seit zwanzig Jahren in der Schlaskammer an derselben Stelle stand und das reparirt werden sollte, hinauszutragen. Er thats — und beim ersten Ruck, den das alte widerstrebende Möbel er hielt, fiel ein Portemonnaie heraus! Es war das Wilhelms mit den 20 Thalern, das er vor fünf Jahren im seligen Zustande vor dem fremden Schlascollegen unter das alte Sopha zwischen die Sprungfedern versteckt hatte! Dieses Jubiläum wurde Abends gefeiert und am and rn Morgen figurirte ein eben solcher Katzen jammer in Wilhelms Kopf, als vor — fünf Jahren! — In einer Zeit, wo man so opferwillig Tausende in die Stätten verwundeter Krieger, Tausende den bedrängten Glaubensgenossen im Auslande sendet, wirft folgendes Factum , ein eigenthümlicheS, ich möchte sagen trauriges Licht auf unsere ! sonst so gerühmten socialen Verhältnisse: Ein im rüstigsten Man nesalter stehender, seit 21 Jahren segensooll wirkender Lehrer unseres gepriesenen Sachsenlandes hat, wie uns aus zuverlässiger Quelle mitgetheilt wird, Schritte gethan, um mit seiner Fa milie, 2 Töchtern und 5 Knaben, worunter sehr talentvolle Kinder, zur römisch-katholischen Kirche überzutreten, und warum? Weil sich ihm trotz vielen P tirens und trotz seiner Dienstjahre keine Aussicht auf Beförderung darbietet, weil er b>i semem kärglichen Gehalte, obgleich seit Jahren in dem gesegnetsten Theile unseres Vaterlandes lebend, nur einem Leben voll Entbehrungen, Kummer und Sorgen entgegensieht, ihm dagegen von jener Seite sichere Hoffnungen auf eine sorgenfreie Existenz gemacht worden sind. Besonders hat der Umstand, das Talent seiner Kinder unter so traurigen Verhältnissen nicht ausbilden lassen zu können, auf seinen Entschluß influirt. Bei einem großen Theile unserer Lehrer heißt es immer noch, wie Jac. 2, 16 geschrieben süht: Gott beralhe Euch, wärmet Euch, sättiget Euch und — geduldet Euch; man giebt ihnen aber nicht, was des Leibes Nothdurft ist, was Hilst ihnen das? — Ein bairischer Fabrikant theilte einem sächsischen Ge schäftsfreunde in Dresden mit, er könne wegen der augenblick lichen Un cherheit die ihm ertheilten Aufträge nicht cffectuiren, da zu fürchten sei, daß die Sendung in die Hände d:r Sol, baten fiele. Sofort erwiderte der sächsische Geschäftsfreund: Wir haben bereits seit dem 9. Juni die Preußen in Garnison, aber es ist noch nicht ein Fall vorgekommen, daß sich dieselben am Privat-Eigenthum vergriffen. „Die Preußen", antwortete hierauf der bairische Fabrikant, „habe ich auch nicht gemeint, sondern unsere eigenen Soldaten, vor denen Nichts sicher ist, was in ihre Hände kommt." — Dem Prioarbriefe eines Berliner Arztes, welcher zur Zeit bei einem leichten Feldlazareih in Sachsen steht, entnimmt die „G. Ztg." die interessante Mittheilung, daß seit dem 15. August den preußischen M lirärärzten drei Thaler täglicher Diäten „aus Befehl und o con o des Kaisers von Oesterreich gezahlt werden", zum Dank für die außerordentliche Pflege, welche österreichischen Verwundeten in diesen Ho'pitälern zu Theil wird. — Auf dem schlesischen Bahnhof ist vorgestern Nachmit tag ein mit dem Verwiegen von Gütern beschä'tigter Bahnhofs arbeiter dadurch verunglückt, daß ihm eine schwere Btechtafel auf den Kopf gefallen und dieser dadurch erheblich verletzt wor den ist. Der Verunglückte heißt Näberlein und ist in das Mrli- tärhospital gebracht w-rden. - — Vom I. September d. I. an erscheint in Pirna wöchentlich zweimal unter dem Titel „Pirnaer Nachrichten" unter der Redaction des l)r. G. Lienig ein politisches Blatt, „welches sich die Ausgabe stellt, in liberaler Weise, aber mit Mäßigung und Besonnenheit, die Tagesereignisse zu besprechen". — Aus Mitterndorf bei Wien wild dem ,,Dr. I" u A. geschrieben: „Durch den in Dresden bestehenden internationalen Verein zur Unterstützung verwundeter und kranker Soldaten wurde daS k. sächsische dritte Feldhospital mit reichlichen Gaben an Wäsche, Verbands ticken, Cigarren rc. beschenkt. Der Besuch der von diesem V.re ne auSgesendeten Herren, Herr Kaufmann Richter und Herr Or.jur Schmidt, und die von ihnen gebrach ten Gaben machten einen um so wohlthuenderen Eindruck auf die Inwohner des genannten Hospitals, als an dasselbe bisher nur selten derartige Liebeszeichen gelangten und als gerade das k. sächsische dritte Feldhospital sich in weniger günstigen Ver hältnissen befindet, als andere Hospitäler." — Der Schanzmbau auf Neustädter Seite, von dem früher schon cft gesprochen wurde, soll in nächst r Zeit beginnen und werden bereits Arbeiter dazu gesucht. Einsenoer ist weder Po litiker von Profession, noch von der Bierbank, erlaubt sich des halb auch nicht, erg»Übeln zu wollen, welche strategische Rück sichten jenen Bau nölhig machen könnten; er hält eS jedoch für seine Pflicht, mit den bei den früheren Schanzenbauten gemach ten Erfah'-ungen nicht zurückzuhalten und dieselben zur War nung ins Gedächtnis zurückzurufen. Viele sächsische Arbeiter weigerten sich in falschverstandenem Patriotismus oder in fal scher Auffassung der ganzen Sache, ihre Kräfte jenem Unter nehmen zu leihen und blieben lieber ohne Arbeit und ohne Brvd für sich und ihre Familien. Was im Kriege gebaut werden soll, geschieht aber, wenn auch der Einzelne sich davon zurück- zieht. Tausende von Berliner Arbeitern wurden hierher geholt, verdienten das schöne Geld, was wir für jene Bauten bezahlen mußten, und viele fleißige Leute unter ihnen erwarben so viel, daß sie sich neu kleiden und auch noch ein Siück Geld mit nach Hause nehmen konnten. Dies Geld ist also nur dadurch nicht in unserer Stadt geblieben, weil viele unserer eigenen Arbeiter es nicht verdienen wollten. Aus sicherster Quelle ersaht en wir, daß der Transport jener fremden Arbeiter allein 18,000 Thaler gekostet hat. Man nehme also j.tzt den Verdienst mit, erhalte ihn dadurch der Stadt und erspare derselben unnöthipe Transportkosten. Wer weiß, ob im Wmter irgend ein Verdienst sein wird. Arbeit schändet nicht, also auch nicht die Arbeit mit ! Schaufel und Karren. Unter den Berlinern waren auch Gold arbeiter, Uhrmacher und etablirte Gewerbtreibende oller Art. — Gestern Mittag wurde auf dem Trinitatiskirchhof ein Erhängter aufgefundcn, dessen Persönlichkeit nicht bekannt war. — Wie wir hören, ist gestern Vormittag Herr v. BurgS- dorff aus Leipzig in Dresden eingetroffen, woselbst er vorläufig seinen weiteren Aufenthalt nehmen wird. — Die Hunde sind der Maulkorbbürde nunmehr wieder entledigt und ein großer Uebelstand, der oft schwere Folgen nach sich zieht, macht sich wieder bemerkbar ; es ist dies da- Anbellen der Pferde durch die Straßenköder. Alle Augenblicke kann man auf den Straßen wahrnehmen, wie Hunde plötzlich bellend an Reitpferde und an Wagenpferde heranspringen und dadurch ein Zurseitespringen und Unruhigwerden dieser Pferde und deren streckenweises Durchgehen veranlassen. Es ist glück licherweise ein größerer Unglücksfall seit dem Fallen der Maul körbe noch nicht passirt, wir wollen aber doch nicht versäum-n, die Besitzer solcher ungezogenen Straßenköder im Interesse ihrer Lieblinge und in zweiter Folge im Interesse der gefährdeten Menschen darauf aufmerksam zu machen, daß in gegenwärtiger Zeit recht bald einmal von kompetenter Seite eine Maßregel ergriffen werden kann, die für die Hundebesitzer nicht weniger schmerzlich sein dürfte, als für die Hunde selbst. Wir rathm daher den Besitzern von Hunden, solche Hunde, die mit der gedachten Untugend behaftet sind, nur an der Leine zu führen oder ihnen beim AuLgehen lieber wieder den Maulkorb an- zulegen. — Die musikalische Gesellschaft „Scandalia", welche gestern an die Nedaction dieses Blattes erneuert das Sümmchen von 11 Thlr. 5 Ngr. 3 Pf. als Ertrag eines zu Wehlen abge haltenen Concerts zum Besten der Frauen und Kinder sächsi scher Soldatm niedergelegt, begiebt sich heute nach Pulsnitz, um daselbst wiederum im Sinn der Wohlthätigkeit zu conccrtirm. — Als ein Erinnerungszeichen an die Schlacht von Kö- niggrätz hat der Kunstgießer, Herr Verworner lPillnitzerstraße Nr. 14), einen Briefbeschwerer angefertigt, auf dessen Oberdecke sich eine Spitzkugel aus einem preußischen Zündnadelgewehr, eine Kartälschenkugel, ein Stück von einem sächsis hen Shrapnel und die Kugel aus eine Minie-Büchse befinden. Es werden diese Gegenstände, welche vom Schlachtfelde zu Königgrätz her gebracht und von Obgenanntem in vielfacher Form verarbeitet wordm sind, auch in der Kaufmann'schen Restauration auf der Badergaffe Nr. 13 verkauft. — Eine sehr lebhafte und specielle Beschreibung der Schlacht bei Königgrätz bringen die von A. Petermann redigir- ten geographischen Mrttheilungen. Um diese Schilderung dem Publikum jedoch zugänglicher zu machen, hat sich der Verleger Justus Perthes in Gotha entschlossen, dieselbe apart mit einer Karte nebst Schlachtplan erscheinen zu lassen. Für den Preis von 71 Ngr. ist dieselbe in allen hiesigen Buchhandlungen zu haben. — Nach den „Budissiner Nachrichten" ist in der Recht vom 12 zum 13. August der in Gautzm stationirte Ob»- gensdarm Bellmann von einem im trunkenen Zustande befin:» lichen Landwehrmann durch einen scharfen Säbelhieb am Kopf verwundet worden. Die Untersuchung ist eingeleitet. — Bemglich der Cu-penßon des Herrn Kreiidirectors v. Burgsdorff in Leipzig erfährt man, daß dieselbe dem Herrn KreiSdirector am Donnerstag Mittag in seiner Wohnung durch den preußischen Cioilcommissar für das Königreich Sachsen^ Herrn Landrath von Wurmb, persönlich publrcirt worden ist. Diese Maßregel ist, wie der „D. A. Z." mitgctheilt wirs, des halb erfolgt, weil man in der penöalichen Wirksamkeit de» Herrn v. Burgsdorff die eigentliche Quelle der gegen preußen- freundliche Bestrebungen in der Presse und im Lereinswese« geübten Vcxationen erblickte. (L. N) — Der in Folge der Krieg'ereignisss ausgefallene Dresd ner Jahrmarkt war vor «rügen Tagen der Gegenstand einer Besprechung in unserem Blatte. Es war darin der Wunsch ausgesprochen, diesen Markt im November nachzuholen. Die» ist offenbar ein Druckfehler, und es soll heißen: in den Tagen der ersten Hälfte des September, welche Zeit sich viel besser dazu eignen und zur Erfüllung der Wünsche vieler Fabrikanten und Fieranten mehr geeignet sein würde. — Heute ist dem Publikum wieder einmal Gelegenhkit gebotm, NesmüllerS freundliches Sommerlhealer im k. Großen Garten zu besuchen, da das Eleventheaier, da» in der letzten Zeit einen recht erfreulichen Aufschwung genommen und recht wackere Kräfte aufzuweisen hat, eine Vorstellung giebt. Zur Aufführung gelangen: „Der arme Poet", Lustspiel von Kotzebue; vier Gesangsvorträge von Frl. Billig und Frl. Geitner; „Der Platz'egm als Eheprocuraror", Lustspiel Posse von Raupach. NcSmüllerS Rosengarten sieht im Sommerschmuck prächtig aus und stehen die Rosen im schönsten Flor.