Volltext Seite (XML)
M rir Erscheint: LLglich srüh 7 Uhr. Inserate Werden angenommen: »is «Send» S,Sonn- tag» bi» Mittag» ' 1L Uhr: Marienstraße 18. Elster Jahrg. Mittwoch. 1. August 1888. Abonnement: vierteljährlich 20 Ngr. bei unentgeldlicher Lie ferung in'» Hau«. Durch die König!. Post vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummern 1 Ngr. Inzeig, in dies. Blatte staden eine erfolgreich« Verbreitung. Auflage: 18,000 «kemptar». Tageblatt für Untcrhalttmg und Gcschästsvertehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" die Zeile und li-achmu der Herau«geb«r: Eitpsch ^ Neilhardt. — Berantwortlicher Redactrur: JultUS Neilhardt. Diasdß«; den 1. August. — I. Maj. die regierende Königin von Sachsen und I. K. H. die Prinzessin Georg hatten sich in voriger Woche zum Besuch nach Schloß Possenhofen bei München begeben, sind aber seitdem nach der königl Billa bei Regensburg zurückgekehrt, wo der sächsische Hof auch vorläufig seinen Aufenthalt nehmen wird. Die Nachricht von der Uebersiedelung der sächsischen Kbnigsfamilie nach Schönbrunn, welche Wiener Blätter verbreitet haben, ist eine irrthümliche; nur I. K. H. die Kronprinzessin Carola wohnt in Hetzendorf. — Dem Vernehmen nach hat sich der königlich sächsische Gesandte am Hofe zu Berlin, Graf Hohenthal, zunächst nicht nach Schönbrunn zu Sr. Maj. dem König von Sachsen, son dern in das königlich preußische Hauptquartier in Nikolsburg zu Sr. Maj. dem König von Preußen begeben. Graf Hohen thal ist bekanntlich am königlich preußischen Hofe eine persona Krala; daraus erklärt sich, daß ihm von seinem Monarchen eine Mission übertragen wurde, in der nicht jeder andere königlich sächsische Diplomat im königlich preußischen Hauptquartier gern gesehen worden wäre. — Während wir zeither vor Allem auf Milderung des traurigen Looses der verwundeten Krieger selbst hinzuwir ken verpflichtet und bestrebt waren, tritt nunmehr, wo wir ver trauensvoll friedlicheren Zuständen entgegengehen dürfen, auch die Sorge um die armen Familien der gefallenen und ver wundeten Soldaten mahnend an uns heran. Erfreulicher Weise hat man schon mehrseitig den Anfang gemacht, für den ange- deutetcn Zweck zu wirken und zu sammeln. Es ist nun nicht zu verkennen, daß, soll dieses neue Werk der Barmherzigkeit uns Liebs allen in Frage kommenden Bedürftigen gleichen Segen bringen, dies nur durch eine einheitliche Leitung er reicht werden kann. Deshalb freuen wir uns, zu der Ver sicherung ermächtigt zu sein, daß die Bildung eines Central- ComiteeS für das ganze Land zur Unterstützung der Familien der gefallenen und verwundeten Soldaten der königl. sächs. Armee bereits vorbereitet wird. — Auf Verwendung der k. sächsischen Landescommission bei dem k. preußischen Gouvernement kann die Aufhebung der gestern erwähnten verfügten Sperrung des Verkehrs auf der Elbe im k. preußischen Stromgebiet in allernächste Aussicht ge stellt werden. — Das herrliche Gartengrundstück des Prinzen Georg, von dessen theilweisec Benutzung zu militärischen Zwecken in den jüngstverflossenen Tagen jeder Dresdener mit wehmuthsvollem Bedauern gesprochen, gehört zu den ältesten Anlagen unserer Stadt. Wir werden des historischen Interesses desselben halber mit einer Geschichte dieses Gartens unseren Lesern daher nicht ganz unwillkommen sein. Ein Graf Zinzendorf und Pettendorf von der Familie des edlen Stifters der Brüdergemeinde erwarb zur Zeit König August des Starken ein Dresdener Stadlgut, dessen Oeconomicgebäude an der Ecke der äußeren Pirnaischcn Gasse und der Langengasse gelegen waren und dessen Feldstücke von da an nach dem großen Garten zu reichten. Dafselle wurde damals „Zinzendorfs" genannt, und hat diesen Namen bis auf dm heutlgen Tag behalten, nachdem die Baulichkeiten nach dem siebenjährigen Kriege im heutigen Zustande aus der Brandzrrstörung wieder aufgcführt worden waren. Aus dem Besitze der Zmzenvorfer, die sich rnch Oesterreich, woher sie stammten, wieder zurückgewendet hatten, gelangte die große Land strecke, die bis an die alte Bürgerwiese gegm Mittag reichte, an dm sächsichen Feldmarschall Johann George Chevalier de Saxe, dm natürlichen Sohn König August des Starken, der ziemlich in der Mitte der Grundstücks länge sich ein Sommerlusthaus erbaute, in dessen Umgebung ein modischer Ziergarten geschaffen wurde, der dm heute bestehenden Anlagen zur Grundlage diente. Au» seinem Nachlasse erkaufte es die verwittwete Churfürstin Maria Antonia von Sachsen mit der ihr aus der bairischen Erbschaft zugefallenen AllodialabfindungSsumme, und bestimmte dasselbe nebst anderen Pertinenzim als Hauptgrundlage des sächsischen Secundogeniturvermögens. Der berühmte Dresdener Baukünstler, der Oberlandbaumeister und Professor Crubsacius, wurde mit Erbauung des Palais, wie es bis zu der jüngst ge schehmen Umänderung gestanden hat, beauftragt und zugleich der Gartm in dem gemischten englisch-französischen Stil, wie er damals aufzukommen anfing, mit Benutzung der schon vor handenen Bäume von ihm umgeändert. Die Anlagen wurden mit Statum von Mattielli und marmornen und sandsteinernen Vasm geschmückt, die aus dem Brühlschm, später Marcolinischen Gartm dorthin gebracht worden, und der Geschmacksrichtung der Zeit wurde durch eine Einsiedelei, durch Volieren, römische Ruinen an düsterem Weiher, aussichtreiche Pavillon« und andere luxuriöse Schöpfungen idyllischer und romantischer Phantasie ge fällige Rechnung getragen. DaS Palais und der Garten warm damals der Sammelplatz der Dresdener Kunflwelt, die die geist reiche Fürstin gern um sich sah, und der Vereins der hohen Herren als Jünglinge, die unserem patriotischen Ge dächtnisse als ehrwürdige Greise sich tief eingeprägt haben. Nach kurzem Besitze in den Händen des kränkelnden Prinzen Carl, war das umfangreiche Grundstück Eigenthum des jüngeren Bru ders desselben, des Prinzen Anton geworden, von dem es den lange Jahre ihm beigelegten Namen der Antonsche Garten in Mancher Munde noch heute führt Diesem Prinzen, der uns als König Anton der Gütige näher in der Erinnerung steht, folgte der jüngste der fürstlichen Brüder, Prinz Maximilian, nach dessen Tode 1838 Se. Majestät der König Johann als Secundogeniturnachfolger in den Besitz des erinnerungsreichen und allmälig zu einem patriarchalischen Museum gediehenen Fa- milieneigenlhum gelangte. Welche Erinnerungen, trübe und freudige, sich an diese Räume, diese Allem und Blumengärten knüpfen, wissen wir Dresdener Alle, sie brauchen nicht recapitu- lirt zu werden, eben so wenig, was in Bezug auf den jetzigen erlauchten Besitzer zu sagen wäre, dem eine hochedle Gemahlin das Glück der Häuslichkeit in geliebter und gepflegter Umgebung bietet. Es wird Niemand mehr Wunder nehmen, daß ein guter loyaler Dresdener an deren Umgebung hängt, die über ein Jahrhundert lang seinen verehrten Fürsten Schutz, Trost, Freude und Erholung gewährt hat. Nicht unbegieriz ist gleichzeitig mit dem Bedauern über die militärische Benutzung des prinz- lichen Gartens unser Publikum, zu erfahren, ob kraft des Exterritorialrechts der Gartenraum einer benachbarten diplomati schen hier beliebten und geachteten Persönlichkeit vor strategischen Maßnahmm gesichert sein wird, die das prinzliche Grundstück in dm Plan ihrer Befestigung ausgenommen habm. — Die Eröffnung der Chemnitzer Industrieausstellung ist bis auf nächstes Frühjahr hinauLgeschoben wordm. Zur Be streitung der laufenden Ausgabe gewährt die Stadt dem Aus stellungsausschuß ein zu 5 Procent verzinsliches Darlehn in der Höhe von 6000 Thalern. — Nachdem bereits am 23. d. M. die irdischen Ueberreste des bei Gitschin verwundeten und im Feldlazarethe zu Libuhn verstorbenen Herrn Oberst v. Boxberg auf dem inneren Ncu- städter Friedhofe unter großer Thei nähme bestattet worden warm, so fand gestern ebendaselbst die Beisetzung des am 3. Juli bei Königgrätz durch einen Schuß in's Herz gefallenen Herrn Oberst leutnant v d. Mosel statt, dessen Leichnam Herr v. Engel im Aufträge der Hinterlasscnen zugleich mit dm Leichen des Herrn General v. Carlowitz und des Herrn Hauptmann v. Ende in Problus ausgegraben und hierher zu bringen die Güte gehabt hatte. Dm Sarg trugen Mitglieder des Vereins ehrenvoll verabschiedeter sächsischer Militärs, im Zuge folgten ihm nächst der Schwester und Braut des Verstorbenen und deren Verwandten mehrere Offiziere a. D. von hohem Range, so wie eine große Anzahl von sonstigen iheilnehmendm Freun den und Bekannten. Nachdem die Herrm Lehrer der 4. Bürger und Bezirksschule während Einsenkung des Sarges den Choral „Jesus, meine Zuversicht" angestimmt hatten, sprach Herr Archi- diakonus Clauß, als Beichtvater der Familie v. d. Mosel, Ge bet und Segen. Dcn Schluß der ergreifenden Feier bildete wieder Gesang. — Von der Mittelstraße mußte vorgestern eine Frau, an geblich eine Glaserswittwe, in das Krankenhaus gebracht werden. Sie war dort auf der Straße in bewußtlosem Zustand liegend angetroffen worden. — — Das „Tempora imitkmtur" bewahrheitet sich in die sem Jahre doch allüberall. Heute vor einem Jahre belustigten sich noch Tauende von Fremden und Einheimischen auf der Vogelwiese, während dieses Jahr eine feierliche Stille auf je nem allgemeinen Festplatze herrscht. Der Krieg hat in alle Ver hältnisse eingegriffen, so auch hier; dennoch hat sich ein Vo- gelwiesmbesucher mit seinem Raritätenkabinet eingefunden, der wahrscheinlich an Krieg gar nicht gedacht. Es ist dies der Be sitzer einer Electrisirmaschine, der auf dem Postplatze seinen Standpunkt eingenommm und dort für wenige Pfennige die Vorübergehenden electrisirt, und noch in der zehnten Stunde Abends sammelt sich um die improvisirte „Heilanstalt", wie der Besitzer sie nennt, eine große Menschenmenge, die sich von den blauen electrischm Funken einen gehörigen „KlapS" appli- ciren läßt. — Zu dem am 26 Juli (Mittags) im Stadkrankm- Hause verbliebenen Bestände von I I Cholerakranken sind bis zum 30. Juli Mittags nur 5 neue Erkrankungen hinzuge kommen, nämlich 2 männliche und 3 weibliche Personen. Einer der Kranken ist in der gedachten Frist verstorben, ein anderer geheilt entlassen wordm, wogegen 5 in andere Zimmer verlegt wurden. Somit beträgt die Gesammtzahl der bis jetzt Erkrank ten 40 und der Bestand am vorgestrigen Tage 9. (S Dfz.) — Der hiesige Verein ehrenvoll verabschiedeter MilitanS „Kameradschaft" beabsichtigt mit der Kapelle „Scandalia", welche stets bereit ist, da wo es eines mildthätizen oder ge meinnützigen Zwecken gilt, ihleThätigkeit zu mtfalten, nächsten zu Gunsten des Unternehmens: „Beschaffung künstlicher Glied» maaßen für unsere Armee" ein Concert zu veranstalten. — Von Seiten des königlich preußischen General - Gou vernements ist gestattet worden, daß diejenigen Bewohner Dresdens, welche im Besitze von noch geltenden Jagdkarten pro 1866 sich befinden, ihre Jagdgewehre aus dem hiesigen Zeughausdepot gegen Vorzeig des Jagdscheines und Abgabe einer Quittung zurückerhalten können. — Der „Wes.-Ztg." zufolge soll der König von Sachsen vergeblich die Abtretung des nordwestlichen Thciles mit Leipzig angeboten haben, um d.n Anschluß an den norddeutschen Bund zu vermeiden. — Der Ertrag einer in Forchheim gegebenen Vorstellung des Marinettentheaterbesitzers MöbiuS (8 Thlr.) ging dieser Tage bei dem hiesigen Verein für verwundete Soldaten ein. Dieser Beitrag des mit 8 Kindern gesegneten Mannes ist mit dem Scherflein der Wittwe zu vergleichen und jedenfalls aner- kennenSwerth. — Seit dem 23. Juli wurden in Leipzig in dem Ja kobshospital außer 31 choleraverdächtigen Fällen (größtentheil» Militärpersonen) 12 Fälle von Cholera ausgenommen. 5 vom Militär, 2 aus der Stadt und 5 im Hospital selbst entstandene (Wärterinnen und Wäscherinnen auf der Cholerastation). Ge storben sind seit dem 23. Juli 4 (2 Soldaten, 1 Wärterin und 1 Wäscherin), welche beide Letzteren trotz aller, sämmtlichen Bewohnern des Hospitals eingeschärften Warnung den Anfang ihrer Krankheit zu verheimlichen gewußt hatten, bis sie in dm heftigsten Ausbrüchen sich kundgab. Als geheilt konnten seit Anfang der Epidemie entlassen werden von dm an entschiedener Cholera erkrankten 67 Personen 23, während bis jetzt 15 da von gestorben sind und 29 sich noch in Behandlung befinden. Außerdem ist in der Stadt 1 Todesfall vorgekommen. Ferner sind vom Lande angezeigt worden: 12 Choleratodesfälle, nämlich 1 Fall in Zweinaundorf, 1 Fall in Krottendorf, 1 Fall in Stötteritz, 1 Fall in Pomßen, 1 Fall in Neunitz bei Grimma, 4 Fälle in Konnewitz, 1 Fall in Reudnitz, 1 Fall in Holz hausen, 1 Fall in Möckern. — Da wir in der gestrigen Nummer die Mittheilung brachten, daß auf der Schössergasse Nr. 24 im Schaufenster die Photographie des Bürgermeisters llr. Noth aus Trautenau in Böhmen zu sehen sei, so hatten sich schon in den Morgenstun den eine große Menge Neugieriger dort eingefunden, um die Physiognomie des nunmehr preußischen Gefangenen zu betrach ten. Leider war in dm ersten Stunden die Photographie nicht mehr da, hing aber später wieder aus und wird in den näch sten Tagen in zahlreichen Exemplaren von Berlin aus hier wieder eintreffcn Der Berliner Verleger hat 30 Thaler für das Portrait bezahlt und sich deshalb, wie eine Anzeige auf dem Bilde selbst bekundet, allen Nachdruck gesetzlich vbrbetm. Selbst alte Mütterchen vom Dorfe traten in den Laden, um sich dm „grausamen Mann", wie sie ihn nanntm, zu kaufm. — DaS zweimalige Anschlägen der Kreuzthurmglocke kün dete gestern Nachmittag ein Feuer an. Zwischen dem Pill» nitzer und Pirnaischen Schlage war in der Nähe der dortigen Schanze ein großer Reißighaufm in Brand gcrathen, der bald gelöscht war — Gestern war auf der alten Elbbrücke um Mittag ein reges Leben. Zwei große Abtheilungen Schanzarbeiter au« der Berliner Gegend verließen Dresden und marschirtm, von Pio nieren mit Gewehr begleitet, nach Neustadt hinüber dem Bahn- Hefe zu. Sie sangen verschiedene Lieder, z. B. das bekannte: „Muß i denn zum Slädtle 'naus" re., und warm theilweise mit Blumen geschmückt. Die zweite Abtheilung ließ sich ein papierncs Banner vorantragm, auf dem die Devise geschrieben stand: „Luckenwalder S hanzmbau". — Vergangenen L nnabend gegen 8 Uhr Abends angelte ein hiesiger Bürger am inken Etbufer vis a vis dem Wald» schlößchm, als vom jenseitigen User, anscheinend au« der Gegend des ersten neuen Fetßnerschen Grundstücks drei Schuß fielen. Bei dem zweitm Schuß hörte derselbe in der Entfernung von einigen Schritten ein Zischen, wie cs bei dm Spitzkugeln ge schehen soll, und bemerkte, daß die Kugel unweit in das Ufer einschlug. Dies mußte den Angler natürlich wegen augenschein licher Lebensgefahr veranlassen, sich von da zu entfernm. — Die Allgemeine Deutsche Creditanstalt setzt vom 1. d. ab dm Zinsfuß auf vier Procent herab. Bereits eingelegte Gelder werden noch bis zum 15. d. mit 5 Procent verzinst. — Im Lazareth zu Neu-Bidschow sind nachfolgende sächsische Soldaten gestorben: OScar Richter aus Dresden, 13. B. 2. C, Pyämie; Rasch (Heimathsort unbekannt), 6.B. 1.C, Cholera; Karl Hillner aus Zwickau, 7. B. 3. C., Pyämie; August Kießling au» Wurzen, 9. B. I.C., Cholera ; Karl Nau- mann aus Jöhstadt, 6. B. 3. C., Cholera ; Julius Eifert au» HermSdorf, 6.B. 2.C., Cholera; Franz Prätzschner aus Oederav, B. 2. C., CholeraEmil Jbler