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Mcheiitt: «l-ltch ftiih 7 Uhr. Inserate Verden angenommen: -isLbend-S.Tonn- tag- bis Mittags 1L Uhr: Marienstraße 18. Vn;cig. in dies. Blatte siaden eine erfolgreiche Verbreitung. Nuflage: 13,000 Ssanpl««. »mttag iai 11 stg 1 Zbonnnvmt: Biertrl jährlich 2» Ngr. bei unrntgeldlicherLie« serung in'« Hau». Durch die Lönigl. Post vierteljährlich 22 Ngr. Einzelne Nummern 1 Ngr. Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drotnsch. Inseratenpreise: ffiir den Raum einer gespaltenen Zeile: 1 Ngr. Unter„Einge« sandt" die Zeile 2 Ngr. Hs Druck und VigaShum der Herausgeber: Ltkpsch Neichardt. — Verantwortlicher Redacteur: Julius Nkichardt. Dresden» den 27. Mai. — Se. Maj der König Johann hat am 24 Mai den neuernannten Präsident des Königl. Appellationsgerichtes zu Dresden, von Weber, in besonderer Audienz empfangen. — — Dem Gerichtsschöppen Johann Gottfried Lorenz in Gersdorf ist in Anerkennung seiner langjährigen treugeleisteten Dienste die zum Verdienstorden gehörige Medaille in Silber verliehen worden — Für den auf gestern einberufenen außerordentlichen Landtag haben Se. Majestät der König den Geh. Rath Frei herrn v. Fliesen auf Rötha wiederum zum Präsidenten der Ersten Kammer ernannt. Morgen Vormittag wird die Consti- tuirung beider Kammern und Mittags l Uhr durch Se. Majestät den König im Königl. Schlöffe die feierliche Eröffnung tes Landtags stattfinden. — Vorgestern und gestern hat Se. Excellenz der Herr Justizminister Nr. Schneider am hiesigen Orte das Bezirksgericht mit seinen gcrichtsamtlichen Abheilungen in Altstadt und Neu stadt, die Staatsanwaltschaft und das (ländliche) Gerichtsamt besucht, sich durch die Vorstände die einzelnm Beamten vor stellen lassen, von dem Geschäftsgänge im Allgemeinen Kenntniß und die Lokalitäten, insbesondere auch die Wechselstuben und das Gefängniß, in Augenschein genommen, sowie sich von der Beschaffenheit der Kost der Gefangenen und von der Art und Weise ihrer Beschäftigung unterrichtet. — Diejenigen unserer Leser, welche gewisse Berliner Zei tungen nicht im Original zu Gesicht bekommen, können sich keinen Begriff davon machen, welche Mittel man an der Spree in Bewegung setzt, um das preußische Volk gegen Sachsen und speciell gegen unseren Minister v. Beust aufzuhetzen. Geht man doch in dem Leiborgan des Grafen v. Bismarck, nämlich in der „Nordd. Mg Ztg.", so weit, daß selbst der hiesigen „Sonst. Ztg." — die doch wahrlich eine besondere Vorliebe für Herrn v. Beust nicht besitzt — die Sache zu arg wird, und dieselbe sich heute veranlaßt sieht, denselben „gegen die wahr haft infamen Angriffe in Schutz zu nehmen". Der Zweck sol cher nichtswürdigen Berliner Ausstreuungen ist unschwer zu erkennen: es gilt die Augen des durch die Kriegsrüstungen ent rüsteten preußischen Volkes vom Grafen v. Bismarck abzulenken und ihnen als Brennpunkt Herrn v. Beust hinzustellen. Und diese Aufhetzung wird ganz systematisch betrieben. Nicht genug, daß die wegen ihrer Wegrufung von Weib und Kind unzufrie denen preußischen Landwehrmänner offen durch die Versicherung von oben aufgestachelt werden, an der ganzen Calamität sei eben nur Sachsen schuld, — heute tritt selbst die ossiciöse „Nordd. Allg. Ztg " in diese Aufhetzerei ein, indem sie mit fettgedruckter Schrift verkündet, Herr v. Beust sei „der intellek tuelle Urheber der gegenwärtigen Krisis". Daß solch schamloses Treiben in manchen Schichten des preußischen Volkes wirklich Wurzel faßt, davon zeugen zahlreiche anonyme Briefe, welche an hochstehende Personen Dresdens eingegangen sind. So hat dieser Tage, wie uns glaubwürdig versichert wird, Herr Mini ster v. Beust unter Anderem einen anonymen Brief mit dem Poststempel einer preußischen Stadt (in Westphalen) erhalten, der mit einer seinem Inhalte entsprechenden Vignette geziert war und in dem offen gesagt wird, er (Herr v. Beust) möge nur, „wenn es los geht", sein Testament machen, da ihm Hunderte von jungen Leuten den Tod geschworen hätten; so bald sie nach Dresden kämen, solle er „mit vier Ochsen zer rissen" werden. — Man versichert, Herr v. Beust sei durch die Lektüre dieses Briefes ganz besonders heiter gestimmt worden und habe geäußert: „Die Leute scheinen nicht zu wissen, daß ich schon gewohnt bin, von Ochsen zerrissen zu werden." — Ein Ueberblick auf den Courszettel der Börse zeigt uns deutlich, wie bedeutend in gegenwärtiger Krisis die Verluste an sonst guten Werthpapieren sind. Von dm österreichischen Papieren wollen wir dabei ganz absehen, denn die österreichischen Finanzverhältniffe bedingen ein Mißtrauen gegen derartige Pa piere, wir brauchen nur die sonst sehr gesuchten preußischen StaatSpapiere zu notiren. 5proc. neue Anleihe 95. 4-sproc. dergl. 87, Staatsschuldscheine »4proc. 71, Prämienanleihe 106. Demnach stehen die sächsischen Papiere bedeutend bester, denn 4proc. Staatspapiere sind mit 97, ZHproc. Landrentenbriefe mit 84! notirt. Mit dm russischen, türkischen, italienischen, spani schen und mexikanischen Papieren sieht es auch recht schlecht aus, stehen di« Mexikaner doch auf nur 16 s, die Türken auf 30j, die Italiener (öproc.) 39^, die russischen Banknoten 65j; verhältnißmäßig schlecht alle übrigen Papiere genannter Staaten. — Die Neustadt-Dresden war gestern in lebendiger Be wegung namentlich um die späte Mittagsstunde. Allüberall auf den Straßen und Gaffen stand die harrende Menge, um die Krieger zu erwarten, deren Revue Se. Majestät der König ab genommen. Es warm dies die Truppen, welche unter demCom- mando des Generalleutnants von Stieglitz stehen. Se. Majestät wurden von dm defilirende» Truppen mit lebhaften Hochs be- » grüßt. Man sah aus der Physiognomie der ,urückkehrcnden > Truppen, daß sie den Muth zeigten, der dazu gehört, um sei nem Vaterlande, und wenn es auch, wie der greise Arndt sagt, „größer sein muß", den Tribut zu zollen. Die Infanterie war allerdings von oben bis unten dicht mit Staub bedeckt und die ser ließ dunkle Schatten auf ihr Antlitz fallen. Aus jeder Haus thür und jedem offenen Fenster wurden die Krieger begrüßt. Daß auf dem Heller eine Menge von mehreren Tausend Zu schauern versammelt war, versteht sich von selbst — auch die Demimonde war stark vertreten. Die Sonntagsreiter selbst hatten sich nicht abhaltm lasten, hinüber und herüber zu galop- piren, und als sie auf der alten Elbbrücke ihre Rückkehr im Schritt versuchten, lachte ihnen manch' weißzewaschenes Antlitz in das bestaubte, in allen Farben spielende Gesicht — Eine Dienstperson aus der Lausitz, die sich hier auf hielt, suchte im Anzeiger als Wirthschafterin eine Stelle. Da rauf fand sich bei ihr ein unbekannter Herr ein und engagirte sie als solche in einer Provinzialstadt. Er machte aber ihr Engagement von Stellung einer Caution abhängig Die Frauens person ging darauf ein und behändigle ihm als vorläufige Ab schlagszahlung auf die Caution den Betrag vcn ca. 20Thlrn., die sie sich nach und nach von ihrem früheren Lohne erspart hatte. Damit ging der Empfänger ab und versprach, sie am anderen Tage von hier abzuholen und in ihren neuen Dienst einzuführen. Er soll aber noch heute wiederkommen, und die leichtgläubige Lausitzerin hat natürlich zu spät eingesehen, daß sie um ihr Geld betrogen ist. — — Die Industrie-Ausstellungshalle zu Chemnitz, in Seide dargestellt von dm Webermeistern A. Dittrich und I. Lippold, gezeichnet von G. Köhler, ein treffliches Er- zeugniß Chemnitzer Gewerbfleißes, liegt vcr uns. Dasselbe ist ein in Seide auf silbergrauem Untergrund gewebtes Bild, das man eher für ein gezeichnetes Gewebe als für eine gewebte Zeichnung halten möchte. Man sieht die schlanken Thürme des Gebäudes mit ihren in die feinsten Spitzen auslaufenden wehenden Flaggen; das Oktogon, welches den Hauptcingang bildet, an und für sich ein Kunstwerk architektonischer Schönheit und kühner Anlage, tritt in überraschender Natürlichkeit aus dem Bilde hervor; die beiden Haupiflügcl, die Seiten- und Hintergebäude mit ihrem vie fach verschlungenen Fachwerk, die über-, hinter- und nebeneinander stehenden Dächer der ver schiedenen Theile des riesigen Gesammtbaues, alles das ist in richtiger Perspective mit vollen doch nicht grellen, natürlichen Farbm bis in die kleinstm Details wunderbar genau dar ge stellt. Die Kosten zur Herstellung des Webstuhles und der sonstigen Einrichtungen belaufen sich seiten der Unternehmer auf 1000 Thlr. Möge der Erfindungsgeist und die Ausdauer in der Ueberwindung zahlloser technischer Schwierigkeiten und der Muth der wackeren Männer, die ohne Aussicht auf pekuniäre Vortheile zum Nutzen ihres Gewerbes und zur Ehre ihrer Stadt verhältnißmäßig große Opfer zu bringen entschloffen waren, die verdiente Anerkennung finden. Der Preis eines solchen Kunst gewebes ist 3 Thaler. — Man berichtet dem „Chemnitzer Tagebl.": Die erste größere Arbeiterentlaffung ist für heute in der Maschinenfabrik von Constantin Pfaff jun. angekündigt, wo etwa 60 Arbeiter die Arbeit einstellen. Auch einige kleinere Fabriken haben Ar beiter entlassen oder die Arbeitszeit etwas verkürzt. — Am Freitag Nachmittag gerieth zwischen Briesnitz und Dorf Kemnitz ein Leiterwagen, in welchem Stroh lag, in Brand. Die Pferde wurden abgeschirrt und das wahrscheinlich durch Tabakrauchen angebrannte Stroh herausgerissen. — Am Donnerstag hatte sich die Veteranin hiesiger Obst verkäufer, welche schon über 50 Jahre an der Ecke des Neu marktes nahe dem Schmidt'schen Laden nut ihrem Krämchen sitzt, wegm des kalten Windes einen glühenden Kohlentopf unterzesetzt, als plötzlich die Röcke in Brand geriethcn und durch hinzuspringende Hilfe in Fetzen vom Leibs gerissen werden muß ten. Die gute Frau konnte im Ganzen noch von Glück sagen, da sie ohne körperliche Brandwunden davonkam. — Ein in Dresden zum Besuch gewesener Berliner macht dem dortigen „Publ." über die hiesige Stimmung solgmde Mit theilung: Für den Krieg ist dort der Bürger wenigstens nicht; in Dresden ist die Stimmung im Ganzen gegen Preußen, von dem die Leute verschlungen zu werden fürchten. Unbegreiflich bleibt, daß die Dresdner immer noch darauf bestehen, Preußen habe vor Oesterreich gerüstet. Als ich bestritt, daß Preußen die Absicht habe, Sachsen für sich zu nehmen, begegnete mir überall ungläubiges Lächeln und man fragte dann: „Warum hat denn aber Preußen angefangen?" Im übrigen Sachsen ist man mehr zu Preußen geneigt. — Während die „Jndependance Beige" den Grafen See bach in St. Petersburg den Frieden betreiben läßt, ist dieser Staatsmann täglich hier zu sehen, wenn ihn nicht zeitweilige Geschäfte auf seiner Besitzung in der Oberlausitz zu kurzer Ab wesenheit veranlassen. — ^ > n Kopse ganz unkenntlich Kr em pensionirter Chausseegelder- — Der bisher stattgefundene Pserdeeivkauf in der hiesigen Neustädter Reiter-Caserne ist mit dem gestrigen Tage geschloffen worden. — Das „Dresdn. Journ." publicirt ein Ausfuhrverbot für Getreide, Heu und Stroh über die sächsische Zollgränze bis 1. Oct. 1866 — Die Leipzig-Dresdner Eisenbahn hat in den ersun vier Monaten 1866 >07,575 Thlr. 1 Ngr. 6 Pf. mehr ein genommen, als in denselben Monaten 1865. — Morgen werden die im alten Thurme der evangelischen Hof- und Sophienkirche befindlichen Glocken znm letzten Male an ihrer jetzigen Stelle in Gebrauch genommen. Man ist mit dem Rüsten zum Abbruch des Thurmes bereits bis zum Glocken« stuhle vorgeschritten und wird nächste Woche mit der Versetzung des Glockenstuhles und der Glocken in die neuen Thürme be gonnen werden. — In den vergangenen Tagen ist auch der Nordameri» kanische Unionsgeneral Mac Clellan von einer mehrwöchentlichm Vergnügungsreise mit seiner Familie in Dresden wieder einge- troffen und im Hotel Bellevue abgestiegen. — Wenn gleich es die politischen Verhältnisse mit sich gebracht haben, daß dermalen der Fremdenverkehr in Dresden ein ungleich geringerer ist, als in früheren Jahren, so ist doch wahrzunehmen, daß jetzt ungewöhnlich viele amerikanische Fa» milien in Dresden eingetroffen sind, die dem Anschein nach hier einen längeren Aufenthalt zu nehmen gedenken Eine große Anzahl derselben wohnt im Hotel Bellevue. — — An einer Leine, die an einem Badehäuschen unw«t der Pillnitzer Fähre befestigt war, wurde vorgestern ein unbe kannter männlicher Leichnam erhängt aufgefunden. Der Selbst mörder hat in dem Augenblicke, wo er sich erhängt, auch mH ein Pistol, das nebm ihm liegend aufgefunden wurde, auf sich abgeschoffen und sich dadurch am macht. Wie man hört, soll er ein Einnehmer aus Dresden sein. — — Nadeburg. Wenn auch die kriegerische Zeit so manche Stadt abhielt, ihr Pfingstschießen zu halten, so ließ sich d " unser Städtchen nicht stürm, und das Fest ging zum Theil s> lebhaft vorüber. Dabei ereignete sich das Curiosum, die alte berühmte Schützrngesellschast noch nicht aufzuweisen . , daß am dritten Feiertag Abends zwar kein Vogel mehr an der Stange, dennoch aber kein neuer König auf den Beinen war. Ein Schützenmitglied hatte nach Beendigung des Schießens sM Gewehr geladen, und da er die ganze Zeit über Pech gehabt und keinen Spahn geschossen, hielt er aus freier Hand auf dm Vogel, und siehe da — ein zweiter Wilhelm Tell — der keine Ueberrest fiel zu Boden. Zwar wurde das Stück andern Ta ges an der Stange wieder sichtbar, aber es mußte ein VogS» könig an der Scheibe gesucht werden, welcher schon früher die Ehre hatte, die Werthgegenstände auf der Brust zu tragen. — Nächsten Dienstag, den 29. Mai, wird von Herrn Wuschy im Volksgarten mit dessen Capelle, wie sammtlichen für die Liederhalle engagirten Mitgliedern, ein großes Extra-Concrri zum Besten der bei der Explosion des Gasometers der Neu städter Gasanstalt verunglückten Familien veranstaltet. Es soll das Entree dem bekannten Wohllhätigkeitssinne des geehrten Publikums unbeschränkt überlassen bleiben, und sind wir deshalb der Hoffnung, mit dieser Notiz dem Zwecke nützlich zu sein. — Die am Donnerstag abgehaltene Hauptversammlung deS hiesigen Handwerker-Innungs-Vereins erledigte unter dem Vorsitze des Herrn Korbmachermeister Zeidler folgmde drei Ge genstände der Tagesordnung: 1) Bericht über die seit der letzten Versammlung startgefundene Vereinsthätrgkeit; 2- Mittheilung der Eingabe an die Handels- und Gewerbekammer in Folge ihrer Aufforderung vom 7. April d. I., die Erfahrungen und Wünsche der Jnnungsgenoffen bezüglich des neuen Gewerbe gesetzes betreffend; 3) Bericht über den Stand der hiesigen Jnnungs-Gesellen-Verpflegungscasien. Herr Seifensiedermeister Steinmetz bringt bezüglich Punkt 2. folgende Deputationsbe- Müsse zum Vortrag: g) von einem Anträge auf Errichtung eines Gewerbegerichts in Dresden abzusehen, weil die Streitig keiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern hierorts zu ge ringfügig seien und recht wohl vom Stadtrrthe nach wie vor geschlichtet werden können; d) einen Antrag auf bessere Hand habung der Gewerbspolizei gehörigen Orts zur Geltung zu bringen, namentlich insofern das Hausirwesen besser durch die selbe zu beaufsichtigen ist; v) in Verbindung mit dem Gewerbe verein den Antrag zu unterstützen, daß künftig auch nichtjuristi sche Personen zur Führung von Bagatellklagen im Aufträge Gewerbtreibender befugt sein, also nicht, wie vorgekommen, dem Criminalprozeß unterliegen sollen; ck) dem Anträge des Ge- werbeoereins beziehentlich der Gütergemeinschaft zwischen Ehe leuten nicht beizutreten; e) hinsichtlich der gerichtlichen Aus verkäufe keinen Antrag auf Abänderung des gebräuchlichen Verfahrens einzubringen. — Herr Tischlermeister Schäfer hat dem Verein einen Fragekasten geschenkt, was mit Dank aner- DM