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Mch-tck: ttsUch ft« 7 «H-. -»IWste «xrd« «VKtaovimrn: HiMSmckgAB,»». «artenstraße 1». Mcheig. in dies. Blatte Dckoieüie erf-lgretch« Dersrrituug. A»sl--«: 1VMS Tageblatt für Unterhaltung und Geschäftsverkehr. Mitredacteur: Theodor Drobisch. ftn»»s tu'» 4»«^,,,. Durchdi.«»«^»^» »ierieljLHUich r»«^. Li»,eine Ru»«t« ',D 1 R,r. Inseratenpreise: Für den Raum el«r gespaltene» Zeile: I Rgr. Unter „Singe- saadt" die Zeile S Ngr. M! vrnck und Ligevchum der Herausgeber: Liepsch sc Nelchardt. - Berantwortlicher Redacteur: ÄlltiUS Neichardt. Dresd « dm 21. Mai. — Im Landhause sind die Vorbereitungen für den Empfang der Kammern fast beendigt; die feierliche Eröffnung wird jedoch wahrscheinlich im Schlöffe persönlich von Sr. Majestät vorge nommen werden. Die Thronrede selbst scheint noch nicht ab gefaßt zu sein. Sehr gespannt ist man auf das Auftreten der LeipMer Abgeordneten, namentlich erörtert man vielfach die Frage, ob der Bürgermeister Leipzigs seinen Sitz in der ersten Kammer einnehmen wird? — Die Stadtverordneten Leipzigs haben am 17. auf Biedermanns Antrag beschlossen, gegenüber der v. Beust'schen Zurechtweisung zu Protokoll zu erklären, daß sie noch jetzt der Meinung lebten, hinsichtlich ihres Beitritts zur Rathseingabe nach Pflicht und Gewissen gehandelt zu haben. Nur sechs Stimmen waren gegen diesen Beschluß. Geh. Rath vr. zur. ». Wächter und der bekannte Bautenunternehmer größtm Sthls vr. zur. Carl Heine gaben die Erklärung ab, sie würden, wenn sw in jener Sitzung anwesmd gewesen wären, nicht für dm Beitritt zur Nathseingabe an die Negierung gestimmt habm. — Wichtig ist eine Errunzenschaft des Stadtverordnetencollegs, die ihm gestam Namens der Negierung durch dm Rath publicirt ward, die nämlich, daß hinfür die Wahl des Vicebürgermeisters, sowie des Polizeidirectors lediglich in die Hände der Stadt verordneten gelegt sein solle. — Das Kriegsgericht und die WirthschaftSverwaltung der Leipziger Jäger - Brigade ist nach Dresden verlegt wordm und sind dir betreffenden Beamten bereits vorgestem hier eingetroffen. — — Da» Dresdner Pestalozzistift hat im Jahre 1865 eine Jahreseinnahme von 4417 Thalern und eine Ausgabe von 4V7S Thalern gehabt. — Am 18. Mai trafen aus Leipzig für Rechnung des KrirgSministeriumS 150 Pferde hier ein, die von den Herren Rose und Böhme in Leipzig bezogen wordm sind. — — Wegen Benutzung der Eisenbahn für militairische Zwecke findet bem Vernehmen nach, in Folge geschehenen An trags preußischerseits, von heute ab bis auf Weiteres für Fahr postsendungen ab Görlitz nach Sachsen und umgekehrt nach und über Görlitz täglich nur eine zweimalige Verbindung statt; bis her bestand eine täglich sechsmalige. - — Die hiesige Gewerbeschule hat durch dm Tod des Professor Ludwig einen empfindlichen Verlust crlittm. — Heute (Montag) fährt die Kapelle „Skandalia" per 4spännigm Omnibus nach Pulsnitz, um dort auf Wunsch dck Restaurateurs Müller zum „grünen Wolf" zu concertiren. Gedruckte Zettel sind bereits in der Umgegend ausgegeben und wird der Besuch ein starker sein. Die sämmtlichen Regiekosten trägt der Wirih, die Kapelle concertirt selbstverständlich entree- s eez, — In Dohna erhing sich der bekannte Kutscher eines hiesigen Hotels und zwar in der Behausung seiner Schwester. Krankheit ist der Grund zur That gewesen, außerdem noch kleinere Geldverluste. — Daß die neuen vom Militär angekaustm Pferde noch sehr muthig sind, versteht sich von selbst und folgmder aller dings traurige Vorfall gibt einen Beleg dazu. Ein Trainpferd entwischte in Neustadt seinem Führer und versuchte über einen nicht zu hohen Zaun zu springen. Dabei spießte es sich auf dm Pallisadm in dm Unterleib, sodaß sofort die Eingeweide hmwquollen. Nachdem das Thier aus dieser schrecklichen Si- vzation befreit war, stürzte er zu Boden und begann mit dm Füßen, wahrscheinlich vor Schmerz und Todesangst, so stark UM sich zu schlagen, daß es sich mit dm Hufm abermals in d« heraushängenden Eingeweide» verfing und dieselben nun gänzlich herausriß. Es blieb nun nichts anderes übrig, als einen Thierarzt sofort herbeizurufen, der das Thür tödtete. Es batte 200 Tbaler gekostet. — Die „Bohemia" schreibt: Die „D. Allg. Ztg." bringt «ine Correspondmz. angeblich aus „Königgrätz", in welcher es wörtlich heißt: „Wie sehr man entschlossen ist, Königgrätz zu halten, dürfte durch dm Beschluß bewiesen werden, von dem gestern unser Commandant verständigt wordm, und der dahin geht, das vor uns gelegene Oertchm Jaromirz abschätzm zu lassen, um es nölhigenfalls zur Erleichterung der Ausdehnung unserer Festungswerke in die Luft sprengen zu lassen." — DaS arme Jaromirz! Trotz seiner fünfthalbtausend Einwohner wird a» von dem geistvollen Correspondmtm der „D. Allg. Ztg." doch nur als „Oertchm" behandelt, und während es bisher glaubte, von Königgrätz dritthalb Meilen entfernt zu sein, ist «S auf einmal knapp vor demselbm gelegen. Ja, es ist er staunlich, was so ein wohlunterrichteter Correspondent Alle» vermag. Er kann sogar Briefe aus „Königgrätz" schreiben, ohne jemals dort gewesen zu sein. (L. A.) — Bor einigen Tagen fand man sowohl an der Anschlag säule der alten Elbbrücke als auch anderwärt» früh geschriebene Pasquille «mgellckt, denn Inhalt sich auf dm Graf Bismarck und die Führer der hiesigen Volksversammlungen in höchst ge meinen Auslassungen erging. Das ungewaschene Zeug wurde natürlich bald beseitigt. — Für Champagnertrinker, namentlich aber beim Gebrauch von Mineralwässern empfiehlt sich ein von Herrn Gelbgießer Leuschrer erfundener und vom Ministerium des Innern pa- tentirter Apparat unter dem Namen „Trinkhahn". Derselbe wird in den fest in der Flasche sitzenden Kork eingrschraubt und durch Oeffnung eines Verschlusses fließt nun nach Belieben der Inhalt der Flasche aus, der brausende Geist kann aber nicht entweichen, und hält sich bis zur Entleerung in der Flasche gebannt. Der Apparat ist sehr einfach und niedlich und kann in der Westentasche geführt werden. — Die Restauration in der Quergasse von der Wils druffer Straße zur Brüdergasse hat in Herrn Zimmermann einen neuen strebsamen Wirth erhaltm. Obgleich sich inmitten der Stadt Restauration an Restauration drängt, so macht doch ein guter Wirth zu allen Zeiten gute Geschäfte, und sonach wird auch die Zimmermann'sche comfortabel eingerichtete Restau ration bei Jnnehaltung der jetzt dort vorzüglich zu findenden LeibeSerquickungm ein besuchter Ort bleibm. — Gestern Morgm schwamm an der Bohrwerkstraße am linken Elbufer ein weiblicher Leichnam an. Dem Vernehmen nach ist in demselben eine hiesige Bürgerswittwe ermittelt wor den, die erst Tags zuvor in die Elbe gegangen sein soll, seit mehreren Jahren aber an Geistesstörung litt. — — Die „Berliner Reform" vom 17. Mai enthält folgende Notiz: „Wie es heißt, hat die preußische Negierung dem Tuile- riencabinet in authentischer Weise das Vorhandensein eines Se paratvertrages zwischen Oesterreich und Sachsen dargethan, nach dessen Abmachungen dem Königreich Sachsen im Falle des Sie ges eine Vergrößerung auf Kosten Preußens zugeiagt wird". — Das Dresdner Journal ist ermächtigt, diese Nachricht für un wahr zu erklären. Es besteht kein derartiger, überhaupt kein Separatvertrag zwischen Oesterreich und Sachsen. — DaS Cottbuser wendische Wochenblatt „vrewlrorslli serdbki casnik" schreibt in Nr. 20: „Bei der letzten Revue, welche der Prinz Friedrich Karl über das in Cottbus stehende preußische Militär abhielt, bemerkte derselbe unter den Zuschauern einen Mann, der mit einer ganzen Reihe von Orden geschmückt war. Sofort ließ der Prinz denselben durch seinen Adjutanten zu sich rufen. Schon in einer Entfernung von fünfzehn Schritt erkannte ihn der Prinz und rief: „Das ist ja Pionier Cito!" (der mit Klinke die Pallisaden der Schanze dir. 2 bei Düppel gesprengt hatte). Der Prinz fragte Cito, ob er sich nicht ein mal die Bautzner Berge ansehen wolle? Cito verstand ihn nicht und antwortete: „Königliche Hoheit, dazu ists heute zu trübe!" Der Prinz lächelte und sagte: „Nun, in vier Wochen wird sichs aufklären". Allgemeine Betrachtung. st! „Pfingsten, das liebliche Fest, ist gekommen!" — Aber welch ein Pfingsten! lieber die grünenden Saaten herüber blitzen die Bajonnette und Helme; dm Gesang der Vögel über dröhnt das dumpfe Rollen der Kanonen und Geschützwagen; die Eisenbahnwaggons, sonst gefüllt mit harmlosen Vergnügungs reisenden, starren jetzt von bewaffneten Männern; man liest nicht mehr in den grünen Blättern jenes Buches der Natur, von dem uns auch dieser Frühling eine neue, immer schönere Auflage be reitet, sondern greift hastig nach den Zeitungsblättern, dm fett gedruckten Telegrammen und gefälschten Sensationsnachrichten. Statt daß sich Millionen glücklicher Menschen zu frohen Hoff nungen aus dem staubigen Alltagsleben erhöben, erheben sich jrtzt in Europa 2j Million bewaffneter Krieger, einander Tod und Verderben zuzusenden. Woher dies Elmd, wie lange soll es noch währen? Die letzte Frag: beantwortet sich nach menschlicher Vor aussicht dahin: nicht lange mehr. Das Ding muß endlich, so oder so, zur Entscheidung kommm. Bei uns in Sachsen ist zwar das Elend noch nicht auf dm Höhepunkt gestiegen, wie in Preußen, wo eine barbarische Wehrverfassung den Familim die Ernährer gerade in dem Momente raubt, wo sie dieselben am nöthigsten hätten — immerhin drängt auch bei uns Alles da rauf, jenem Hangen und Bangen irgmdwie ein Ende zu machen. Vernimmt man die Berichte von Personen, die jetzt Preußm bereist haben, so ist dort ein Zündstoff aufgehäust, der vielleicht eine schreckliche Explosion verursacht. Nicht nur, daß die Be amten bei der Ebbe in allen Kassen besorgen, daß ihr nächster Gehalt draufgeht, daß die Pferde nicht mit Geld, sondern mit Bons bezahlt werden, sondern das Elmd der zurückgebliebenen Familien ist grenzenlos. Provinzial-UnterstützungSkaffen können nicht lange helfm, denn bald ist dort die Staatskasse leer und da die große Mehrzahl der Steuerzahler unter dm Fahnen steht, kann da» Volk auch nur geringe Steuern aufbringen. Die Landwehr flucht Dem, der sie von ihrer Arbeit entfremdet, und die besitzenden Klassen zittern für ihr Eigenthum, da em großer Theil der Sicherheitsorgane, Constablerund Nacht»W«E,Z eingezogen sind und die Diebstähle und Einbrüche in Berlin .in sich ins Unglaubliche steigern. Mt? Fragt man aber nach dem Urheber dieses unsäglich« z Elmdes, so giebt die Stimme Europas nur eine laute und vev» ft nehmliche Antwort: die Ländergier, die Verhöhnung allen Rech» .! teS durch die reactionäre Partei in Prmßen. Es liegt sonnen» ^ klar am Tage: Niemand in Europa will Preußens Friede» stören, Niemand ihm ein Stück Landes rauben, Niemand Pr«» ' ßens Ehre kränken. Warum sendet das sonst so preußenfreund« » liche Rußland Courier auf Courier nach Berlin, um eine« verblendeten Fürsten die Augen zu öffnen und ihm dm Ab» ) ^ grund zu zeigen, wohin ihn ein wagehalsiger, rücksichtsloser' . ^ Minister Schritt für Schritt geleitet hat? Warum richten nicht s Rußland und England ihre Friedensworte nach Wim, sondern^ immer nur in die preußische Residenz? Natürlich, weil Niemand das Mährchen glaubt, daß das finanziell zerrüttete Oesterreich s) so hirnverbrannt sein kann, von heiler Haut mit zwei krieg«- . tüchtigen Völkern, wie Italien und Preußen, gleichzeitig Krieg:) zu beginn«! Da nun aber das in seinen tiefsten Schichten em» , pörte Europa seinen Zorn über diese elende Kriegsnoth auf dm ^ Friedensstörer wirst, die Bismarck.sche Partei aber einsieht, daß Oesterreich nicht in dm Augen der Welt dazu zu stempeln ißh " so sucht sie sich einm andern Sündenbock, der die Wuth von ! Preußens Regierung ab- und auf sich lenken soll. Diesen Prü»)^ gelknaben glaubt man nun in Sachsen und namentlich in dem / Manne gefunden zu habm, welcher seit langer Zeit im Ausland ; ), als der vorzüglichste Repräsentant der Intelligenz, der Wachsam« ! , keit, Arbeitslust und Energie und aller der Eigenschaften gilt, welche dm sächsischen Volkscharakter so rühmlich auSzeichnrn:./ der Minister von Neust. Die Berliner Officiösen glauben zwar- selbst nicht mit einem Gedanken an all das dumme Zeug, d«G unser kleines Sachsen die Macht habe, wmn es ja einmal dm - Hafer stäche, ganz Europa in Flammm zu setzen. Wäre WS wirklich der Fall, wir würden ob solchen frevelhaften Beginnen« sofort von der Entrüstung der civilisirten Welt zerquetscht wer» den. Nein, die ganze Wuth namentlich des preußischen Volke« soll von den eigentlichen Friedensbrechern auf uns herübergelei tet werdm, und wenn die Welt auch nicht Alles glaubt, sobald jene nur frischweg unfern König, Negierung und Land gehörig verdächtigen, so bleibt doch vielleicht, wie sie hoffen, ein bischen Makel an unserm guten Leumund haften. Sobald der junker- ß liche Uebermuth Preußens auf ein Hinderniß stößt, gleich heißt - es: „Das hat Sachsen angestiftet!" Wenn Hannover und Kur- Hessen endlich einmal sich von Preußm emancipiren — „da hat ' wieder der verwünschte Neust gehetzt"; wenn der Bundestag eine imponirmde Machtstellung einnimmt, um nicht von dm ) rasmdm Großmächten in den Staub getreten zu werdm — „so » hat wieder Sachsen dahinter gesteckt". Wenn sich Deutschland ermannt, um seine Kräfte zur Wahrung des Rechtes und de« ! Friedens aufzubieten — „wer anders hat dies Unmögliche mög lich gemacht, als die ewigen Hetzereien und Ohrenbläser«.« ckoS Herrn von Brust?" Kurz, es kann kein Soldat in Deutschland > einen abgeplatzten Knopf annähen, so muß ihm Herr von Neust den Zwirn dazu eingefädelt häben. Warum aber das die übri gen Mittelstaaten, warum Oesterreich das nicht merken, daß fiq : unser Minister alle an der Nase herumführt? Wollte Gott' doch, wir hätten die Macht, die man uns zuschreibt, wir wür» , dm nicht dm Mißbrauch davon machen, dm unser mächtig« Nachbarstaat davon zu machen sich anschickt. So sei es dmn zum hundertsten Male gesagt: in Sachs« will weder Regierung und Volk einm Krieg mit Prmßen, wir haben zum allerwenigsten einen Vertrag mit Oesterreich abge schlossen, um Prmßm zu überfallen. Wie? Dasselbe Sachsa^ welches Art. 11 dcr Bundesverfassung anruft, womach sich die deutschen Bundesstaatm nicht bekriegen dürfm, soll so nicker trächtig gewesen sein, mit Oesterreich sich zu alliiren, um den Art. 11 zu brechen? Tollheit ist das, zumal sich hier kein Mensch nach den Oefterreichern sehnt und eine Abhängigkeit von Oester reich mit seiner Pfaffen- und Finanzwirthschaft an Stelle de« preußischen Vasallenthums uns nicht viel anders dünkt, als da« Austreiben des klemm Teufels durch Beelzebub. Aber, wa« können wir dmn Anderes machen, wmn uns Preußm anfälltt als nächst den verbündetm Mittelstaaten Oesterreich, das doch auch ein deutsches Bundesland ist, anzurufen? Wir wollen nicht preußisch, nicht österreichisch werden, sondem deutsch bleiben. Die Regierung kann aber doch nicht officiell im Dresden«« Journal erklärm: „wir wollen mit der Gesellschaft an der Do nau nichts zu thun habm", wmn wir möglich« Weise bald tN: der Lage sind, sie zu unserm Schutze gegm einen Feind anzw» » rufen, der uns unterjochen will? Man beleidigt doch denjenigen, k- nicht, dessen Hilfe man in Anspruch vielleicht wird nehmen, i müssen. Und neutral bleiben kann auch kein deutsche» ^ > Also müssen wir rüsten in der Hoffnung, daß endlich doch dH . Berlin die Besinnung zurückkchrt, und kehrt sie nicht zurück, s» 1 müssen wir alle Kräfte »nftrmgen, daß dies« fürchterlich« SeiP . -1