Volltext Seite (XML)
Inzeig, in dies- Blatte Gaden eine erfolgreich« Verbreitung. Inflagr: 13,000 Exemplar«. Monueweut: vierteljährlich rONgr. bei unentgeldlicher Lie ferung in'» Han». Durch die König!. Post vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummer» 1 Ngr. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter „Einge sandt" di« Zeile 2 Ngr. Druck «d StgorHum der Herausgeber: Litpsch H Neichardt. — Verantwortlicher Redacteur: ÄUllUS Nktchardt. Dresden, den 10. Juli. — Nachdem am Sonntag Morgen ein längerer gemisch 1er Zug von Verwundeten und Gefangenen hier durchpassirt war, brachte der Sonntag-Abendzug 35 kriegSgefangene Offi ziere!, einige wenige leichtverwundete darunter, sowie 5 Solda ten. ES befanden sich unter den Offizieren 3 Sachsen, näm lich die LrutrnantS v. Zeschau, 6. Bat., Graf Kamele, 8 Bat., v. Planitz ll., 11. Bat. Außerdem war noch Soldat Schoppe vom 11. Bat., unverwundet gefangen, dabei Sämmtliche Offi ziere erhielten im Speisesaal des Leipziger Bahnhofes eine La bung durch einen lallen Imbiß und Wein. Ihre Hoffnung, eine Nacht in Drei den bleiben zu dürfen, um sich ein wenig zu erholen, erfüllte sich nicht, sie mußten weiter nach Berlin. Der gleichfalls in der Königgrätzer Schlacht und zwar durch einen Bajonnetstich im Gesicht verwundete königl. sächs. Major Vollborn vom 6. Bat., welcher auf Ehrenwort freigegeben wor den ist und in Dresden verweilt, wurde von seinen Waffen genoffen auf's herzlichste begrüßt Eine große Anzahl der österreichischen Offiziere kam in Civilkleidern, namentlich in be quemen Joppen, viele hatten Stroh- oder Filzhüte auf. Nach dem ihre Uniform nämlich in der Schlacht arg mitgenommen war, hatten sie schnell noch auf der Rückreise in Reichenberg sich mit Civilkleidern versehen. Unsere Landsleute sagten aus, sie hätten aus das bestimmteste versichern hören, daß der lgl. sächs. Generalmajor v. Carlowitz geblieben sei. Außerdem ver sicherte der sächs. Soldat Schoppe, daß der Leutnant Mehlig von seinem Bataillon leicht durch einen Streifschuß am Halse verwundet sei. — In später Nachtstunde kam noch ein Zug mit 960 Mann durch. — Eine sehr große Erschwerniß der Einquartierungslast liegt für viele Hausfrauen darin, daß einzelne Soldaten ihrer Einquartierung verlangen, daß ihnen, wenn sie auf Wache sind, die Speisen nachgeschickt werden. Familien, die oft meh rere Kinder, aber nur ein Dienstmädchen haben, kommen hier durch, wenn sie Mittag-Essen, Kaffee und Abendbrod auf den oft entlegenen Posten schicken müssen, in nicht geringe Ver legenheit. — Die königl. preußische Direction der niederschlesisch - märkischen Eisenbahn in Berlin erläßt unter dem 7. Juli fol gende Bekanntmachung: „Um vor Wiedereröffnung des regel mäßigen Verkehrs auf der Bahnstrecke von Dresden nach Gör litz dem Publikum Gelegenheit zu geben, düse Strecke zu be nutzen, sollen von Dienstag, den 10 Juli ab den um 9 Uhr 40 Minuten Vormittags von Dresden, resp. um 8 Uhr 30 Minuten Vormittags von Görlitz abgehenden Militärzügen ei nige Personenwagen angehängt werden. Wer sich dieser Züge bedienen will, hat die erforderliche Legitimation bei Lösung drs Billets vorzuzeigen und muß sich den Unbequemlichkeiten und Verzögerungen unterwerfen, welche bei einer solchen Beförderung nicht zu vermeiden sind." — Von Seiten des königl. preuß. Commandanten ent hält das „Tgbl." Folgendes: „Bewohner Leipzigs!" Die Wun den, die der Krieg geschlagen, zu heilen und zu lindem eilt Ihr opferbereit herbei und spendet mit offenen Händen, was den verwundeten Krieger erquicken, stärken, abziehen kann von sei nem tiefen Schmerze Nehmt meinen Dank dafür, nehmt ihn im Namen jener Leidenden und seid überzeugt, daß Euern ver wundeten Söhnen und Brüdern bei uns überall eine gleiche liebevolle Sorgfalt zu Theil werden wird. Leipzig, 8. Juli 1866. Der Generalleutnant v. Glisczinski, Commandant von Leipzig — Wie die „D. Allg. Ztg." meldet, ist in Leipzig der k. k. österreichische GeneralconsulatSkanzler, Herr Herga, auf Befehl der königlich preußischen Commandantur verhaftet und unter Escorte eines preußischen Offiziers nach Berlin abgeführt worden. — Von jetzt an ist die Albertsbahn und die Tharand- Freiberger Bahn insoweit wieder dem Verkehr übergeben, als Vormittags 8 Uhr und Nachmittags 4 Uhr Personenzüge auf derselben von hier abgehen. — In einer Strohkammer im Wohn- und Stallgebäude de- Gutsbesitzer Vogel in Trachau ist am 6. d. M. Vormit tags Feuer ausgebrochen und in Folge dessen ein Theil des Daches und des ersten Stockwerks heruntergebrannt. Cs wird Brandstiftung vermuthet, und soll auch dem Vernehmen nach ein derselben verdächtiges Kindermädchen eingezogen worden sein. — Zufolge Mittheilung des königlichen Ober-Post-Amts in Leipzig sind Briefe nach dem Königreich Sachsen von gestern an der dreitägigen Rückhaltung nicht mehr unterworfen, sondern werden sofort expedirt. — Die königliche Lotterie-Direction macht bekannt: „Unter dermaligen Zeit- und Verkehrkverhältnissen läßt sich die it« begonnene 70. Lotterie nach den planmäßig dafür auf- lestrllten Ziebung-tagen nicht fortsetzen, ohne nach allen Seiten daher mit erfolgter Genehmigung des königlichen Finanz-Mini steriums die für den 16. dieses Monats angesetzte Ziehung 2. Classe nebst den noch übrigen Claffen der 70. Lotterie bis aus geeignetere Zeit hierdurch ausgeschoben. Nichts destoweniger be halten aber die an die Collecteure bereits hinausgegebenen, zum Theil schon in die Hände der Interessenten übergegangenen Loose 2. Classe, ebenso die Voll-Loose, ihre Anwendung auch für den späteren Ziehungstermin und es wird seiner Zeit geeignete Be kanntmachung ergehen, für welchen Tag, beziehendlich für welche NenovationSfnsten dieselben in ihre volle Gültigkeit wieder ein- treten. Folgerecht muß daher auch jede Renovation auf Grund der Loose 1. Classe bis auf Weiteres unterbleiben und es ha ben die Spieler 1. Classe die Loose dieser, wie der etwa bereits gelösten 2. Classe, wollen sie sich an dem weiteren Spiele be theiligen, nur sorgfältig aufbewahren, um sich ihre Anrechte auf die folgenden Claffen zu sichern. Selbstverständlich muß es da gegen Jedem, der die Einlagegelder für die 2. Classe in der Voraussetzung planmäßiger Durchspülung der 70. Lotterie be reits abgeführt hat, sreistehen, gegen Rückgabe der Loose 2. Classe sich diese Einlagegelder von dem betreffenden Collecteur einst weilen restituiren zu lassen, wie es bei der veränderten Sach lage eben auch den Collecteuren überlassen sein muß, die auf Credit hinausgegebenen Loose 2. Classe von den Jnterssenten zurückzufordern. Die Auszahlung der Gewinne 1. Classe hat ungestört und planmäßig zu erfolgen; es bleibt daher auch dem entsprechend die Verpflichtung des Spielers, welcher sich an der 1. Classe betheiligt hat, zur Einzahlung der dafür bestimmten Einlagegelder, beziehentlich zu deren Jnnelaffung unverändert und von gegenwärtiger Sistirung unberührt. — Der Adjutant des Erbprinz von Meiningen, Haupt mann von Engel, früher königlich sächsischer Offizier und später Gensdarmerie-Inspektor in Leipzig, bekanntlich ein Sohn des k. s. Generalleutnants von Engel, ist in Bad Liebenstein von den Preußen gefangen genommen und nach Erfurt abgeführt worden. — — Die aus Sachsen ausgewiesenen Beamten, die sich an fänglich nach Prag geflüchtet hatten, sind von dort nach Pilsen und Regens bürg retirirt — — In dem Befinden des Oberst von Boxberg, der in Liebau in Schlesien im Lazareth liegt, soll dem Vernehmen nach eine Besserung cingetreten sein. — — Ununterbrochen treffen auf der schlesischen Bahn Züge mit Verwundeten und gefangenen Oesterreichern und Sachsen hier ein. Gestern langten auch mehrere von den Preußen er beutete österreichische Munitionskarren hier an. — — Aus Großenhain hört man, daß in das dortige La zareth bereits weit über einhundert Verwundete gebracht wor den sind. — — Nach demjenigen, was preußische Zeitungen und ins besondere die darin aufgenommenen Bri se einzelner preußischer Militärpersonen über die Schlacht von Sadowa mittheilen, schei nen die Verluste der sächs. Truppen, die wohl sämmtlich mitge- fochten, furchtbar zu sein. „Sie sind, schreibt die National- Zeitung, wie sie in Reih und Glied gestanden, niedergemäht worden". — — Einem Privatbrief aus Torgau vom 6. Juli entneh men wir Folgendes: Heute früh 5 Uhr wurden 500 Mann gefangene Oesterreicher hier eingebracht, worunter sich 104 Mann Sachsen nebst 7 Osficiercn befanden. Unter letzteren bemerkte man auch einen Hauptmann v. Berlepsch, Adjutant des Kron prinzen von Sachsen. Es wurden diese Mannschaften im Schloß, Flügel v, einquartirt und nach Ablegung ihrer Sachen mit Speise und Trank versehen. Dem Vernehmen nach wird sich der Hauptmann v. Berlepsch ein Quartier in der Stadt nehmen, was später auch, wenn ihre Gelder aus der Heimath angelangt, den österreichischen Ofsicieren gestattet werden soll. Sämmtliche gefangene Officiere wurden von den hiesigen Ofsicieren sehr freundlich ausgenommen. Hierselbst ist seit gestern auch ein Bataillon aus Anhalt-Dessau einzerückt, und da es an Quar tieren fehlt, werden täglich neue Strohbaracken gebaut, obschon mehrere derselben am Anger angebracht worden sind. Die Leute befinden sich in frischer Luft, es sind dabei große Küchen an gebracht und das Lagerleben entwickelt sich in vollkommenster Art. — Das königl. Gerichtsamt Chemnitz erläßt folgende Be kanntmachung : „Das früher unter dem Titel „Chemnitzer Tage blatt und Anzeiger" erschienene Amtsblatt für die königlichen und städti'chen Behörden in Chemnitz und Stollberg hat auf gehört. An dessen Stelle ist getreten „Amtsblatt für die Ge richts- und städtischen Behörden in Chemnitz und Stollberg, so wie Anzeigeblatt für Geschäfts- und Familienangelegenheiten", was zur Nachachtung hiermit öffentlich bekannt gemacht wird." — In einem Hause auf der Radeberger Straße spielte sich vorgestern Nachmittag zwischen der dortigen Hausmanns- stau und einer in demselben Hause dienenden^ Köchin ein Drama ab, da- für den beiden Frauen stattgefunden, hatten die Köchin endlich ver anlaßt, den Rückzug durch eine mit Glasscheiben versehene Thür anzutreten. Ihre Gegnerin hat aber in der Hitze de- Gefechts auf die Glasscheiben keine Obacht gehabt und in ihrer Aufregung wieoerholt mit der Faust in dieselben hineingeschla- gen, bis sie an dem herabfließenden Blute und den damit ver bundenen Schmerzen im Arme das Bedenkliche ihrer Situation erkannte und deshalb einen Arzt zu Hilfe rufen mußte. — Ersatzmittel für Charpie. In Frankreich wird von verschiedenen Aerzten in den Lazarethen anstatt der Charpie ganz fein gebeutelte Holzkohle angewendet, und zwar so, daß die Wunden, nachdem sie gut gereinigt worden sind, mit dem Kohlenpuloer ausgestreut werden, bis eine größere Schicht da rauf liegt, worauf der Verband erfolgt. Die Wirkung hierbei soll eine ganz vorzügliche sein; es wird von der Kohle die übel riechende Absonderung besser aufgesaugt, als von der Charpie, und durch die desinficirenden Eigenschaften der Kohle der üble Geruch zerstört, so daß die Heilung so behandelter Wunden viel schneller erfolgt. — Von dem Mechaniker Meißner in Leipzig ist ein Charpie- Zupfer erfunden worden, welcher die Arbeit sehr erleichtert. Da nun jetzt sehr viel Charpie gebraucht wird und genannter Char pie-Zupfer sich hierbei höchst praktisch bewährt, so will Herr Meißner einen solchen auswärts das Stück für 8 Ngr. ablaffen. Wie wir hören, sind die Leute des Erfinders trotz vermehrter Arbeitskräfte mit Anfertigung beschäftigt, da sich täglich die Be stellungen mehren, was Beweis für die Brauchbarkeit liefern dürfte. — Nach Bodenbach! Eine Geschäftsreise nöthigte uns Ende voriger Woche, hinüber ins Böhmerland zu fahren. Mit Legitimationen bis an die Zähne bewaffnet, schaarten wir un- früh 8 Uhr in einen Dietze'schen Omnibus und fuhrm durch drn Pirnaischen Schlag hinaus nach dem bekannten Pirna. Omnibusse in allen Größen, Farben und mühseligen Gang arten ächzten bei einander vorbei, nur hier und da streift ein Landbriefträger durch die Felder. In Gruna zog das Militair aus dem Gasthofe zur grünen Wiese, wo es gefrühstückt, wie der aufs freie Feld hinaus, während auf dem Hügel an der Franke'schen Villa die Bayonnete der Schildwachen im Son nenschein blitzten. Eine Unzahl von Handwerksburschen mar- schirte hin und her, oft die erbarmungswürdigsten Gestalten, hier und da saß einer im größten Negligee im Straßengraben und flickte seinen Rock aus. In Leuben hörten die militairi- schen Uniformen ganz auf. Immer mehr näherten wir uns dem Elbufer, und als wir endlich die steile Brücke passirt, unter welcher die jetzt fast bluirothe Müglitz langsam dahinkriecht, da lag der schöne Strom, jetzt so trauernd und schwärmerisch dahinfließend, vor uns. Rechts lag das Gleis der Eisenbahn. Die Telegraphenarme hingen schlaff und in ihren Angeln ein gerostet an den Stangen herunter, gleichsam die Hände gefal tet. Auf den Telegraphendräthen ipielt der Sperli .gsoater mit seiner trauten Gattin oder füttert die Jungen, und die Bahn wärter selbst haben nichts weiter in ihrer Einsamkeit zu thun, als das zwischen den Schienen wuchernde Unkraut herauszurei ßen. Mitten auf dem Gleise sieht man spielende Kinder, Hunde, schnatternde Gänse, gackernde Hühner, und den Pfiff der Loco» motive ersetzt der Pfiff des Bahnwärters, wenn er seine Fa milie zum kargen Mittagessen ruft. Zwischen Heidenau und Pirna, wo sonst der stolze Dampfer den Elbrücken peitschte, liegen mitten im Strome versenkt acht bis neun stattliche Zil len. Ueber sie hinweg fließt der Strom, bald guckt aus ihm ein Vordertheil heraus, bald eine Kajüte mit dem hin und her bewegten Steuer. Alles ist todt! Auch Landungsbrücken der Dampfschifffahrtsgesellschaft stehen dazwischen, nur die Galerien ragen aus dem Wasser hervor. Wir fahren in Pirna ein Am Gasthofe zum Adler werden wir aus dem Omnibus erlöst. Wir treffen Bekannte, die viel Neues wissen wollen, da sie Tage lang keine Zeitung erhielten. Wir miethen einen Zwei spänner, den wir endlich bis Bodenbach und zurück meistbietend für schweres Gelv erstel en. In Pirna ist's todtenstill! Nur wenig Militair haben die Bewohner gesehen und auch nur auf - kurze Zeit, auf Stunden. Alles klagt über schlechte Zeiten und macht Kalender, in denen viel rothe Feiertage verzeichnet si»d. Hoch oben strahlen die Fenster des Sonnensteins im Sonnen glanze, wir senden einen Gruß hinauf und Erinnerungen an die Universalbörse durchschwärmen das Herz. Da rollt der Wa gen vor, wir steigen ein und schwanken die steile Höhe hinan, rechts hinein ins Vaterland, denn der gerade Weg an der Elbe hin ist nicht der sichere. Nach stundenlanger Fahrt nimmt uns der Wald auf, der uns n.ch von der Festung Königstein, resp. von der neuen Schänke trennt. „Was blitzt dort in Walde im Sonnenschein?" Eü ist eine seltene Gestalt, die auf- taucht, ein sächsischer Vorposten, ein Soldat vom Leibregimmt. Wir halten auf sein Geheiß, er verlangt die Legitimation «ad und^