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Dresden, den 26. März. — r. Concert. Ein geschmackvoll arrangirtes Concert gab der Flötenvirtuoü Herr A. de Vroye aus Paris am Frei lag den 23. März Abends in Meinholds Saal. Zuerst kam das Trio für Pianoforte, Flöte und Violoncello von C. M. ». Weber zur Aufführung, bei welcher Frl. Mary Krebs und Herr Kammermusikus Grützmacher mitwirkten. Der Vortrag dieser reizenden Eomposition war vortrefflich, der 2. und noch mehr der 3. Satz mit seinem Schluß erregten außergewöhn lichen Beifall. Der Herr Concertgeber trug außerdem noch mit der rühmenswerthen Pianofortebegleitung des König!. Musik direktor Herrn Peschke eine Fantasie für Flöte über slavische Melodien von Doppler und Introduktionen und Variationen für Flöte über den „Earneval von Venedig" vor und bekundete hierbei seine meisterhafte Technik, seinen Geschmack und schönen Ton. Seine bedeutendste Leistung möchte wohl aber heute Abend in der Flötenbegleitung zu der Serenade von W. Gounod zu suchen sein, die von der Königl. Hofopernsängerin Frl. Melita Alvsleben reizend gesungen wurde. In der Ausführung dieser Nummer des Programms trat der künstlerisch ausgebildete musikalische Sinn und die Tiefe der Empfindung beider Persön lichkeiten glänzend hervor. Die Pianofortebegleitung hätte aller dings hier noch etwas decenter sein können. Frl. Alvsleben brillirte noch in dem Vortrag einer Arie aus der Oper „Bri tanniens" von Graun, dem alten Eapellmeister Friedrich des Großen, durch die außerordentliche Eoloratursertigkeit und das anerkennenswert he Portament ihrer Stimme und sang ferner auch mit Beifall das Lied „Du bist die Ruh" von F. Schubert. Frl. Mary Krebs, welche sich schon durch die Ausführung der Hauptparthie in dem Trio sehr hervorgethan hatte, trug noch eine Fantasie über „Lucia" von F. Lißt auf dem Pianofo te mit großer Virtuosität vor. Die Serenade für Violoncello von Lindner, vorgetragen non Herrn Grützmacher, mußte sich, wie alle heute schon erwähnten Musikstücke, großen Beifalls er freuen. Auch die Declamationen der Königl. Hofschauspielerin Frl. Wolf „Schön Hedwig" von Hebbel, Musik von Schumann, und „Der Ehristbaum" von Weil, Musik von H. Proch, mußten gefallen. Das Eoncert war sehr besucht, in den Logen befanden sich II. KK. HH. der Kronprinz, die Kronprinzessin, Prinz und Prinzessin Georg. Es ist bestimmt zu behaupten, daß sich wohl heute am Schlüsse des Concertes kein Besucher desselben des Ausspruchs Gölhe's zustimmend erinnert habe „Es giebt nur Eins, was langweiliger ist als eine Flöte, das sind zwei Flöten", denn allgemeine Anerkennung und Bewunderung schien die Zu hörer zu beseelen. — Das Osterprogramm des Gymnasiums zum heiligen Kreuz enthält Heuer einen belehrenden Aufsatz des zweiten Ma- thematikus, des Herrn De. William Abendroth, über Darstell ung und Kritik der ältesten Gradmefsungen. AuS den üblichen Schulnachrichten, welche .Herr Rector Professor »tt. Klee giebt, heben wir Folgendes hervor: In das neue Kreuzschulgebüude wird das Alumneum bereits Rütte April, die Schule aber zu Anfang Mai übcrsiedeln. Rach abgehaltenem Maturitätsexamen «hielten 30 Abiturienten das Zeugniß der Reife und zwar 3 rnit der ersten, 22 mit der zweiten und 5 mit der dritten Cen- fur in den Wissenschaften. Von ihnen werden 15 Jura, 6 Medicin, 6 Theologie, 2 Philologie und 1 Mathematik studiren. Im März d. I. betrug die Zahl der Schüler (eingeschl. Hos- pites; 380, von denen 32 der Prima, 33 der Obersecunda, 54 der Untersekunda, 44 der Obertertia, 54 der Untertia, 49 der Oberquarta, 45 der Unterquarta, 40 der Ober quinta, 29 der Unterquinta angehörten. Das Lehrerkol legium des Gymnasiums besteht aus 18 Mitgliedern, die öffent liche Feier der Entlassung (ValedictionLactus > der nach bestan dener Reifeprüfung von der Schule abgehenden Schüler findet heute Nachmittags 3 Uhr im Saale des Stadtverordnetencol legiums statt und besteht in üblicher Weise in Gesang, Reden abgehender Schüler und Entlassung der Abgchenden durch den Rektor. — Der neue Lehrcursus beginnt Dienstag den 10. April im alten Schulgebäude. — Mittwoch, den 28. März wird der gegenwärtige Fahr plan der Dampschifffahrts - Gesellschaft abermals erweitert und fahren von diesem Tage an Dampfboote Sonntags und Mitt wochs Nachmittags 3 Uhr von Dresden nach Torgau, so wie täglich Vormittags 10 bis Außig, Nachmittags I bis Kö nigstein, Nachmittags 3 bis Schandau, Abends 6 bis Pirna «nd Nachmittags 3 bis Riesa (statt Strehla), Abends 6 bis Meißen. (Siehe Inserate.) — In der Fußtapetenfabrik von Qucllmalz in Leipzig ist -am Freitag Abend ein Feuer ausgebrochcn, welches in kurzer Leit das alte, mit Brennstoff gefüllte Haus in Asche legte. Ä>ie Familie Quellmalz erwachte erst, als bereits die Treppe brannte. Der Vater sprang mit dem sechsjährigen Kinde auf dem Arme mitten durch die Flammen bon der zweiten Etage 4»uS — er und sein Töchterchen werden wahrscheinlich ihren Brandwunden erliegen. Die verkohlten Leichname der Mutter und zweier Kinder wurden später aus dem Schutte hervorge zogen, ein Säugling war zum Fenster herabgeworfen worden und blieb sofort todt. Nur das zwölfjährige Mädchen war im bloßen Hemd zum Fenster hinabgesprungen und glücklich davon gekommen. Welch ein schreckliches Verhängniß! — Vorgestern Abend stürzte auf der alten Elbbrücke ein Droschkenpferd so heftig, daß sofort die Deichsel zerschmettert wurde. Dank der übermenschlichen Kaltblütigkeit des Rosselenkers, passirte sonst kein Unglück, obgleich die Insassen der Mittelpunkt eines großen Menschenzusammenlaufes wurden. — Wie gefahrbringend und unheilvoll sich das Heraus springen aus einem Wagen gestalten kann, wenn die Pferde im Durchgehen begriffen sind, zeigte sich dieser Tage wiederuni, als der Gutsbesitzer Rockstroh aus Zetha mit seinem Geschirr von Freiberg nach Brand fuhr. In dem Wagen hatte auch der Gutsbesitzer Noack Platz genommen und durch das Peit schenklatschen eüles nachfolgenden Wagenführers wurden die Pferde so außer Fassung gebracht, daß sie in vollem Lauf durchgingen. Herr Nockstroh wagte einen Sprung aus dem Wagen, sein Begleiter aber blieb sitzen, bis durch die kräftige Hand eines Fuhrmanns dem Dahinrasen der Pferde Einhalt ge- than wurde. Man ging zurück und fand den Gutsbesitzer weh klagend im Straßengraben liegen; das linke Bein war am Knie gebrochen und nur mit Mühe konnte man ihn nach Brand ins Gvsthaus bringen. Allgemeine Betrachtung. st' Man muß heutzutage von gesunden Eltern sein, wenn man unter dem Wirrwarr der sich so vielfach widersprechenden, auf- und abwiegelnden Nachrichten den Standpunkt einer ruhigen Er wägung festhatten will. Erst heißt es : die schlesischen Festungen werden armirt, da müssen natürlich auch die böhmischen Festun gen bemannt und bewaffnet werden; dann wieder: General Benedek wird das Ober-Commando über die österreichische Armee übernehmen, da setzt Preußen ihm in der Person des Prinzen Friedrich Karl einen Gegenbefehlshaber; weiter: in Berlin wird eine Generalprobe der Mobilmachung bei Gelegenheit der Ein berufung der Landwehrleute vorgmommen, folglich halten sich die österreichischen Garnisonen marschbereit; ferner: Rußland concentrirt an der galizischen Grenze Truppen, Preußen sam melt sich in Schlesien, folglich satteln auch die Radetzky-Husaren in Salzburg, marschiren die ungarischen Regimenter nach ihren Sammelplätzen, geht Geschütz auf der Nordbahn nach Böhmen und zieht Sachsen seine Necruten ein Erst heißt es: hier wie dort werden Pferde aufgekauft, hier wie dort die Leistungs fähigkeit der Eisenbahnen für militärische Zwecke untersucht, hu r wie dort die Magazin- und Verpflegeanstalten der Truppen revidirt, und nach all' diesen alarmirenden Nachrichten melden die osficiellen Blätter: Oesterreich rüstet nicht, Sachsen rüstet nicht, Preußen rüstet nicht. Was ist nun das Wahre? Ganz unbegründet können doch diese vielfachen Kriegsgerüchte nicht sein, und unglaubwürdig sind doch jene beruhigenden Nachrichten auch nicht. Eine nicht un wahrscheinliche Erklärung dieser Widersprüche liegt vielleicht da rin, daß in den maßgebenden Kreisen in Gestalt von Noten, Depeschen und Gesandtschaften im Stillen noch der vorbereitende Kamps gekämpft wird, dessen einzelne Entwicklungssiadicn nach außen bald in klarmirenden bald in friedfertigen Nachrichten sichtbar werden. Es bereitet sich noch die Entscheidung vor, heute hat die Kriegspartei die Oberhand, morgen ist mehr Friedens aussicht, und so reimt sich schließlich Alarmirung und Beschwich tigung zusammen. Hierzu kommt das beiderseitige Mißtrauen. Keiner der Staaten, die bei einem etwaigen Kriege bethciligt sind, kann sich offenbar von seinem Gegner unvorbereitet überraschen lassen. Jeder muß auf seiner Hut sein, daß nicht der erste Erfolg des Feindes gegen ihn ausschlägt. Trotzdem wird sich die Stimme Europas sofort gegen den wenden, der die Gelegenheit zu einem entsetzlichen Bürgerkriege, den Gott von uns wenden möge, vom Zaune bricht. Die Position einer wohlausgerüsteten Verthei- digung wird offenbar viel mehr von den Sympathieen der Völker getragen, als die eines frivolen Angriffs. Es ist daher nicht das schlechteste Manöver des Grafen Bismarck, daß er, dessen Politik doch die verwegenste und herausforderndste ist, welche die Welt seit fünfzig Jahren erlebt hat, auf einmal dm zer knirschten, friedfertigem Philister spielt, an seine Brust schlägt und mit Pharisäer-Miene versichert: Ich danke dir, Gott, daß ich nicht so bin, wie jene kriegswüthigen Oester, cichcr und Sachsen! Er, dessen Sinnen und Trachten von jeher auf einen „frischen, fröhlichen Krieg", wie er es idyllisch genug bezeichnet«, gerichtet ist, verdunkelt die ganze Sachlage, wirft aller Welt Sand in die Augen und macht Oesterreich und den Bund zu dem Karnickel, das angefangen hat, er in seiner Unschuld habe nie ein Wässerchen getrübt. Dieses gleisnerische Verfahrm ist um so empörender, als das außerpreußische Deutschland gerade in der schleswig-holsteinischen Frage einm wahren Murmelthier schlaf geschlafen hat, seitdem alle Anträge in dieser Frage in den großen Frankfurter Papierkorb wanderten. Deutschland kann doch nicht dafür, daß sich Preußen in Schleswig täglich verhaßter macht, so daß man dort bei der brutalen dänischen Gewalt glücklicher lebte. Namentlich hat Sachsen sorgfältig Alles vermieden, was Preußen reizen könnte. Die Schätze sind noch nicht auf dem Königstein, die Reserven sind noch nicht ein berufen, Handel und Wandel gehen, wenn auch durch die all gemeine Weltlage erschüttert, aber doch ungehindert weiter, in der Hauptstadt des Landes setzen die Abgeordnetm ihre fried lichen, gesetzgeberischen Arbeiten ungestört fort, Truppen werden nicht consignirt, das Negierungsorgan erklärt wiederholt: Sach sen rüste nicht, und das Einzige, was von dem Uhrwerksgange des militärischen Dienstes etwas abwich, war die frühere Ein berufung der Recruten. Sollte dazu wirklich nicht die Regie rung. ivclche doch ganz andere Quellen hat, gutm Grund gehabt haben? Wir haben doch schon 1756 dm Fall erlebt, daß ohne Kriegserklärung ein preußisches Heer unser ivehrloses Land über rumpelte. Oder waren vor zwei Jahren, als eine beträchtliche Zahl unserer Soldaten in Holstein ihren Bundespflichten gmügte, nicht bei Torgau die Preußen zum Einfall bereit? Wenn trotz alledem bei uns keine Demonstrationm ge schehen, immer aber wieder in der berüchtigten Kreuzzeitung Sachsen als preußenfresserisch dargestellt wird — auf wen ist das berechnet? Die öffentliche Meinung läßt sich nicht irre führen, die Börse erst recht nicht, wohl aber läßt sich mit sol chen Lügen auf Jemanden wirken, welcher der öffentlichen Mei nung fern steht oder fern gehalten wird. Und das ist der preußische König. König Wilhelm liest bekanntlich fleißig die Kreuzzeitung und glaubt was er liest. Liest er nun fortwäh rend, daß Oesterreich schwach und hilflos, Preußm aber stark und wohlausgerüstet ist, daß die Mittelstaaten gegen Preußm agitiren, daß, während er nicht rüstet, Deutschland rüstet, um ihn zu bekriegen, daß sein Recht verkannt, mißachtet und an gegriffen wird, so setzt sich allmälig bei ihm eine Verbitterung fest, er kommt sich als der Gekränkte, Verletzte vor, der poial cktwunour macht sich geltend, der militärische Ergeiz erwacht und so gängelt ihn sein Blut- und Eiscnminister endlich auf dm Punkt, wo er ihn haben will. Die Lage wird täglich kiitischer und wenn es nicht zum Aeußersten kommt, so hat nicht der die Schuld, der es gern bis zum Excesse triebe, sondern das ge- sammte Friedensbedürfniß und das Rechtsgefühl Deutschlands, wie cs sich in der täglich mehr erstarkenden Alliance aller deutschen Staaten mit Oesterreich ausspricht In dem Zweifelmeere: ob oder nicht? ist diese Vereinig ung der einzige relle, greifbare Punkt. Namentlich in Süd deutschland, in Bayern, in Würtemberg, in Hessen bricht sich die Erkenntniß immer mehr Bahn, daß es Pflicht des deutschen Bundes sei, unter den streitenden Großmächten Friedm zu stif ten. So ist der Baustein, den die großmächtlichen Baumeister verworfen, wieder zum Eckstein für die Ruhe Deutschlands ge worden. Die von Dresden ausgcgangene Parole: „In einem etwaigen Krieg zwischen den Großmächten Neutralität — sonst aber festes Zusammenhalten zur Erzwingung des Frie dens" findet immer stärkeren Wiedcrhall, ja in Oesterreich hat sie mächtige Wirkung gethan. Oesterreich wandelt jetzt auf bundestreuen Wegen, es wird nicht einseitig Vorgehen. Erst, wenn die Verhandlungen zwischen ihm und den Nüttel- und Kleinstaaten soweit gezeitigt sind, daß ein energischer Schritt in Frankfurt gethan werden kann, wird sich eine Abstimmung am Bundestage mit so imposanter Majorität Herausstellen, daß die preußische Jünkerpartei, welche Krieg um jeden Preis will, doch diesen Preis zu hoch finden wird. Die Welt will Frieden, aber einen dauerhaften, nicht einen Scheinfrieden und ein nachhaltiger Friede wird nur auf bundesmäßigem Wege erreicht * Ein Po st schwind! er. Ein Privatsecretär Sommer in Berlin hat in folgmder Weise die Post durch Fälschung der Geldanwcisungskarten zu beschwindeln gewußt. Er zahlte an die Avrefsen von Bekannten auf Karten kleine Beträge, gewöhn lich zwei Thaler, ein, ging dann zu diesen und sagte ihnen, daß sie eine Postanweisung bekommen würden, die eigentlich an ihn bestimmt sei, die er aber aus Gründen nicht habe an sich adressiren lassen wollen. Auf diese Weise gelangte er in de« Besitz der Postanweisung, änderte dann die Zwei in Zweiund zwanzig um und schickte mit der gefälschten Anweisung einen Dienstmann an ein anderes Postbüreau, wo gerade der An drang sehr stark war, zur Einkassirung. In zwei Fällen gelang auch der Betrug, beim dritten wurde der Dienstmann festge- halten und durch diesen der Fälscher ermittelt. I»r. Avun»»»i». prakt. Arzt. Sprichst.: 8 — 10 U. V., 3 — 4 U. N. Für geheime Krankheiten jeder Zeit auf Bestellung; verl. Ammonstraße 29, part.