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Inserate >ür d« Na«« grspaltmtu AM» 1 «gr- Uutu „«M, » Nßr Mnis «» Utgnech»» d« Herau»g«b«: RKstsch Vk Nelchardt. — «»ranNvorÄch«: Nedaetmrr Wuliu» Ntlchar-t« Dresden, den 30. April. — Dem Professor vr. Pfuhl zu Dresden ist der königl. preußische Kronen-Orden vierter Klasse verliehen worden. — Zu Vermeidung aller Mißverständnisse sei hierdurch ausdrücklich bemerkt, daß die Festlichkeiten bezüglich der Ein richtung der Kreuzschule heute Montag Abend im Lincke'schen Bade lediglich von den die Schule jetzt besuchenden Schülern und deren Gäste veranstaltet sind. Die Festlichkeiten für die ehemaligen Kreuzschüler beginnen morgen (Dienstag) Abend 6 Uhr und finden in der von uns schon angegebenen Weise statt. — Die Handels- und Geweibekammer hielt am 26. öff entliche Sitzung. Dm wesentlichsten Theil der Tagesordnung bildete die Ministerial-Vorlage, die Generalconferenz des Zoll vereins betreffend In dem Commissionsberichte wurde dieje nige Bestimmung des Zollvereinsvertrages getadelt, nach wel cher die Stimme eines Staates die Erneuerung der Verträge oder etwaige Verbesserung verhindern kann. Ferner wird das Verlangen nach einem Zollparlament, so lange ein wirkliches Parlammt noch nicht existirt, ausgesprochen, und die Herab setzung der Tarife in mäßiger Form befürwortet; es wurden Veränderungen wegen der Zollstrafgesetzgebung und der inneren Zölle angestrebt. Auf die Zollverträge mit auswärtigen Staa ten geht der Bericht nicht ein; derselbe wurde mit wenigen Verändrungen nach Form und Inhalt angenommm. Die An träge der Dresdner Handwerker-Jnnungm wurden abgelehnt und dafür folgende Anträge genehmigt: „Die Kammer erklärt, daß die gegenwärtige fast vollständige Freigebung des Auctions- wesens zu vielfachen Nachtheilen geführt hat, und beantragt eine gesetzliche Abänderung, dahingehmd, 1. daß von Seitm der Auktionatoren Maaren nicht für eigme Rechnung verstei gert «erden dürfm, 2. daß bei der Auktion neuer Maaren von Seiten der Auktionatoren bei deuOrtübehörden die Ra mm Derjenigen anzumelden sind, für deren Rechnung die Auction stattfindet." — Es ist, wie den Lesern erinnerlich sein wird, in diesen Blättern seiner Zeit von der Bibel und dem künstlich gravirten Zinn-Becher des berühmtm v. d. Trenk die Rede gewesen, welche dieser unglückliche Gefangene im Kerker zu Magdeburg im Gebrauch gehabt hat, und die sich jetzt im Besitz Sr. Ma jestät unseres Königs befinden. Der königl. Privatbibliothekar Hofrath Or. Petzöldt, hat dieselbe zum Gegenstand eines klei nen verdienstvollen Werkes gemacht, in dem sie nicht allein be schrieben werden, sondern es ist demselben auch eine Darstellung eines TheileS der Gravirungen des Bechers angesügt; außerdem enthält dasselbe die bibliographische Zusammenstellung aller Schriften Trenk's und der über ihn und seine Schicksale her ausgegebenen Druckwerke, und giebt zum Schluß die Erzählung seiner wunderbaren Befreiung aus dem Kerker. DaS Büchlein erregt das Interesse aller Geschichtsfreunde. — Die im Freitagsblatte befindliche, eine Betstunde in der Kreuzkirche betreffende Mittheilung, wi d von dem betreffen den Herrn Kirchner dahin erläutert, daß auch am vorigen Montage die Kirche gegen H3 Uhr geöffnet, die Betstunde von Uhr an gehalten und einige Zeit nach beendigter Betstunde — am vorigen Montage, well auf letztere noch eine Tauf handlung folgte, gegm ^3 Uhr — die bevorstehende Schließ ung der Kirchthüren durch den betreffenden Kirchendiener laut angekündigt worden sei. Jene Wöchnerin — während deren Anwesenheit kein Geistlicher Kanzel und Altar betreten haben soll — muß also erst nach beendigter Betstunde in die Kirche gekommen sein, und die Ankündigung des bevorstehenden Ver schlusses derselben überhört haben. Uebrigens hat sie nicht von der Sakristei aus, welche zuvor bereits verschlossen gewesen ist, sondern aus einer der sogenannten Beichtcapellen durch ein ohne Mühe und besondere Vorkehrungen zu erreichendes Fenster wenige Minuten nach dem Thürschluffe einen vorüber gehenden Herren angerufen, auf dessen Meldung der noch auf dem Wege befindliche Kirchendiener sogleich zurückgeeilt ist. — Volksversammlung in der Tonhalle. An ver gangenem Sonnabend Abend fand von 8 Uhr an die schon vorher augeküudigte Volksversammlung statt und zwar hatte der Vorstand ohne Entree dazu eingeladen. Wenn auch für Damen die rechte Seite der Galerie reseroirt war, so hatten sich doch nur wenige Vertreter des weiblichen Geschlechts einae- funden. Dagegen war der Saal von den Vertretern fast aller Gewerke stark gefüllt. Gegen 2000 Personen waren da. Die Tagesordnung brachte zwei Hauptthemata'S, erstens über das deutsche Parlament und zweitens über die Arbeiterfrage, mit besonderer Berücksichtigung des Arbeiter-Kranken- und Un terstützungswesens. Die Debatte über das Parlament ergab folgende Resolution (wörtlich): „Wir verlangen ein auf Grund des allgemeinen, gleichen und direkten Wahlrechts mit unbe schränkter Wählbarkeit und geheimer Abstimmung einzuberufen des constituirendes Parlament, nicht allein zur Regulirung der politischen Verhältnisse, sonvern zugleich zur Inangriffnahme der Lösung sozialer Fragen Ferner spricht man sich zur Unter- I stützung des Parlaments für allgemeine Volkebeivafftrung aus. > — Die Debatte über die Arbeiterfrage ergab folgende Re solution: Die heutige Volksversammlung erklärt unter theil- weiser Bezugnahme auf das Gewerbegesetz 1) die Arbeiter haben ein Stecht auf selbstständige Verwaltung ihrer Krankenkaffe; die meisterliche Bevormundung, sogenannte Garantie und dergleichen hat aufzuhöreuund es gehört lediglich in daseigene Ermessen der steu ernden Mitglieder, die einzelnen Corporationskassenfür sich fortbe- stehen zu lassen, oder die kleineren derselben mit einander zu verschmel zen. - 2) Die Arbeitgeber sind nicht befugt, in die Arbeitsbücher, welche ohnedies im Sinne der Gleichberechtigung nicht mehr zeit gemäß sind, sondern in Wegfall gebracht werden ^müssen, Führ- ungszeugniffe oder sonst etwas außer der Arbeitsbescheinigung einzutragen. — 3) Die Erhebung von Gebühren für Einträge, resp. Abstempelungen in die Arbeitsbücher sowohl Seitens der Polizeibehörde als auch der Jnnungsältesten, für welche letztere eine solche nicht einmal gesetzlich begründet ist, hat gleichfalls in Wegfall zu kommen. Die anwesenden Arbeiter sind gewillt und erachten es als Pflicht der gesammten Arbeiterschaft, mit allen verfügbaren gesetzlichen Mitteln für Beseitigung, bezieh endlich Nichtwiedereinführung genannter Uebelstände zu wirken z»nd demgemäß zu handeln. — Von vornherein bemerken wir, daß die letztere Nesoloution einstimmig, die erste gegen drei Stim men angenommen wurde. Herr Emil Försterling leitete die Sitzung ein und betrachtete den Ernst der Zeit. An die Ar beiter, den Kern des Volkes tritt die Entscheidung heran. Wir müssen unfern Willen kund geben, den wir, wenn es Zeit ist, durchführen. Deshalb sei man hier versammelt. Vor Kurzem sei hier eine Volksversammlung abgehaUen worden, die Arbeiter hätten sie aber nicht besucht, weil Entree bezahlt werden sollte. Der große Kampf des 19. Jahrhunderts sei der Kampf um tigung. Wenn nun im Namen der Freiheit auf trete, müsse MM den Eintritt nicht durch 2 Groschen beschrän ken. Hier gebe Jeder nach seinem Ermessen.: (Es wurde auch am Schluß an den Thüren auf 2 Tellern gesammelt.) Wer nichts gebe, gehöre auch zum deutschen Volke. Der Redner wünscht das Rauchen und die allzustarken Beifalls- und Mißfallsäu ßerungen unterlaßen zu sehen. Herr Schuhmachermeister Knöfel wurde zum Vorsitzenden erwählt, Herr Försterling zum Stellvertreter. Letzterer gelangt zur Berichterstattung über das deutsche Parlament. Mit der Parlamentsfrage sei die des all gemeinen gleichen und direkten Wahlrechts verbunden. Dieses Wahlrecht sei eine gerechte Forderung des Volkes, sich durch seine Vertreter über sein Wohl und Wehe entscheiden zu laßen. Das sei der einzige Weg. Dies Recht müsse aber geheime Ab stimmung mit sich führen, damit Jeder frei wählen könne. Lange Kam merreden und Diäten seien nicht nöthig. Ein Volksstaat mäße gebildet werden, ein einiges deutsches Vaterland. Wo sei das einige Vaterland? Ein Sachse mäße in der Türkei sich an den öster reichischen oder preußischen Consul wenden, von einem deut schen Consul wisse man michts. Deutsche müssen nach Ame rika auswandern, weil sie hier, im Lande der Denker und Ar beiter das nicht fänden, was sie suchen. Auch die sociale Lage der arbeitenden Klasse solle geändert werden und diese Frage löse nur die ganze Nation. Das Volk müße es durchsetzen und es käme darauf an, wer es länger aushalte, das Volk oder die Machthaber. Nachdem der Redner noch über die Kriegsfrage und über die Gründung eines Vorparlaments gespro chen, liest er die Resolution Nr. 1 vor, über welche sich eine lange Debatte entspinnt. Unter den diesfallsigen Rednern heben wir Herrn Richter, der diese Resolution eine Demonstration nennt gegm die Fortschrittler, gegen jene Versammlung auf dem Lincke- schen Bade, die man „Volksversammlung schimpfte" hervor. Er will Krieg, der unbedingt komme« müße, um endlich die Einigkeit Deutsch lands herzustellen, er spricht gegen das „Friedensgewinsel." (Bravo). Herr Advocat Schraps stimmt für die Resolution mit zwei Zusätzen, nämlich unbeschränkter Wählbarkeit und allgemeiner Volksbewaffnung, die als Macht hinter dem Parlamente stehe, wenn es nützen soll. Herr Schneidermeister Riha ist auch für die Resolution. Nach andern Rednern tritt Herr Schriftsetzer Meyer auf und vertheidigt das erste deutsche Parlammt von 1848, das er mitgewählt, das dürfe nicht beschimpft werden, es habe ausgehalten, bis ihm die Bayonnete auf die Brust ge setzt wurden. (Allgemeines Rufen: Naus, Schluß, ausredm laßen u. s. w. Meyer mußte abtretm, versuchte noch einmal die Höhe der Tribüne zu erreichen, es gelang nicht). Beim zweiten Theil der Tagesordnung über die Arbeiterfrage wird auf das eigentliche Thema: „Das Arbeiter-Kranken- und Unter- stützungSwesen" sehr wenig eingegangen. Herr Richter spricht über die Gesellenkaßen und wird, da er sehr interessante Daten hervorhebt, stark applaudirt. Als Boten angestellte Gewerks meister bätten der E-ne 4000 Ster rrrester gc'assen, der Andere Deficu gemacht, der Dritte mit dem Gelds Pfandgeschäfte ge trieben — und dennoch mußten die Gesellen sie bezahlen. Er ergeht sich noch über die Knappschaft»laßen, die Arbeitsbücher, die Dienstmädchen als weiße Sklaven de« 19. Jahrhunderts und verliest die zweite Resolution, die Herr Riha unterstützt und angenommen wird. Die im Ganzen sehr ruhig und wLckw- voll gehaltene Versammlung endete erst um Mittemacht. — Ein Beispiel von Seelenruhe! Es werden wenige Tage verflossen sein, da saßen in einer erst neu er- öffneten Restauratin in der Pirnaischen Vorstadt, wie es deren dort viele giebt, mehrere junge Leute an einem Tische zusammen, die schon nicht mehr ganz nüchtern waren. Ihrer Sonntagskleidung, namentlich ihren Mützen nach, schiene« sie aus der Elbe beschäftigt zu sein. Einer von ihnen ging zufällig hinaus und als er wieder hereinkam und sich nie dersetzen wollte, zog ihm einer seiner Cameraden den Stuhl weg, so daß er natürlich den breitesten Theil seines Kör pers mit dem Erdboden in sehr unsanfte Berührung brachtet Allgemeines Gelächter — dem plötzlich eine feierliche Stille folgte. Der Gefallene erhob sich ruhig, setzte sich ebesso ruhig auf den Stuhl neben den, der ihm den Schabernack gespielt und applizirte ihm, ohne ein Wort zu sagen, .eine so derbe Ohrfeige, daß es „knallte", daß die Mütze weithin flog und der Backen bei genauer Beobachtung zusehemS schnell roth anschwoll und auf der Höhe sich ein weißer Fleck zeigte. Alles schmieg! Die Ohrfeige war gegeben und.-er Geschlagene hatte sie auch ruhig hingenommen. Endlich nahm der Eine das Glas, stieß mit dem Geohrfeigten an und sagte: „Siehst Du, Du hast mir den Stuhl weggeMen, dafür habe ich Dir eine Knallschote gegeben, eine richtig« Schelle. Nu ist's wieder gut, Du bist wieder mein Freund» komm, nu wollen wir wieder zusammen trinken. Die Sach« ist abgemacht!" Und sie mar abgemacht! Beide tranken zu sammen und der Friede war nach dieser kurzen KatastxajM wieder hergestellt. , . -<. Allgemeine Betrachtung. >:> Kaum daß er sich gelegt, erhebt sich auf's Neue dH Wind, welcher dunkle Wolke« am Himmel emporjagt. Dich, mal bläst er aber nicht direct aus der Streusandbüchse deß weiland heiligen römischen Reiches, der Mark Brandenburg» sondern auf dem Umwege über die Alpen her. Italien rüsjhH verproviantirt die nach Venetien zu gelegenen Festungen» i» den Waffenplätzen herrscht reges Leben, die Lombardei glüht «o? Kampfeslust, zahlreiche Freiwillige laßen sich zu FreieorpS ein» schreiben, Garibaldi langweilt sich auf seiner einsamen ZieM- insel, Mazzini und die rothe Republik stehm lauernd im Hichev- grunde, und dies Alles — weil Oesterreich rüstet. Natürlich ist dies wieder eine jener Lügen, die von dem kriegslustig«; Theile erhoben werden, wenn gerade kein passenderer Grund vor handen ist. Italien zwingt Oesterreich, seine Streitkräfte « Venetim so zu vermehren, daß es vor einer Ueherrumpelung sicher ist; das giebt Italien natürlich den Vorwand, noch ener gischer zu rüsten; Oesterreich muß dies wieder überbieten, und so geht die Schraube ohne Ende weiter, bis ein Ungefähr oder Mißverständniß den Funken in das Pulverfaß am Mineio und Po wirst. Nun liegt es auf der Hand, daß Italien nicht VM heiler Haut den Kriegslärm beginnen kann. Oesterreich hat j» keine Veranlaßung zu feindseliger Gesinnung gegeben, im Ge, gentheil beßerten sich seine Beziehungen zu Italien in jüngster Zeit merklich ; salutirten doch Kriegsschiffe des Königreichs Ita lien die österreichische Flagge; eö muß folglich ein äußer« Grund zu diesem KriegLfeuer sein. So ist es auch. Dy- H«ß möchte Einem blutm, wmn es wahr wäre, daß ein deutsch« Staat, der sich selbst gern das Schwert Deutschlands nenn« läßt, seinen deutschen Brüdern de« Todfeind auf den Hals hetzt«. Leider widerspricht bisher nichts der traurigen Annahme, -aß sich das Florentiner und das Berliner Cabinet verbündet Hab«»- die kaiserlichen Adler aus Italien zu vertreiben. Wir schwär men nicht für die Bayonnetherrschaft Oesterreichs in JÄli«H aber Landesverrath wäre es, wmn Deutsche das Ausland gegen Deutsche aufstachelten, unterstützten, in den Krieg führten. EM deutscher Bürgerkrieg ist widerlich, unnatürlich aber wäre eS, wem ein Bruder den feindseligen Nachbar herbeiholt, um das Haus von hintm über dem Kopfe des anderen Bruders anzuzürÜM. Bismarck und Garibaldi Arm iy Arm — da« ist nicht nr§h* zum Lachen, das ist zum Weinen. Wie ist dies aber gekommm? Oesterreich hatte bekanntlich einm eklatanten Beweis seiner Friedensliebe dadurch gegeben daß cs erklärte, mit Preußen an einem und demselben Tags abrüsten zu wollen. Preußen war hierauf, zwar etwa« yiw» clausulirt, aber es war doch eingegangm. Nach Beseitigung -« acuten Kriegskrankheit ist aber Oesterreich immer noch der starke Mann, der sich von Preußen nichts nehmen läßt, die Krieg«- noth muß daher, wenn Preußen etwas lucrirm will, chronisch gemacht werden. In Deutschland ging es w'cht gut neu- Lr-rwänd-' zum Kriege auszubringen so muß Italien herhalten. Oesterreich soll sinanzlell zerrütt., werden, es soll Millionen aus Millionen borgen für seine kriegsbereite Armee, bis es endlich,