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«r. 174. Erscheint: lTLglich früh 7 Uhr. Inserate Werden angenommen: e»i«Lb«nd»S.Sonn- tag» bi« Mittag» rr Uhr: Martenstraße 13. Elster Jahrg. Sonnabend, 33. Juni 18S». Abouuenient: BirrteljLhrlich AI Ngr. bei uuentgetdlicher Ae- srrnug in'« Hau«. Durch di« Königl. Post vierteljährlich 22 Rgr. Siutelne Nummer» 1 Ngr. Mrzeig. in dies. Blatte Huden eine erfolgreich« Verbreitung Auflage: 13,000 Exemplare Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. Inseratenpreise: Für den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Uuter„Singe» saudt" die Zeile 2 Ngr Dr»ck «d LtstaHm» der Heranrgrber: Eitpsch Neilhardt. — Verantwottlicher Redacteor: Julius Neilhardt. Zur Nachricht. Mit dem 1. Juli bcginnt ein neues Quartals-Abonnement auf unser Blatt. Wir ersuchen um rechtzeitige Best llung des selben in Dresden in unserer Expedition, Marienstraße Nr. 13, in und außerhalb Sachsen bei den zunächst gelegenen k. Post ämtern. ^ Wenn drrh die Zeitverhältnisse namentlich nach aus wärts manche Störung in der Zustellung des Blattes vor kam, so wird di s vorübergehend und die regulären Post verbindungen hoffentlich bald wieder im Gange sein. Air er warten daher bezüglich der Versendung durch die k. Postanstal ten nachsichtsvolle Beurtheilung und werden, was an uns liegt, nichts versäumen um pünktliche und rasche Beförderung des Blattes zu vermitteln. Expedition der Dresdner Nachrichten. Dresden, den 23 Juni — Se. königl. Majestät hat geneh igt, daß der voll ziehende Director der Kammgarn-Spinnerei zu Pfaffendorf, Kaufmann Wilhelm Hartmann zu Leipzig, das ihm von des -Königs von Hannover Majestät verliehene Ritterkreuz I. Clafse des königl. Ernst-August-Ordens annehme und trage. — Eine Generalverordnung an sämmtliche Landesbehör den, unterzeichnet: „Sämmtliche Ministerien", bestimmt Folgen des : Von den im Königreich Sachsen cingerückten königl. preu ßischen Truppen sind an mehreren Orten des Landes öffent liche Kaffen mit Beschlag belegt und die Bestände derselben weggeführt worden. In dessen Folge ist zwischen dem königl. Finanzministerium und den, im Königreich Sachsen fungirenden königl. preußischen Civilcommlffar, Herrn Land.ath v. Wurmb, «in Vertrag abgeschloffen und von der von Sr Ma jestät dem König von Sachsen niedergesetzten Landescommission genehmigt worden, nach welchem ähnliche Vorkommn ffe n cht weiter zu befürchten sind, vielmehr den königl. sächsischen Be hörden die völlig freie Gebahrung mit den Landeskaffen wieder überlassen worden ist. Sämmtliche Kaffenbeamte der verschiede- n.n Ministerialdepart.mems werden daher angewiesen: 1) die ihnen über die weggenommenen Gelder von den königl preu ßischen Truppencommandanten ausgestellten Quittungen unge säumt an das königl. Finanzministerium unmittelbar einzusen den, 2) sich ihren Kafsenverwaltungs- und sonstigen Geschäften in gewöhn'er Weise zu unterziehen, 3) die nach und nach sich lbä ihnen wieder ansammelnden Bestände mit möglichster Be schleunigung an die königl. Finänz auptkafse oder die sonst ord nungsmäßig dazu bestimmte Kassenstelle einzusenden. — Am Donnerstag, namentlich Vormittags, war ganz Dresden wieder auf den Beinen, denn schon um 7 Uhr be gannen neue Zuzüge und Abmärsche von Truppen, welche die selben interessanten Soldatenbilder lieferten, wie die der voran- gegangenen Tage. Der Nachmittag war ruhiger, nur gegen ' 7 Uhr blitzten wieder neue Bahonette im Abendsonnenschein auf der alten Elbbrücke, es war Landwehr zu Fuß, die nach Alt stadt einzog und daselbst Quartier nahm. Sie mußten nicht weit hergekommen sein, das sah man an ihrer Montirung; einzelne Nachzügler schienen schlecht zu Fuß zu sein. Seit vor gestern ist übrigens de: Zuzug aus den umliegendm Dörfern größer, die Leute sind weit ruhiger geworden, nachdem die^rste Angst vorüber ist; sie kommen familienweise sogar zu Fuß und zu Wagen nach d.r Residenz, um das bunte Leben und Treiben zu bewundern, denn der größte Theil von ihnen hat sowohl «ine so große Masse von Soldaten, als auch Kriegsrüstungen noch gar nicht zu sehen Gelegenheit gehabt. Viele Geschäfts leute und Beamte, namentlich Advocaten, die sich durch keine Furcht einschüchtern'ließen und demnach auf ihren „Villa's" verblieben (namentlich in Laubegast), wandern früh 9 Uhr zu Huß ungehindert zum Pillnitzcr Schlage herein; die Dörfler bringen ihre Maaren aus dem Stall und vom Felde wieder in die Stadt, auch die Gärtner senden ganze Wagen Sallat und Gemüse herein. Die Schulen sind zumeist geschlossen, da die besorgten Eltern ihre Kinder in der Behausung haben wollen. Von Morgens bis Abends ist vor dem Altstädler Rathhause stet» eine große Menschenmenge versammelt. Die Landwehr hat daselbst ihre Hauptwache bezogen. Mitten auf dem Markte stehen Bagagcwagen mit Kisten und Kasten, die Zuschauer um ringen die dort auf- und abgehenden Schildwachen. Als am Donnerstag ein mit Heu beladener Wagen nach der alten Brücke zuschwankte, bot sich ein sonderbares, komisches Natur spiel der Menge dar. Eine Windhose erhob sich, stürzte sich auf das Heu, wühlte es auf, wirbelte es empor und nahm einen Theil trichterförmig mit über die ruhig dahinströmende Elbe, auf welcher die Flußbäder öde und verlassen im Sonnen schein liegen. Die städtischen Quartierämter sind bis in den späten Abend überaus thätig, die Beamten des Rathhauses, mit großen Abzeichen an der Brust, eilen mit den Soldaten > durch die Straßen, um sie unterzubringen und mit großer Zu- 1 Vorkommenheit ihre Wünsche zu befriedigen. Die Briefträger eilen wieder geschäftig, wie zuvor. Trepp auf und Trepp ab, zur Freude und Beruhigung der Einwohner, von denen Blanche sagen: „Gott sei Dank, da ist wieder der Briefträger!" Das Gelb ihrer Röcke scheint also eine Beruhigungsfarbe geworden zu sein. Soeben reiten gegen 20 Landwehr-Husaren vorüber, geführt von einem Dragoner-Unterofficier. Alle Fenster sind geöffnet; wo nur ein Pferdegetrappel sich hören läßt, fliegen Köpfe an Köpfe zum Fenster heraus, die Arbeiter und Gesellen eilen an die Thür, um die Krieger zu sehen und Jeder weiß was Neues von gestern zu erzählen, oder vom morgenden Tage zu prophezeihen oder zu glauben. Auf der alten Elbbrücke standen am Donnerstag Abend zwei Wachtposten auf dem siebenten Pfeiler vom Blockhaus aus einander gegenüber. Noch in den späten Abendstunden sieht man Männer und Frauen mit mächtigen Broden unterm Arm, die noch warm sind, nach Hause eilen, und ist dies Proviant für den folgenden Tag. Am meisten durchstrichen wird vom Publikum der Große Garten und die Anlagen an der Straße nach Strehlen; jene Gegend bietet allerdings seit drei Tagen ein trauriges Bild. Die Weizen felder sind von den Pferden, die dort übernachtet, zerstampft, die Halme sind ihrer Aehren entledigt, manche Flecke sind wie abrasirt. In die Korn- und Gerstenfelder führen Gänge hinein, die frisch getreten sind. Auf anderen Feldern und Wiesen sind wieder Löcher gegraben, wo Feuer gebrannt. Stroh- und Heu-Ueberreste liegen überall herum, auf allen Wegen und Stegen. In dem von der Straße nach dem großen Garten hinlaufenden Graben wuschen sich die Soldaten, welche die Nacht dort gelagert. Die Anlagen an der Straße nach Streh len sind dezimirt. Das Strauchwerk und Viels junge, schöne, etwa drei- bis vierjährige Bäume sind umgehauen und liegen zum Theil verdorrt da. Die neu angepflanzten Stra ßenbäume sind unversehrt geblieben. Am geflügeltsten an Herz und Beinen sind die Dienstmädchen und die Damen der Demi- monde. Sie rennen schaarenweise namentlich des Abends auf den Straßen hin und her, von ein oder zwei Soldaten am Arm geführt. Der Haupttummelplatz dieser Pärchen ist die Terrasse, wo bis in die späte Nacht hinein gescherzt, gelacht, geküßt wird u. s. w Der Mond und die Sterne lächeln friedlich vom nächtlichen Himmel hernieder, das Leben und Treiben der Welt beschauend. Oben ist Friede, unten schallt die Kriegstrompete. Der ruhige Bürger eilt schon zeitig Abends heim, nicht wissend, ob nicht auch er Einquartierung erhält; denn jeder neue Trommelwirbel, jede neue Janitschaarenmusik, die von fern ertönt, läßt das vermuthen. Stereotyp ist, wenn Jemand aus den Straßen nach Hause kommt, die Frage der Angehörigen: „Nun, wie steht's Draußen? Was ist los? WaS gibl's Neues?" Natürlich bleibt der Befragte bei sei nem Achselzucken wie früher, da Alles beim Alten ist. Und so geht's Tag für Tag! — Ein hiesiges Blatt, daS sich bisher in Bezug auf Mit theilungen aus chöheren Kreisen als wenig gut unterrichtet und oft ungenau bekannt gemacht hat, auch in dieser Hinsicht eine geflissentliche Nonchalance zur Schau zu tragen scheint, hat in seiner gestrigen Nummer sich in dem glücklichen Falle befunden, die „Dresdner Nachrichten" einer unrichtigen Mittheilung zeihen zu können. Die betreffende Notiz unseres Blattes enthielt die Nachricht von der erfolgten Abreise der Gesandten zu Sr. Maj dem König. Wir sind gern bereit, diese Mittheilung für un richtig anzuerkennen, können uns aber der Bemerkung hierbei nicht enthalten, daß die Nachricht von der Abreise der gedachten Herren vielleicht nur verfrüht, nicht absolut wahrheitswidrig ist. Wir meinen, daß in calamitoser Zeit zwischen den Preßorganen einer und derselben Stadt ein gereizter und wegwerfender Ton im Geringsten nicht um Platze ist, zumal über die Haltung des uns schulmeisternden Blattes in allen unabhängigen Kreisen unserer Stadt nur eine Stimme herrscht. — Die Schulinspection und Superintendur macht bekannt, daß der Schulunterricht in allen städtischen Schulen von heute an wieder seinen Fortgang hat. — Aus Waldheim wird berichtet, daß die Preußen das Telegraphenamt und den Bahnhof übernommen und den Via- duct bei Ostrau gesprengt hätten. — Am Dienstag Abend wurde auch einer unserer Kreuz- thürmer durch preußisches Militär vom Thurme weg arretirt, weil man in dem langsamen Anschlägen der Glocke beim Abend läuten ein verdächtiges Glockenzeichen zu hören glaubte. Der Jrrthum klärte sich aber bald auf und der Thürmer wurde alsbald wieder entlasten. — Viel Aufsehen machte vorgestern das Einbringen zweier weiblicher Gefangenen, welche in einem kleinen Wagen bis zur BlockhauSwache transportirt wurden. Man vermuthete in den selben spionirende böhmische Harfenistinnen, doch haben sie sich später durch Dialect und Legitimation als Magdeburger Kinder auSgewiesen. — Gestern Morgen ist in Trauchau ein Theil des Stall - gebäudes des dem Gutsbesitzer Vogel zugehörigen Bauerngut» abgebrannt. Wenn schon über die Entstehung des Brande» etwas Bestimmtes noch nicht ermittelt ist, so vermuthet man doch Brandlegung. — Im Laufe des gestrigen Tages waren auf der Leip zig-Dresdner Eisenbahn 15 Militärzüge aus Berlin hier an- gesagt. — Eine jurrge Frau, die sich für verheirathet mit einem Unteroffizier aus Bautzen ausgegeben und hier bei Privatleuten eine Nacht geblieben ist, um sich andern Tags hier Unterkom men zu suchen, ist aus ihrer hiesigen Wohnung unter Mit nahme eines Regenschirmes, eines Handkorbes und 6 Thalern baaren Geldes, das sie aus einer Kommode gestohlen, ver schwunden. — In der ersten Elaste 70. K. L. Landes-Lotterie fiel der 3. Hauptgewinn von 2000 Thaler auf die Nr. 7245 in. die Collection von I. F. Barthold, Kreuzstraße 5. — Ein schwerer Unglücksfall hat sich gestern früh in Leipzig in der Windmühlenstraße ereignet. Die im Grundstück Nr. 19 dort wohnhafte, 68 Jahr alte, verwittwete Frau Au guste Buch ist in ihrer Wohnung durch einen Brand ihrer Kleidungsstücke schwer verletzt worden und heute Morgen an ihren Brandwunden gestorben lieber den schrecklichen Vor gang hörten wir folgendes Nähere: Die Frau ist wahrscheinlich beim Kaffeekochen vor'm Ofen eingeschlafen, und dabei sind, ohne daß sie es gleich gemerkt, ihre Kleider durch eine aus d-m Ofen herausspringende Kohle in Brand gesetzt worden. Ein Dienstmädchen aus dem Hause bemerkte zuerst die Unglückliche über und über brennend vor der in der Küche befindliche« Wasserleitung stehen und Rettung suchen. Auf das Geschrei des Mädchens eilten andere Hausleute herzu und löschten das Feuer, aber es war leider zu spät, die unglückliche Frau war entsetzlich verbrannt und wurde sofort in's Jakobshospital ge bracht. Dort ist sie heute Morgen in der vierten Stunde ihren Leidm erlegen. (L. Tgbl.) — Ueber den am Mittwoch Abend auf der Badergasse stattgefundenen Menschenauflauf, wobei eine dort wohnende Schänkwirthsfrau aus ihrer Wohnung geholt und mißhandelt wurde, weil sie angeblich dem fouragirenden M litair geflissent liche Mittheilungcn über reiche Vorräthe gemach: haben sollte, erfahren wir nach genauer Erkundigung, daß die Frau ganz ohne Schuld ist und sich der Zorn des Publikums irrthüm- licherweise gegen sie wendete, während die eigentliche Urheberin des Auslaufs ungestraft davonwm. Nach einem zum Schutz de. bedrohten Frau herbeigeholten Dienstmann wurde vom Pöbel das ganze Haus bis zum Bodenraum unter gräßlichen Flüchen und Verwünschungen durchsucht, ohne denselben zu finden, auch wurden im erst:» Stock mehrere Fensterscheiben zertrümmert. — Unter den ersten drei preußischen Husaren, welche am Montag gegen 11 Uhr nach Dresden kamen, befand sich ein Sohn des bekannten KünstreiterdirectorS Renz. — Von den am Mittwoch Abend von vereinzelten Mann schaften in den Läden hiesiger Stadt rcquirirten Lebensmitteln war eine solche Menge zusammengebracht worden, daß der Ueber- fluß davon von den Soldaten theils um ein Billiges an ein zelne Leute verkauft, theils verschenkt, theils auch als nutzlos weggeworfen worden. — Bezüglich der gestrigen Notiz über die Besorgnisse hin sichtlich des Begießens der Orangerie theilt uns Herr Gartendirector Krause mit, daß diese Besorgnisse vollständig unbegründet seien und es durchaus keiner öffentlichen Er innerung an die Erfüllung seiner Pflichten bezüglich der seiner Obhut und Verpflegung anvcrtrauten Orangerie bedürfe. Der commandirendc General des königlich preußischen Elbe-Corps, Herr General Hcrwarlh von Bittenfeld, Excel! enz, hat vorgestern Dresden verlassen, und führt an seiner Stelle gegenwärtig der com»,andirende,.General Herr Generalleutnant v. d. Mülbe, Excellenz, hier -das Generalcommando. Die als Ersatz der gestern abgerückttzn Truppen vorgestern Abend und gestern früh hier eingerückten neuen preußischen Truppen (unter denen viel Landwehr/sich befindet) werden vorläufig hier ver bleiben. Im lönMchen Gouvcrnementsgebäude an drr alten Elbbrücke wird >le preußische Stadtcommandantur eingerichtet. (D. I) — Am Garten des hiesigen Victoria Hotels weht seit ge stern Nachmittag eine schwarz-weiße Fahne, was aber, wie Viele im Volke glaubcn könnten, durchaus nicht als eine Demonstra tion zu betrachten ist. Die Fahne ist von dem preußischen Militärcommando aufgesteckt worden, um den Soldaten erken nen zu geben, daß solches im Victoria-Hotel seinen Sitz hat. — Erst heute sind die Lotterie-Schnelllisten der Gewinne erster Klaffe k. sächsischer Landeslotterie hier eingetroffen und in unserer Expedition, Marienstraße 13, zu haben. — Durch die Anhäufung zweier ArmeecorpS um und in Dresden und durch die massenhaften Requisitionen von Lebens mitteln hatten dieselben vorgestern einen Preis erlangt, wie «